Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt dem Vorsitzenden, Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen dieses Landtages haben es geschafft, einen gemeinsamen Antrag zur Mittelstandsoffensive im Sommer diesen Jahres hier zu verabschieden. Ich fand, das war eine gute Sache. Wir alle wissen, dass wir nicht alle Punkte dieses Antrages sofort umsetzen können, weil auch vieles vom Bund abhängt, aber es war ein Anfang und auch ein Signal dafür, dass eine gemeinsame Wirtschaftspolitik in diesem Landtag gewollt ist.
Jetzt ist ein Antrag von der FDP gestellt worden zu überprüfen, was aus diesem Bericht geworden ist. Nun kann man sagen, dass das eine relativ kurze Zeit war. Aber auch nach einer kurzen Zeit macht es Sinn zu fragen, ob das eingeleitet worden und angepackt worden ist, was in diesem Bericht drinsteht, oder nicht. Der Wirtschaftsminister hat einen Bericht vorgelegt und sehr sauber berichtet, welche Punkte er angepackt hat und dass er in allen Tätigkeitsbereichen, die von uns in dem Antrag angesprochen und beschlossen worden sind, tätig geworden ist. Es konnte noch nicht alles umgesetzt werden, einige Punkte werden - wie schon gesagt - auf Bundesebene auch widersprüchlich behandelt. Ich verweise nur auf die Senkung der Lohnnebenkosten, wo die CDU auf Bundesebene auch eine völlig andere Position hat, als hier beschlossen worden ist. Aber es ist alles angepackt worden. Und es wäre doch sinnvoll gewesen, sich systematisch mit den Einzelpunkten auseinander zu setzen, sachlich den einen oder anderen Punkt
Was wird tatsächlich gemacht? - Wir haben eine Debatte, in der beide Redner der Opposition Rundumschläge verteilen, ohne in irgendeiner Art und Weise sachlich auf den Bericht einzugehen.
Das finde ich schon ausgesprochen erstaunlich. Von daher fällt es mir ausgesprochen schwer, zu meiner Rede zurückzukehren und das alles noch einmal einzeln abzuarbeiten. Angesichts dieser Debattenlage ist das relativ sinnlos.
Als entscheidendes Beispiel, als entscheidender Beweis wurde von Herrn Kayenburg, der gerade in seinen Kalender schaut, für seine These Herrn Driftmanns Aussage gebracht, dass die Wirtschaft im Norden noch nicht zum Laufen komme. Wenn Sie diese Aussage gründlich gelesen hätten und nicht nur die Überschrift, was ja bei Herrn Driftmann nicht zu viel verlangt ist, dann hätten Sie festgestellt, dass Herr Driftmann gesagt hat, das Problem im Norden sei im Augenblick vor allen Dingen Hamburg, denn Schleswig-Holstein stehe wesentlich besser da als Hamburg. Hamburg rutsche richtig ins Minus.
Nun will ich gar nicht sagen, das liege an der Hamburger Politik. Ich finde, das wäre auch völlig unberechtigt in dieser Frage. Aber dieses Zitat von Herrn Driftmann zu nehmen, ohne das zu erwähnen und ohne den Bezug zu einer hamburgischen Senatspolitik herzustellen, die gerade nicht von Rot-Grün verantwortet ist, ist schon sehr merkwürdig.
Es ist auch sehr merkwürdig, wenn Sie als zweiten zentralen Beweis für Ihre These die Gemeindesteuerdebatte nehmen, die wir in den letzten Wochen gehabt haben. Wir haben interessanterweise eine Versammlung von 1.600 Kommunalvertretern gehabt, zu denen auch wesentliche Kommunalvertreter aus Schleswig-Holstein gehören, auch zum Beispiel Frau Volquartz aus Kiel, die in ihrer bundesweiten Versammlung ausgerechnet Position und Gesetzentwurf
der Landesregierung Schleswig-Holstein als vorbildlich für die Kommunen bezeichnet und sich dafür bedankt haben, dass die Landesregierung SchleswigHolstein diesen Gesetzentwurf eingebracht hat.
Das war der Referentenentwurf, auf den sich die Versammlung von 1.600 Kommunalvertretern bezogen hat. Was hat denn die CDU in Schleswig-Holstein zu diesem Gesetzentwurf gesagt?
Sie haben erzählt, Sie verträten die Interessen der Kommunen und Sie lehnten diesen Gesetzentwurf ab, und 1.600 Kommunalvertreter aus der Bundesrepublik haben Ihnen bescheinigt, was sie von dieser CDU halten, nämlich überhaupt nichts.
