den stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbandes deutscher Sinti und Roma, Herrn Matthäus Anton,
sowie weitere Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen und Institutionen der Minderheiten und Volksgruppen und der Grenzverbände aus SchleswigHolstein und Nordschleswig. - Allen zusammen ein herzliches Willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ich freue mich, dass heute Vertreterinnen und Vertreter der Sprachgruppen und der nationalen Minderheiten nach Kiel gekommen sind, um unsere Debatte zu verfolgen. Mit ihnen begrüße ich auf der Tribüne meine Minderheitenbeauftragte, Renate Schnack, die gleichzeitig auch die Beauftragte für Niederdeutsch ist. Ich hoffe, Sie erlauben mir, Herr Präsident, Frau Schnack nachträglich
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bis zur Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen, wie sie heute die Basis unseres Berichts bildet, musste ein langer Weg zurückgelegt werden, wobei viele Leute versucht haben, den großen Brocken um enge Straßenecken herumzubekommen. Als die Bundesrepublik Deutschland die Charta am 5. November 1992 unterzeichnete, ging man zunächst nur davon aus, Dänisch und Sorbisch zu berücksichtigen. Doch bereits mein Vorgänger, Björn Engholm, hat sich erfolgreich dafür stark gemacht, auch das Friesische und das Niederdeutsche mit einzubeziehen.
Nachdem im Sommer 1993 die offizielle deutsche Charta-Übersetzung vorlag, hat die Landesregierung intensiv geprüft, welche Verpflichtungen aus Teil III der Charta für die einzelnen Sprachen übernommen werden können, ohne die finanzielle Möglichkeiten des Landes zu überfordern. Das Gute war, dass wir in Schleswig-Holstein nicht bei Null anfangen mussten. Deswegen konnte im März 1994 die Landesregierung den Beschluss fassen, die Bundesregierung zu bitten, Dänisch, Friesisch und Niederdeutsch nach Teil III der Sprachencharta anzumelden. Die Diskussion, auch das Romanes der deutschen Sinti und Roma einzubeziehen, gewann erst etwa 1996 an Dynamik. Bis die Ratifikationsurkunde am 16. September 1998 beim Europarat hinterlegt wurde und die Charta schließlich am 1. Januar 1999 in Deutschland in Kraft trat, war es noch ein weiter Weg.
Heute, meine sehr verehrten Damen und Herren, können wir in Schleswig-Holstein auf fast ein Jahrzehnt intensiver Arbeit mit der Sprachencharta zurückblicken. Alle politischen Ebenen, der Landtag, die Landesregierung, die Kreise und Kommunen, haben sich mit dem Thema befasst. Im Laufe der Jahre hat sich die Charta zu einem wichtigen minderheitenpolitischen Schutzinstrument entwickelt. Sprache ist ein wesentlicher Ausdruck kultureller Identität. Für unsere Minderheiten, die dänische Minderheit, die friesische Volksgruppe und die Minderheit der deutschen Sinti und Roma, hat sie damit elementare Bedeutung. Wir unterstützen deshalb gerne Institutionen wie das Nordfriisk Instituut in Bredstedt. Mit der Förderung der dänischen Minderheit und des Landesverbandes deutscher Sinti und Roma, beispielsweise im Mediatorinnenprojekt an Kieler Schulen, trägt das Land zur Stärkung der Sprachkompetenz bei, und zwar unter Beibehaltung der so genannten Muttersprache. Im Bereich des Niederdeutschen fördert das Land die
beiden Zentren für Niederdeutsch in Ratzeburg und Leck. Die Einrichtung des Plattdeutschen Rates für Schleswig-Holstein hat das Land ebenfalls begrüßt und unterstützt.
Der Sprachenchartabericht 2003, der im Wesentlichen auf einen Beschluss des Parlaments vom 18. Oktober 2000 zurückgeht, gibt auch vertiefende Informationen zur Sprachsituation der Minderheiten in Schleswig-Holstein. Wir legen Ihnen diesen Bericht auf ausdrücklichen Wunsch des Europaausschusses getrennt vom Minderheitenbericht vom Dezember 2002 vor. In diesem Bericht sind verschiedene für die Sprachencharta entscheidende Dokumente verarbeitet: erstens der deutsche Staatenbericht aus dem Jahres 2000, zweitens das Monitoringverfahren und der Monitoringbericht des Europarates von 2002, drittens die Empfehlung des Minister-Komitees von 2002 und viertens die vorbereitenden Arbeiten zum Zweiten deutschen Staatenbericht, der zum Ende dieses Jahres dem Europarat vorgelegt werden soll. Damit hat Deutschland den gesamten Zyklus von Berichtspflicht und Prüfung durch den Sachverständigenausschuss, wie ihn die Charta vorgibt, einmal vollständig durchlaufen. Die Vorlage des Sprachenchartaberichts an den Landtag zum jetzigen Zeitpunkt ist deshalb mit Bedacht gewählt.
