Protocol of the Session on November 12, 2003

Dem Vorschlag ist gefolgt und § 52 a Landesverwaltungsgesetz durch einen neuen Absatz 5 ergänzt worden. Damit soll unabhängig von der bisher geringen Akzeptanz qualifizierter elektronischer Signaturen eine rasche Verwirklichung des elektronischen Rechtsverkehrs ermöglicht werden. So könnten den Verwaltungskunden Zugangsmöglichkeiten geboten werden, die hinsichtlich Bequemlichkeit und Sicherheitsniveau denen kommerzieller Anbieter, zum Beispiel Banken, entsprechen. Zudem ermöglicht die Anpassung an das hamburgische Landesrecht Synergieeffekte aus der Fusion der Datenzentrale Schleswig-Holstein und des Hamburgischen Landesamtes für Informationstechnik zu Dataport, insbesondere durch gemeinsame Nutzung des im Aufbau befindlichen Hamburg Gateway. Ungelöste technische Probleme bestehen derzeit noch bei der Sicherstellung der langfristigen Überprüfbarkeit elektronischer Signaturen. Hierauf hat das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz in seiner Stellungnahme hingewiesen. Soweit die Probleme bei Dauerverwaltungsakten

(Minister Klaus Buß)

wie zum Beispiel Baugenehmigungen lösbar sind, werden weitere Änderungen des Verwaltungsverfahrens rechtzeitig vorzunehmen sein, um die Möglichkeiten der elektronischen Kommunikation noch stärker auszuschöpfen.

Mit dem heute vorgelegten Gesetzentwurf der Landesregierung wird aber der entscheidende Schritt getan, um die rechtsverbindliche elektronische Kommunikation im Verwaltungsverfahren durchgängig zu ermöglichen. Damit kommen wir dem von uns allen angestrebten Ziel, E-Government möglichst bald zu realisieren, ein wesentliches Stück näher.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der CDU erteile ich dem Herrn Abgeordneten Thorsten Geißler das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die private Nutzung des PC und des Internet ist für viele Bürger mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Bereits mehr als jeder zweite Deutsche verwendet das Internet und die verbreitete Informations- und Kommunikationstechnik. Dies verändert auch die Erwartung der Bürger an die öffentliche Verwaltung. Mehr als die Hälfte der Deutschen kann sich bereits heute vorstellen, Behördenangelegenheiten zukünftig mit dem PC von zu Hause aus abzuwickeln. Der öffentlichen Verwaltung kommt damit eine Vorreiterrolle zu. Das Internet kann von der Verwaltung somit als wirkungsvolles Instrument genutzt werden, um öffentliche Dienstleistungen den Bedürfnissen der Bürger und der Wirtschaft anzupassen: serviceorientiert jederzeit verfügbar, einfach und schnell zu bedienen und zu handhaben. Darüber hinaus ist EGovernment im heutigen Wettbewerb der Regionen ein wichtiger Indikator für die Innovationsfähigkeit eines Staates und somit ein strategischer Standortfaktor.

Dies haben andere Staaten nicht zuletzt im Ostseeraum längst erkannt und entsprechende Umstrukturierungen vorgenommen. Nur Deutschland droht international im Bereich eEGovernment den Anschluss zu verlieren. Nach der Studie „E-Government 2003“ eines bedeutenden Management- und Technologiedienstleisters, der zum vierten Mal in Folge OnlineAngebote in insgesamt 22 Ländern untersucht hat, ist Deutschland nur Mittelmaß.

Im Vorjahr sind wir sogar um einen Platz auf Platz 10 zurückgefallen. Die Folge: Deutschland wird für Investoren weiter an Attraktivität verlieren.

Das E-Government ist ein maßgeblicher Schlüssel zur Entbürokratisierung, zu einem schlanken und effizienten Staat und somit zu mehr Wachstum und Beschäftigung. Die Umsetzung bedeutet weniger Gesetze, schnellere Verfahren und geringere Kosten. Bislang aber haben weder die Bundesregierung noch diese Landesregierung diese Chancen wahrgenommen. Der Bund hat sein Verwaltungsverfahrensrecht erst mit Wirkung vom 1. Februar dieses Jahres geändert. Die Verabschiedung der entsprechenden Gesetze war bereits am 21. August 2002 erfolgt.

