Protocol of the Session on February 25, 2009

Zweitens geht es um die Stabilisierung der Wohnquartiere und der Bevölkerungsstruktur. Wir wollen Sicherheit gewährleisten und eine hinreichende Versorgung mit Wohnraum bei allen Zielgruppen sicherstellen.

Ferner wollen wir die Arbeitsplatzsituation weiter verbessern; Bildung, Integration und Chancengleichheit müssen gestärkt werden. Auch die Bereiche Klimaschutz und Energieeinsparungen spielen eine wichtige Rolle.

Wie Sie alle wissen, wurde den Ländern im Zuge der Föderalismusreform die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Wohnungswesens, insbesondere des Wohnraumförderungsund des Wohnungsbindungsrechts, übertragen. Es liegt also auf der Hand, warum wir das bisher geltende Bundesrecht nun durch ein eigenes Landesgesetz ersetzen wollen. Wir müssen den strukturellen Besonderheiten Schleswig-Holsteins in diesem Bereich Rechnung tragen, um so eine zielgerichtete und zukunftsfähige Fortentwicklung der sozialen Wohnraumförderung zu erreichen.

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Die Schaffung eines eigenen Gesetzes ist also nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, um mit einer landesspezifischen Antwort auf die geschilderten Herausforderungen reagieren zu können. Bestehende Bundesgesetze sind hierfür nicht ausreichend.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Sie können das ja hinterher kritisieren.

Insgesamt benötigen wir neue, effektivere Mittel, um die eingangs genannten Ziele zu erreichen.

Das neue schleswig-holsteinische Förderungsgesetz wird hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. Es wird den gesetzlichen Rahmen für Fördermaßnahmen des Landes zur Sicherung der sozialen Wohnraumversorgung schaffen.

Förderziele, Fördergegenstände und Gegenleistungen werden neu definiert, und es wird größere Einflussmöglichkeiten der kommunalen Selbstverwaltung geben. Durch das Gesetz werden mehr Spielräume für flexible Lösungen und neue Kooperationsformen geschaffen werden, ich denke hier etwa an Public Private Partnership.

Eine große Bedeutung im Rahmen der Neuregelung haben auch die geförderten Altbestände. Hierfür sind im Gesetzentwurf Überleitungsvorschriften vorgesehen, um eine zukunftsorientierte Weiterentwicklung dieser Wohnbestände zu gewährleisten. Durch diese Überleitungsbestimmungen sollen die seit den 50er Jahren geförderten, circa 40.000 noch gebundenen Mietwohnungen aus den unterschiedlichen Förderwegen in das zwischen dem Land, den wohnungswirtschaftlichen Akteuren, den Kommunen und dem Mieterbund Mitte der 90er-Jahre abgestimmte Fördersystem gebracht werden.

Nicht zuletzt erscheint es angebracht, die gesetzlichen Regelungen und Verfahren zur sozialen Wohnraumförderung zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Dadurch wird für Transparenz bei allen Beteiligten gesorgt und zudem ein nicht unbedeutender Beitrag zum Bürokratieabbau geleistet.

Weiterhin halte ich die folgenden Inhalte des Gesetzentwurfs für besonders bedeutsam: Vorrangiges Ziel der künftigen Wohnraumförderung ist die Schaffung und Modernisierung des selbst genutzten ebenso wie des vermieteten privaten Wohneigentums. Die Förderung soll dabei wieder wirksame Beiträge zur privaten Altersvorsorge leisten sowie gleichzeitig privates Kapital für Wohnimmobilien mobilisieren, um Arbeitsplätze in der Bauwirtschaft und Bauindustrie zu sichern.

Es werden Regelungen geschaffen, die neue Gestaltungsmöglichkeiten im Bereich der Wohnraum-, Wohnumfeld- und Quartiersförderung enthalten. Für sozial stabile Bewohnerstrukturen in den Quartieren sind das Wohnumfeld verbessernde Maßnahmen auch zur Integration von Migrantinnen und Migranten als ein weiteres Förderkriterium von hoher Bedeutung.