Ich glaube, dass die Regierung mit ihrer konkreten Politik zugunsten des Mittelstandes, mit der Maßnahme „Mittelstand“ der Bürgschaftsbank, mit der Entwicklung von neuen Produkten für mittelständische Unternehmen, um besser an Kredite heranzukommen, mit der Entwicklung von Technologie- und Innovationsfonds in der Investitionsbank, mit der Weiterentwicklung der Bürgschaftsbank und der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft, mit der Entwicklung von Sonderdarlehen mit eigenkapitalähnlichem Charakter und der Aufstockung des Topfes von 40 Millionen auf 65 Millionen €, mit der Vorbereitung eines Beteiligungssofortprogramms für Arbeitsplätze der MBG für kleine und mittlere Unternehmen - das ist nur eine kleine Auswahl von Punkten - eine ganz konkrete Mittelstandspolitik macht, bei der es sich zumindest lohnen würde, sich damit auseinander zu setzen. Wenn Sie sagen würden, Sie kritisierten die eine oder andere Maßnahme, könnte ich das ja verstehen, aber was mich ärgert, ist, dass Sie hier auftreten, Herr Garg, einen polemischen Beitrag halten und sich in keiner Weise die Mühe geben, auch nur auf einen einzigen Punkt konkret einzugehen. Das finde ich beschämend.
Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt dem Abgeordneten Lars Harms.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir die rechtlichen Rahmenbedingungen betrachten, die in Schleswig-Holstein gelten, so können wir feststellen, dass sich gerade hier etwas zugunsten des Mittelstandes getan hat. Im März haben wir das Tariftreuegesetz beschlossen, das dazu geführt hat, dass unsere kleinen und mittleren Unternehmen, Herr Kubicki, erstmals wieder rechtlich in die Lage versetzt wurden, unter gleichen Bedingungen wie ihre auswärtigen Konkurrenten im Wettbewerb zu agieren.
Dieses Gesetz, das auf eine Gesetzesinitiative des SSW zurückgeht und wo Sie Recht haben, Herr Kollege Garg, das super ist, sorgt für einen fairen Wettbewerb, ohne die marktwirtschaftlichen Prinzipien zu verletzen. Dabei ist vor allem daran zu denken, dass dieses Gesetz für Aufträge des Landes und für Aufträge aus der Abfallwirtschaft verbindlich anzuwenden ist, wodurch ein großer Teil der ausgeschriebenen Aufträge unter fairen Bedingungen vergeben wird. Den Kreisen und Kommunen ist es freigestellt, ob sie dieses Gesetz ebenfalls anwenden wollen. Auch wir können nun feststellen, dass immer mehr Kreise und Kommunen dazu übergehen, das Gesetz anzuwenden. Dabei ist es egal, welche politische Mehrheit im Kreis oder in der jeweiligen Kommune besteht. Gerade auch CDU-Vertreter vor Ort sind begeistert, dass es dieses Gesetz gibt. Das ist Ihnen bloß noch nicht aufgegangen, weil Sie eben doch nicht so kommunalnah sind.
Das zeigt, dass sich die Kommunalpolitiker ihrer Verantwortung bewusst sind und bewusst dafür sorgen wollen, dass der faire Wettbewerb bestehen bleibt und so Arbeitsplätze erhalten und neu geschaffen werden können. Das Tariftreuegesetz trägt somit auf allen Ebenen zur Mittelstandsoffensive bei.
Hinzu kommt dann noch das Mittelstandsförderungsgesetz, das wir erst kürzlich novelliert haben. Auch hier ist das Tariftreuegesetz in die Bestimmungen mit aufgenommen worden, was das ganze Mittelstandsförderungsgesetz in sich verbindlicher gemacht hat. Aber auch die Bestimmungen zur Weiterbildung und zur Möglichkeit der privaten Leistungserbringung schaffen Grundlagen für die Weiterentwicklung der mittelständischen Wirtschaft im Land. Mit dem Gesetz verbunden ist die Überprüfung aller im Erlassverzeichnis aufgeführten Verwaltungsvorschriften. Sofern sie nicht der Umsetzung von Bundes- und EURecht gelten, laufen diese Vorschriften am 31. Dezember dieses Jahres aus, was wiederum zur Verwal
tungsvereinfachung beiträgt. Regelungen, die bestehen bleiben, werden auf fünf Jahre befristet, um sie dann erneut zu überprüfen. Damit kommt die Landesregierung einer alten Forderung aus der mittelständischen Wirtschaft nach Verwaltungsvereinfachung nach.
Der Bericht macht aber auch deutlich, dass die Landesregierung im Bundesrat die Hartz-Reform unterstützt. Bei den Reformen, die bisher eingeführt wurden, gibt es bestimmt genügend Ansatzpunkte zur Diskussion. Auch wir als SSW sehen manches kritisch, aber wir haben seinerzeit gesagt, dass es sich hier um ein Gesamtpaket handelt und dieses als Gesamtpaket betrachtet werden muss. Daher ist die Haltung der Landesregierung, die Hartz-Reform als Paket zu unterstützen, auch in Ordnung und zeigt, dass Mittelstandspolitik konkret durch die Landesregierung umgesetzt wird. Ob beispielsweise Minijobs, die IchAG und andere Maßnahmen Erfolg haben werden, wird die Zeit zeigen. Man muss sich auch die Zeit nehmen und dann die Wirkung der einzelnen Maßnahmen überprüfen. Wenn sich dann Unzulänglichkeiten ergeben, muss korrigiert und das System verbessert werden. Zumindest wird aber etwas getan, auch wenn wir alle wissen, dass es mehr sein könnte.
