Viele Städte, Kreise und Gemeinden in SchleswigHolstein stehen also vor der schwersten Finanzkrise seit Jahren. Das liegt nicht daran, dass sie mit dem Geld geprasst haben. Die Ausgaben der Kommunen für soziale Leistungen sind insbesondere wegen der Arbeitslosigkeit stark gestiegen. Gleichzeitig sind die Einnahmen drastisch zurückgegangen. Dafür gibt es viele Gründe. Ein Grund ist immer noch die Unternehmensteuerreform aus dem Jahr 2000, die dazu geführt hat, dass die größeren Unternehmen kaum noch Steuern zahlen - im Gegenteil, die Kämmerer müssen schon mehr Gelder an Kapitalgesellschaften zurücküberweisen als sie von ihnen an Steuern einnehmen. Die Folgen sind vielschichtig und fatal. Denn auch die kommunalen Investitionen befinden sich im freien Fall. Dabei kamen bisher zwei Drittel der öffentlichen Investitionen in der Bundesrepublik Deutschland aus den Kommunen. Das heißt, ohne eine bessere Finanzausstattung für die Gemeinden,
Die Bundesregierung hatte bereits im Jahr 1998 versprochen, dass sich eine Kommission um die dringend notwendige Reform der kommunalen Finanzen kümmern soll. Sie ließ aber fast vier Jahre ins Land gehen, bevor sie die Initiative ergriff. Seit dem Frühjahr 2002 tagt nun eine Kommission unter dem Vorsitz des Bundesfinanzministeriums und mit der Beteiligung der betroffenen Körperschaften und Verbände, um bis zum Sommer 2003 eine grundlegende Gemeindefinanzreform zu erarbeiten.
Schleswig-Holstein wird in dieser Kommission durch ein Mitglied der Landesregierung vertreten, durch den Staatssekretär Döring. Insgesamt sind den Ländern neun von 26 Sitzen gewährt worden, während die Kommunen mit sechs Sitzen vertreten sind. Als Vorbemerkung zur morgigen Föderalismusdebatte soll hier nur am Rande darauf hingewiesen werden, dass die Länderparlamente kein Mitglied in der Kommission sitzen haben. Das ist Grund genug für den SSW, die Landesregierung um einen Zwischenbericht über den aktuellen Stand der Kommissionsarbeit zu bitten, damit wir als Landtag überhaupt die Chance erhalten, uns an dem Beratungsprozess zum Thema Gemeindefinanzreform zu beteiligen.
Die Einberufung der Kommission wurde allgemein begrüßt, obwohl man darauf so lange warten musste, so auch von den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene, die anlässlich der ersten Kommissionstagung am 23. Mai letzten Jahres ein 12-PunktePapier vorlegten. In diesem Papier wird unter anderem gefordert - ich zitiere -, dass nicht nur die Zukunft der Gewerbesteuer, sondern das gesamte Gemeindesteuersystem zum Gegenstand der Kommissionsberatung gemacht wird; dass nicht nur die Arbeitslosen- und Sozialhilfe, sondern auch andere Aufgaben- und Ausgabenbelastungen der Kommunen überprüft werden, die wesentlich zur Zuspitzung der kommunalen Finanzprobleme beigetragen haben; dass sichergestellt wird -, dass Maßnahmen der Reform künftig nicht wieder durch Aufkommens- und
Der Arbeitsauftrag des Bundesfinanzministers an das Gremium lässt aber leider wenig Hoffnung aufkommen, dass die Kommission die Rettung der Kommunen sein wird.
Denn der Finanzminister hat vorgegeben, dass von vornherein Aufkommensverschiebungen von Bund und Ländern zugunsten der Gemeinden vermieden werden sollten. Mit anderen Worten: Die Kommission sollte sich nur mit der Frage der Gewerbesteuer und der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe beschäftigen. Außerdem soll ein neues Konzept erst ab dem 1. Januar 2004 durchgesetzt werden.
Wir können es uns aber nicht länger leisten zu warten. Wer jetzt nicht entschlossen handelt, nimmt den Kollaps der Städte, Gemeinden und Kreise in Kauf.
Deshalb ist es auch enttäuschend, dass der Bundestag in der letzten Woche die Gelegenheit nicht genutzt hat, die Gewerbesteuerumlage zu senken.
Damit hätten die Kommunen nur 20 % statt 30 % der Gewerbesteuereinnahmen an das Land und an den Bund abgeben müssen.
Die Zeit der parteipolitischen Geplänkel ist in den Kommunen angesichts der Finanzen schon längst vorbei.
Ich denke, dass sich der Bundestag dies auch nicht mehr leisten kann. Eine schnelle Reform bei der Gewerbesteuer und der Arbeitslosenhilfe und ein Investitionsprogramm des Bundes für die Kommunen können nur als erster Schritt aufgefasst werden. Weitere tief greifende Änderungen müssen folgen.