Der Segregation von Bevölkerungsgruppen in den Städten wird durch die Gestaltung mit Mitteln der Wohnraumförderung entgegengewirkt. Durch eine zielorientierte Förderung sollen die notwendigen

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

Infrastrukturmaßnahmen für ein möglichst lebenslanges Wohnen im vertrauten Quartier geschaffen werden.

Die energetische Modernisierung der Wohnungsbestände ist ein Hauptschwerpunkt der künftigen Wohnraumförderung.

(Beifall des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

So können die Investitionstätigkeit angeregt und konkrete Beiträge zum Klimaschutz durch Senkung der verbrauchsabhängigen Energiekosten geleistet werden.

(Zuruf des Abgeordneten Manfred Ritzek [CDU])

Die hierzu formulierten Standards sind wirtschaftlich vertretbar und in dem Maß mit Fördermitteln unterlegt, dass Wohnungsnutzer und Wohnungseigentümer vor Überforderungen geschützt sind.

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Zur Bewältigung der demografischen Entwicklung soll sich die künftige Wohnraumförderung verstärkt auf Zielgruppen konzentrieren. Ein Schwerpunkt wird auf die Förderung des barrierearmen beziehungsweise barrierefreien Wohnens im Alter einschließlich Betreuungsangebot und insbesondere auch auf die Förderung von Familien gelegt. Besonderen Vorrang kann so die Förderung des Baus, der Modernisierung sowie des Erwerbs aus dem Wohnungsbestand in städtebaulichen Sanierungs- beziehungsweise Entwicklungsgebieten und Innenstadtbereichen erhalten.

Die künftige Rahmensetzung und Ausgestaltung der Wohnraumförderung orientiert sich an den Grundsätzen der Fördereffizienz, Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung. In diesem Zusammenhang ist auch als wirksamer Beitrag zur Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung die Vereinheitlichung der Mietsysteme durch Abschaffung der bundesgesetzlichen Kostenmiete, durch die kaum noch jemand hindurchschauen konnte, und überlanger Bindungsfristen für öffentlich geförderte Wohnungen anzusehen.

Die im Koalitionsvertrag hervorgehobene Bedeutung der Zweckrücklage Wohnraumförderung bei der Investitionsbank Schleswig-Holstein wird bekräftigt, damit das Land auch in Zukunft in die Lage versetzt wird, ohne Belastung des Landeshaushalts erhebliche Mittel für die Wohnraumförderung zur Verfügung zu stellen. Die im Rahmen

der Föderalismusreform vom Bund bis zum Jahr 2013 bereitgestellten Kompensationszahlungen an das Land werden uneingeschränkt der Zweckrücklage Wohnraumförderung zugeführt.

Mit der Vorlage dieses Gesetzes erfüllt die Regierung einen weiteren Auftrag aus dem Koalitionsvertrag. Ich bitte Sie daher um Zustimmung zu diesem Gesetz mit den von den Koalitionsfraktionen beantragten Änderungen und somit der Empfehlung des Innen- und Rechtsausschusses zu folgen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wilfried Wengler und erteile das Wort für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Thomas Hölck.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der sozialen Wohnraumförderung ist die Schaffung eines ausreichenden und preiswerten Wohnungsangebotes für große Teile der Bevölkerung in der Vergangenheit zu verdanken. Die SPD-Fraktion hält an dem Grundsatz fest, dass jede Bürgerin, jeder Bürger Anspruch auf das Sozialgut Wohnung hat. Dieser Anspruch gilt auch dann, wenn das eigene Einkommen nicht ausreicht, um die Wohnkosten selbst bezahlen zu können.

Sozialer Wohnungsbau ist soziale Grundversorgung, zu der wir uns in besonderer Weise bekennen. 1950 standen der Bevölkerung in SchleswigHolstein 450.000 Wohnungen zur Verfügung, heute sind es rund 1,4 Millionen. Dabei ist die Bevölkerungszahl mit 2,8 Millionen Bürgerinnen und Bürgern relativ konstant geblieben.

