Protocol of the Session on November 12, 2003

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Warum machen Sie das nicht?)

Ich werde das in der Haushaltsdebatte im Dezember umfassender darlegen können als heute in der Aktuellen Stunde. Wir dürfen aber nicht den zarten Aufschwung „abwürgen“. Wir dürfen deshalb gerade nicht - im Export sind wir ja noch ganz gut - eine konjunkturell fatale Vollbremsung vornehmen und die gerade beschriebenen Maßnahmen konterkarieren. Deshalb hat es im Mai keine Haushaltssperre gegeben und deshalb wird es auch jetzt keine geben, Herr Garg. Baden-Württemberg hat mit einer Haushaltssperre 100 Millionen € reingeholt. Wir haben 282 Millionen € Ausfälle, wir haben einen viermal kleineren Haushalt und bestimmt nicht so viel Luft wie Baden-Württemberg. Was ist das nur für ein Unfug, den Sie hier vorschlagen!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben allerdings, ohne Investitionen abzuwürgen, den Ressorts natürlich wieder Einsparverpflichtungen auferlegen müssen.

Und es gibt zwei Chancen, den Negativtrend zu brechen. Erstens. Wir müssen direkte Wachstumsimpulse setzen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ja, dann machen Sie das doch mal!)

Wir müssen die Steuerreform vorziehen, auch wenn uns das schwer fällt. Und ich hoffe sehr, dass die Union in Berlin endlich ihre Verzögerungstaktik aufgibt und ein klares Signal für die Bürger vor Weihnachten gibt. Sie zieren sich noch ein bisschen, aber Sie werden mitmachen müssen. Das Argument mit der Gegenfinanzierung ist doch Unfug, damit beseitigt man doch die konjunkturellen Effekte. Das versteht doch jeder Student im ersten Semester Volkswirtschaft. Es ist wirklich bitter, dass Sie das immer noch bestreiten.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das weiß sogar jemand, der das Studium nicht absolviert hat, im Gegensatz zu Ihnen! Wir werden deshalb in Schleswig-Holstein mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm schnelle und ortsnahe Investitionen anstoßen. Wir haben im Nachtrag schon deutliche Schritte zur Stärkung von Bildung, Wissenschaft und Forschung auf den Weg gebracht. Und wir streiten für eine vernünftige Gemeindefinanzreform, damit die Gemeinden wieder investieren können - was Sie blockieren und verhindern wollen. Auch das ist ein Beitrag zu Wachstum und Beschäftigung.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Zweitens. Wir müssen die Strukturen wachstums- und beschäftigungsfreundlicher machen. Deswegen unterstützen wir die Sozialreformen in Berlin. Es ist schwer genug für die Menschen, diese mitzumachen, aber sie sind notwendig. Ich weiß gar nicht, was noch geschehen muss, damit Sie Ihre parteitaktischen Spielchen an der Stelle sein lassen. Ich wundere mich - ich habe Ihnen vorhin sehr genau zugehört -, mit welcher Geschwindigkeit Sie jeden Anspruch auf Seriosität in diesem Hause aufgeben. Ihre Reden hier haben mit dem Ernst der Lage überhaupt nichts zu tun. Sie machen hier Klamauk.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wir müssen aus gesamtwirtschaftlicher Verantwortung heraus auf der einen Seite konjunkturelle Maßnahmen mittragen, die dieses Land eine erhebliche Menge Geld kosten werden. Wir werden auf der anderen Seite die strukturellen Probleme der Haushalte nur verringern, wenn wir das angehen. Ihre Vorwürfe,

(Minister Dr. Ralf Stegner)

die Landesregierung spare nicht, laufen ins Leere. Die Landesregierung unterstützt nachdrücklich den von Koch und Steinbrück vorgeschlagenen Subventionsabbau. Sie sagen in der Regel Nein. Die Landesregierung strafft ihre Strukturen und handelt sich dafür in einigen Kommunen Ärger ein. Nachdem ich Ihr Papier gelesen habe, freue ich mich richtig auf die Debatte am Freitag. Sie haben bei dieser Fragestellung überhaupt nichts zu bieten!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Sie handeln nach dem Motto: Ein fundierter Blick in die Fakten behindert nur die Diskussion. Und dann sagen Sie: Dann haue ich wenigstens verbal drauf; vielleicht merkt es keiner. Die „Seppel-Rede“ haben wir gerade gehört. Aber das merken die Leute schon. Die Schleswig-Holsteiner sind nicht so dumm, darauf hereinzufallen, wenn Sie mit verbalem Getöse Ihre Konzeptionslosigkeit überdecken, meine Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch die Sonderzahlungen - darüber reden wir heute auch - müssen wir kürzen. Das fällt uns nicht leicht. Es macht uns keine Freude. Aber Ihre Verantwortungslosigkeit in dieser Frage können und wollen wir uns nicht leisten. Deswegen tun wir das und sagen das den Beschäftigten auch sehr deutlich.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Die werden sich über Sie freuen! Die jubeln Ihnen alle zu!)

Von Ihnen hört man dazu Drohungen mit dem Verfassungsgericht. Sie glauben wohl, dass das dem Land weiterhilft. Ich glaube das nicht. Die Steuerschätzung bestätigt die Landesregierung darin, die wirtschaftliche Störung zu beseitigen, Wachstum und Beschäftigung zu stärken. Sie zeigt die Notwendigkeit struktureller Reformen und sie erhöht den Druck, übrigens auch auf den Vermittlungsausschuss. Ich hoffe, dass wir auch dort - jedenfalls hinter geschlossenen Türen - zu vernünftigen Lösungen kommen. Letztlich ist die Union - das lässt mich hoffen - bundesweit - jedenfalls teilweise - nur halb so destruktiv wie in Schleswig-Holstein.