Eine Anpassung des Landesrechts wäre also zu einem erheblich früheren Zeitpunkt möglich gewesen. Vielleicht hätten wir noch länger auf die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfes warten müssen, wenn nicht die FDP-Fraktion bereits im Mai dieses Jahres eine Gesetzesinitiative ergriffen hätte. Dafür bin ich dankbar, meine Damen und Herren Kollegen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Andere Bundesländer machen uns längst etwas vor. So wurde Bremen jüngst für das integrierte Portal für E-Government-Transaktionen, seine Sicherheit und seine rechtlich bindenden elektronische Signaturen mit der höchsten E-Government-Auszeichnung Europas gewürdigt. 100 Anwendungen aus Wirtschaft und Verwaltung stehen im Bremer Online-Service zur Verfügung. Die Angebote richten sich sowohl an Bürger als auch an Unternehmen. Dort sind auch unter dem Motto Multichannel für Benutzer des Bremer Online-Service öffentliche Nutzerplätze eingerichtet worden. Auch wer nicht über einen eigenen Internetanschluss verfügt oder unterwegs seine Online-Geschäfte erledigen will, kann dort den Bremer Online-Dienst nutzen. An diesen Nutzerplätzen stehen Computer zur Verfügung, die über die notwendige Hard- und Softwareausstattung verfügen, um den Bremer Online-Service nutzen zu können. Bisher gibt es acht Stellen in Bremer Bibliotheken, Jugendzentren, Internetcafes und Stadtteiltreffs, die neben der technischen Ausstattung auch Betreuung durch geschultes Personal bieten, um Neunutzern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Die Nutzerzahlen des Bremer Online-Service sind innerhalb kürzester Zeit stark angestiegen. - Davon sind wir in Schleswig-Holstein bedauerlicherweise noch weit entfernt.

Wir werden nun rechtliche Voraussetzungen schaffen müssen. Ich sage Ihnen zu: Wir werden den Entwurf der Landesregierung in den zuständigen Fachaus

(Thorsten Geißler)

schüssen ebenso sorgfältig wie zügig beraten. Denn weitere Verzögerungen können wir uns nicht leisten.

Dabei wissen wir: Die Bürger werden die neuen elektronischen Dienstleistungsangebote des EGovernment nur in Anspruch nehmen, wenn sie einfach zu gebrauchen sind und keine zusätzlichen Kosten entstehen oder diese zumindest durch sonstige Vorteile kompensiert werden. Darüber hinaus hängt die Akzeptanz der Bevölkerung - wie verschiedene Umfragen belegen - entscheidend davon ab, dass sie Vertrauen in die Sicherheit ihrer persönlichen Daten haben können. Den Kommunikationspartnern der Verwaltung ist vor allem daran gelegen, dass ihre persönlichen Daten und Betriebsgeheimnisse vor einer unberechtigten Preisgabe geschützt sowie unverfälscht übermittelt werden. Ich weise darauf hin, dass die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder eine Handreichung „Datenschutzgerechtes EGovernment" erarbeitet haben.

Meine Damen und Herren, der Fortschritt des EGovernment hat deutlich gezeigt, dass besonders die Business to Government-Anwendungen hohe Rationalisierungspotenziale bergen. Die Gewinne an Effizienz und Finanzen, die sich aus diesen Anwendungen ergeben, werden die Mittel sein, die in Zukunft zur Verfügung stehen, um neue Anwendungen für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen und populär zu machen.

