Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie so oft, wenn etwas Neues vorgeschlagen wird, besteht die Gefahr, dass Gespenster an die Wand gemalt werden. Das Gespenst ist in diesem Falle - das haben wir ja gehört -, dass jetzt plötzlich alle Eltern ihre Kinder quer durchs Land chauffieren.
Tatsächlich ist es wohl so, dass die örtliche Schule einen ungeheuren Standortvorteil hat, weil sie sich in der Nähe befindet, weil die Spielgefährten der Kinder dort zur Schule gehen, weil die Kinder in der Regel vom gleichen Kindergarten kommen und so
Von daher bin ich der Meinung: Wenn es gute und qualitätvolle Schulen gibt, dann brauchen wir nicht die Angst zu haben, dass alle durchs Land chauffiert werden. Wir schaffen allerdings einen gewissen kleinen Stachel, der dazu führt, dass sich die Schulen Mühe geben müssen, wenn sie feststellen, dass die Eltern, obwohl sie eine Schule vor Ort haben, ihre Kinder woanders hinschicken. Das hat in der Regel auch schwerwiegende Gründe.
Hinsichtlich der Finanzen ist es ähnlich. Natürlich kann es Situationen geben, in denen die eine Schule nicht ganz, eine andere Schule aber voll ausgelastet ist. Es kann aber auch umgekehrt sein. Es ist doch nicht so, dass im jetzigen System alle Schulen automatisch ausgelastet sind. Das hängt doch davon ab, wie viel Kinder gerade geboren werden. Wir werden in der Zukunft - davon bin ich überzeugt - im Sinne der autonomen Schule dahin kommen, dass die Schulen das Geld entsprechend der Kinderzahl bekommen. Das ist logisch und sinnvoll. Natürlich muss dies gepaart sein mit sozialen Kriterien und möglicherweise auch noch einigen Sonderfaktoren für besonders extreme Standorte, beispielsweise in dünn besiedelten Regionen. Aber generell werden wir dahin kommen, dass die Schulen entsprechend der Kinderzahl finanziert werden, so wie dies in den skandinavischen Ländern ja auch üblich ist. Dort erfolgen entsprechende Zuschüsse der Länder und die Gemeinden stellen die Lehrer selbst an.
Wenn wir ein solches Modell vor Augen haben, ist es völlig logisch, dass es auch bei der Schulwahlfreiheit überhaupt kein Problem gibt, denn die Finanzierung richtet sich nach der Schülerzahl. Wonach sonst?
Ich glaube also: Man muss es nicht übers Knie brechen; aber im Sinne einer Öffnung der Schullandschaft in Richtung auf mehr Selbstständigkeit, mehr Autonomie, mehr Selbstbestimmung vor Ort, mehr kommunale Eigenverantwortung ist es logisch, dass Regelungen, nach denen die Schüler verpflichtet werden, eine ganz bestimmte Schule zu besuchen, nicht notwendig sind und in Zukunft abgeschafft werden können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Heinold, Ihnen und anderen werde ich noch einiges erklären. Zunächst aber dies: Wenn jemand einen Gesetzentwurf einbringt, suggeriert er: Ich habe darüber nachgedacht, ich habe die Folgen durchdacht und ich kann jetzt alles regeln. Deshalb ein Gesetzentwurf. Die FDP hat den Weg des Gesetzentwurfs beschritten und nicht den eines Antrages oder Berichtsantrages. Dann kann man erwarten, dass man die Folgen für das, was man in Gang setzt, durchdenkt und ebenfalls klarstellt, wie das geschieht.
- Das ist eben nicht geschehen. Es wäre konsequent gewesen, Kollege Klug, wenn Sie schon in Ihrem Redebeitrag den Vorstoß des Gemeindetages aufnehmen und sagen, es würde dann sehr gut gehen, wenn die Schülerzuschüsse insgesamt auf ein ProKopf-Budget umgestellt werden - -
- Genau. Im Redebeitrag. Wenn man aber für das eine auf der Ebene eines Gesetzentwurfs arbeitet, sollte man das auch für das andere tun. Insofern ist es ganz entscheidend, dass wir auch im weiteren Verfahren prüfen, ob es diese Möglichkeiten gibt oder nicht.
Damit, Frau Heinold, sind wir auch bei der Frage der Mittelfristigkeit. Wir sind dafür, dass wir das, was wir als Zielvorgabe beschrieben haben, erst dann umsetzen, wenn wir, wie ich bereits gesagt habe, die Folgen beherrschen können.
