Protocol of the Session on November 12, 2003

(Beifall bei CDU und FDP)

Nicht die November-Steuerschätzung ist für den desaströsen Zustand der Landesfinanzen verantwortlich. Das ist allein die rot-grüne Chaospolitik hier in Kiel und auch in Berlin. Nicht die Weltkonjunktur, sondern die finanzpolitische Lage in diesem Lande ist maßgeblich dafür, dass wir jetzt vor Maßnahmen stehen, die draußen sicherlich schmerzlich wahrgenommen werden. Nicht Europa ist der kranke Mann, sondern Deutschland ist inzwischen der kranke Mann, und zwar aufgrund Ihrer rot-grünen Zickzackpolitik.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eines zum Abschluss sagen: Schon in der Pressevorstellung der Mai-Steuerschätzung hat der Herr Finanzminister ganz gezielt darauf hingearbeitet, die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu erklären.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: So ist es!)

Damit hat er für sich im Grunde schon die Verfassungswidrigkeit akzeptiert. Anders ist nicht zu erklären, dass er jetzt genau diesen Vorschlag macht und die zusätzlichen Schulden, die er aufnimmt, nicht etwa für Investitionen, sondern für Konsum und Personalausgaben einsetzen muss. Herr Minister, Frau Ministerpräsidentin, das werden wir Ihnen nicht mehr durchgehen lassen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir werden vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage erheben, und wir prüfen, ob wir mit einer einstweiligen Anordnung Ihr unverantwortliches Haushaltgebaren stoppen können, zumal sich für 2004 wieder ein ähnliches Desaster abzeichnet.

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Neugebauer das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Der letzte Sozia- list bei der SPD! Er muss diesem Namen jetzt alle Ehre machen!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Kayenburg hat wieder einmal den großen Ham

(Günter Neugebauer)

mer herausgeholt. Wir wollen einmal sehen, was daraus wird, wenn Sie Ihre Versprechen tatsächlich wahr machen. Aber ich empfehle Ihnen, dass Sie zuvor noch einmal mit Ihren Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion in den Bundesländern sprechen, in denen die CDU regiert. Denn - das wissen Sie wirklich besser - für Sie in Schleswig-Holstein besteht nach der Steuerschätzung weder Anlass zum Jubeln noch Anlass zu unbegründeten Vorwürfen.

(Peter Jensen-Nissen [CDU]: Das sollen wir mit denen besprechen?)

Hauptverantwortlich für die hohen Steuermindereinnahmen, mit denen wir es in diesem Jahr zum dritten Mal in Folge zu tun haben, ist - das wissen Sie, Herr Kayenburg, doch auch - hauptsächlich die hohe Arbeitslosigkeit.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wer ist denn dafür verantwortlich?)

Sie ist nicht alleine in Schleswig-Holstein vorhanden, sondern sie ist das Ergebnis einer weltweiten Konjunkturflaute.

(Lachen des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

- Bei allem Respekt. Ich weiß nicht, warum Sie lachen. Ich denke, dass Sie nicht nur die „Bild“Zeitung, sondern auch einmal die Wirtschaftsseiten anderer Zeitungen lesen sollten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Davon ist nicht nur Schleswig-Holstein betroffen, meine Damen und Herren.

Ich sage bei allem Respekt vor dieser Landesregierung und ihren Leistungen: Das ist auch durch Schleswig-Holstein nur ganz begrenzt beeinflussbar. Deswegen hören Sie endlich mit dem Unsinn auf, hier zu behaupten, diese Steuermindereinnahmen seien hausgemacht. Angesichts Ihres Vergleichs mit Hessen kann ich nur lachen, Herr Kayenburg. Hessen wurde im Gegensatz zu Schleswig-Holstein doch nicht 38 Jahre von der CDU regiert, sondern 38 Jahre von der SPD. Sie haben uns 1988 nicht nur 18 Milliarden DM - circa 9 Milliarden € - Schulden hinterlassen, sondern Sie haben uns auch ein finanzschwaches und strukturarmes Land hinterlassen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Heute sind wird beim Länderfinanzausgleich Schwellenland, in diesem Jahr sind wir - daran werden Sie sich vielleicht erinnern - sogar Geberland. Ich emp

fehle Ihnen, nicht abstrakte, destruktive Kritik zu üben, sondern mit uns Ja zum Subventionsabbau, zum Abbau freiwilliger Leistungen und zur Verwaltungsmodernisierung zu sagen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wo war denn die Opposition

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Hier!)

- nicht erst gestern, sondern vor vielen Jahren -,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Auch hier!)

als wir den Prozess der Verwaltungsmodernisierung und den Prozess des Abbaus freiwilliger Leistungen eingeleitet haben? Sie fanden es sogar schick, sich draußen vor dem Landeshaus mit den Demonstranten zu verbünden. Das war Ihr Opportunismus.