Die Fassung von Rechtsvorschriften ist das eine, auf tatsächlicher Ebene jedoch gibt es in unserem Bundesland noch viel zu tun. Ich fordere die Landesregierung hier zum Handeln auf.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Rother.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat schon im März dieses Jahres als Punkt 2 ihrer Beschlüsse für mehr Bürgernähe und wirtschaftliche Verwaltungsstrukturen angegeben: Die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung durch Behörden des Landes und der Kommunen im Rahmen der Offensive für mehr Bürgernähe und wirtschaftliche Verwaltungsstrukturen in Schleswig-Holstein erhöhen sich, wenn die Ansätze von E- Government systematisch von Kommunen und Land weiterentwickelt werden. Die Landesregierung wird noch in diesem Jahr eine entsprechende Vereinbarung mit den Kommunen abschließen. Der

Minister hat hierzu einige Beispiele vorgetragen. Das Vorhaben wird von der SPD-Fraktion ausdrücklich unterstützt.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Zur wirksamen Umsetzung dieses Vorhabens ist es allerdings auch erforderlich, eine Vielzahl von Vorschriften zu ändern, was durch den vorliegenden Gesetzentwurf geschehen soll. Wir haben ja im Mai den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion - darauf ist schon hingewiesen worden - beraten und dieser Gesetzentwurf liegt im Innen- und Rechtsausschuss quasi auf Halde, bis die umfassendere Regelung durch das Innenministerium vorgestellt werden sollte, und die FDP-Vorschläge sind ja auch komplett übernommen worden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, schon im Mai waren wir uns einig, dass zweifellos immer mehr Bürgerinnen und Bürger über einen Internet-Anschluss nicht nur verfügen, sondern diesen auch zur Klärung von Behördenangelegenheiten nutzen möchten. Umfragen sprechen von 69 % der Bevölkerung, die dies wünschen. Staatliche Dienstleistungen sollen schneller und umkomplizierter in Anspruch genommen werden können.

Der Kollege Geißler hat auf eine Umfrage hingewiesen. 22 europäische Nationen sollen da geprüft worden sein. Auch die EU-Kommission hat geprüft, welche öffentlichen Dienstleistungen online verfügbar sind und hat in Deutschland 48 % dieser Dienstleistungen festgestellt. Das hört sich zwar relativ viel an, aber Deutschland belegt damit in dem EURanking nur Platz 16; führend sind die Schweden mit 87 %. Da ist also tatsächlich noch einiges zu tun. Da sind wir uns - glaube ich - einig.

Nach der Änderung der bundesrechtlichen Vorschriften sind nunmehr die landesrechtlichen Vorschriften zu verändern, insbesondere um den Gebrauch der digitalen Signatur umfassend zu ermöglichen. Das nützt nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, auch die IT-Branche sagt dem E-Government ein großes Wachstum voraus und hofft natürlich auf weitere Aufträge in einem Geschäft, das schon jetzt eine deutlich steigende Tendenz hat.

Was ich hier zurückweisen möchte, sind die Anmerkungen vom Kollegen Geißler, dass man da in der letzten Zeit sehr viel verschlafen habe. Das stimmt so nicht. Allein die Bundesregierung steckt zurzeit über 1 Milliarde € in das Projekt „bund online 2005". Die Chancen wurden wahrgenommen.

Wenn Sie im Juni beim E-Government-Forum der Landesregierung in Rendsburg dabei gewesen wären -

(Thomas Rother)

Ihre Kollegin Schmitz-Hübsch war dabei -, hätten Sie feststellen können, was im Lande alles schon passiert. Bremen in diesem Zusammenhang als Musterland zu nennen, ist ein bisschen verfehlt, weil Bremen tatsächlich das Musterland ist, nämlich für den gesamten Bund, und Bremen ganz bewusst nach vorn gestellt worden ist, auch von den Hochschulen. Bremen wird da auch in der nächsten Zeit immer noch führend sein, weil alle Forschungsmittel in Bremen konzentriert ausgegeben werden und nicht über alle 16 Bundesländer zu verteilen sind.

(Unruhe)

Ich denke, dass wir uns an diesem Punkt im Innen- und Rechtsausschuss schnell einig werden können. Ich mache es kurz, denn wir hatten im Mai eine große Einigkeit zur Veränderung dieser Rechtsvorschriften. Das werden wir im Innen- und Rechtsausschuss relativ rasch abarbeiten können.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich dem Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Nein, der heißt Hil- debrand! - Heiterkeit)

- Das wäre ein internes Organisationsrecht der FDP.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wir haben meh- rere gute Leute im Gegensatz zu euch! - Zu- rufe)

- Dann spricht jetzt Herr Abgeordneter Hildebrand für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Dieser Gesetzentwurf ist in dieser Woche sicherlich der sinnvollste Beitrag der Landesregierung für die Reform der Verwaltung. Ich könnte jetzt anfügen: Das ist ja auch kein Wunder, geht er doch auf eine Initiative der FDP zurück.

