Bei der Nautik wird es allerdings ein bisschen komisch. Soll man Nautik lernen von Leuten, die es können, die dürfen aber nur lehren, wenn sie in einem weiteren Fach promoviert haben, denn sonst können sie nach § 61 HSG nicht berufen werden. Zurzeit läuft es nach dem Motto: Entweder kann ich Nautik und könnte es vermitteln, dann brauche ich Praxis. Habe ich diese Praxis, könnte ich es vermitteln, darf es aber nicht vermitteln, weil ich nicht in einem Nebenfach eine wissenschaftliche Ausbildung habe. Dieses Studium hat aber den Verzicht auf die notwendige Praxis zur Folge. Herr Minister, meine herzliche Bitte ist, im Kabinett mit dafür Sorge zu tragen, dass hier entsprechende Ausnahmeregelungen im HSG geschaffen werden,
um das zu erreichen, was wir alle wollen, dem Menschenverstand ein Stück mehr Raum zu lassen und damit dem Nachwuchs eine bessere Chance zu geben. Das ist wichtig, auch für die Seeverkehrssicherheit. Denn es geht ja nicht nur darum, dass wir auf den Schiffen gute Technik haben, sondern wir brauchen auch gutes Führungspersonal. Auch das ist eine Form von praktiziertem Umweltschutz.
Ich bitte die Reeder, die Ausbildungszeiten so zu gestalten, dass sie mit den Verweildauern auf den Schiffen korrespondieren. Das Motto „Lange Ausbildung, kurze Stehzeit“ ist vielleicht auch nicht das, was die Attraktivität des Berufs steigert.
Das sind meine zwei Bitten. Ansonsten nochmals Dank für den Bericht, Herr Minister. Wir beantragen Ausschussüberweisung.
Ich danke Herrn Abgeordneten Stritzl und erteile für die SPD-Fraktion der Frau Abgeordneten Anette Langner das Wort.
Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Hamburger Hafen drängeln sich die arbeitslosen Schiffe, schleswig-holsteinische Häfen mussten ihre Umsatz- und Umschlagprognosen für 2009 korrigieren, fest gebuchte Aufträge für den Neubau von Schiffen sind von Reedereien storniert worden. Der Minister hat dar
Ich danke dem Minister und seinen Mitarbeitern für den vorliegenden Bericht, den auch ich insgesamt sehr gut und ausführlich finde. Allerdings will ich der Vorbemerkung und der Bewertung des Handlungsbedarfs doch entschieden widersprechen und sehe das ein bisschen anders, als Sie das hier dargestellt haben, Herr von Boetticher. Keine Frage, die gegenwärtige Krise trifft die Seeschifffahrt, und sie trifft sie vermutlich stärker als viele andere Branchen, da die Schifffahrt vor allem von globalisierten Handelsströmen profitiert. Dennoch, ein Schiff ist und bleibt das umweltfreundlichste, sicherste und effektivste Transportmittel überhaupt.
Maritime Jobs an Land und auf Wasser sind nach wie vor Berufe mit Zukunft. Auch wenn wir vielleicht mit einer abnehmenden Nachfrage nach seemännischem Personal zu rechnen haben, ändert das nach meiner Einschätzung nichts an der positiven beruflichen Perspektive in der Seeschifffahrt.
Allein wenn wir an der Zielsetzung festhalten, dass Schiffe deutscher Reeder auch unter deutscher Flagge fahren, wird das eine enorme Nachfrage nach gut ausgebildetem Personal zur Folge haben.
Gerade im Bereich der Ausbildung ist es notwendig, antizyklisch zu steuern - da werden mir alle Ökonomen recht geben -, also im Abschwung für den Aufschwung auszubilden. Dass der Aufschwung in der Seeschifffahrt wieder kommt, davon können wir sicherlich ausgehen.
