Protocol of the Session on April 3, 2003

Die A 20 ist ein Projekt, das wir so zügig wie nur möglich realisieren wollen, weil es für die Wirtschaft und die überregionale Verkehrsanbindung unseres Landes von herausragender Bedeutung ist. Das gilt insbesondere auch für das Teilstück von der A 7 über die Elbquerung bei Glückstadt bis zur Anbindung an die A 1. An dieser Einschätzung ändern auch gewisse Irritationen nichts, die es gerade in den jüngsten Tagen um die Realisierungschancen der A 20 gegeben hat. Ich werde darauf noch deutlich zu sprechen kommen.

Um auch das klar zu sagen: Auch der Bundesverkehrswegeplan gibt keinen Anlass, an der Bedeutung der A 20 zu zweifeln. Im Gegenteil, im vorliegenden Entwurf des Bundesverkehrswegeplans werden die A 20 und die Elbquerung als vordringlich eingestuft. Lediglich der Abschnitt zwischen der A 21 bei Bad Segeberg bis zur A 7 ist für den so genannten weiteren Bedarf vorgesehen. Auch hier unterstützen wir unseren Wirtschaftsminister in seinen Bemühungen, diesen Abschnitt in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans hineinzubekommen. Dass der Bedarf für die A 20 im Entwurf des Plans mit besonderem naturschutzfachlichem Planungsauftrag ausgewiesen ist, wird das Projekt unserer Meinung nach weder verzögern noch verhindern. Diese Fußnote steht übrigens in fast allen neuen Autobahnprojekten der Bundesländer. Die von uns favorisierte Variante ist die ökologisch verträglichste, wie es umfangreiche Umweltverträglichkeitsstudien und FFHVerträglichkeitsprüfungen ergeben haben.

Mit diesen intensiven Untersuchungen erfüllen wir den jetzt geforderten naturschutzfachlichen Planungsauftrag unserer Meinung nach schon jetzt. Wir unterstützen daher auch hier den Wirtschaftsminister in seinem Bemühen, diese Fußnote aus dem endgültigen Bundesverkehrswegeplan streichen zu lassen. Wer

sich jedoch in die Öffentlichkeit begibt und diesen Entwurf des Bundesverkehrswegeplans dahingehend auslegt, dass die A 20 bei Bad Segeberg endet und eine Fortführung mit einer Elbquerung bei Glückstadt einschließlich einer Anbindung in Niedersachsen überhaupt nicht mehr in Frage kommt, muss unter erheblichen Realitätsstörungen leiden, Tagträumereien anhängen und dazu noch völlig vergessen haben, dass er persönlich den Koalitionsvertrag mit unterschrieben hat. Ich sage das von dieser Stelle aus ganz deutlich.

(Beifall bei SPD und FDP - Christel Aschmoneit-Lücke [FDP]: Die Grünen ha- ben das öffentlich gesagt!)

Ich zitiere:

„Die Prioritäten im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans für die kommenden fünf Jahre sind unter anderem die Weiterführung der A 20 einschließlich der Elbquerung westlich von Hamburg.“

Auch wenn Herr Steenblock nicht mehr Mitglied der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im SchleswigHolsteinischen Landtag ist, wird er damit seiner Verantwortung nicht gerecht. Er schadet unserem Land und gefährdet die Zukunftschancen SchleswigHolsteins.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW - Zu- ruf der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Frau Kollegin Fröhlich, irgendwann ist meine Schmerzgrenze erreicht. Deshalb sage ich das auch für meine Fraktion. Frau Kollegin AschmoneitLücke, den FDP-Antrag in allen Ehren, aber so wichtig die A 20 auch ist, der Bundesverkehrswegeplan umfasst nicht nur die A 20, sondern eine Vielzahl von für Schleswig-Holstein besonders bedeutenden Projekten für den Zeitraum von 2003 bis 2015. Der Landesregierung - und besonders dem Wirtschafts- und Verkehrsminister Dr. Rohwer - ist es zu verdanken, dass diese Projekte, die in unserem gemeinsamen Antrag zusammengefasst und dokumentiert werden, in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen worden sind.

Der Schleswig-Holsteinische Landtag unterstreicht mit der Beschlussfassung über unseren Antrag neben der wichtigen A 20 die besondere Bedeutung auch der Maßnahmen und Projekte im Bereich des Straßen-, Schienen- und Schifffahrtswegeausbaus insgesamt. Wir unterstützen die Bemühungen der Landesregierung, in Berlin die für uns in Schleswig-Holstein noch offenen Fragen zum endgültigen Bundesverkehrswe

(Bernd Schröder)

geplan nachzuverhandeln. Das gilt zum Beispiel für die Westumgehung Schwarzenbek.

Herr Kayenburg, wir sind jedem dankbar, der uns dabei Hilfe anbietet, wie zum Beispiel Herrn Carstensen, dem neuen CDU-Landeschef, der der Landesregierung in einem Ihnen bekannten Leserbrief seine Unterstützung ausgesprochen hat.