In der Nachkriegszeit war die Versorgung der Flüchtlinge und Kriegsopfer mit Wohnraum die zentrale Aufgabe der Wohnungspolitik. Nach und nach wurden Schlicht- und Behelfswohnungen aufgelöst. Es wurde eine einzigartige Integrationsleistung vollbracht. Besonders hervorzuheben ist damals wie heute die Rolle der Wohnungsbaugenossenschaften. Sie haben großen Anteil am sozialen Element des Wohnungsbaus.

Der Neubau von Sozialwohnungen steht folgerichtig nicht mehr allein im Vordergrund. Die soziale Wohnraumförderung der Zukunft muss neue Förderziele und neue Zielgruppen definieren. Die Auswirkungen der Demographie, das Wohnen im Alter, muss ebenso umgesetzt werden wie die Schaffung von Wohnraum für Familien.

(Wilfried Wengler)

Das erste landeseigene Wohnraumförderungsgesetz in Schleswig-Holstein stellt die soziale Wohnraumförderung auf ein neues, modernes Fundament. Die Ziele sozialdemokratischer Wohnungspolitik bleiben dabei unverändert: Wir wollen Bürgerinnen und Bürgern, die sich nicht aus eigener Kraft mit angemessenem Wohnraum versorgen können, den Zugang zu preiswerten und qualitativ hochwertigen Wohnungen auch zukünftig ermöglichen. Wir wollen stabile Wohnquartiere und energetisch moderne Wohnverhältnisse schaffen und erhalten.

Dafür liefert das Wohnraumförderungsgesetz einen neuen Ansatz. Es verzahnt Wohnungsbau- mit Städtebaupolitik. Als gleichrangiges Förderziel wird die soziale Wohnraumversorgung mit stabilen Quartiersstrukturen auf eine Ebene gestellt. Der Schwerpunkt liegt nicht mehr ausschließlich auf der quantitativen Wohnraumversorgung, sondern auch auf der Verbesserung des Wohnumfeldes und der Wohnqualität. Denn Wohnen ist nur dann sozial, wenn neben dem preiswerten Wohnraum auch das Wohnumfeld lebenswert ist. Wohnen ist mehr als Unterbringung, wohnen ist erleben.

Nicht unumstritten ist die Verkürzung der Belegungsbindungen im Bereich der Altbestände auf eine einheitliche Laufzeit von 35 Jahren.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Es handelt sich dabei um Altbestände, Kollege Neugebauer, die vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung 1978 gebaut wurden. Der Heizölverbrauch liegt nicht selten bei diesen Altbeständen bei 22 l pro Quadratmeter Wohnfläche. Etliche Wohnungsbestände sind somit Energiefresser, die Mieter bei weiter steigenden Energiekosten in die Armut treiben werden. Diese Armutsfalle gilt es zu verhindern. Die vermeintlich günstigen Mieten dieser Altbestände werden durch unverhältnismäßig hohe Nebenkosten zunichtegemacht. Daher bedeutet soziales Wohnen zukünftig auch, in energetisch modernen Wohnungen leben zu können.

Die Belegungs- und die Mietpreisbindung bis zu 80 Jahren wird von der Wohnungswirtschaft als Investitionshemmnis empfunden. Es ist auch nicht mehr zeitgemäß, Vermietern 80 Jahre lang vorzuschreiben, welches Mieterklientel sie aufzunehmen haben. Es ist zu befürchten, wenn in diesen Altbeständen kein Modernisierungsschub erfolgt, dass sich diese Bestände wieder zu Schlichtwohnungen früherer Jahre entwickeln. Eine Ghettobildung wird sich anschließen, instabile Wohnquartiere werden die Folge sein.