Wir sollten den Fachkräftebedarf in der Schifffahrt weiter ernst nehmen und unsere Anstrengungen weiter darauf richten, in Schleswig-Holstein und in Zusammenarbeit mit den anderen norddeutschen Bundesländern ausreichende Ausbildungskapazitäten zur Verfügung zu stellen.
Ich will auf drei Sachverhalte aus dem vorliegenden Bericht kurz eingehen. Ich begrüße natürlich ausdrücklich, dass es in Kooperation der norddeutschen Küstenländer gelungen ist, die Ausbildungskapazitäten an den norddeutschen Fachhochschulstandorten zum einen zu erweitern und sie zum anderen so zu koordinieren, dass jeder, der
Was die Situation im Bereich der seemännischen Berufsschulen angeht, sollen im Rahmen der Vorbereitung für die sechste maritime Konferenz im März in Rostock die Ausbildungskapazitäten und die Möglichkeit für eine Erweiterung ermittelt und koordiniert werden. Gespräche, die wir im letzten Jahr mit der Schule auf dem Priwall geführt haben, machten deutlich, dass die Schule sowohl räumlich als auch personell an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen ist.
Ein Abgleich mit der Situation der Schulen in Rostock und Elsfleth macht mit Sicherheit Sinn, und die im Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen für die räumliche Auslastung und die Besetzung von Stellen an der Schule am Priwall müssen jetzt konsequent im Sinne der Ausbildungssicherung verfolgt werden.
Ich war sehr beeindruckt dort vom Bericht des Schulleiters, dass es Absolventen mit Hauptschulabschluss dieser Schule möglich ist, es über die differenzierten Ausbildungsgänge tatsächlich bis zum Kapitän zu schaffen. In welchem Ausbildungsbereich haben wir solche Aufstiegschancen durch Bildung?
Die Beantwortung unserer Frage nach der Vergütungsstruktur und den Einstellungsvoraussetzungen für nautisches Lehrpersonal macht deutlich, dass attraktive Angebote im Rahmen der bisher geltenden rechtlichen Voraussetzungen fehlen. Der Kollege Stritzl hat darauf hingewiesen. Es ist im Moment sehr schwierig, qualifizierte, kompetente Lehrkräfte zu bekommen. Nach unseren Informationen betrifft das Problem der Besetzung von Professorenstellen in der Seefahrt nicht nur die Nautik, sondern auch in besonderem Maße die Schiffsbetriebstechnik. In diesem Bereich sind zurzeit zwei Ausschreibungen offen, und es liegen kaum qualifizierte Bewerbungen vor. Deswegen sind alle Anstrengungen darauf zu konzentrieren, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verändern.
Es wäre doch wirklich absurd, wenn die von allen begrüßte Ausweitung der Ausbildungskapazität nicht zum Tragen käme, weil wir Professorenstellen in Flensburg nicht besetzen können.
Der Herr Minister verweist in dem vorliegenden Bericht zu Recht darauf, dass die Sicherung von qualifiziertem Personal auch entscheidendvon den Arbeits- und Lebensbedingungen an Bord abhängt. Die derzeitige Verweildauer an Bord von weniger als fünf Jahren - das ist eine kürzere Zeit als die Zeit der Ausbildung - zeigt, dass zusätzliche Anstrengungen zu unternehmen sind, um die Attraktivität einer Tätigkeit an Bord zu steigern. Das gilt insbesondere auch für die Beschäftigungsmöglichkeiten von Frauen in diesem Bereich. Hier sind die Reeder in der Pflicht, und ich begrüße es sehr, dass sich im Rahmen der maritimen Konferenz ein Workshop mit genau diesem Sachverhalt befassen wird.