(Zuruf des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

- Herr Harms, auch Sie sollten ihn kennen. Wir fordern ihn und die CDU-Fraktion auf, Ministerpräsident Wulff und die niedersächsische CDU dazu zu bewegen, die Anbindung der A 20 an die A 1 zur Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan in Berlin anzumelden. Herr Kayenburg, dies wäre in der Tat eine tatkräftige Unterstützung durch die CDU. Wir könnten damit im norddeutschen Raum die Kräfte bündeln und gemeinsam für unser Land wichtige Zukunftsweichen stellen.

(Beifall bei SPD und FDP sowie vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Eichelberg das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt, wie wir gehört haben, außer den Grünen niemanden im Saal, der die Vorlage dieses Bundesverkehrswegeplans nicht mit Bedauern entgegengenommen hat. Ich habe gewisse Zweifel, ob die Ernsthaftigkeit der beiden Unterschriften wirklich das dokumentiert, was vor Ort gemacht wird; denn von dem Protest der Fraktion der Grünen gegen die Äußerungen von Herrn Steenblock habe ich nirgendwo etwas gelesen oder gehört. Also misstraue ich dem Ganzen.

(Joachim Behm [FDP]: Ganz im Gegenteil!)

Auf der anderen Seite frage ich mich bei dem engen Kontakt, der zwischen den Wirtschaftsministern bestand: Wie konnten die Sternchen überhaupt in den Referentenentwurf hineinkommen, wenn das wirklich ein solches Projekt ist? Ich zweifle auch daran.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es macht mich in der Rückschau geradezu zornig, dass der Ausbau der A 20 in dieser Koalition von den Grünen kontinuierlich torpediert worden ist. Es gab immer wieder neue Verzögerungen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir schaffen wenige Kilometer von Lübeck bis zur ehemaligen Grenze, das heißt zu Mecklenburg, nicht. Aber demnächst werden in Mecklenburg ein paar Hundert Kilometer Straße eröffnet. Das ist doch eine Schande für unser Land. Eben ist richtig ausgedrückt worden, was Bernd Schröder gesagt hat.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es ist wirklich wahr: Wenn man mit Leuten redet, hört man, dass es sich um einen schweren Vertrauensschaden handelt, der auf unserem Land lastet. Die Wirtschaft glaubt uns doch gar nicht mehr, was wir sagen und politisch definieren. Das bedeutet eine Zerstörung der Zukunftschancen unserer Kinder. Bernd, du hast es ganz deutlich gesagt. Aber das kann man so nicht hinnehmen.

Nebenbei gesagt: Ich erinnere mich - es tut mir Leid, Martin - an das Gesülze über die Radwege, das letztens bei uns im Wirtschaftsausschuss stattfand. Das ist aber doch nicht mehr hinzunehmen. Es werden neue Programme aufgelegt, aber wir haben nicht einmal das Geld, um Radwege zu reparieren. Mein Gott, in was für einer Welt sind wir überhaupt! Wo sollen wir denn die Schwerpunkte setzen?

(Beifall bei CDU und FDP)

Allerdings muss ich sagen: Ich hatte schon etwas Argwohn, dass mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan etwas Übles auf uns zukommt. Es gab nicht nur Verzögerungen immer vor den Wahlen, wo man - schon drei Jahre lang - immer weiter verschob, sondern wenn man auf Tagungen ist, wo sich die Straßenbauingenieure treffen und sich vor allem Fachleute aus dem Bundesverkehrsministerium äußern, kann man ahnen, dass viele von den Lobpreisungen, die wir vor den Wahlen im Gespann Dr. Rohwer mit den jeweils schnell wechselnden Bundeswirtschaftsministern hörten, eigentlich nur Wahlgeschenke sein sollten. Die Zahlen stimmten für die Fertigstellung einfach nicht mehr. Die lassen sich auch nicht durchziehen.

Bei jedem ersten Spatenstich im Lande wurden wieder neue Projekte angekündigt. Da war ich immer recht skeptisch, Herr Minister Rohwer. Ich glaube die Dinge nicht.

Und das ist das Schlimmste: Auch die Menschen vor Ort glauben dem nicht mehr, weil sich immer wieder Verzögerungen einstellen. Es berührt einen nicht mehr, wenn immer nur Hoffnungen geweckt werden, die dann nicht erfüllt werden können.

Summa summarum: Wir schließen uns dem Antrag der FDP natürlich an. Er ist ein konstruktiver Beitrag. Man muss sogar sagen: Den zweiten Teil kann man

(Uwe Eichelberg)

heute praktisch als Resolution verabschieden, denn da haben wir eine Einheitlichkeit festgestellt. Die Fraktionen müssen das durchsetzen. Auch die CDUBundestagsabgeordneten haben sich eindeutig dahin erklärt, unseren Minister bei dem Projekt für Schleswig-Holstein zu unterstützen, weil es so dringend ist. Daher müssen alle Parteigrenzen überwunden werden. Dabei muss natürlich auch an die Nachbarländer gedacht werden. Wir müssen es schaffen, mit aller Kraft uns einzusetzen und mit einer Zunge zu reden. Die Hamburger haben schon gesagt, dass sie die Sache auf jeden Fall unterstützen werden.

