Protocol of the Session on February 25, 2009

Wir halten auch an dem Grundsatz fest, Förderung darf es nur geben, wenn eine soziale Gegenleistung erfolgt. Zukünftig können Belegungs- oder Mietbindungen, Wohnumfeldoder Quartiersgestaltungsmaßnahmen oder auch sonstige Maßnahmen vereinbart werden, solange sie den Zielen des Gesetzes nicht widersprechen. Auch Kombinationen aus verschiedenen Gegenleistungen sind möglich.

Die zahlreichen Wohnungsbaugenossenschaften in Schleswig-Holstein sind seit Jahrzehnten verlässlicher Partner der sozialen Wohnungsbaupolitik. Deshalb ist es zu begrüßen, dass der Erwerb von Genossenschaftsanteilen als ein neuer Fördergegenstand definiert wird. Auch das aufzubringende Eigenkapital bei der Gründung neuer kleinerer Genossenschaften soll zukünftig gefördert werden.

Der Gesetzentwurf ist eine zeitgemäße Antwort, um auf künftige Herausforderungen am Wohnungsmarkt zu reagieren, der auch dazu beitragen kann, Fehlentwicklungen zu korrigieren. Der soziale Wohnungsbau der Vergangenheit ist eine beeindruckende Erfolgsgeschichte, der sich die SPDFraktion in besonderer Weise verpflichtet fühlt. Daher bitte ich um Zustimmung zu dem ersten landeseigenen Wohnraumförderungsgesetz für Schleswig Holstein.

(Beifall bei der SPD)

Ich erteile dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki, das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man kann den Eindruck gewinnen, dass Presseveröffentlichungen über die Anzahl der Reden im Landtag bei der Kandidatenaufstellung dazu beigetragen haben, dass wir uns mit diesem Thema nach der Ausschussberatung erneut beschäftigen müssen. Ich würde gern auf die Vorlage verweisen, aber ich möchte mir nicht von dem Fraktionsvorsitzenden der SPD, Dr. Ralf Stegner, vorhalten lassen, dass im Protokoll nicht vermerkt sei, was wir zu diesem wichtigen Thema zu sagen haben. Deshalb müssen Sie bedauerlicherweise die eine oder andere Ausführung, die ich Ihnen jetzt in Kürze zur Kenntnis geben will, ertragen, Frau Kollegin Schümann.

Das Wohnraumförderungsgesetz verfolgt das Ziel einer sozialen Wohnraumförderung, der Wohnumfeldförderung im Sinne der Schaffung stabiler Wohn- und Nachbarschaftsverhältnisse sowie einer Förderung des effizienten Einsatzes und Verbrauchs von Energie als Beitrag zum Klimaschutz. Nachdem andere dies bereits getan haben, möchte ich auch für meine Fraktion betonen, dass auch wir diese Ziele unterstützen.

Dennoch lehnen wir den vorgelegten Gesetzentwurf für ein Wohnraumfördergesetz ab. Das liegt zum einen an der inhaltlichen Ausgestaltung des Gesetzentwurfs und zum anderen an einer grundsätzlichen systematischen Frage. Wir haben uns als Liberale immer für eine adäquate Subjektförderung statt für eine Objektförderung ausgesprochen. Wir wollen Menschen statt Steine fördern. Daher werden wir diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können.

(Beifall bei der FDP)

Aus Sicht der FDP-Fraktion sind die aufgrund des Wohnungsmangels bestehenden Notwendigkeiten einer Wohnungsbauförderung in der Nachkriegszeit wegen des in den vergangenen sechzig Jahren errichteten Wohnraumbestandes nicht mehr zu rechtfertigen und daher neu zu gestalten. Der Markt ist selbst in der Lage, für eine angemessene Wohnraumversorgung zu sorgen. Bei rund drei viertel des Wohnraums findet das bereits seit Jahrzehnten in bewährter Weise statt.

Lassen Sie mich noch kurz anfügen: Es ist schon etwas seltsam, wenn die Landesregierung genau mit dem Hinweis auf künftig weniger Wohnungsbedarf in ländlichen Gemeinden - wegen der demografischen Entwicklung - die weitere Wohnbauentwicklung einschränken will, aber gleichzeitig ein Instrumentarium für einen weiteren Wohnungsbau schaffen will.

