Protocol of the Session on November 12, 2003

(Zuruf von der CDU: Sehr richtig!)

Das widerspricht nicht nur unserem Rechtsverständnis. Damit würden die finanziellen Bemühungen des Landes zur Modernisierung veralteter Kläranlagen im Nachhinein vereitelt. Wir waren uns ja auch in einer ganz großen Koalition darüber einig, dass wir diese Nachbesserung von Kläranlagen im Sinne des Gemeinwohls dringend brauchen. - Nicht wahr, Herr Feddersen, wir wissen, wovon wir reden? - Dieses Kapital soll letzten Endes durch die Gebührenkalkulation nicht bewahrt werden. Ich freue mich aber trotzdem darüber, dass wir uns letzten Endes auch mit dem Gemeindetag einigen konnten und damit dem Umweltschutz doch noch insoweit einen Dienst erwiesen haben. Nun können es sich die Gemeinden immerhin noch überlegen, ob sie die Beiträge auflösen wollen.

Als logische Konsequenz haben wir die Möglichkeit eingeführt, Erneuerungsbeiträge zu erheben. Das bedeutet, dass die Grundstückseigentümer zukünftig gegebenenfalls zu einer erneuten Beitragspflicht herangezogen werden dürften, während die jetzigen Benutzer der Abwasserentsorgung mit Gebührenreduzierung rechnen könnten. - Ich benutze den Konjunktiv, weil es den Gemeinden freigestellt ist, diese Variante zu wählen. Das mag ja auch der Bürgerfreundlichkeit dienen. Denn die Bürger haben engen Kontakt zur Gemeinde und können sich dort äußern. Ich hoffe, dass sie mit Blick auf ihre Haushalte darauf verzichten, zugunsten kurzfristiger Gebührensenkung ihre Liquiditätsmittel zu verbrauchen.

Ich kann nur sagen: Es war der Versuch, mit allen gemeinsam eine vernünftige Lösung zu schaffen, die pragmatisch und auch an den derzeitigen Gegebenhei

(Irene Fröhlich)

ten orientiert ist. Allerdings sind wir skeptisch, dass man das alles in das Belieben der Gemeinden gibt. In Zeiten, wie wir sie jetzt haben, in denen uns die Finanznot an allen Ecken und Enden drückt, ist das natürlich auch keine wirkliche Freigabe, sondern eher eine Notlösung.

Unter diesem Vorbehalt bitte ich Sie aber schließlich doch, dem Gesetz zuzustimmen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die ursprüngliche Initiative, das Kommunalabgabengesetz zu ändern, lag seinerzeit darin begründet, Bestimmungen zu ändern und es so zu ermöglichen, dass einmal geplante Maßnahmen, obwohl sie dann doch nicht durchgeführt wurden, mit in die Kalkulation von Gebühren eingerechnet werden können. Dieser Wunsch wurde seinerzeit vor allem aus dem Bereich der Abfallwirtschaft geäußert. Bisher gab es fast so etwas wie einen Zwang zur Umsetzung von Planungen, selbst wenn man später festgestellt hat, dass andere Lösungen möglicherweise sinnvoller sind. Dieser Zustand sollte beendet werden und wird nun auch beendet. Das ist sehr zu begrüßen.

Auch dass jetzt Vorauszahlungen für Benutzungsgebühren erhoben werden können und somit eine bessere Planbarkeit des Gebührenaufkommens ermöglicht wird, haben wir seinerzeit angeregt, und dies findet sich im Gesetzentwurf nunmehr wieder.

So gut die gerade eben genannten Regelungen geändert wurden, so schlecht sind allerdings die zukünftigen Regelungen, die sich auf die Abschreibungen von Anlagen beziehen. In Zukunft sollen nicht mehr Rückstellungen gebildet werden, die sich aus dem Gebührenaufkommen der derzeitigen Nutzer der Anlage refinanzieren, sondern es sollen für zukünftige Ersatzinvestitionen jeweils nur neue Beiträge von den Grundbesitzern erhoben werden. Das heißt im Klartext: Nicht die, die den Werteverzehr der Anlage verursachen, sollen die Anlage bezahlen, sondern jeweils diejenigen, die am Tag X zufälligerweise gerade im Besitz des jeweiligen Grundstücks sind.

