Dies ist ein Stück aus dem Tollhaus. Hier besteht Handlungsbedarf. Unser Hochschulgesetz und das Schulgesetz brauchen Ausnahmeregelungen, um erfahrene Praktikerinnen und Praktiker mit angemessenen Gehältern und berufsbegleitender Pädagogikfortbildung für die Lehre zu gewinnen. Gleichzeitig geht es aber auch um den Aufbau einer praxisbezogenen Forschung. Hier möchte ich von einem Beispiel berichten, das mir aus Travemünde bekannt ist.
Im Bereich der TT-Line gibt es Fortschritte im Schiffsbau. In Skandinavien wurden neue Schiffe gebaut. Was haben die dortigen Werften gemacht? Sie haben die erfahrenen Kapitäne der TT-Line im Verlauf eines halben Jahres immer wieder nach Skandinavien eingeflogen, damit sich diese Kapitäne aktiv an der wissenschaftlichen Begleitung, an der praktischen Erprobung sowie an den Schiffbau betreffenden Fragestellungen beteiligen. Das heißt, das Niveau erfahrener und damals noch existierender deutscher Kapitäne war wichtig für die Weiterentwicklung der Schifffahrtsmechanik und der Schifffahrtsingenieurskunst. Diese Erfahrungen wurden in einem Dialog zwischen Praxis und Theorie aufgegriffen.
So etwas brauchen wir auch in Deutschland. Auch hier gibt es Werften. Auch in Kiel und in Flensburg gibt es Know-how für grundlagen- und anwendungsbezogene Forschung, die das Meer, die Geographie, das Wetter, den Klimawandel und die
Energieeffizienz betreffen. Natürlich haben wir an der Fachhochschule auch Menschen, die sich mit Schifffahrtstechnik befassen. Auch wenn es nicht unbedingt Hochseeschifffahrt ist, so ist das Beispiel der weltweiten Segeltouren zu nennen, über die von der Fachhochschule Kiel dieses Jahr stolz referiert wurde. Es wurden die strömungsdynamischen Forschungsergebnisse genannt, die dazu führen, dass bestimmte Segelschiffe den ersten Preis im Worldcup-Rennen gemacht haben.
Wir haben im Bereich der anwendungsbezogenen Forschung in den Werften auch im privatwirtschaftlichen Bereich Fachleute. Es gilt, dieses Know-how zusammenzuführen, denn wir brauchen Kapitäne, die nicht nur ein Schiff steuern können. Kapitäne brauchen Führungsverantwortung, denken Sie nur an die Fragen der Piraterie und des Zollrechts sowie an sogenannte Tsunamiwellen. Die Kapitäne müssen auf solche Situationen vorbereitet sein, und sie müssen selbst daran mitwirken, dass sich unsere Schifffahrtstechnik auf dem modernsten ökologischen und ökonomischen Niveau bewegt.
Das ist also eine wirkliche Zukunftsaufgabe, und zwar gerade für ein Land zwischen den Meeren. Herr von Boetticher, insofern ist es mir nicht verständlich, dass Sie dieses Thema ein wenig lieblos vorgestellt haben.
Im Vergleich zu dem Engagement, mit dem Sie sich hier für Herrn de Jager hingestellt haben, fand ich das etwas beiläufig. Das Wissenschaftsministerium sollte zusammen mit der Wirtschaftsabteilung einen runden Tisch organisieren, damit dieser Wissenstransfer in Gang kommt. Ich hoffe auf eine interessierte Ausschussberatung.
Für den SSW des Schleswig-Holsteinischen Landtag erhält die Vorsitzende, Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als der Landtag vor gut zwei Jahren einstimmig einen Maßnahmenkatalog beschloss, um den maritimen Bereich hier im Land zu stärken und auszubauen, sah die Situation für die maritime Wirtschaft noch völlig anders aus. Aber wie wir wissen, sind
die fetten Jahre vorbei, und die Finanzkrise macht auch vor der Schifffahrt nicht halt. Reedereien stornieren Aufträge, und diese Ausgangslage hat natürlich weitreichende Auswirkungen auf den seemännischen Nachwuchs. Aber auch die geringe Verweildauer von Führungspersonal an Bord hat negative Auswirkungen auf die Nachwuchssituation in der Schifffahrt. Wie sich also die berufliche Perspektive in der Seeschifffahrt weiterentwickeln wird, ist derzeit ungewiss. Es bringt aber nichts, einfach den Kopf in den Sand zu stecken.
