Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Baasch, ich muss überhaupt nichts geradestellen, weil die Menschen und die Mittelständler die wunderbaren Redebeiträge, die hier zu hören sind, alle selbst zur Kenntnis nehmen und mit ihrer Lebenswirklichkeit vergleichen können. Ich höre, dass die Offensive in vollem Gange ist wie weiland die Berichterstattung des Oberkommandos der Wehrmacht: Wir siegen, wir siegen, wir siegen! Die Regierung scheint sich beim Siegen erschöpft zu haben.
Herr Minister und Herr Kollege Hentschel, vielleicht können Sie dazu noch etwas sagen. Ich habe das Leitbild der Regierung noch im Ohr. Darin steht, wir setzen uns Ziele und arbeiten daran, sie zu verwirklichen. Welche Ziele setzen Sie sich? Herr Minister, ich will wissen, wann Sie mit welchen Maßnahmen glauben, das Bruttoinlandsprodukt SchleswigHolsteins zumindest wieder auf das Normalmaß gebracht zu haben. Wann glauben Sie, mit welchen Maßnahmen bei uns die Insolvenzquote gesenkt zu haben, die ein Besorgnis erregendes Ausmaß erreicht hat? Sie ist übrigens stärker als im Bundesdurchschnitt. Das ist wohl trotz oder wegen der herausragenden Mittelstandsoffensive dieses Landes so.
Ich will wissen, welche Maßnahmen Sie konkret mit welchem Zeitrahmen haben und wann wir in Schleswig-Holstein damit rechnen können, dass unsere Ar
beitslosenquoten aufgrund der von Ihnen zu verantwortenden Politik sinken. Zu all den Fragen, was Ihr Ziel ist und welche Maßnahmen Sie einsetzen, um das zu erreichen, sagen weder Ihr Bericht noch Sie selbst hier etwas. Große und vollmundige PRErklärungen und die Wirklichkeit, die Zahlen, die wir sehen und die uns das Statistische Landesamt zur Verfügung stellt, sprechen eine völlig andere Sprache. Die sind nicht von uns gemacht; von der SPD nicht, von der CDU nicht und von der FDP nicht, die sind von Statistikern gemacht worden. Herr Minister, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass diese hervorragende Landesregierung seit 15 Jahren unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielt. Das muss doch eine Ursache haben!
Da können Sie sagen, wir sind es nicht. Das ist die Struktur, die sich langsam - sehr langsam - umbaut. Wenn das so weitergeht, dann werden wir im Jahre 2020 wo sein? Sie müssen sagen, dass es möglicherweise ein Teil unserer Wirtschaftspolitik ist. Die müssen wir verändern und korrigieren. Sich aber jedes Jahr hier hinzustellen und zu sagen, wir siegen, wir siegen, wir siegen, und draußen gehen die Unternehmen kaputt und die Arbeitsplätze verloren, das kann es doch wohl nicht sein!
Ich fordere Sie auf: Sagen Sie konkret, in welchem Zeitraster Sie die makroökonomischen Daten in Schleswig-Holstein mit Ihrer Politik so verändert haben werden, dass wir jedenfalls den Bundesschnitt wieder erreichen werden. Der Bundesschnitt reicht ja schon; ich meine nicht den Schnitt der westdeutschen Länder. Dann wird Ihre Politik nach außen auch glaubhafter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Rohwer, wenn Sie den Bericht ernsthaft durchsehen, dann sehen Sie: Dieser Bericht ist für Sie eigentlich unwürdig. Das muss ich wirklich sagen. Er hat so wenig Inhalt und Perspektive! Er kündigt nur Dinge an, die vielleicht umgesetzt werden können. Ansätze sind durchaus richtig, nur umgesetzt sind sie nicht. Das ist das Problem im Lande. Wir kündigen Dinge an, um die Leute zufriedenzustellen, aber es wird nichts umgesetzt.
Mein lieber Bernd Schröder, wenn du sagst, der Mittelstand sei die tragende Säule, dann sage ich: Das ist in Schleswig-Holstein so. Nur, was tun wir ernsthaft dafür? Es wird nichts umgesetzt. Sie glauben es nicht! Gestern haben wir auf der NordBau in Neumünster die Diskussion gehabt. Hinterher bin ich mit den kleineren Mittelständlern dort im Gespräch gewesen. Ich muss sagen, die Stimmung ist depressiv. Man weiß gar nicht, wie man die aufbauen soll. Wie viele Betriebe machen zum Jahresende noch zu? Fast 50 % der Mitarbeiter wurden in den letzten zehn Jahren abgebaut. Wo soll da die Perspektive sein? Die können sie nicht erkennen. Ich muss auch sagen, wir sind gestern angetreten und haben gesagt, bauen, jetzt! Wenn wir unser Programm und unseren Verkehrswegeplan angucken, dann sehen wir: Noch im Frühjahr haben Sie mir zugesagt, der Lückenschluss von Negernbötel nach Bornhöved der A 21 wird gebaut. Jetzt steht schlicht in einem Satz da: 2007 geht es los. Das kann doch nicht wahr sein! Die Leute haben auf die Aufträge gewartet. So können wir im Lande nichts schaffen!