Zur ehrlichen Betrachtung dieses durchaus nicht kritikfreien Vorhabens muss zugegeben werden, dass Wohnen teurer wird, auch wenn die Übergangsbestimmungen den Abschmelzungsprozess sozialverträglich begleiten. Aber ein Status quo in den Altbeständen würde das Mietpreisniveau erheblich stärker belasten. Deshalb ist die Veränderung der Rahmenbedingungen für die Wohnungen im Altbestand richtig, um einen Modernisierungsschub auszulösen.

Das Mieterhöhungspotenzial in Schleswig-Holstein ist als gering einzuschätzen. Denn der Mietpreisunterschied zwischen frei und öffentlich finanziertem Wohnraum beträgt landesweit 42 Ct. Mieten öffentlich geförderter Wohnungen liegen beispielsweise in Neumünster über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Der Wohnungsmarkt gilt landesweit mit einer Leerstandsquote von 3 % als entspannt.

Sicher, die landesweite Betrachtungsweise reicht für die Beurteilung des Wohnungsmarktes allein nicht aus. Die regionalen Unterschiede sind gegeben: Leerstände in Rendsburg, vollständig vermieteter Wohnraum im Hamburger Umland. Um den regionalen Unterschieden gerecht zu werden, wird das Instrument des Kooperationsvertrags geschaffen.

Die Kommunen erhalten damit ein neues Steuerungsinstrument. Damit wird die Partnerschaft aus Kommunen und Wohnungswirtschaft sowie landeseigener Wohnraumförderung auf eine neue Grundlage gestellt. Ziel der Kooperationsverträge ist die Verbesserung der Wohnraumversorgung, des Wohnumfeldes und des Quartiers. Mit dieser Vertragsform können Belegungsbindungen, Mietpreisbindungen, aber auch andere Gegenleistungen wie zum Beispiel die Schaffung eines Jugendraumes, Einstellung eines Sozialpädagogen, Bildung eines Wohnumfeldbetreuungsteams oder die Bereitstellung von Gemeinschaftsräumen vereinbart werden. Damit wird eine spezielle und zielgerichtete Betrachtungsweise eines Wohnquartiers vorgenommen, und individuelle, auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasste Lösungen werden vereinbart.

In dem einen Quartier sind Belegungsbindungen wichtiger, in einem anderen Wohngebiet sind soziale Wohnumfeldmaßnahmen notwendig. Diese Flexibilität ist ein wichtiges Instrument, um auf die regionalen Unterschiede im Land, in der Region, aber auch in den größeren Städten passgenaue Lösungsmöglichkeiten zu finden.

(Thomas Hölck)

Zur ehrlichen Betrachtungsweise gehört auch die Erkenntnis, dass Wohnungsämter häufig ihren Versorgungsauftrag mit der Zuweisung in eine belegungsgebundene Wohnung als beendet angesehen haben. Mit der ganzheitlichen Betrachtung von Wohnquartieren durch den Kooperationsvertrag wird eine aktive Wohnungs- und Städtebaupolitik umgesetzt.

Die SPD-Landtagsfraktion bekennt sich ausdrücklich zu einer aktiven Wohnungsbau- und Städtebaupolitik in Schleswig-Holstein. Dafür ist die Zweckrücklage Wohnraumförderung bei der Investitionsbank ein hervorragendes Förderinstrument. Haushaltsunabhängig ist eine Wohnraumförderung auf hohem Niveau möglich. Deshalb wird die SPDFraktion am Zweckvermögen Wohnungsbau festhalten.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Wir halten auch an dem Grundsatz fest, Förderung darf es nur geben, wenn eine soziale Gegenleistung erfolgt. Zukünftig können Belegungs- oder Mietbindungen, Wohnumfeldoder Quartiersgestaltungsmaßnahmen oder auch sonstige Maßnahmen vereinbart werden, solange sie den Zielen des Gesetzes nicht widersprechen. Auch Kombinationen aus verschiedenen Gegenleistungen sind möglich.