Herr Kollege Kalinka, würden Sie mir darin zustimmen, dass wir quasi schon eine Einheitskasse haben, weil jede Kasse, die sich anstrengt, dadurch bestraft wird, dass sie durch den RSA im Hintergrund zur Einheitskasse gerechnet wird?
- Gott sei Dank noch keine Gesamteinheitskasse, aber Sie haben Recht, Herr Kollege Dr. Garg! Die Probleme des Risikostrukturausgleichs sind das eigentliche Problem, das dazu führt, dass es zwischen den Kassen nicht gerecht zugeht. Da hätte man sich ranmachen müssen. Daran mangelt es!
Es sollen zum Beispiel Mieteinnahmen hinzugerechnet werden. Ich finde es problematisch, wenn aus versteuertem Geld etwas aufgebaut wird, dieses noch einmal beim Finanzamt versteuert werden muss und noch einmal Abgaben für die Versicherungssysteme geleistet werden müssen. Das ist keine Kleinigkeit, über die man einen Schritt tiefer nachdenken sollte. Wir brauchen mehr Transparenz. Ich habe das dargelegt. Für die Verstetigung der Gesundheitspolitik nenne ich einige Stichworte: Abbau des Ärzte- und Pflegekräftemangels ist einer der wesentlichen Punkte für die Zukunft. In den Verabredungen wird dazu nichts Effektives gesagt. Auch dürfen Sozialhilfeempfänger nicht besser gestellt werden als die, die in der gesetzlichen Krankenversicherung sind.
Es kann nicht angehen, dass noch nicht einmal die Einbeziehung verabredet wird, sondern nur eine bestimmte Gleichstellung zur gesetzlichen Krankenversicherung zuzüglich eines Bürokratiezuschlags von 5 %. Das kann es doch nicht sein!
Ein weiterer Punkt: Wir brauchen eine nach wie vor medizinisch hochwertige Versorgung für alle. Wir nennen das deshalb, weil wir die tiefe Verunsicherung vieler älterer Menschen spüren und ihre Empörung teilen, wenn sie sagen, wir haben mit unserer Lebensleistung diesen Staat aufgebaut. Wir haben über Jahrzehnte eingezahlt. Solidarität darf keine Einbahnstraße sein, das muss ganz klar sein!
Das Geben an Bedürftige ist kein Almosen, sondern eine selbstverständliche Solidarpflicht. Dies sollten wir deutlich zum Ausdruck bringen. Wir brauchen Kernbereiche, in denen die Leistung in jedem Fall bleiben muss. Wir können auch über Freiwilligkeitsbereiche nachdenken.
Das Thema der Fallpauschalen entzieht sich einer weiteren Lösung. Auch diese werden im Gesundheitswesen große Probleme nach sich ziehen. Sie schreiben seit einem Jahr zu unseren Anträgen. Schauen Sie sich allein die Strukturfragen der Krankenhäuser an, die wir jeden Tag in den Zeitungen lesen! Ich wollte nur einige kurze Punkte genannt haben. Der Präsident hat darum gebeten, in Kürze und Würze zu sprechen. Herr Präsident, ich hoffe, Sie waren zufrieden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion ist wieder einmal ein typischer Kalinka-Antrag: Erst in Bausch und Bogen festhalten: „Mit uns gibt es keine Bürgerversicherung, das wollen wir nicht“, dann aber feststellen, dass sich etwas ändern muss. Dann werden sechs Punkte aufgeschrieben, die so belanglos sind, dass man sie zwar diskutieren sollte, doch sie sind zum größten Teil längst gelöst.
- Ja, darauf werden wir im Einzelnen noch kommen! Die CDU-Fraktion und der Kollege Kalinka machen sich das verdammt einfach. Sie wollen die Diskussion über eine Bürgerversicherung und die zukünftige Finanzierung unseres Gesundheitssystems einfach unterbinden, indem sie sagen, das gibt es nicht, das ist
eine Einheitskasse, das hat irgendetwas mit der DDR oder sonst etwas zu tun. Der Kollege Kubicki hat dazwischengerufen und Sie haben das dankbar aufgenommen. Nein, so einfach ist das nicht! Sie werden sich aus dieser Diskussion nicht herausmogeln können. Sie werden sich dieser Diskussion stellen müssen, weil uns das, was jetzt in Berlin verabredet worden ist, für einige Jahre Luft geben wird. Da hat der Kollege Kalinka Recht. Es ist aber nicht die grundlegende Strukturreform im Gesundheitswesen, die wir eigentlich brauchen.
Nun werden Sie gleich wieder sagen, das seien die üblichen Verdächtigen, wenn ich Heiner Geißler, Horst Seehofer oder Ihren CDU-Arbeitnehmervereinigungsvorsitzenden Hermann Josef Arentz zitiere, den Sie eigentlich kennen müssten, Herr Kalinka. Diese sagen deutlich: Die Bürgerversicherung ist ein Weg. Diese Option müssen wir uns offen halten. Arentz sagte zum Beispiel:
„Die Absicherung der sozialen Risiken auf der schrumpfenden Basis der Arbeitnehmerlöhne führt zu immer höheren Beiträgen der gesetzlichen Versicherung oder zu immer mehr Löchern in der Versorgung der Menschen.“
Wer sich diesen Herausforderungen stellt, der braucht eine Verbreiterung der Finanzierungsgrundlage unseres Gesundheitssystems. Es braucht eine solidarische Absicherung großer Risiken wie Krankheit und Pflege. Darin waren wir uns bisher - zumindest im Ziel - immer einig.