Schon im Mai dieses Jahres haben wir den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion über die Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in das Landesverwaltungsgesetz debattiert. Von allen Fraktionen und auch von der Landesregierung haben wir Zustimmung zu unserer Initiative zum so genannten ElektronicGovernment, kurz E-Government, erfahren. In diesem Zusammenhang möchte ich mich beim Innenminister dafür bedanken, dass er unsere Gesetzesinitiative

praktisch auf eine breitere Basis gestellt und weitere Bereiche einbezogen hat. Das ist durchaus in unserem Sinne.

Wir waren uns alle einig in den Chancen, die der elektronische Rechtsverkehr im Verhältnis zwischen Verwaltung und Bürgerinnen und Bürgern bietet. EGovernment ist wirtschaftsfreundlich, es ist schneller als die heutigen Verwaltungsabläufe und -entscheidungen und genauso präzise. Es bietet darüber hinaus auch einen höheren Sicherheitsgrad vor Fälschungen durch die elektronische Signatur. - Sie kennen diese und weitere Argumente alle bereits aus der MaiDebatte; deshalb brauche ich sie heute nicht im Einzelnen zu wiederholen.

Eines ist sicher: Es gibt nur Vorteile, wenn wir jetzt die rechtlichen Voraussetzungen zum elektronischen Rechtsverkehr schaffen.

Ich komme zu einigen konkreten Punkten des Regierungsentwurfs, der zum größten Teil für das Landesverwaltungsgesetz identische Regelungen zum FDPEntwurf enthält und auch darüber hinausgeht. Einer der wichtigsten Punkte war für uns, dass auch nach dem Gesetzentwurf der Landesregierung kein Zwang für die Behörden bestehen wird, sofort nach In-KraftTreten des Gesetzes die Voraussetzungen zum elektronischen Rechtsverkehr zu schaffen. Auch der Gesetzentwurf der Landesregierung räumt lediglich die Möglichkeit zur Verwendung neuer Technologien ein, soweit Bürgerinnen und Bürger und Behörden die Voraussetzungen bereits geschaffen haben.

Es wird durch diesen Gesetzentwurf also kein sofortiger Investitionszwang für die Kommunen ausgelöst. Das ist gut so. Früher oder später werden diese Investitionen, beispielsweise in Verschlüsselungsfragen, Signatur, Authentisierungsverfahren und Mitarbeiterschulung, zwar notwendig. Aber den Investitionen stehen der Sicherheitsgewinn, die Rationalisierungspotenziale sowie die Wirtschaftsförderung gegenüber. Diese Vorteile werden sich rechnen.

Interessant ist die Ergänzung des Landesverwaltungsgesetzes im Hinblick auf neue Zuständigkeiten im Widerspruchsverfahren. Die Landesregierung schlägt in ihrem Gesetzentwurf vor, dass künftig in sämtlichen Bereichen nicht mehr Behörden des Landes, sondern die Landräte und Oberbürgermeister oder die Bürgermeister selbst über Widersprüche gegen Verwaltungsakte, die sie erlassen haben, entscheiden. Grundsätzlich stehen wir diesem Vorschlag positiv gegenüber. Dennoch sollten wir in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf, die wir mit Sicherheit durchführen werden, auch die Stellungnahmen der

(Günther Hildebrand)

kommunalen Landesverbände zu diesem Punkt einholen.

Über die Neuregelung des Landesverwaltungsgesetzes hinaus hat die Landesregierung in ihrem umfassenden Entwurf auch die Änderung von 39 anderen landesrechtlichen Vorschriften vorgesehen. Wir werden uns die Einzelheiten genau ansehen und dann im Ausschuss diskutieren. Ich kann heute bereits erklären, dass wir die meisten der vorgeschlagenen Änderungen mittragen werden.