Protocol of the Session on February 21, 2003

dieses Dienstverhältnisses in der Gesamtsumme zu rechnen hat, unter Wahrung all der rechtlichen Gegebenheiten, die Sie ja jetzt im Detail ganz präzise kennen? Mich interessiert als Parlamentarier nur, was als Belastung auf den Landeshaushalt aus dieser Maßnahme, die Sie als Regierungschefin ja auch persönlich zu verantworten haben, zukommt. Ich glaube, es ist nicht vermessen, diese Summe in dieser Debatte in Erfahrung zu bringen.

Frau Berg wird ihre neue Position am 1. April dieses Jahres antreten. Entsprechend den einschlägigen Bestimmungen des § 14 wird sie für die zwei Monate, in denen sie als Staatssekretärin a. D. diese neue Tätigkeit noch nicht angetreten hat, die vollen Bezüge erhalten. Das kann man dem Haushaltsplan entnehmen. Danach berechnen sich ihre Versorgungsbezüge nach ausgesprochen persönlichen Merkmalen und darüber werde ich hier keine Auskunft geben.

(Widerspruch bei der CDU - Klaus Schlie [CDU]: Was haben Sie denn für ein Parla- mentsverständnis, Frau Ministerpräsidentin? – Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Jo- hann Wadephul [CDU])

Bitte , Herr Dr. Wadephul.

Ich darf höflich darauf hinweisen, dass die Geschäftsordnung keine Begrenzung der Zahl der Zusatzfragen vorsieht, sondern das ins Ermessen des verehrten Präsidiums stellt. – Darf ich noch eine Frage stellen?

Herr Kollege Dr. Wadephul, wir haben ein Problem. Ich sehe, was im Wortlaut des § 37 der Geschäftsordnung steht, und werde - da mir das auch aufgefallen ist - auf eine Parlamentspraxis hingewiesen, die darauf hinausläuft, dass jeweils drei Zusatzfragen gestellt werden können. Die Fragesteller stellen die Grundfrage sowie drei Zusatzfragen. Außerdem hat jeder weitere Abgeordnete nach der bisher gängigen Parlamentspraxis die Möglichkeit, drei Zusatzfragen zu stellen. Insofern bitte ich einfach um Verständnis dafür, dass sich das Präsidium zurzeit nicht in der Lage sieht, von dieser Parlamentspraxis abzuweichen. Aber es steht den Fraktionen im Rahmen der Geschäftsordnung frei, in Diskussionen grundsätzlicher Natur, die wir noch führen werden, auch hierüber noch einmal nachzudenken. Derzeit ist es die Ausle

gung des Präsidiums, entsprechend der Parlamentspraxis drei Zusatzfragen zuzulassen. Ich bitte um Verständnis. – Herr Kollege Schlie, bitte.

Frau Ministerpräsidentin, könnten Sie dem hohen Hause vielleicht mitteilen, da Sie darüber ja auch schon berichtet hatten, welches Mitglied Ihrer Landesregierung zu welchem Zeitpunkt mit der Bundesregierung über die weitere Verwendung der ehemaligen Staatssekretärin Berg gesprochen hat, damit wir auch die Zeiträume einordnen können?

Das kann ich nicht sagen. Es gehört sich im Übrigen auch nicht, einen neuen Dienstherrn nach seinen Beweggründen und danach, zu welchem Zeitpunkt er jemanden einstellen möchte, zu fragen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich würde mir das übrigens auch verbitten.

Gibt es weitere Zusatzfragen? – Meldungen dazu liegen nicht vor. Damit ist die Fragestunde beendet.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 37 auf:

Bekenntnis zum Föderalismus und zur Subsidiarität – Landesparlamente stärken

Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/2479

(Unruhe)

Ich darf fragen, ob das Wort zur Begründung gewünscht wird – wobei ich gleichzeitig um Silentium bitte, da es hier etwas laut ist. - Dann darf ich zunächst Herrn Präsidenten Arens bitten, seinen Bericht zu geben.

Heinz-Werner Arens, Landtagspräsident:

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Debatte zum Föderalismuskonvent der Landesparlamente setzt der Schleswig-Holsteinische Landtag Zeichen, Zeichen für die Stärkung des Föderalismus in Deutschland und damit für die Stärkung von Ländern und Landesparlamenten. Er tut dies nicht allein; erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik schi

(Landtagspräsident Heinz-Werner Arens)

cken sich die Landesparlamente an, mit einer Stimme zu sprechen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Auf schleswig-holsteinische Initiative werden sich die Landtagspräsidenten und Fraktionsvorsitzenden aller Landesparlamente am 31. März in Lübeck treffen, um sich in die aktuelle Verfassungsdiskussion auf europäischer Ebene und die Reformüberlegungen zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, also auf Bundesebene, einzubringen.

Ohne im Einzelnen auf das Ihnen vorliegende Papier eingehen zu wollen, welches Ihnen als vorläufiges Ergebnis der Überlegungen vorliegt, will ich einige grundsätzliche Anmerkungen machen.