Ziel dieser grundlegenden Systemänderung im KAG ist es natürlich, die Gebühren senken zu können. Al

lerdings geht dies nur, wenn man zukünftige Generationen belastet. Auf dieses Problem hat schon der Landesrechnungshof in den Beratungen zum Gesetz hingewiesen, und auch der Landkreistag hat deutlich gemacht, dass er solche Regelungen ablehnt.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und der Kollege Maurus!)

- Ihr ja auch. - Einige Abwasserentsorgungsbetriebe sind in der Vergangenheit in privatrechtliche Unternehmen umgewandelt worden. Insgesamt rund 150 von 1.300 Betriebsstätten haben nun eine privatrechtliche Rechtsform. Für diese Unternehmen gilt, dass ihnen das Handelsrecht im Gegensatz zum KAG vorschreibt, Beiträge aufzulösen. Natürlich wollte man auch vonseiten dieser Unternehmen beweisen, wie wirtschaftlich man arbeiten kann. Also mussten die Gebühren gesenkt werden. Dazu hat man sich an das Handelsrecht angelehnt und im Gegensatz zu den kommunalen Betrieben die zukünftig notwendigen Investitionen nicht mehr in die Gebühren eingerechnet, wohlwissend, dass dann zukünftige Generationen die Suppe auslöffeln müssen. Die kommunalen Abwasserentsorgungsbetriebe stehen nun als Verschwender da, die viel zu hohe Gebühren erheben. Denn der normale Gebührenzahler kann diese Ungleichheiten in der Gebührenerhebung und die Hintergründe hierzu gar nicht durchschauen.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In Zukunft wird es auch faktisch einen automatischen Zwang zur Auflösung von Beiträgen geben, dem sich kein kommunaler Betrieb wird entziehen können.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Insbesondere bei dem Populis- mus, in den sich die FDP immer verrennt!)

- Ich weiß gar nicht, wer die Rede hier hält, ich oder der Kollege Matthiessen.

(Heiterkeit)

Die Änderungen zu den Abschreibungsregeln werden erhebliche Nachteile für die kommenden Generationen haben. Die Zeche soll in einigen Jahren von den Grundstückseigentümern gezahlt werden. Diese können sich ihre Beiträge natürlich von ihren Mietern wiederholen, wenn es der Markt denn hergibt. Derjenige, der in seinem Eigenheim wohnt und dieses als Altersvorsorge betrachtet, wird allerdings damit leben müssen, dass er irgendwann richtig zur Kasse gebeten wird. Ich sehe jetzt schon den Aufstand der FDP oder auch der CDU, wenn es in einigen Jahren den Grundstücksbesitzern richtig an den Kragen geht. Wahrscheinlich wird man dann in den Diskussionen dazu

(Lars Harms)

kommen, dass man die Standards der Abwasserentsorgung - aber auch die Standards in anderen Bereichen - absenkt, damit die zu zahlenden Beiträge nicht zu hoch werden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wie dann die Grünen darauf reagieren, Herr Kollege Kubicki, dass die ökologischen Standards zur Disposition stehen, darauf bin ich jetzt schon gespannt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Nur auf niedri- gem Niveau!)

Auch die Kolleginnen und Kollegen der SPD setzen oft auf die Nachhaltigkeit von Entscheidungen. Nachhaltig ist aber die Gesetzesänderung gerade nicht, sondern sie belastet zukünftige Generationen. Ein normales Unternehmen würde immer Rücklagen bilden, um zukünftige Aufgaben bestreiten zu können. Nur die kommunalen Verbände und Unternehmen sollen dies nicht können? Damit werden nachfolgende Generationen ihre Probleme bekommen.

