Protocol of the Session on August 29, 2003

Herr Kollege Greve, die Redezeit!

Deshalb sollten wir diese Möglichkeit in Zukunft verstärkt nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich jetzt Herrn Kollegen Joachim Behm.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich stelle großes Einvernehmen fest. Trotz einiger kritischer Anmerkungen werden Sie sehen, dass ich mich nahtlos in die Reihe meiner Vorrednerinnen und Vorredner einreihen kann.

Wer hätte es 1992, als das multilaterale Gremium des Ostseerates auf Initiative der Außenminister Dänemarks und Deutschlands, Uffe Ellemann-Jensen und Hans-Dietrich Genscher, in Kopenhagen gegründet worden ist, für möglich gehalten, dass der Ostseerat

(Joachim Behm)

bei der Erweiterung Europas maßgeblich eine Rolle spielen könnte? Der Ostseerat hat sich mittlerweile zu einem Scharnier im Gefüge der europäischen Sicherheitsstruktur entwickelt, das neben der Sicherheitsinstitution der NATO auch andere Formen der Sicherheitsvorsorge entwickelt hat.

Deshalb war es ein guter Ansatz, dass sich die deutsche Präsidentschaft im Ostseerat im Jahr 2000/2001 das Ziel gesetzt hatte, die verschiedenen Aktivitäten und Foren der Zusammenarbeit im Ostseeraum stärker zu bündeln und den Ostseerat als eine Plattform zur Koordinierung der gesamten regionalen Zusammenarbeit zu nutzen. Leider hat es die Bundesregierung über das proklamierte Ziel hinaus während ihrer Präsidentschaft im Ostseerat versäumt, entscheidende Impulse zu setzen, um die Produktivität der Ostseekooperation für die Menschen zu steigern.

Derzeit hat man den Eindruck, dass der außenpolitische Aufmerksamkeitswert der Ostseekooperation und die Arbeit des Ostseerates nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Deshalb wird es auf die ostseenahen Länder im Norden Deutschlands ankommen, die Argumente für die nationalen Interessen Deutschlands in der Ostseekooperation zu formulieren und die überwiegend maritimen Interessen der norddeutschen Länder einzubringen.

(Beifall bei der FDP)

Umso wichtiger ist es deshalb für die drei norddeutschen Bundesländer Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg, sich intensiv an der transnationalen Zusammenarbeit im Ostseeraum zu beteiligen.

Frau Ministerpräsidentin, ich stelle mit Genugtuung fest, dass Sie in Ihrer Rede auch dem Thema Schiffssicherheit ein Kapitel gewidmet haben. Von dieser Stelle der Appell an unsere russischen Besucher, sich dem Thema Schiffssicherheit in der Ostsee vermehrt zu widmen. Denn im Wesentlichen sind die großen Tanker, die russisches Öl an unseren Küsten vorbei und durch unsere Flachmeere hindurch tragen, eine Gefährdung und Bedrohung für uns. Hier muss gehandelt werden.

Wir dürfen nicht vergessen: Ostseepolitik ist auch Standortpolitik. Und dazu gehört eben auch, dass sich Schleswig-Holstein dafür einsetzt, dass die Ostseeregion zu einer handlungsfähigen Großregion weiterentwickelt wird. Das reicht von der Entwicklung von Wirtschaftsräumen über den Ausbau transnationaler Ausbildungsverbünde, transnationaler Verkehrsinfrastrukturen - wie beispielsweise die FehmarnbeltQuerung und die A 20 - bis hin zur Öffnung der Ar

beitsmärkte oder der Erschließung neuer Handlungsfelder, zum Beispiel im Tourismus.

(Beifall bei der FDP sowie der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])

Denn stärker als bisher wird die Ostseeregion eine Zusammenarbeit in den Feldern entwickeln müssen, die bislang entweder einzelstaatlichem Handeln oder Entscheidungen auf EU-Ebene überlassen waren. Das gilt für Entscheidungen über gemeinsame Infrastrukturen ebenso wie für die Hochschulkooperation oder die Zusammenarbeit im Energiebereich.

Die Ostseekooperation braucht den Schirm der Außenpolitik. Denn natürlich wird zurzeit darüber diskutiert, welche Aufgaben mit der EU-Erweiterung künftig entfallen können, weil viele Aufgaben dann - zumindest für die meisten Ostseeanrainer - in den Ratsgremien in Brüssel behandelt werden können. Dennoch wäre es bei weitem zu kurz gedacht, mit der EU-Erweiterung die Aufgaben des Ostseerates auf die regionalen Beziehungen mit Russland zu reduzieren und ansonsten die Akte Ostseerat - CBSS - einfach zuzuklappen. Deshalb ist es kontraproduktiv, wenn einerseits das Gewicht des Ostseerates als regionales Gremium gestärkt werden soll und andererseits nur noch im zweijährigen Rhythmus Ostseegipfel stattfinden. Eine Ostseekooperation kann nur funktionieren, wenn wir die Vision nicht aus dem Blick verlieren, die hinter dieser Politik stand und steht.

(Beifall der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD], Ulrike Rodust [SPD] und Anke Spoo- rendonk [SSW])

Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Ostseekooperation zu einem Berg von Papier und heißer Luft verkommt.

Das Land Schleswig-Holstein muss sein Gewicht im Sinne der bisher durchaus erkennbaren Erfolge einbringen, um den Ostseerat mit seinen Institutionen mit Leben zu erfüllen.