Der Schwerpunkt des Ihnen vorliegenden Berichtes liegt in Abschnitt III. Dort finden Sie detailliert dargestellt, wie die übernommenen Einzelverpflichtungen in Schleswig-Holstein umgesetzt werden. Zu jeder einzelnen Verpflichtung wird aufgeführt, wie die Umsetzung erfolgt, Stück für Stück. Das gilt für die Stärken übrigens genauso wie für Unerledigtes, das wir ungeschönt nennen. Für die weitere Arbeit können diese Hinweise sehr hilfreich sein. Aus dem positiven Echo auf unseren Minderheitenbericht haben wir gelernt. Auch der Sprachenchartabericht enthält wieder ein Forum, in dem die Sprachengruppen selbst Erfahrungen und Erwartungen formulieren konnten.
Alle vier Sprachgruppen haben erfreulicherweise von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Für ihr Engagement möchte ich mich ausdrücklich bedanken.
Vom Expertenausschuss des Europarates wird dem Land eine ambitionierte Minderheiten- und Regionalsprachenpolitik bescheinigt. Über dieses Ergebnis freuen wir uns natürlich sehr. Dennoch hat der Ausschuss auch Schwächen aufgelistet und sieht manche
Verpflichtung nur als förmlich erfüllt an. Insbesondere bei Rechts- und Verwaltungsvorschriften, beim Schulverwaltungsrecht und bei der Medienpräsenz werden Nachbesserungen vorgeschlagen. Als Landesregierung - das möchte ich allerdings hinzufügen - finden wir nicht jede Kritik begründet. So wäre gerade im Schulbereich, etwa bei der Errichtung neuer Aufsichtsorgane und weiterer Berichtspflichten, das buchstabengetreue Erfüllen der Verpflichtungen nur mit weiteren Vorschriften und mehr Bürokratie zu erreichen, Dinge, die wir im Übrigen gerade abzubauen beschlossen haben, um das tägliche Leben in den Schulen zu erleichtern.
Im Medienbereich sind uns verfassungsrechtlich Schranken gesetzt. In einem Schreiben vom Januar dieses Jahres habe ich erneut an die Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie an den Verband der Zeitungsverlage Deutschland e. V. appelliert, sich auch weiterhin für die Minderheitensprachen in den Medien einzusetzen und neue Akzente zu setzen. An dieser Stelle möchte ich stellvertretend für alle Medien den Norddeutschen Rundfunk für sein Engagement in den vergangenen Jahren loben.
Wir werden versuchen, die vom Expertenausschuss vorgebrachte Kritik in unseren Beiträgen zum zweiten deutschen Staatenbericht zu entkräften.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, angesichts der angespannten Haushaltslage fällt es uns nicht leicht, die für die Sprachenförderung notwendigen Mittel immer in ausreichender Höhe zur Verfügung zu stellen. Ich sehe es daher als einen großen Erfolg an, dass es uns gelungen ist, die Ansätze für die Minderheiten im Regierungsentwurf für den Doppelhaushalt 2004/2005 zu überrollen. Ich bitte alle Fraktionen, uns insoweit bei den Haushaltsberatungen zu unterstützen.
Aber ich sage auch: Nicht alles, was dem Schutz und der Pflege von Regional- oder Minderheitensprachen dient, muss und kann vom Staat geleistet werden, sei es finanziell oder durch seine Verwaltung. Hier sind die Sprachengruppen gebeten, sich selbst etwas mit uns gemeinsam einfallen zu lassen.
Patenschaften beim Erlernen der nordfriesischen Sprache im Kindergarten und Schulbereich zwischen der älteren Generation und Schülerinnen und Schü
lern wie in Nordfriesland sind ein gutes Beispiel. Für dieses freiwillige Engagement haben die Aktiven Dank und auch Anerkennung verdient.
Leider wird die Diskussion oftmals auch davon bestimmt, was wünschenswert ist, und nicht davon, wozu sich das Land konkret verpflichtet hat. Ich habe hierzu zu sagen, dass die Landesregierung teilweise deutlich über die eingegangenen Verpflichtungen hinausgeht. So haben wir mit unserer Broschüre „Sprache ist Vielfalt“ alle Kommunen im Land über die Sprachencharta informiert. An unseren Bürotüren in den Ministerien weisen kleine Aufkleber auf die Sprachkompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hin. Die Pressemitteilungen zur heutigen Debatte erscheinen auch in dänischer, friesischer und niederdeutscher Übersetzung. Auf unserer Internetseite werben wir für die schleswig-holsteinische Sprachenvielfalt. Auch die vielen Schülerinnen und Schüler, die jedes Jahr an den niederdeutschen Vorlesewettbewerben teilnehmen, beweisen, dass unsere Regionalsprachen jung, frisch und attraktiv geblieben sind.