Der SSW fordert weiterhin eine grundlegende kommunale Finanzreform nach dänischem Vorbild, wonach den Kommunen ein eigenes Steuererhebungsrecht zusteht. Ich begrüße es, dass die Bertelsmann-Stiftung jetzt auch einen Vorstoß in diese Richtung unternommen hat. Ich freue mich auf die Beratungen zu diesem Punkt.
Wir wollen, dass die Gemeinden, Städte und Kreise wieder politisch gestalten können. Das ist nur möglich, wenn sie finanziell gestärkt werden.
Dabei geht es nicht darum, die Steuern zu erhöhen, sondern um eine gerechtere Verteilung der vorhandenen Einkommensteuer zwischen Bund, Land und Kommunen.
Da uns aber der Spatz in der Hand lieber ist als die Taube auf dem Dach, steht natürlich auch der SSW dazu, dass das Gemeindesteuersystem, so wie wir es kennen, zumindest eine wirtschaftsbezogene Kommunalsteuer braucht, mit einer breiten Bemessungsgrundlage, einem großen Kreis Steuerpflichtiger und einem kommunalen Hebelsatzrecht. Eine solche kommunale Unternehmensteuer würde die starken Abweichungen im Aufkommen der verbliebenen Gewerbeertragsteuer vermeiden und zu mehr Steuergerechtigkeit unter den zahlenden Unternehmen führen.
Schließlich brauchen wir immer noch dringend ein Konnexitätsprinzip auf Bundesebene. Wenn der Bund den Ländern und Kommunen neue Aufgaben wie die Ganztagsbetreuung beschert, dann muss er diese auch ausreichend finanziell unterlegen. Insofern können wir manche Vorschläge der kommunalen Landesverbände unterstützen, die heute von der CDU vorgetragen werden. Mit einigen CDU-Forderungen haben wir allerdings unüberwindliche Probleme. Das gilt vor allem für die Standardöffnung, die wir ja nicht zum ersten Mal in dieser Wahlperiode diskutieren. Daran gibt es nichts zu mäkeln: Auch wenn man es Vorgabenbefreiungsgesetz nennt, hat dies mit Standardöffnung zu tun, und dazu haben wir schon alles gesagt.
Wir meinen weiterhin, dass das Land einen klaren gesetzlichen Rahmen vorgeben muss, dass wir als Landesgesetzgeber gefragt sind und dass wir nicht beliebig Standards öffnen können.
Zudem ist der Vorschlag der CDU - das ist auch schon gesagt worden - wirklich unausgegoren. Denn wie erklärt man, dass Standards für Schulen nicht infrage gestellt werden dürfen, die Qualität der Kindertagesstätten aber sehr wohl? Das verträgt sich wirklich nicht mit der PISA-Rhetorik, die auch von den Bildungs- und Sozialpolitikern der Union bei jeder Gelegenheit zu Markte getragen werden.
Die aktuelle Krise darf nicht dazu führen, dass man jetzt jegliche qualitativen Vorgaben für die Kommunen fallen lässt, statt wirkliche finanzielle Hilfe zu leisten.
Eine Konsultationspflicht für die kommunalen Landesverbände halten wir ebenfalls für falsch. Die kommunalen Landesverbände werden bei Gesetzentwürfen und regelmäßig auch bei anderen Initiativen angehört und können den Abgeordneten jederzeit ihre Haltung vortragen. Das tun sie durchaus auch sehr effektiv. Wir sehen also keinen Bedarf, ihre Mitwirkung weiter zu institutionalisieren.
Trotzdem: Die CDU hat eine Reihe von vernünftigen Vorschlägen vorgelegt. Einige Punkte habe ich angesprochen.
- Herr Präsident, ich komme jetzt zum Schluss. - Der Kollege Puls hat das im Ausschuss vereinbarte Verfahren angesprochen. Ich denke, so muss es auch laufen.
Letzte Bemerkung: Wir bleiben dabei, dass wir eine echte Gemeindefinanzreform benötigen. Wir sagen: Die Bundesregierung ist lange nicht in die Puschen gekommen, obwohl die Probleme seit vielen Jahren bekannt sind. Deshalb ist es bedauerlich, dass die Kommission zur Gemeindefinanzreform von vornherein so eingeschränkt wurde, dass der große Befreiungsschlag ausgeschlossen ist.
Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wagner das Wort zu einem Kurzbeitrag.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Spoorendonk, Sie haben gesagt, der Bundestag habe in der letzten Woche eine große Chance vertan. Man kann nur hoffen, dass es der Landtag
nicht genauso macht und die Chance nutzt, etwas für die Kommunen zu tun, und unserem Antrag zustimmt.
Heute ist viel vom Konnexitätsprinzip geredet worden. Darauf will ich in meinem Beitrag eingehen. Sie haben das für die Bundesebene gefordert. Es wäre natürlich schön, wenn wir es erst einmal auf Landesebene - dafür sind wir zuständig - einhielten. Ich freue mich, dass beide Minister, der Verfassungsminister und der zuständige Umweltminister, heute anwesend sind.
Ich will ein Beispiel nennen, denn wir reden hier immer von nebulösen Dingen. Ich bin Vorsitzender der CDU-Kreistagsfraktion in Stormarn. Das wissen Sie.