Es gilt im Gegenteil, Maßnahmen zu ergreifen, die die Attraktivität der maritimen Berufe verbessern. Dass der Reederschaft hierbei eine maßgebende Rolle zukommt, versteht sich von allein.
Aber auch die Voraussetzungen im Bereich der schulischen Ausbildung müssen vorhanden sein. Hier haben wir einen Knackpunkt - das ist auch von allen heute schon angesprochen worden -, denn der Bericht macht deutlich, dass es Probleme an der Fachhochschule Flensburg und der Fachschule Flensburg gibt, weil dort das nautische Lehrpersonal fehlt. Grund dafür ist zum einen die Konkurrenz mit der freien Wirtschaft, zum anderen gibt es für das Fach Nautik ein Problem in den Einstellungsvoraussetzungen nach dem Hochschulgesetz. Auch das wurde heute deutlich. Ich glaube, es muss auch gesagt werden, um eine Änderung herbeizuführen. Übrigens ist dies nicht nur ein Problem für die Nautik, sondern es ist auch ein Problem für die Schiffsbetriebstechnik an der Fachhochschule Flensburg.
Wenn wir also - entsprechend dem Antrag von 2006 - den Standort Schleswig-Holstein als maritimen Wirtschaftsstandort halten und ausbauen wollen, dann müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Dann müssen die Voraussetzungen an der Fachhochschule Flensburg so gestaltet werden, dass sie ihrem Auftrag nachkommen kann. Das soll heißen: Erstens müssen die Einstellungsvoraussetzungen nach dem HSG der Realität angepasst werden, und zweitens müssen die Professurstellen konkurrenzfähig mit entsprechenden Bereichen in der Wirtschaft sein.
In welchem Rahmen wir uns bewegen können, sollten wir im Ausschuss näher behandeln. Aber auf jeden Fall wissen wir, dass der FH Flensburg damit ein ganzes Stück weitergeholfen wäre und dass dies
Die im Bericht beschriebenen Probleme hinsichtlich der Entwicklung im Lotsenwesen machen deutlich, dass auch dort etwas im Bereich der Ausbildung geschehen muss. In Klammern bemerkt: Mir ist gesagt worden, dass es jetzt Bemühungen gibt, die gesamte Lotsenausbildung an der FH Flensburg zu konzentrieren. Eine Konzentration der maritimen Aus- und Weiterbildung an einem Standort wäre aus Sicht des SSW wirklich ein Vorteil, weil dadurch auch die berühmten Synergieeffekte erzielt werden könnten. Dass mir dabei der Standort Flensburg in den Sinn kommt, kann niemanden wundern. Das sage ich nicht aus regionalpatriotischen Gründen, sondern angesichts der vorhandenen Strukturen an der FH, lieber Kollege Schröder.
Wir wissen, dass wir in Schleswig-Holstein bereits viel im maritimen Bereich geleistet haben. Mit der Initiative „Zukunft Meer“ und dem „Maritimen Cluster Schleswig-Holstein“ wurden Instrumente geschaffen, um die maritime Wirtschaft in allen Bereichen voranzubringen.
Ein wichtiger Baustein ist in diesem Zusammenhang auch, dass wir genügend qualifiziertes Personal haben und brauchen. Von daher müssen wir alles daransetzen, die Sicherung und Schaffung von Ausbildungs- und Studienplätzen im Bereich der maritimen Wirtschaft voranzubringen. Das gilt insbesondere für die Schifffahrt, wo Schleswig-Holstein nun wirklich auf eine traditionsreiche Geschichte zurückblicken kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie mit dem Präsidium auf der Tribüne Mitglieder des CDU-Ortsverbands Schönberg sowie den Präsidenten der Landesverkehrswacht, Herrn Lothar Lamb! - Herzlich willkommen!
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/2398, dem Wirtschaftsausschuss federführend und dem Bildungsausschuss mitberatend zur abschließenden Beratung zu überwiesen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Es ist einstimmig so beschlossen.