Insgesamt macht der Bericht deutlich, dass es noch einige Problemfelder gibt, um sicherzustellen, dass der vom Verband Deutscher Reeder prognostizierte Bedarf an Fachkräften für die Seeschifffahrt auch in Zukunft zur Verfügung steht. Gleichzeitig sind Handlungsoptionen aufgezeigt worden. Ich beantrage daher die Überweisung des Berichts an den Wirtschaftsausschuss, in dem wir noch einmal ausführlich über diese Aspekte diskutieren können. Es macht sicherlich Sinn, für die Beratung einen Zeitpunkt nach der Maritimen Konferenz festzusetzen, um die Ergebnisse der Maritimen Konferenz mit in die Diskussion einbeziehen zu können.
Ich danke der Frau Abgeordneten Anette Langner. Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fasst man das Ergebnis zusammen, das der Herr Minister hier vorgetragen hat, dann herrscht derzeit kein Mangel an interessiertem Nachwuchs. Das Gegenteil ist der Fall, denn es stand zumindest für kurze Zeit die Frage im Raum, ob die Kapazitäten der Ausbildungsstätten - und insbesondere der Seemannsschule in Travemünde - ausreichen, obwohl bereits von den norddeutschen Küstenländern die Kapazitäten in der Nautikausbildung im Zeit
Trotzdem ist die Landesregierung der Auffassung, dass derzeit weder der Bedarf für eine Erweiterung der Ausbildungskapazitäten in Travemünde besteht, noch dass eine zusätzliche Koordinationsstelle und eine effizientere Verteilung von Ausbildungskapazitäten vorgenommen werden sollte. Die Landesregierung führt aus, dass die Koordination durch die ständige Arbeitsgemeinschaft der Küstenländer für das Seefahrtbildungswesen - beziehungsweise die Koordination der Seemännischen Berufsschulen durch die Berufsbildungsstätte Seeschifffahrt - bereits ausreicht, um Überkapazitäten an einem Ort durch Verlagerung eines Teils des Nachwuchses an einen anderen Ausbildungsort auszugleichen.
Darüber hinaus wird die allgemeine Verschlechterung der Situation der Seeschifffahrt durch die Finanzkrise nach Auffassung der Landesregierung zu einer geringeren Nachfrage nach Ausbildungsplätzen führen. Frau Kollegin Langner, hier teile ich Ihre Skepsis, was die mittelfristige - - Es ist in Ordnung, wenn Sie sich mit der Kollegin Herdejürgen unterhalten. Das macht nichts. Ich unterhalte mich auch immer gern mit der Kollegin Herdejürgen. Insofern habe ich volles Verständnis dafür.
Ich teile Ihre Skepsis im Hinblick auf den mittelfristigen Bedarf, auch wenn die Finanzkrise kurzfristig mit Sicherheit entsprechende Auswirkungen haben wird. Mittel- bis langfristig wird sich aber möglicherweise die Frage der Kapazitätserweiterung der Seemannsschule in Travemünde wieder stellen, wenn die Krise überwunden ist. So hatte ich Sie verstanden.
Wir sollten also in den Ausschussberatungen an dieser Stelle noch einmal Wert darauf legen, wie sich die Vorstellungen der Landesregierung mittelbis langfristig darstellen. Auch zu der Frage, ob die bisherigen Koordinationsstellen bei der Verteilung der Auszubildenden wirklich effizient oder ausreichend sind, sollten wir im Zweifel auch die Betroffenen anhören.
Die Tatsache, dass sowohl der Kollege Stritzl als auch Sie, Frau Langner, diese Frage wieder aufgeworfen haben, zeigt, dass eine wesentliche und im Bericht nicht abschließend beantwortete Frage ist, welche Qualifikationen die Lehrkräfte an den Fachhochschulen künftig mitbringen müssen, um in Flensburg eine Professur zum Beispiel für das Fach Nautik besetzen zu können. Es ist selbstverständlich, dass die Anforderungen an künftige
Lehrkräfte im Hochschulgesetz nicht so anspruchsvoll definiert werden dürfen, dass sich keiner mehr findet, der diesen Lehrstuhl besetzt. Andererseits muss natürlich die Qualität der Lehrkräfte genügen, um die Ausbildungsziele erreichen zu können. Die Landesregierung hat hier verschiedene Möglichkeiten aufgeführt. Diese reichen von Ausnahmeregelungen im Hochschulgesetz bis zu der Möglichkeit, den Unterricht im Fach Nautik lediglich durch Lehrkräfte für besondere Aufgaben durchzuführen. Vergleichbare Fragestellungen ergeben sich bei der Fachschule für Seeschifffahrt und bei der Schleswig-Holsteinischen Seemannsschule. Auch darüber sollten wir noch einmal im Ausschuss mit dem Wirtschaftsminister reden.