Frau Heinold hat völlig Recht: Hätten wir all Ihre Anträge in den letzten Jahren zum Landeshaushalt befolgt, dann hätte Schleswig-Holstein heute mehr Ausgaben und mehr Schulden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hören Sie endlich mit der Kritik auf zu dem, was gestern von der Landesregierung vorgelegt worden ist, wenn Sie nicht auch Alternativen benennen können! Warum können Sie keine Alternativen benennen? Weil Sie in Wirklichkeit keine haben.

Unbestritten ist - darauf hat der Kollege Hay hingewiesen -: Wir brauchen in Deutschland, auch in Schleswig-Holstein, natürlich mehr Wachstum

(Zurufe von CDU und FDP: Oh!)

- davon verstehen Sie nicht viel, Herr Schlie - und wir brauchen Impulse für mehr privates Wachstum und auch für mehr Investitionen in den Unternehmen. Auch dem dient das Vorziehen der Steuerreform. Das kann doch von niemandem bezweifelt werden. Das Vorziehen der Steuerreform soll die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen im nächsten Jahr um circa 15 Milliarden € entlasten. Im Übrigen darf ich daran erinnern: Wir fangen mit der Steuerreform doch nicht erst jetzt an, wie Sie gerade eben wieder fälschlich behauptet haben. Sie vergessen, dass wir 2001 die erste Stufe der großen Steuerreform und 2002 die zweite Stufe hatten. Die dritte und vierte Stufe werden jetzt zusammengezogen. Insgesamt sind die Bürgerinnen und Bürger um mehr als 45 Milliarden € entlastet worden.

Auch ich würde es wie Sie natürlich sehr begrüßen, wenn ein größerer Teil durch Subventionsabbau fi

(Günter Neugebauer)

nanziert werden könnte. Aber wo bleiben Sie beim Subventionsabbau? Sie blockieren doch ständig alle Vorschläge der Bundesregierung zum Subventionsabbau. Noch im Frühjahr haben Sie, auch in diesem Landtag, die Vorschläge zum Steuervergünstigungsabbaugesetz abgelehnt. Wie haben Sie dafür gekämpft, dass Hundefutter auch weiterhin mit 7 % Mehrwertsteuer besteuert werden soll!

Deswegen kann ich Ihnen zum Schluss nur empfehlen - Herr Kayenburg, lachen Sie nicht -: Appellieren Sie an Ihre Parteifreunde auch in den CDU-regierten Länder, dass sie nicht weiter blockieren, dass sie Ja zur Gemeindefinanzreform sagen, dass sie den Mut zum Subventionsabbau haben und dass sie die Kraft zum Vorziehen der Steuerreform aufbringen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Letzter Satz: Hören Sie endlich auf, den Leuten im Lande Versprechungen wie jetzt bei der von Ihnen versprochenen Rücknahme der Kürzung von Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld zu machen. Das kann nur jemand tun, dem der Haushalt völlig egal ist und der weiß, dass er die nächste Landtagswahl wieder verlieren wird.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Reden des Finanzminister werden immer amüsanter. Er ruft nach der Verantwortung der Opposition, lässt aber völlig außer Acht, dass die Regierung, auch diese Regierung hier, völlig verantwortungslos handelt. Sie können doch nicht im Ernst von uns erwarten, dass wir eine Zustimmung zu einer Politik geben, die wir für grundfalsch halten. Ein Beispiel: Wir reden davon, dass wir im Bereich Bildung, Forschung und Technologie mehr tun müssen als bisher. Gestern beschließt die SPD, 16 Milliarden € in die Steinkohle zu verbuddeln, gleichzeitig werden 80 Millionen € bei der Bildung gekürzt. Ist das eine verantwortungsvolle Politik? Sie fordern uns auf, weiterer Subventionierung und gleichzeitig Kürzungen der Investitionen in

wesentlichen Bereichen zuzustimmen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir haben eine Regierung in Berlin, deren bisher größte Leistungen das Dosenpfand-Chaos und die peinliche Panne bei der Maut waren. Diese Regierung kann das Land nicht verantwortlich regieren. Erwarten Sie von uns eine Unterstützung dafür? Ich höre hier im Hause: Wir brauchen mehr Wachstum. Das finde ich sehr gut, denn wenn wir kein Wachstum haben, Herr Neugebauer, dann werden wir im nächsten Jahr neue Sparrunden einleiten müssen. Wenn wir das Wachstum gehabt hätten, das die Bundesregierung prognostiziert hat, hätten wir nicht sparen müssen, dann wären die Steuereinnahmen so gewesen wie prognostiziert. Jetzt müssen wir klar sagen: Wie bekommen wir Wachstum? Wenn ich die Sozialdemokraten richtig verstehe, dann brauchen wir nur einen Antrag „Ab morgen ist Wachstum“ im Landtag zu beschließen. Oder haben Sie ein Gefühl dafür, dass Sie Unternehmen und Konsumenten anreizen müssen, zu investieren, zu konsumieren, und alles unterlassen müssen, was diesem Anreiz entgegenläuft?