Zehn Jahre Arbeit mit der Charta haben gezeigt, dass ihr Wert vor allem in ihrem Geist liegt. Er ist es, der in einer breiten Öffentlichkeit und auf allen politischen Ebenen Aufmerksamkeit für die Regional- und Minderheitensprachen geweckt hat. Die oftmals vage und rechtlich unbestimmt formulierten Verpflichtungen sind dazu leider nicht immer geeignet. Nur dann, wenn wir Schritt für Schritt gemeinsam in Politik, Verwaltung und Sprachengruppen den Sprachenschutz weiterentwickeln, können wir das mit der Charta verbundene Ziel voranbringen. Das Land leistet dazu seinen Beitrag und wird dies auch künftig tun. Trotz des hohen Schutzstandards, den wir bereits erreicht haben, müssen wir uns auch in Zukunft weiter anstrengen, um die Charta umzusetzen. Angesichts der angespannten Haushaltssituation fällt uns das - wie bereits gesagt - nicht leicht.
Die Empfehlungen des Ministerkomitees zeigen deutlich, dass alle Rückschritte aus finanziellen Gründen sehr kritisch geprüft werden. Die Konsequenzen für die Sprachenförderung werden genau hinterfragt. Das heißt, wir können uns nicht einen leichten Ausweg nur über finanzielle Möglichkeiten suchen.
Unser Ziel ist es deshalb, mittelfristig keine neuen Verpflichtungen aus Teil III der Sprachencharta zu übernehmen. Der Schwerpunkt unserer Arbeit wird stattdessen darin liegen, bereits übernommene Verpflichtungen zu vertiefen und die Sprachencharta in der Öffentlichkeit noch weiter bekannt zu machen.
Wir wollen das in einem offenen und konstruktiven Dialog mit den betroffenen Sprachgruppen erreichen. Zu diesem Dialog laden wir Sie herzlich ein.
Ich danke der Frau Ministerpräsidentin für diesen Bericht. - Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst der Frau Abgeordneten Tengler das Wort.
Unse Landdagspräsident hett seggt, wi, de Mitglieder vun den plattdüütschen Biraat, schullen öffentlich ümmer plattdüütsch schnacken, wenn dat paßt.
Mi dücht, hüüt paßt dat teemlich goot. Denn wi hebben jo ok noch de beiden Vörsitters vun de beiden groten Volksparteien, de ganz goot plattdüütsch ünnerwegens sünd. Obwohl de ene noch dringend en CD-Rom för de plattdüütsche Rechtschriebung bruukt, meent doch beide, plattdüütsch kann blots leven, wenn dat schnackt warrt.
Nu much ik mi eerstmal bedanken för dat Tosamenschrieven vun düssen Bericht, 149 Sieden, vun beide Sieden beschreven. In de Chronologie op Siet 120 kann man sehn, wo lang dat duurt hett un wer dor allens mitmaakt hett, bit de Minnerheitenspraken Däänsch, Noordfreesch, Plattdüütsch, Romanes endlich in de Charta weern. De Landdag hett sik 1994 un 1996 un ümmer wedder dormit befaat, un denn an den 1. 1. 1999 weer dat endlich so wiet. Dat bedüüt, de Charta löppt nu veer Johr. Worüm weer dat so wichtig, dat de Minnerheitenspraken in de Charta opnohmen worrn? Man harr faststellt, dat düsse Spraken to dat europäische Kulturerbe höört. Man harr ok faststellt, dat düsse Spraken teemlich kott vör dat Utstarven weern. So is de Charta so 'ne Oort „Rode List“ för Minnerheitenspraken. Denn man wull fastschrieven, dat jeder överall dat Recht harr, sien Spraak to benütten. Un denn schullen düsse bedrohte Spraken dörch staatliche Ünnerstützung dorto bröcht warrn, dat se sik wedder utbreden. De Ministerpräsidentin hett seggt, dat se dorbi hölpen will.
Dat sünd de Ziele vun de Charta. De Europaraat hett dat Land fristellt, welke Opgaven dat Land övernehmen will un welke nich. Dat Land hett sik verpflichtet, düt un dat to doon – dor goh ik naher noch op in.
Wat mien Fraktion nu würklich goot findt, is, dat en Expertenutschuß vun de Europaraat kümmt un kiekt, ob dat, wat dat Land versproken hett to doon, ok daan worrn is.
Dat gifft denn nich glieks wie bi FFH de Androhung vun Bußgeld, aver dat steiht in de Bericht vun düssen Expertenutschuß, wat nich maakt worrn is. De Expertenutschuß vun den Europaraat is de Menung, dat Schleswig-Holsteen en ganze Masse för de Minnerheiten- un de Regionalsprakenpolitik daan hett un deit. Dat is so, un dat is historisch wussen.