Mit dem Europäischen Konvent und der Aussicht auf eine mögliche europäische Verfassung befinden wir uns in einem Prozess von historischer Dimension. Gleichzeitig ist auf Regierungsebene von Bund und Ländern der Prozess zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung angestoßen worden. Dort zeichnen sich erste Ergebnisse Ende März ab. Beide Verfahren hängen, wenn auch nicht explizit, miteinander zusammen und haben eines gemeinsam:

(Es ertönt ein Handy-Klingelton - Martin Kayenburg [CDU]: Wieder die Grünen! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Elektrosmog!)

Die Landesparlamente finden dort nicht statt. Das kann aus unserer Sicht nicht sein. Das kann weder aus demokratischer Sicht noch nach dem eigenen Verständnis gewollt sein.

Die Landesparlamente haben nach der deutschen Verfassung keine eigenständige Organqualität nach außen. Die Länder werden ausschließlich durch ihre Landesregierungen auf Bundesebene repräsentiert. Das ist nach der deutschen Verfassung so gewollt. Dies ist hinzunehmen. Diese Konstellation ist jedoch mit Wirkungen und Effekten verbunden, die aus meiner Sicht in verfassungsrechtlicher Sicht nicht so gewollt sein können und auch nicht hinzunehmen sind.

Es besteht kein Zweifel daran, dass sich der Föderalismus in Deutschland bewährt hat. Er ist nach wie vor Garant für regionale Identität und Bürgernähe. Es ist jedoch festzustellen, dass der Föderalismus in zwei Richtungen modernisiert und weiterentwickelt werden muss beziehungsweise der Korrektur bedarf: Die Länder sind in ihrer Eigenständigkeit und in ihrer Handlungsfähigkeit zu stärken. Die immer stärkere Entwicklung hin zu einem Regierungsföderalismus ist jedoch durch die Stärkung der Rechte der Landesparlamente zu begrenzen. So sind den Landesparlamen

ten in allen wesentlichen die Länder betreffenden politischen Entscheidungen auf Bundesebene und auf europäischer Ebene Mitwirkungsmöglichkeiten einzuräumen. In allen Fragen der Gesetzgebung, die die Landesparlamente in ihren legislativen Kompetenzen betreffen und die auf nationaler und europäischer Ebene entschieden werden, müssen die Landesparlamente ein Mitbestimmungsrecht haben, sodass nicht gegen den Willen der Mehrheit der Landesparlamente Entscheidungen getroffen werden können.

(Beifall bei der SPD)

Der Kompetenzverlust der Länder und insbesondere der Landesparlamente in Richtung Bund und Europa wurde nahezu ausschließlich kompensiert durch einen Einflusszuwachs der Landesregierungen im Bundesrat. In Bundesratsverfahren bestehen beispielsweise für die Landesparlamente in weiten Teilen lediglich Informations-, aber keine Mitwirkungsrechte. Dass die Landesregierungen diese Entwicklung so mitentschieden haben, ist ihnen nicht zum Vorwurf zu machen. Ganz im Gegenteil. Viele der Entscheidungen in diese Richtung wurden im Konsens mit den Landesparlamenten getroffen. Mit dieser Entwicklung wurden und werden allerdings die Anfangs genannten prägenden Merkmale, die den deutschen Föderalismus als politisches Erfolgsmodell darstellen, zunehmend infrage gestellt. Die eingeschlagene Entwicklung ist dabei nicht nur aus föderaler Sicht, sondern auch mit Blick auf die schwindende Stellung der Landesparlamente als oberste Organe politischer Willensbildung bedenklich. Sie ist im Sinne unseres demokratischen Selbstverständnisses falsch.

(Beifall der Abgeordneten Holger Astrup [SPD], Ursula Kähler [SPD] und Lars Harms [SSW])

Hier sind deutliche Korrekturen notwendig geworden, um die positiven Attribute des Föderalismus wieder in den Vordergrund treten zu lassen.

Die Handlungsnotwendigkeit hin zu einer Modernisierung des föderalen Systems wird durch die Entwicklung der Europäischen Union eher noch vergrößert. Im Zuge der Entwicklung der Union wächst die Einsicht, dass gerade starke Regionen prägender Faktor für die positive Handlungsdynamik Europas sind. Eine dementsprechend wichtige Rolle wächst hinzu. Mit den entsprechend ausreichenden Rechten und Kompetenzen müssen sie im exekutiven und legislativen Bereich ausgestattet werden. Die Legislative selbst ist hier aufgefordert, Stellung zu beziehen, da die Exekutive diese in legislativen Fragen inhaltlich nun einmal nicht vertreten kann.