(Thomas Hölck)

Für den Kreis der Bedürftigen, der nicht in der Lage ist, sich selbst zu versorgen, ist es aus unserer Sicht dennoch treffsicherer und gerechter, den Weg der Subjektförderung zu gehen. Wir wollen die sozial schwachen Bürgerinnen und Bürger in die Lage versetzen, sich am freien Wohnungsmarkt eine Wohnung nach ihren Wünschen und Vorstellungen zu beschaffen. Ohne jetzt auf die Einzelheiten eingehen zu wollen, kann ich sagen, dass auch dies im FDP-Modell für ein Bürgergeld enthalten ist.

Es sind hingegen Zweifel angebracht, ob sich die bisherige Objektförderung bewährt hat. Dies gilt umso mehr, als den Staat die Förderung des Wohnungsbaus teuer zu stehen kommt, und zwar teurer als die Förderung von Eigentumsmaßnahmen, wie es beispielsweise der Verband Haus und Grund in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf zutreffend ausführt.

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

- Herr Kollege Nabel, auch Sie könnten gelegentlich einmal auf Leute hören, die nicht nur Ihrer Meinung sind. Das kann den Horizont erweitern. Vor allen Dingen trägt dies dazu bei, die eigene Position kritisch zu hinterfragen.

Darüber hinaus wird mit diesem Fördergesetz ein hoher Verwaltungsaufwand erforderlich, um in den Genuss von Fördermitteln zu kommen. Wer Fördermittel beanspruchen möchte, darf nur an bestimmte berechtigte Personen vermieten. Die Höhe der Miete wird dann nicht mehr zwischen Vermieter und Mieter vereinbart, sondern durch die zuständige Behörde bestimmt. Mieter und Vermieter haben darüber hinaus umfangreiche Mitteilungspflichten.

Selbst dann, wenn man den Ansatz der Objektförderung weiter verfolgt, wie es die Landesregierung macht, so wird in den Stellungnahmen Kritik an dem Gesetzentwurf deutlich, die aus unserer Sicht nicht ausreichend berücksichtigt wurde. So schlägt die Koordinationsstelle für innovative Wohn- und Pflegeformen im Alter nicht zu Unrecht vor, dass auch Menschen mit Pflegebedarf im Regelungskontext zu berücksichtigen sind. Der Verband schlug vor, den Begriff des Pflege- und Betreuungsbedarfs als Fördergegenstand in den Gesetzentwurf aufzunehmen. Dem ist die große Koalition bedauerlicherweise nicht nachgekommen.

Ebenso ist aus der Sicht der FDP-Fraktion die Kritik der Industrie- und Handelskammern zu Kiel und Flensburg nicht hinreichend berücksichtigt. Sie bemängelten insbesondere, dass die immer noch im

Gesetzentwurf verankerte Belegungsbindung zahlreiche Privatvermieter weiter von der Förderung ausschließt.

Nach alledem besteht - wen wundert es - aus der Sicht der FDP-Fraktion keine Möglichkeit, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun die Frau Abgeordnete Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schleswig-Holstein hat in den meisten Regionen - dies ist wissenschaftlich nachgewiesen - im Bundesvergleich durchgängig hohe Mieten. Legendär sind der Hamburger Rand oder auch Westerland. Ohne Sozialwohnungen ist es dort, aber auch in anderen Gegenden unseres Landes, vielen armen Menschen nicht möglich, eine Wohnung zu finden. Dies gilt auch derzeit bei noch vergleichsweise entspannteren Wohnungsmarktsituationen, und es wird schwieriger werden, wenn wir in die Zukunft sehen.

Was muss ein Wohnungsbaugesetz für den sozialen Mietwohnungsbau vor diesem Hintergrund leisten? - Aktuell braucht es den Anreiz, vor sich hingammelnde Sozialwohnungsaltbaubestände zu sanieren. Darin sind wir uns alle einig. Wie soll das aber geschehen? Es darf nicht sein, dass diese sanierten Wohnungen dann einfach in den freien Wohnungsmarkt übergehen und dann zu teuer werden für Menschen mit einem kleinen Portemonnaie. Außerdem ist klar, dass Energiestandards und Barrierefreiheit bei einer solchen Sanierung möglichst strickt zu regeln sind.