Von CDU und FDP ist da nicht so viel Wegweisendes zu hören. Deshalb ist es gut, dass die Landesregierung die entsprechenden Maßnahmen politisch unterstützt.
Wenn wir über Mittelstandsförderung reden, müssen wir vor allem auch über Geld reden. In der aktuellen Diskussion um die für unser Land dringend notwendige GA-Förderung wissen sich Parlament und Landesregierung einig, dass wir die Förderung erhalten müssen. Die Landesregierung muss hier massiv die Interessen des Landes vor Parteiinteressen oder Bundesinteressen stellen, um die GA-Förderung für unser Land zu erhalten. Doch auch andere Förderbereiche sind wichtig für die mittelständische Wirtschaft. Da ist zum einen die Werftenförderung, die wir erhalten müssen, solange Südkorea unzulässige Subventionen aufrechterhält. Hier investiert das Land über die normale Werftenhilfe hinaus auch in Forschung und Entwicklung an den einzelnen Werftstandorten. Dies sehen wir als Investition in die Zukunft. Weiter haben die Landesregierung und die produktiven Kräfte hier im Hause gerade auch den Bereich der erneuerbaren Energien gegen den Widerstand der Unverbesserlichen in diesem Hause unterstützt und so dafür gesorgt, dass gerade an der Westküste eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in mittelständischen Unternehmen entstehen konnte. Sie sehen
also, meine Damen und Herren, dass die Mittelstandsoffensive nicht stehen geblieben ist, sondern weiter läuft und läuft und läuft.
Die FDP allerdings, lieber Kollege Kubicki, verharrt in ihrer ewigen Kritik an allem und jedem, selbst wenn sie es besser wissen sollte und sogar noch schriftlich überreicht bekommt. Die FDP ist somit das eigentliche Trauerspiel in unserem Land und die CDU steht der FDP hier in nichts nach.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit solchen Reden, wie sie eben Herr Harms gehalten hat, belügen wir uns selbst.
Tatsache ist, dass der schleichende Niedergang unseres Staatswesens sich neben dem Bildungssystem am stärksten im Fall und Zerfall des Mittelstandes zeigt. Das Apothekensterben, das wir derzeit erleben und über das wir hier am Rande gar nicht reden, ist ein ganz konkretes Beispiel. Hier werden in den nächsten Jahren wieder Hunderte von mittelständischen Existenzen kaputtgehen. Deshalb ist gespielter Optimismus in diesen Fragen Feigheit.
Das Kompetenzdreieck des Mittelstandes besteht aus einem Dreieck aus Eigenverantwortung, Eigeninitiative und Entscheidungskompetenz. Es ist nicht nur der zentrale Pfeiler unserer Wirtschaftsordnung, sondern es ist auch der zentrale Pfeiler unserer Demokratie schlechthin. Das haben viele gar nicht erkannt. Mit dem Mittelstand verschwindet in kleinen, aber sehr deutlichen Schritten das Wettbewerbssystem. Denken Sie bitte an die Mineralölkonzerne. Auch hier hatten wir vor Jahrzehnten noch sehr viel Mittelstand. Damit verschwindet auch Wettbewerb als Wurzel unserer Wirtschaftsordnung.
Die Demokratie, wie wir sie verstehen, setzt einen starken Mittelstand voraus. Die Globalisierer und die Geldeliten sind dem Nationalstaat weitaus entwachsen. Die Unterschichten sind mit dem Alltagskampf so beschäftigt, dass sie Politik lediglich danach beur
teilen, wer ihnen die stärkste Hilfe verspricht. In erster Linie trägt der Mittelstand also die Demokratie. Er braucht die äußere und innere Freiheit für seine Selbstständigkeit und für seine Eigeninitiative wie die Luft zum Atmen. Je schwächer der Mittelstand ist, je schwächer ist auch die Demokratie. Auf diesem Wege sind wir derzeit. Der Mittelstand steht auch deshalb für Demokratie und Staat, weil er etwas zu verlieren hat. Die Geldelite ist international orientiert und mit ihren finanziellen Interessen nicht mehr auf das einzelne Staatswesen.
Wenn Sie jetzt eine ganz konsequente wirtschaftspolitische Wende in Bezug auf den Mittelstand einleiten, wird unser Staatswesen nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in Bezug auf die Existenz unserer Demokratie in Schieflage geraten. Das sage ich Ihnen voraus, wenn diese Politik weitergetrieben wird. Wir dürfen hier nicht in Legislaturperioden denken.