(Beifall bei FDP und CDU sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerpräsidentin, auch wir

(Detlef Matthiessen)

teilen den Standpunkt, dass die Strukturschwächung des Ostseerates Gegenstand intensiver Debatten sein muss. Wir sind damit nicht einverstanden. Ich sehe das vor allen Dingen auch inhaltlich so, dass die bisherige Ostseekooperationspolitik im Vergleich zur EU-Politik eine Vorreiterrolle inne hatte.

Die schleswig-holsteinische Initiative fand vor der Initiative im deutschen Außenministerium statt. Wenn ich die Beschlüsse auf den verschiedenen Ebenen durchdekliniere, kann ich da in unserem politischen Sinne fortschrittliche Tendenzen gegenüber dem erkennen, was auf EU-Ebene existiert. Ich nenne ein Beispiel, auch in Abgrenzung zum Beitrag von Herrn Greve. Wir haben in Danzig auf der Ostseeparlamentarierkonferenz das Ziel „phasing out atomic power as soon as possible“ beschlossen. Das heißt, es soll überwiegend ein regenerativer Energieweg im Baltikum beschritten werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Zuruf)

- Finnland hat noch nicht geplant, noch nicht bestellt und erst recht noch nicht gezahlt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Finnland, wenn weltweit keine Atomkraftwerke bestellt und gebaut werden, das machen wird. Das ist ein Vorratsbeschluss gewesen, ob der jemals verwirklicht wird, bezweifle ich. Aber wir können uns noch einmal am Rande über die Ökonomie von Atomkraft in der heutigen Zeit unterhalten. Weltweit findet zurzeit kein Neubau statt.

Hingegen klebt die Institution EURATOM der EU und dem Konventsprozess wie ein Klotz am Bein. Wenn Sie meinen, dass die EURATOM dort nur über die Sicherheitsdefizite von Atomkraftwerken im Baltikum oder auf russischem Gebiet entscheidet, nur Sicherheit akkreditiert, dann ist das verkehrt. Hier wird über den vordergründigen Aspekt der Sicherheitserhöhung der Zubau, der Neubau und die Ertüchtigung von Atomleistung in den Beitrittsländern und vor allen Dingen in den vorgelagerten Ländern finanziert.

(Uwe Greve [CDU]: Das habe ich nicht ge- leugnet!)

- Ja, Herr Greve. Ich sehe auch das Problem, das Sie meinen. Das nehme ich sehr ernst, die Sicherheitsdefizite dort. Wir können aber über diese Brücke nicht zu einer massiven Subventionierung des atomaren Ausbaus im Osten gelangen. Wir lehnen zum Beispiel - dem ist auch der Schleswig-Holsteinische Landtag durch einen Beschluss, ich glaube, das war in der Januar-Sitzung, gefolgt - die beantragte Erhöhung der Kredite für EURATOM ab.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der ECOFIN-Rat, also die Finanzministerkonferenz der EU, ist dem auch gefolgt und da gab es auch ein Veto.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das heißt, Transport und Energie müssen als Hardware des Wirtschaftens im Ostseeraum ökologisch erfolgen und erzeugt werden. Daher liegt unser Fokus auf dem maritimen Transportwesen. Unser Energiefokus liegt auf regenerativen Energien. Dazu gehört aber auch durchaus ein Projekt, von dem man glauben könnte, es sei ein Projekt der etablierten Stromwirtschaft, wie zum Beispiel das Baltic-Green-Konzept, das wir sehr unterstützen. Dies sollte realisiert werden.

Anke Spoorendonk und der Kollege Fischer haben sich schon zur strukturellen Schwächung des Ostseerates geäußert. Wir teilen diese Besorgnis sehr. Wir sollten die jetzt anstehende parlamentarische Konferenz in Oulu in Finnland gemeinsam nutzen, um noch einmal zu versuchen, einen anderen Weg zu gehen. Wir werden die Beschlüsse sicherlich nicht rückgängig machen können, aber wir müssen dort ein deutliches Votum zugunsten einer Rücknahme dieser Schwächung des Ostseerates machen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich gehe davon aus, dass beantragt worden ist, den Berichtsantrag für erledigt zu erklären. Ich frage nunmehr, ob der gegebene Bericht zu einer abschließenden Beratung an den Europaausschuss überwiesen werden soll. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Zunächst begrüße ich auf der Tribüne Gäste, und zwar Persönlichkeiten aus dem deutsch-dänischen Grenzland. Unter ihnen befinden sich Frau Schnack, Frau Kunsemüller, Herr Dr. Kühl, Herr Loske, Herr Dr. Johannsen, Herr Hansen, Herr Schultz, Herr Bendixen, Frau Kristensen, Herr Heesch, Herr Köhler, Herr Gammelgaard und Herr Christiansen. Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall im ganzen Haus)

Weiterhin begrüße ich Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer des Klaus-Harms-Gym

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

nasiums aus Kappeln. - Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!

(Beifall im ganzen Haus)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 32 auf:

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Dänemark

Landtagsbeschluss vom 9. Mai 2003 Drucksache 15/2620

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/2731

Für die Landesregierung erteile ich zunächst Frau Ministerpräsidentin Heide Simonis das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war eine eindrucksvolle Liste von Namen, die Sie gerade vorgelesen haben. Ich hoffe, es sind noch ein paar wichtige Leute zu Hause geblieben, damit die deutsche Minderheit vertreten werden kann, falls heute etwas Wichtiges passieren sollte. Es ist schön, dass Sie zu diesem Tagesordnungspunkt extra gekommen sind.