Es darf keinen Zweifel geben: Die A 20 ist das dominierende Verkehrsprojekt, das wir brauchen, um nicht nur den Verkehr nach Skandinavien vernünftig abzuwickeln, sondern auch den Verkehr, der aus dem Osten kommt. Wir müssen auch die Infrastruktur Schleswig-Holsteins gerade an der Westküste stärken. Das weiß jeder. Herr Dr. Rohwer, auch Sie haben das ja immer wieder gesagt.

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Abwägungen, die im Rahmen der Trassenauswahl vorgenommen wurden, die ökologischen Aspekte berücksichtigen. Deswegen verstehe ich überhaupt nicht, dass irgendjemand in Berlin daran zweifelt, dass das nicht entsprechend untersucht wurde. Das lässt bei mir das Misstrauen entstehen, ob wir uns in Berlin überhaupt richtig artikulieren können und ob man uns dort überhaupt zuhören will.

Wir müssen natürlich auch Beweise erbringen. Denn in der Bevölkerung gibt es eine starke Skepsis: Können wir wirklich die privat finanzierten Baumaßnahmen der festen Fehmarn-Belt-Querung durchziehen? Ist das nicht etwa nur eine Fata Morgana?

Können wir beweisen, dass der zweispurige Ausbau der Bahnstrecke Neumünster-Segeberg, die Stärkung des Ausbaus des Eisenbahnknotens bei Elmshorn sowie der Umbau des Bahnhofs Eidelstedt, von dem wir laufend sagen, dass er dringend kommen muss, auch umgesetzte werden? Das muss in den Bundesverkehrswegeplan als dringlicher Bedarf hineinkommen. Das muss auch erhalten bleiben, ohne dass die feste Fehmarn-Belt-Querung kommt. Diese Projekte braucht man auf jeden Fall.

Genauso brauchen wir die Elektrifizierung der Marschenbahn. Sie haben das ja deutlich betont, Herr Minister. Sie ist zwingend notwendig.

(Zuruf: Das heißt „Marschbahn“!)

- Marschbahn, gut.

Wir müssen auch beweisen, dass die Westküstenerschließung über die B 5 teilweise mit verschränkter

Dreispurigkeit beschleunigt ausgebaut werden muss. Wie lange die Planungen an den einzelnen Ortsumgehungen erfolgen, ist für mich fast nicht mehr nachzuvollziehen. Alle anderen Bundesländer haben die Schubladen voll von planfestgestellten Maßnahmen. Aber wir haben überhaupt nichts vorzulegen. Das ist etwas, was ich überhaupt nicht verstehen kann.

(Beifall bei CDU und FDP)

Jahrelang stand auch die Ortsumgehung von Marne im vordringlichen Bedarf, und nun ist sie einfach durch die Klappen gefallen. Das geschah ohne Kommentar. Wieso?

Meine Damen und Herren, Hamburg bewirbt sich um Olympia 2012. Alle unterstützen das. Als „strategische Vorleistung“ wird erst einmal die Verbindung der B 404 als A 21 zwischen der Lübecker Autobahn und der Berliner Autobahn gestrichen. Das ist aber doch ein dringender Abschnitt, der eben sein muss. Wie wollen Sie die Olympischen Spiele abwickeln, wenn der Verkehr Hamburg verstopft ist? Das ist doch eine Katastrophe.

(Beifall bei CDU und FDP)

Große Sprüche wurden vor zwei, drei Jahren bezüglich des sechsspurigen Ausbaus der A 23 bis Pinneberg gemacht. Jetzt redet kein Mensch mehr darüber, obwohl es dort Staus gibt. Aber Gott sei Dank fährt von dort niemand, wenn er nach Kiel will. Immerhin ist das ein Problem. Wir packen es nicht an. Aber da können Sie machen was Sie wollen: Den Verkehr gibt es.

Wenn die Planungen, die uns vorgelegt wurden, allein für den Transitverkehr ein Wachstum von nahezu 140 % darlegen, dann müssen wir erkennen, dass wir den Verpflichtungen überhaupt nicht nachkommen. Ich wundere mich überhaupt nicht, wenn die Skandinavier trommeln und trommeln und in Brüssel Ärger machen werden. Der Bund kann das dann nicht verhindern. Die A 20 ist das große Problem. Wir sollten versuchen, daran mit aller Kraft zu arbeiten, dass wir als Brückenland bestehen. Mit voller Kraft aller Parteien würden wir es schaffen, dort für die Zukunft unseres Landes etwas zu machen.

(Beifall bei CDU und FDP)