Mit der heute vorgeschlagenen Gesetzesänderung wird das bisherige System des KAG völlig umgekrempelt. Dies führt in der Zukunft zu Problemen, die wir heute noch gar nicht ausreichend überschauen können. Jene, die diesen Gesetzentwurf unterstützen, denken nur kurzfristig und verschieben die Probleme nur in die Zukunft, zulasten kommender Generationen. Das ist nicht fair. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf als Einzige in diesem Hause ab.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

Für die Regierung erteile ich Herrn Innenminister Buß das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Hildebrandt, ich habe es Ihnen schon persönlich gesagt: Es gab seinerzeit wegen der Kooperationsmodelle keinen Streit zwischen dem Innenministerium und den Kommunen, sondern das Innenministerium als Kommunalaufsicht hat sich schlicht an die Gesetze gehalten, die Kommunen eben nicht. Darauf haben wir die Kommunen hingewiesen. Deshalb, verehrter Herr Maurus, haben die Kommunen nicht eigentlich contra legem gehandelt, sondern sie haben contra legem gehandelt. Das war das Problem. Ich will Ihnen, meine Damen und Herren, nicht verhehlen, dass ich über die heutige Beratung und den Gesetzentwurf, den das Haus, so denke ich, beschlie

ßen wird, froh bin, weil dieses Problem dann beseitigt ist und das Innenministerium dann auf der Grundlage des neuen Gesetzes seine Aufsicht führen kann. Ich glaube, dass sehr viel Unruhe dann weg sein wird.

Die Regelungen, die wir gefunden haben, sind sachgerecht und belasten die zukünftigen Generationen nicht über Gebühr, Herr Harms. Denn Beiträge kann jede Generation zahlen, die heutige, wenn eine Kläranlage zum Beispiel neu gebaut wird, und wenn sie abgängig ist, die nächste Generation auch. Dagegen ist aus meiner Sicht nichts zu sagen. Etwas anderes ist es bei Zuschüssen. Zuschüsse gibt es einmal und garantiert kein zweites Mal, wenn die Anlage abgängig ist. Deshalb halte ich die Regelung, die jetzt nach langer Diskussion gefunden ist, für absolut sachgerecht. Über die Auflösung von Zuwendungen kann der Zuwendungsgeber entscheiden. Er kann sagen, aus wirtschafts- oder standortpolitischen Gründen können die Zuschüsse aufgelöst werden. Das ist in der Vergangenheit, wie Sie wissen, auch schon vereinzelt geschehen.

Ich will nicht alle weiteren Veränderungen im Detail aufführen. Die Verlängerung des Kalkulationszeitraumes - Herr Kollege Maurus hat es erwähnt - ist wichtig, ebenso die Möglichkeit von Nutzungsgebühren sowie die Möglichkeit, bei Straßenbaumaßnahmen Abschnitte zu ermitteln und abzurechnen. Die Einführung einer pflichtigen Sonderrücklage für Abschreibungserlöse wird durch eine entsprechende Änderung der Gemeindehaushaltsverordnung nach Inkrafttreten dieser Gesetzesänderung in die Wege geleitet.

Mit der Gesetzesänderung, die heute zur Beschlussfassung ansteht, wird eine Vielzahl der angeregten Änderungen umgesetzt und nach meiner festen Überzeugung - dies ist in den Debattenbeiträgen zum Ausdruck gekommen - die kommunale Selbstverwaltung weiter gestärkt.

Herr Maurus - lassen Sie mich dies zum Abschluss sagen - hat angeregt, das gesamte KAG auf den Prüfstand zu stellen. Das ist ein sehr schwieriges Unterfangen, Herr Maurus, wie auch Sie wissen. Alle Länder haben mit dem Kommunalabgabengesetz im Grunde die gleichen Probleme wie wir. Es gibt immer wieder neue Urteile, denen man Rechnung tragen muss. Eine solche umfassende Novellierung, bei der die gesamte Rechtsprechung berücksichtigt werden müsste, ist kaum in einem Jahr zu schaffen. Aber ich bin gerne bereit und will es gerne übernehmen, weil

(Minister Klaus Buß)

ich große Lust dazu habe, dies gleich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode in Angriff zu nehmen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Beratung und schlage vor, zunächst über den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abzustimmen und dann in einem zweiten Schritt, für den Fall, dass dies die Mehrheit findet, über die Erledigung der übrigen Gesetzentwürfe. Ich darf fragen, ob wir so verfahren können. - Das ist der Fall.