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Heiligen Stuhl
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile in Vertretung für den Ministerpräsidenten der Ministerin für Bildung und Frauen, Frau Ute Erdsiek-Rave, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin, Sie erlauben vielleicht, dass ich die Vertreter der katholischen und evangelischen Kirchen herzlich grüße, die diese Debatte hier heute verfolgen.
Im Mai vergangenen Jahres haben wir hier über die Große Anfrage zur Situation der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Schleswig-Holstein diskutiert. In diesem Zusammenhang hat die Landesregierung angekündigt, das Verhältnis des Landes zur katholischen Kirche durch einen Vertrag zu regeln. Heute nun kann die Landesregierung dem Parlament das Gesetz zum Vertrag zwischen dem Land Schleswig-Holstein und dem Heiligen Stuhl vorlegen. Damit stellen wir die Beziehungen zwischen der römisch-katholischen Kirche und dem Land Schleswig-Holstein auf ein solides rechtliches Fundament.
Wir schaffen ein klares und umfassendes Regelwerk zu allen Berührungspunkten, die es in unserem Land zwischen Staat und katholischer Kirche zu regeln gilt.
Das beginnt beim Religionsunterricht in den Schulen. Wir schaffen hier eine verbindliche Regelung, Kinder und Jugendliche auch im Schulunterricht mit der Geschichte und den Grundlagen ihres Glaubens vertraut zu machen. Hier gilt dasselbe wie das, was ich zur Situation des Religionsunterrichts und zum Wert des Religionsunterrichts insgesamt schon einmal gesagt habe. Junge Menschen brauchen Werte, an denen sie sich im Leben orientieren können, und es liegt in der Verantwortung
von Religionsgemeinschaften, von Kirche und von Staat, diese Werte zu vermitteln. Dies setzt voraus, dass wir gut ausgebildete Lehrkräfte haben. Deshalb brauchen wir eine gute theologische Ausbildung an unseren Hochschulen. Regelungen dazu sind im neuen Kirchenvertrag getroffen.
Wir leben in einem Medienzeitalter in einer Mediengesellschaft. Rundfunk, Fernsehen und Internet lösen immer mehr die klassischen Informationsquellen ab. Deswegen äußert sich der Vertrag auch zur medialen Verbreitung christlicher Grundsätze. Wir schaffen mit diesem Vertrag die rechtlichen Voraussetzungen dafür, dass die katholische Kirche angemessene Sendezeiten für die Übertragung der Gottesdienste sowie für religiöse Sendungen erhält. Die Religion soll eben auch Menschen erreichen können, die nicht in die Kirche gehen wollen oder dies auch gar nicht können.
Der Vertrag regelt natürlich auch vieles andere mehr, etwa die seelsorgerische Betreuung in Krankenhäusern, in Justizvollzugsanstalten und in Heimen. Er regelt die Anerkennung der Seelsorgeoder Beichtgeheimnisse durch den Staat oder Ausführungen zu Bestattungen und zur Anlage von Friedhöfen.
Ich freue mich, dass wir in allen Fragen - manchmal nach durchaus schwierigen und intensiven Verhandlungen - Konsens erzielen konnten. Deshalb will ich heute für die gute Zusammenarbeit im Rahmen dieser Verhandlungen allen Ministerien auch im Namen des Leiters unserer Verhandlungsdelegation Staatssekretär Maurus - ganz herzlich danken.
Das Verhältnis des Landes Schleswig-Holstein zur römisch-katholischen Kirche ist freundschaftlich und vertrauensvoll. Der vertrauensvolle Umgang miteinander ist für uns Ausdruck von Wertschätzung und nicht nur eine Frage der rechtlichen Regelung.
Bisher haben wir auf die Beziehung zur römischkatholischen Kirche den Staatsvertrag mit den evangelischen Kirchen analog angewendet. Dies lief - und das habe ich ja deutlich gesagt - über Jahrzehnte hinweg einwandfrei und unproblematisch. Auch dies ist ein Zeichen des zwischen Staat und katholischer Kirche gewachsenen Vertrauens.
Dennoch ist es wichtig und richtig, dass wir nun zu einer selbständigen und zeitgemäßen Regelung mit dem Heiligen Stuhl finden, um unsere Beziehungen im Geiste - lassen Sie mich sagen - freiheitlicher Partnerschaft zu festigen und fortzuentwickeln. Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Vertrag breite Zustimmung fände.