Eine solidarische Bürgerversicherung bedeutet nicht nur eine Reform der Finanzierung des Gesundheitswesens, sondern darüber hinaus ist sie auch eine Antwort auf gesellschaftliche Herausforderungen an den Sozialstaat. Hinter allem, was die Zukunft unseres Sozialstaates anbelangt, steht die Kernfrage nach dem solidarischen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Der Gesundheitskompromiss, den wir jetzt haben, wird uns einige Zeit geben, um vielleicht zu einer alternativen, besseren und auch zukunftsfähigen Finanzierung unseres Gesundheitssystems zu kommen. Wir brauchen notwendige Strukturreformen, mit denen unser Gesundheitssystem effektiver und menschlicher gestaltet werden kann. Wir brauchen ein Finanzierungssystem, das den Faktor Arbeit ent
Die notwendigen Strukturreformen müssen zu mehr Qualität, zu mehr Effizienz, zu weniger Verschwendung und zu mehr Prävention im Gesundheitswesen führen. Mittelfristig brauchen wir im Gesundheitswesen einen Paradigmenwechsel hin zu einer Medizin, die stärker am individuellen Patientenwohl und weniger am technisch Möglichen ausgerichtet ist.
Wir haben in den letzten Jahren immer nur über die Frage der Höhe von Beitragssätzen diskutiert. Ich denke, das war einer der Punkte, durch den wir in die Frage des Wettbewerbs eingestiegen sind. Was war das für ein Wettbewerb, den wir gehabt haben? Die Krankenkassen haben sich im Wettbewerb darin unterboten, möglichst wenig Risiken zu haben und möglichst Junge und möglichst Gesunde in ihre Kassen hineinzuziehen. Dafür haben sie sehr viel Geld ausgegeben.
Ich glaube, einen solchen Wettbewerb brauchen wir nicht. Wer das nicht will, muss sagen, was Kassen sonst leisten und worin sie sich unterscheiden sollen.
Ich gehe natürlich davon aus - Sie haben das vorhin auch deutlich gemacht -, dass auch in Zukunft das medizinisch Notwendige finanziert wird, sodass die Menschen im Falle von Krankheit oder Pflegebedürftigkeit einen Anspruch haben. Wenn das so ist, dann werden alle Kassen - egal, in welcher Vielzahl sie existieren - ungefähr denselben Leistungskatalog anbieten müssen. Der Wettbewerb, den man dort hineinprojizieren will, wird dann nicht gegeben sein. Es handelt sich eher um eine Fata Morgana, da es auf die Hauptausgaben und die Leistungen ankommt.
Eine solidarische Bürgerversicherung könnte im Ergebnis tatsächlich ein neues Finanzierungsmodell begründen.
Im Mittelpunkt des Gesundheitswesens stand und steht der Patient. Ja, das ist richtig und so zu unterschreiben. SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben sich in Berlin darauf geeinigt. Auch das wurde im Eckpunktepapier genau so formuliert.
Dass die Versorgung in Medizin und Pflege für alle Menschen ohne Ansehen des Alters oder der finanziellen Leistungsfähigkeit gesichert sein muss, steht auch in dem Papier, das verhandelt wurde. Es ist zum
Beispiel interessant, dass dem Anliegen der Patientinnen und Patienten auf Bundesebene durch die Bestellung eines Patientenbeauftragten Rechnung getragen werden soll. Man höre und staune: Auf der Bundesebene sind Beauftragte, in diesem Falle also Patientenbeauftragte, mit der CDU zu vereinbaren.
Alle Versicherten sollen also unabhängig von Alter, Geschlecht und Einkommen den gleichen Anspruch auf die notwendige medizinische Versorgung haben. Auch das ist, wie gesagt, auf Bundesebene geregelt und im entsprechenden Eckpunktepapier enthalten. Sie haben zwar den Namen Ihres jungen Nachwuchspolitikers genannt, ich habe aber eher das Gefühl, dass das eine Diskussion ist, die Sie in Ihren eigenen Reihen führen müssen. Nicht umsonst fordert Ihre Kollegin Kleiner den Rücktritt dieses jungen Mannes. Sie und nicht der Landtag haben hier also einen Klärungsbedarf.
Ich komme nun zum Wettbewerb und zur Transparenz. Zum Wettbewerb im Zusammenhang mit den Krankenkassen habe ich schon einiges ausgeführt. Das brauche ich nicht zu wiederholen.
Nun also zur Transparenz. Die Kundenkarte wird durch eine so genannte intelligente Chipkarte ersetzt, durch die verhindert wird, dass Doppelleistungen erbracht werden. Durch sie soll leichter abgerechnet und mehr Transparenz erreicht werden. Auch das ist bereits vereinbart. Sie sehen: Das muss man hier im Landtag eigentlich nicht noch einmal beschließen. Auf der Bundesebene sind unsere Parteien - die SPD und die Grünen - wesentlich weiter, als Sie in Ihrem Antrag auch nur denken konnten.