Ich lasse zunächst über den Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung insgesamt abstimmen. Wer zustimmen will, den darf ich um das Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann ist der Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP gegen die Stimmen des SSW angenommen worden. Ich darf darüber hinaus über die Ausschussempfehlung abstimmen, die Gesetzentwürfe Drucksachen 15/1834 und 15/2591 für erledigt zu erklären. Wer so abstimmen will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Dann sind die vorgenannten Gesetzentwürfe erledigt und der Tagesordnungspunkt ist es ebenfalls.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der rechtsverbindlichen elektronischen Kommunikation in der Verwaltung

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/2938

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das sehe ich nicht. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung. Ich darf fragen, ob Innenminister Buß für die Landesregierung die Grundsatzberatung eröffnen möchte. - Der Innenminister möchte und hat selbstverständlich das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei der Beratung des FDP-Gesetzentwurfs zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes im Mai dieses Jahres hatte ich darauf hingewiesen, dass die Landesregierung einen wesentlich umfassenderen Entwurf erarbeitet. Der Gesetzentwurf liegt Ihnen jetzt vor. Er passt zum einen das Landesverwaltungsgesetz an die Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des

Bundes an, die zur Einführung der elektronischen Kommunikation erforderlich sind. Insoweit besteht völlige Übereinstimmung mit dem FDP-Entwurf. Zum anderen trifft der Gesetzentwurf der Landesregierung in insgesamt 42 Artikeln in weiteren Landesgesetzen und Landesverordnungen besondere Regelungen über die elektronische Kommunikation, soweit es nach dem derzeitigen Erkenntnisstand erforderlich ist.

Es gilt der Grundsatz, dass eine durch Rechtsvorschrift angeordnete Schriftform durch die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehene elektronische Form ersetzt werden kann. Es gibt jedoch Bereiche, in denen man auf die Signatur verzichten und eine einfache E-Mail genügen lassen kann, um den Bürgerinnen und Bürgern und der Wirtschaft den Zugang zur Verwaltung noch leichter zu machen. Umgekehrt gibt es Fälle, in denen weiterhin nur die Papierform zulässig sein soll, zum Beispiel bei Baugenehmigungen, Schul- und Prüfungszeugnissen, Ernennungsurkunden und Lebenspartnerschaftsurkunden.

Im Zuge der durchgeführten Verbandsanhörung ist der Entwurf allgemein begrüßt worden. Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Landesverbände hat lediglich unter Verweis auf den hamburgischen Gesetzentwurf angeregt, die Generalklausel im Wege einer Verordnungsermächtigung um die Möglichkeit zu ergänzen, das auf Landesrecht beruhende Schriftformerfordernisse auch durch andere als mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen elektronische Dokumente gewahrt werden können.

Dem Vorschlag ist gefolgt und § 52 a Landesverwaltungsgesetz durch einen neuen Absatz 5 ergänzt worden. Damit soll unabhängig von der bisher geringen Akzeptanz qualifizierter elektronischer Signaturen eine rasche Verwirklichung des elektronischen Rechtsverkehrs ermöglicht werden. So könnten den Verwaltungskunden Zugangsmöglichkeiten geboten werden, die hinsichtlich Bequemlichkeit und Sicherheitsniveau denen kommerzieller Anbieter, zum Beispiel Banken, entsprechen. Zudem ermöglicht die Anpassung an das hamburgische Landesrecht Synergieeffekte aus der Fusion der Datenzentrale Schleswig-Holstein und des Hamburgischen Landesamtes für Informationstechnik zu Dataport, insbesondere durch gemeinsame Nutzung des im Aufbau befindlichen Hamburg Gateway. Ungelöste technische Probleme bestehen derzeit noch bei der Sicherstellung der langfristigen Überprüfbarkeit elektronischer Signaturen. Hierauf hat das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz in seiner Stellungnahme hingewiesen. Soweit die Probleme bei Dauerverwaltungsakten