(Landtagspräsident Heinz-Werner Arens)

Mit dem Föderalismuskonvent der Landesparlamente wollen und werden sich diese inhaltlich einbringen und auch nicht zu überhören sein. Der Föderalismuskonvent der Landesparlamente ist das ernsthafte und - da bin ich auch zuversichtlich - erfolgreiche Unternehmen der Landesparlamente, ihre Sprechfähigkeit des deutschen Parlamentarismus in der föderalen und europäischen Ordnung zu sichern. Dazu müssen die Landesparlamente hinsichtlich ihres Selbstverständnisses und ihrer Kompetenzen Stellung beziehen. Für sie wird das sonst niemand tun.

Wir wollen den Erfolg der bundesdeutschen Ordnung des Föderalismus durch die Stärkung der Länder und der Landesparlamente sichern.

Nachdem einzelne Landesparlamente in der Vergangenheit - wie auch der Schleswig-Holsteinische Landtag zuletzt im September 2001 - in Richtung einer Stärkung der Länder und Landesparlamente Stellung bezogen haben, haben wir nunmehr gemeinsam mit allen Landesparlamenten die Möglichkeit, uns Gehör zu verschaffen, aber auch nur so haben wir dazu die Möglichkeit.

Die Landesparlamente sind mit ihrem gemeinsamen Arbeitsprozess vor einem knappen Jahr von einer Null-Linie inhaltlich in dem Bewusstsein gestartet, dass es nicht nur aufgrund der Verfahren auf europäischer Ebene und auf Bundesebene höchste Zeit ist, ihre weitere Rolle und Position zu definieren und mit Forderungen zu unterlegen.

Mit dem ihm vorliegenden Entwurf, der zur gemeinsamen Verabschiedung am 31. März 2003 in Lübeck ansteht, schaffen sich die Landesparlamente eine inhaltliche Plattform für ihr gemeinsames weiteres Vorgehen. Ich bin der Ansicht, dass diese Plattform schon eine beachtliche Grundlage in der Sprechfähigkeit nach außen und für das weitere Verfahren im Konvent zur Modernisierung der föderalen Ordnung Deutschlands ist. Ich bin zuversichtlich, dass dieser Arbeitsprozess in sich abzeichnenden weiteren Konventen fruchtbar weitergeführt werden kann.

Die Landesparlamente haben allen Grund, ihre Forderungen mit Selbstbewusstsein einzubringen und durchzusetzen. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, das meine ich ohne Arroganz oder Anmaßung und dennoch mit Überzeugung: Wer soll an den Landesparlamenten vorbei, wenn diese mit einer Stimme sprechen? Damit sie das können, bitte ich heute um Ihr Vertrauen und Ihre Stimme für den Föderalismuskonvent der Präsidenten und um Zustimmung zu dieser gemeinsamen Erklärung.

(Beifall im ganzen Haus)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Rolf Fischer.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Föderalismus ist eine parlamentarische Angelegenheit und Föderalismus kann nicht stark sein ohne starke Parlamente.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Die Landesparlamente haben in den vergangenen Jahrzehnten an Bedeutung verloren. Mit diesem Verlust ging eine Schwächung des Föderalismus einher, die dessen wesentliche Vorteile wie Bürgernähe oder Aufgabentransparenz zunehmend infrage gestellt hat.

Wir stellen heute fest, dass die Länder Zuständigkeiten an die Bundesebene verloren haben und innerhalb der Länder die Parlamente gegenüber den Regierungen. Die Landesparlamente - lassen Sie mich das so deutlich sagen - sind ohne Frage die Verlierer dieser Entwicklung. Wir begrüßen schon deshalb ganz außerordentlich die Initiative und den Lübecker Konvent, um aus dieser Lage herauszukommen.

Mit dem Föderalismuskonvent der Landesparlamente gehen wir neue Wege für die Stärkung der Länder und damit auch für die Stärkung des Föderalismus. Der Föderalismuskonvent trifft sich in einer Phase des politischen Umbruchs auf europäischer Ebene und in einer Phase der Neugestaltung auf bundesdeutscher Ebene, für die es politische Gestaltungskraft und die Beteiligung möglichst vieler politischer Kräfte braucht. Mit dem europäischen Konvent befindet sich die Europäische Union auf der Zielgeraden hin zur Schaffung einer gemeinsamen Verfassung. Damit sind wir auf dem Weg von einer Wirtschaftsgemeinschaft hin zu einer Wertegemeinschaft. Ich erinnere daran, dass wir hier im Landtag im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkeiten durch unsere Anträge zur Stellung der Kirchen und zur Stellung der Minderheiten an diesem Prozess beteiligt sind.

Die Debatte über die EU-Verfassung muss für uns aber auch Anlass zu einer Diskussion sein, welche die bundesdeutsche Verfassung auf die kommende europäische vorbereitet. Lassen Sie mich hinzufügen, dass das keine einfache Debatte sein wird, denn der bundesdeutsche Föderalismus, die föderalistische Ordnung ist fast ohne Beispiel in Europa. Es wird gerade von uns ein hohes Maß an Reformwilligkeit und Reformfähigkeit gefordert werden. Ich sage aber auch ganz deutlich, diese Debatte über die Modernisierung

(Rolf Fischer)