Es hat auch gar keinen Zweck. Wir müssen die Zahlen ernsthaft angucken. Herr Dr. Garg hat die Zahlen aufgezeigt: Überall ist rot. Deutschland steht in Europa am schlechtesten da und Schleswig-Holstein in Deutschland. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Wir müssen singulär in die einzelnen Regionen gehen und sehen, was man daraus machen kann. Es ist eine ganz traurige Situation!
Zum Bürokratieabbau: Ich kann das nicht mehr hören. Ich bin jetzt bald neun Jahre hier. Das habe ich am ersten Tag gehört, das höre ich heute. Umgesetzt wurde überhaupt nichts. Es sind nur Lächerlichkeiten: Wenn man die Vereinbarung zwischen den Kreisen und dem Land sieht, dann ist das lächerlich. Ich will das draußen gar nicht mehr erzählen, das nimmt mir keiner mehr ab.
Deswegen: Vergessen Sie es! Wenn Sie dann sagen, ich muss für 1,8 Millionen € eine neue Imagekampagne haben, um den Betrieben in SchleswigHolstein zu zeigen, dass sie hier richtig aufgehoben sind, gleichzeitig aber eine Wasserabgabenerhöhung um 13 Millionen € einführen, dann frage ich: Was ist denn das für eine Kampagne? Sie zerstören den Mittelstand! Ich finde, wir sind auf dem falschen Weg.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es kann ja am Freitagnachmittag liegen, aber was höre ich hier heute Nachmittag darüber, dass man nicht mal einen Bericht, den die Landesregierung hier abgibt, liest und zur Kenntnis nimmt! Da wird von Herrn Eichelberg eben behauptet, es seien nur Ankündigungen. Herr Eichelberg, haben Sie den Bericht eigentlich gelesen? Haben Sie gesehen, dass da eine Vielzahl von - mindestens zehn - konkreten Maßnahmen enthalten sind, die wir hier in Schleswig-Holstein umgesetzt haben? Wo sind wir eigentlich in der Debatte, wenn so etwas nicht einmal gelesen wird?
Dann behauptet Herr Eichelberg, der Lückenschluss der A 21 werde 2007 gebaut. Der Bau des Lückenschlusses wird im Frühjahr des Jahres 2004 angefangen. Erzählen Sie doch bitte nicht etwas, was wir im Ausschuss zigmal diskutiert haben!
Herr Kayenburg spricht über Statistikabbau. Von der CDU im Lande habe ich zu dem Thema nichts gehört. Lieber Herr Kayenburg, wir haben als Land Schleswig-Holstein dazu Vorschläge gemacht. Sie haben mir dazu in den letzten Monaten nicht einen konkreten Vorschlag für Schleswig-Holstein zukommen lassen, den wir in Richtung Clement hätten verwenden können.
Nun zu Herrn Kubicki. Herr Kubicki, ich habe Ihnen das schon während der Debatte am Mittwoch gesagt: Sie kommen immer mit Ihren 15 Jahren. Schauen Sie sich doch bitte einmal die Statistik über 15 Jahre an. Kommen Sie - oder meinetwegen auch Ihre wirtschaftspolitische Sprecherin - einmal in den Ausschuss, dann werden wir die Daten einmal diskutieren. In den letzten fünf Jahren hat sich SchleswigHolstein beim BIP etwa gleich mit dem Bundestrend und bei der Arbeitslosigkeit besser als der Bundestrend entwickelt. Bei der Exportquote haben wir aufgeholt. Behaupten Sie in der Debatte doch nicht immer etwas Falsches! Lassen Sie uns darüber diskutieren!
Das setzt dem Fass die Krone auf: Sie sagen mir, ich solle endlich mal sagen, welche Ziele wir haben und welche Maßnahmen wir machen. Lesen Sie eigentlich nicht das, was wir sagen und machen? Nehmen Sie nicht zur Kenntnis, welche Verkehrsprojekte ich nach vorn bringe, welche Verkehrsprojekte umgesetzt werden, übrigens leider ohne Unterstützung Ihres Kollegen in Niedersachsen, der im Moment bei der A 20 Probleme macht?
Nehmen Sie so etwas eigentlich nicht zur Kenntnis? Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wenn Sie so allgemein bleiben wie in der heutigen Debatte - das gilt auch für Sie, Herr Kayenburg -, dann werden Sie Probleme mit der schleswig-holsteinischen Wirtschaft haben. Ich höre ja auch das eine oder andere. Es wird gesagt: Da kommt nichts an Konzeption. - Wir machen jedenfalls etwas. Schauen Sie sich das einmal an!