Ganz entscheidend ist aber, bei den Förderkonditionen vom Prinzip der Kaltmiete auf das Prinzip der Warmmiete umzustellen. Dies würde sowohl für die Wohnungsbaugesellschaften als auch für die Kommunen als auch für die Mieterinnen und Mieter ein höheres Maß an Transparenz bieten. Ich habe jetzt nicht die Zeit, das alles auszuführen, aber die Fachleute unter Ihnen können sich die guten Effekte eines solchen Prinzips vorstellen. Hierbei könnte sich Schleswig-Holstein als Pionierland für soziale Standards und Klimaschutzstandards profilieren, weil so ein Anreiz entstünde, tatsächlich etwas für den Klimaschutz im Altbestand zu tun.

(Wolfgang Kubicki)

Diese Ziele wurden aber von der Gesetzesreform gar nicht angepeilt oder verfehlt. Es werden zwar einige Änderungen genau mit dem Argument, es solle etwas für den Klimaschutz getan werden, vorgebracht, aber die Anreize sind zu schwach; denn es ist weiterhin möglich, ab dem Jahr 2014 ein großes Kontingent des sozialen Wohnungsbaus aus der sozialen Bindung ersatzlos zu entlassen.

Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auch wir sind für kürzere Bindungen von 25 und 35 Jahren. Dafür haben wir uns schon in den 90erJahren stark gemacht. Es geht aber darum, wie wir den Übergang schaffen und wie wir es hinbekommen können, dass tatsächlich ein Anreiz entsteht, in energiegünstige Wohnungen zu investieren, wenn wir eine kürzere Bindung in den länger laufenden Verträgen erlauben und diese Verträge somit abändern. Dieses Problem wurde unserer Ansicht nach in diesem Gesetzentwurf nicht gelöst.

Deshalb befürchten wir, dass ab dem Jahr 2014 der soziale Wohnungsbau massiv reduziert wird, wir einen größeren Bestand an Altbauwohnungen haben, die nicht saniert werden oder nur saniert werden um den Preis, dass sie für viele Menschen nicht mehr zu bezahlen sind. Das ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass wir in Schleswig-Holstein keineswegs mehr wie vor zehn Jahren eine solide Tradition der Wohnungsgenossenschaften und der kommunalen Wohnungsbestände mehr haben, sondern dass sich hier inzwischen die Heuschrecken breitgemacht haben. Selbst in Lübeck, das in dieser Hinsicht noch als Insel der Seligen gilt, kann man deutlich sehen, wie Sozialwohnungsbestände von Jahr zu Jahr leiden, dort, wo sich die Heuschrecken breitgemacht haben und immer mehr Beschwerden auch über soziale Unruhe im Stadtteil kommen.

Ich kann an dieser Stelle nur kurz auf das Thema der Belegungsbindung eingehen. Wir sind in Sorge, dass die angepeilte Basismiete - auch wir haben nichts gegen das Aufgeben des Prinzips der Kostenmiete, aber der Mieterbund rechnet uns das entsprechend vor - in vielen Bereichen Schleswig-Holsteins über der Durchschnittskaltmiete liegen wird. Sie wird insbesondere nach energetischer Sanierung deutlich zu hoch sein, ohne dass ein Gegenprinzip im Gesetz eingebaut ist. Vor allem kann die Belegungsbindung und auch das Belegungsrecht der Kommunen aufgegeben werden.

Die Maßnahmen, die die Wohnungsbaugesellschaften stattdessen leisten müssen - Sozialarbeit war das Stichwort -, begrüßen wir als solche, aber sie sind im Gesetz zu vage gehalten, und sie drohen auf das

Zuschussprinzip überzugehen. Wir würden es für völlig falsch halten, wenn aus dem Vermögen der Investitionsbank plötzlich Sozialarbeit bezuschusst wird. Diese Versuchung schafft das Gesetz. Auch deswegen lehnen wir es ab.

Wir finden die Ziele, die die Landesregierung propagiert, richtig, aber mit diesem Gesetz werde sie nicht erreicht. Deshalb lehnen wir es ab.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat nun Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein Allgemeinplatz, es stimmt aber trotzdem: Der demografische und soziale Wandel vollzieht sich auch in Schleswig-Holstein.

(Zuruf)

- Ich sagte es bereits, aber ich dachte, es passt zum Thema, das noch einmal festzustellen.

Dass dieser soziale und demografische Wandel entsprechende Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt haben wird, auch das ist eine Binsenweisheit. Auf diese Entwicklung müssen wir reagieren, die Herausforderung dieses gesellschaftlichen Wandels aufgreifen und die soziale Wohnraumversorgung sichern. Dies sollte nach Auffassung des SSW die originäre Aufgabe dieses Gesetzes sein.