(Lachen bei CDU und FDP)

Wenn Sie immer nur schimpfen und empörte Erklärungen abgeben, sollten Sie daran denken: Mit dem Wind, den man selber macht, lassen sich die Segel nicht füllen. Wir werden das Schiff in schwerer See auf klarem Kurs halten und die Herausforderungen bewältigen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das war kein Wind, das war ein wehendes Vakuum!)

Ich erteile dem Oppositionsführer, Herrn Abgeordneten Kayenburg, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Stegner, es wird Ihnen nicht helfen, das Schiff auf Kurs zu halten, wenn es Ihnen zwischendrin absäuft. In einer solchen Situation befinden wir uns nämlich.

(Beifall bei CDU und FDP)

Lieber Herr Hay, Sie waren schon einmal besser. Über Allgemeinplätze sind Sie heute wirklich nicht hinausgekommen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie schon früher wussten, dass die Daten der Steuerschätzung schlechter ausfallen würden und nur von der Höhe überrascht sind, warum haben Sie dann nicht vorher eingegriffen? Was haben Sie in der Vergangenheit eigentlich getan, um dem entgegenzuwirken? Nichts ist in diesem Lande passiert!

(Beifall bei CDU und FDP)

Angesichts der Bequemlichkeit, sich hinter den Steuerschätzungen zu verstecken, die sich auch der Herr Finanzminister zu Eigen macht, frage ich Sie: Wer ist eigentlich an der Steuerschätzung beteiligt? Wie haben Sie eigentlich an der Steuerschätzung mitgewirkt, sodass die Zahlen sachgerechter, positiver und den Realitäten entsprechend gestaltet wurden? Nichts ist von Ihnen gekommen. Sie haben es hingenommen und führen uns in eine weitere Verschuldung.

Herr Hay, ich will auch deutlich sagen: Der Hinweis auf andere Bundesländer war daneben. Andere Bundesländer leiden nämlich genauso wie wir unter der katastrophalen Finanzpolitik des Bundes. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik!

(Beifall bei CDU und FDP)

Aber wahrscheinlich sind wir schuld. Sie haben die Gemeindefinanzreform angesprochen. Dazu kann ich nur sagen: Das, was in Bezug hierauf auf den Weg gebracht worden ist

(Zuruf)

- auf Sie komme ich noch zu sprechen, Herr Kollege -, ist wachstumshemmend, das ist gegen den Mit

(Martin Kayenburg)

telstand. Es tötet das zarte Pflänzchen Konjunkturaufschwung, wenn Sie eine Gemeindefinanzreform in dieser Form durchführen. Im Übrigen: Bei Ihnen bleibt ohnehin alles im Ankündigungsstadium. Es kommt nichts.

Nun zu Ihnen, Herr Hentschel. Das, was Sie gesagt, haben, war an Peinlichkeit fast nicht mehr zu überbieten. Sie werfen uns Konzeptionslosigkeit vor. Ich will Ihnen sagen: Ihr Konzept besteht darin, uns dies vorzuwerfen, damit Sie dann mit einer gewissen Schamfrist das, was wir vorgeschlagen haben, übernehmen können.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wenn Sie es gleich gemacht hätten, dann wären wir jetzt nicht in dieser katastrophalen Situation. Wir haben frühzeitig auf das Schuldenproblem hingewiesen.

Lassen Sie mich ergänzen, Herr Kollege: Prüfungen ersetzen keine Aufgabenkritik, kein Ziel und auch kein Konzept. Sie bleiben wieder einmal nebulös in irgendwelchen verbalen Ankündigungen stecken.

Auch verweisen Sie darauf, dass Hessen bei den Ausgaben pro Kopf schlechter dastehe als SchleswigHolstein. Schauen Sie sich doch einmal die Zinsen an. Wir haben einen Zinsanteil an den Gesamtausgaben von 11,3 %. Damit liegen wir direkt hinter Bremen. Hessen liegt bei 7,0 %. Da können Sie einmal sehen, was in der Tat für unser Land maßgeblich ist: ihre verfehlte, unverantwortliche Schuldenpolitik und nicht etwa die Ausgaben, die in Hessen getätigt werden.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Auswirkungen der Steuerreform sind schnell erklärt: Schulden, Schulden und nochmals Schulden. Ein anderes Konzept haben Sie nämlich nicht. Dann wird schnell die Feststellung der Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts gefordert, um so einen Ausweg zu suchen. Das ist verfassungswidrig, das ist eine unverantwortliche rot-grüne Routine geworden. Frau Simonis, Sie werden es wirklich nicht verhindern können. Sie werden mit diesen Zahlen als die größte Schuldenmacherin in die Geschichte des Landes Schleswig-Holstein eingehen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Als ich den Titel der Aktuellen Stunde las, habe ich mich im Übrigen gefragt, was die Motivation dafür sein könnte, dass ausgerechnet SPD und Grüne diesen Antrag stellen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das haben wir uns auch gefragt!)

Aber vielleicht ist die Antwort klar: Sie wollen eine Legende stricken, die darin besteht, dass Weltkonjunkturlage, Agenda 2010 und unser Verhalten im Bundesrat dazu führen, dass es hier so schlecht geht. Aber Sie haben das Land in den Ruin gewirtschaftet und das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei CDU und FDP)