Damit treten wir nach der Geschäftsordnung in die Situation des § 58 Abs. 1 ein. Wir vereinbaren, dass jeder Fraktion nochmals drei Minuten Redezeit zustehen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich kann Ihnen versichern: In der CDU gibt es Leute, die Ihren Bericht gelesen haben. Ich denke, auch alle unsere Redner haben ihn gelesen.
Ich möchte auf zwei ganz konkrete Dinge eingehen. Zum einen ist dies das Thema der Kreditversorgung des Mittelstandes, das wir auf die Eigenkapitalversorgung des Mittelstandes ausgeweitet haben. Wir haben mehrfach im Landtag über dieses Thema diskutiert und wissen alle, dass es ein riesiges Problem ist, wie wir an Geld kommen, zumal die klassischen Kreditversorger, die Sparkassen, inzwischen große wirtschaftliche Probleme haben. Das pfeifen die Spatzen von den Dächern. Was also tun?
Sie haben wirklich sehr liebevoll - ich weiß nicht wie viele - Maßnahmen aufgezählt, die Sie ergriffen ha
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
- Frau Heinold, was mir fehlt, ist ein kreativer Ansatz. Immer wieder einmal wird von Verteilungspolitikern beklagt, dass die öffentlichen Haushalte pleite sind, dass sich aber bei den Privaten ein achtbares Vermögen angesammelt hat. Und in jeder politischen Frage wird überlegt, wie man das wiederbekommen könnte, ob die Erbschaftsteuer erhöht werden oder die Vermögensteuer wieder eingeführt werden sollte. Man könnte es aber auch eleganter machen, Herr Minister. Ich bitte Sie, einmal darüber nachzudenken, durch steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten privates Kapital, das sich bei Existenzgründern oder bei besonders innovativen Firmen engagiert, anzulocken - Sie müssen einmal nach Amerika schauen; darüber sollten wir uns einmal außerhalb dieser Sitzung unterhalten - und auf diese Art und Weise das private Kapital in eine Nutzung zu bringen, die der ganzen Volkswirtschaft hervorragend dient. Einen solchen Ansatz vermisse ich in Ihrem Bericht völlig.
Der zweite Punkt betrifft Ihr Kapitel „Mittelstandspolitische Agenda für Wachstum, Innovation und Beschäftigung in Deutschland“. Ich lese mit Interesse, dass Sie einen Brief an den Bundeswirtschaftsminister geschrieben haben, muss aber doch fragen: Wo bleibt Ihr Engagement für Innovation im Land? Wenn ich den Haushalt anschaue, den wir zurzeit beraten, und das Kapitel „Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation zur Stärkung der Wirtschaft in Schleswig-Holstein“ nachlese, kommen mir die Tränen über die Mittelansätze. Für die Projektförderung Privater sind für 2004 1,9 Millionen € veranschlagt, für 2005 sind es 2,1 Millionen €. Immerhin waren es im Jahre 2003 noch 3,2 Millionen €. Noch schlimmer sieht es bei der Projektförderung öffentlicher Einrichtungen aus. Im Jahre 2004 soll nur noch 1 Million und im Jahre 2005 sollen nur noch 650.000 € fließen. Im Jahre 2002 waren das immerhin 2,5 Millionen €.
Nun wird es ganz konkret. Die Technologietransferbeauftragte der Fachhochschule Flensburg kommt zu mir und sagt: Ein Professor möchte mit einer Firma im Landesteil Schleswig etwas entwickeln. Diese Firma gibt einen bestimmten Teil Geldes dazu, aber ihr fehlt die Kofinanzierung. Sie läuft in SchleswigHolstein von Pontius zu Pilatus, Herr Minister. Sie bekommt kein Geld mehr bei der TSH, sie bekommt kein Geld mehr bei der ttz. Da ist einem klugen Menschen eingefallen: Wir haben ja im Ministerium diesen schönen Posten „Förderung von Forschung, Entwicklung …“ und so weiter - ich spare mir jetzt den genauen Titel. Und dann heißt es: Es tut uns Leid; das geht nicht mehr; wir machen jetzt eine Kooperation mit Hamburg, Life-Science-Agentur IMATE, etwas ganz Tolles; dafür muss es eine Grundfinanzierung geben und da bleibt leider für einzelne Projekte nichts mehr übrig.
Jetzt steht diese Frau da. Sie hat den Auftrag, Technologietransfer zu betreiben. Wir haben im Landesteil Schleswig auch den Auftrag, wirtschaftsnahe Infrastruktur zu fördern, um den Landesteil voranzubringen. Sie bekommt nirgendwo Geld.
Ich kann Ihnen das noch einmal konkret sagen; es passt komplett hier hinein. Es soll nämlich die Umsetzung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen in marktfähige Produkte, Verfahren und Dienstleistungen beschleunigt werden und dadurch sollen die Innovationskraft und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gestärkt werden.