Mit dem Wohnraumförderungsgesetz schlägt Schleswig-Holstein einen neuen Weg ein, in dem künftig auch die gezielte Städtebauförderung zum Tragen kommt. Dadurch wird künftig nicht nur die einzelne Wohnraumförderung in den Fokus des Gesetzes gestellt, die Förderung wird mit dem Gesetz künftig auch auf ganze Quartiere und Stadtteile gerichtet.

Ich gebe zu, dass dieser neue Ansatz durchaus seinen Charme hat und auch berechtigt ist. Doch es führt unmittelbar dazu, dass die knappen Mittel der sozialen Wohnraumförderung künftig auch für andere Maßnahmen eingesetzt werden. Aus Sicht des SSW ist die Stadtteilentwicklung und die Entwicklung benachteiligter Stadtquartiere ein wichtiger Aspekt, um das Umfeld lebenswert zu gestalten. Hierfür sind aber andere Programme zu nutzen. Auch wenn beide Aspekte - soziale Wohnraumförderung und Stadtteilentwicklung - unmittelbar miteinander verbunden sind, muss man sie unserer

(Angelika Birk)

Meinung nach doch trennen. Mit dem vorliegenden Gesetz wird die soziale Wohnraumförderung künftig geschwächt.

Die Anhörung hat deutlich gemacht, dass zwar ein großer Teil des Gesetzentwurfs positiv gesehen wird - wir sehen auch einen Teil des Gesetzes positiv -, die Stellungnahme des Mieterbundes hebt aber deutlich hervor, dass das geplante Gesetz zu einer Ausdünnung des Sozialwohnungsbestandes führen wird. Er weist darauf hin, dass das Land künftig mehr und nicht weniger gebundene Wohnungen benötigen wird. Die steigende Zahl armer und einkommensschwacher Haushalte erfordert daher eine steigende Zahl sozial gebundener Wohnungen. Die soziale Schere unserer Gesellschaft klafft immer weiter auseinander in immer wohlhabendere und immer ärmere Haushalte, wobei die Zahl der ärmeren Haushalte überproportional ansteigen wird. Das belegt jede Statistik. Für diese Menschen brauchen wir preis- und belegungsgebundene Wohnungen.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn wir also mit einem landeseigenen Gesetz gerade die landesspezifischen Bedürfnisse aufgreifen wollen, sollten wir dies auch wirklich tun.

(Beifall beim SSW)

Ein weiterer Kritikpunkt des Mieterbundes bezieht sich auf die Kappung von Sozialbindungen. Der Gesetzentwurf sieht hierbei vor, die Bindung auf 35 Jahre zu begrenzen, und wird damit einen weiteren Verlust von gebundenen Wohnungen mit sich führen. Diese Kritik sollten wir nicht außer Acht lassen, denn dies trifft neben den Mietberechtigten auch unsere Kommunen. Die Folge könnte sein, dass immer mehr Wohnungsunternehmen und damit auch öffentlich geförderter Wohnungsbestand in Schleswig-Holstein von der öffentlichen Hand oder von privaten Eigentümern an national und international tätige Großanleger verkauft wird. Die sich dadurch ergebenden Risiken sind nicht vollends abschätzbar. Schleswig-Holstein ist das Bundesland, das am härtesten vom Verkauf der großen Wohnungsunternehmen betroffen ist. Mit diesem Gesetz würden wir dieser Entwicklung Vorschub leisten.

Auch wenn mit der Kappung der Sozialbindung ein Modernisierungsschub bei den Altbeständen gewollt ist - auch das sehen wir an und für sich positiv -, wird dies Probleme nach sich ziehen. Angesichts der Tatsache, dass rund drei Viertel der Altbestände vor 1995 gebaut wurden, also vor der er

sten Energieeinsparverordnung, kann man sich vorstellen, dass das Potenzial für Energieeinsparung dort groß ist. Das Problem ist jedoch, dass dies Auswirkungen auf die Mieten haben wird, denn die Erfahrungen zeigen, dass eine Mieterhöhung in der Regel die Einsparung bei der Heizenergie deutlich übersteigt. Bei ungebundenen Wohnungen kommt das noch schärfer zum Tragen.