Insgesamt glaube ich, dass der Bericht für die weiteren Erörterungen im Ausschuss eine tragfähige Grundlage bildet.
Ich bedanke mich bei Herrn Abgeordneten Dr. Garg. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 30 Jahre lang haben die deutschen Reedereien aus kurzsichtigen Einsparerwägungen heraus Schiffe ausgeflaggt und so das deutsche Lohnniveau umgangen. Dumping nicht nur im Lohn, sondern auch im Bereich des Seefahrt-Knowhows - insbesondere in der Sicherheit - waren die Folge, sodass die Reedereien nunmehr aus verschiedenen Gründen beginnen, Schiffe wieder systematisch unter deutscher Flagge fahren zu lassen.
Das Land Schleswig-Holstein hat schon vor einiger Zeit mit dem Ausbau der Ausbildungskapazitäten für die Seefahrtsberufe begonnen. Wir haben auch im Landtag schon darüber gesprochen. Der Ausfall einer ganzen Generation im Bereich des Know-hows in der Aus- und Weiterbildung lässt sich aber nicht auf einen Schlag heilen. Hier rächt sich bitter, dass der Staat den Reedereien das Ausflaggen durchgehen ließ. Die Kollegin Langner hat sehr sachlich und detailliert auf die verschiedenen Probleme hingewiesen. Ich kann mich ihrer Position in vielen Bereichen voll anschließen. Ich denke, hier besteht für die Landesregierung Handlungsbedarf. Es reicht nicht, dass hier einige erste Schritte gemacht wurden. Wenn wir uns nicht von der zu
künftigen Schifffahrtsführungsgeneration verabschieden und diesen Bereich allein dem europäischen Ausland überlassen wollen, dann müssen wir tatsächlich handeln.
Ich möchte auf ein typisches Bürokratieproblem eingehen, das auch der Kollege Stritzl angesprochen hat. Für die Hochschulausbildung der Führungscrew an Bord kommen nach Hochschulrecht eigentlich nur Forschungsprofessuren in Frage. Die gibt es nach Auskunft der Landesregierung derzeit aber kaum, und erfahrene Praktiker auf See haben keinen Nachweis über eine pädagogische Eignung und werden nach Hochschulrecht so schlecht bezahlt, dass sie für dieses Geld nicht kommen wollen. Ganz abgesehen davon fehlt ihnen der Doktortitel. Ähnlich gering wird im Übrigen auch die Praxiserfahrung bei Lehrkräften in den weiteren Ausbildungsberufen beispielsweise in Travemünde honoriert. Hier besteht generell das Problem, dass wir Praktikerinnen und Praktiker, die in die Lehre gehen, dann, wenn sie keine wissenschaftliche Ausbildung haben, zu schlecht bezahlen. Das gilt für den gesamten Bereich der Berufsbildung.
Dies ist ein Stück aus dem Tollhaus. Hier besteht Handlungsbedarf. Unser Hochschulgesetz und das Schulgesetz brauchen Ausnahmeregelungen, um erfahrene Praktikerinnen und Praktiker mit angemessenen Gehältern und berufsbegleitender Pädagogikfortbildung für die Lehre zu gewinnen. Gleichzeitig geht es aber auch um den Aufbau einer praxisbezogenen Forschung. Hier möchte ich von einem Beispiel berichten, das mir aus Travemünde bekannt ist.