So weit sind wir noch nicht. Insofern muss auch weiter darüber nachgedacht werden. Das ist die Frage der Mittelfristigkeit.
Herr Hentschel, gerade nach Ihrem Beitrag denke ich, dass wir uns wahrscheinlich auch darüber verständigen müssen, ob wir eine gemeinsame und gleich lautende Problemanalyse haben. Wenn Sie sagen, dass die Wohnortnähe für Schulen ein sehr großer Vorteil sei, so stimmt dies für viele Schulen. Nur, wir beo
bachten zunehmend, dass für Eltern, die eine Schule auswählen möchten, weniger die Wohnortnähe als vielmehr die Arbeitsplatznähe eine größere Rolle spielt. Da sind wir im Moment mit der Schullandschaft gerade in den Grundschulen relativ schlecht sortiert. Die Grundschulen sind bisher so gebaut worden, dass sie möglichst dicht an den Wohngebieten liegen. Aber jetzt sollen sie möglichst dicht an den Arbeitsplätzen sein. Das ist eine generelle gesellschaftliche Veränderung, die wir im Schulangebot noch nicht nachvollzogen haben. Wir müssen eben auch sehen, was das bedeutet. Ich glaube, dass gerade im Bereich der Grundschulen die Wohnortnähe immer weniger eine Rolle spielen wird und auch weniger, als das im Bereich der weiterführenden Schulen der Fall sein wird. Das muss mit bedacht werden. Deshalb brauchen wir noch ein wenig Zeit zum Überlegen. Dafür haben wir die zweite Lesung. Aber ich glaube, dass man einen Gesetzentwurf, der das ändert, nur dann auf den Weg bringen kann, wenn der Gesetzentwurf auch andere Dinge ändert. Dieses Plädoyer wollte ich hier loswerden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte wirkt so, als habe man einen Kasten mit Legosteinen vor sich. Aus diesem Kasten nimmt man sich die Bausteine heraus, die man gerne haben möchte. Damit baut man sich eine neue Schulwelt.
Das kann man zwar machen, aber das hat nun wirklich nichts mit dem zu tun, was im Grunde genommen zur Debatte steht. Daher kann ich nur empfehlen, dass wir uns im Ausschuss mit den ganzen Detailfragen noch einmal gründlich auseinander setzen. Das, lieber Kollege Klug, hat nichts mit Bedenkenträgerei zu tun.
- Nein, das kann man immer sagen. Zum Thema Schule möchte ich gerne einmal hören, was die FDP zum nächsten Tagesordnungspunkt zu sagen hat. Sie sind überhaupt nicht gewillt, auch nur ein Komma zu ändern, sondern Sie wollen das System Schule so belassen, wie es ist, aber die freie Wahl und den freien Wettbewerb bei den Schulen durchsetzen. Ihre
Man muss sich mit der Situation der Kommunen beschäftigen; denn man kann sich natürlich vorstellen, die Kommunalisierung der Schulen sei ein Fortschritt. Das finden wir auch. Aber dann kann man nicht von der Auflösung von Einzugsbereichen sprechen; denn wenn die Schulen in der Hand der Kommunen liegen, gelten ganz andere Richtlinien.
Lasst uns doch bitte auf dem Teppich bleiben und nicht so diskutieren, als säßen wir in einem Spielzimmer.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt viele Argumente für die eine oder andere Seite. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir im Lande bereits eine bunte Vielfalt haben. Bei mir im Kreis gibt es einen Fall, bei dem die Eltern ihr Kind auf ein Gymnasium geschickt haben, das weiter weg ist. Die dadurch zusätzlich entstehenden Fahrtkosten bezahlen sie. Das hat der Kreis geregelt.
Es gibt deutsche und dänische Privatschulen. Natürlich ist das dort so, dass nicht die nächstliegende Grundschule besucht wird, sondern die Privatschule. Die Eltern haben dieses Recht.
Noch ein paar Worte zur CDU. Herr de Jager, Sie sagen, mittelfristig wollen Sie die Aufhebung der Schuleinzugsgebiete. Wenn es dann dazu einen Gesetzentwurf gibt, kritisieren Sie ihn. Ich sage Ihnen eines: Die CDU macht viele Vorschläge. Immer, wenn diese Vorschläge Realität werden könnten - das ist Konjunktiv -, dann bekommen Sie kalte Füße.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei der FDP - Martin Kay- enburg [CDU]: Quatsch!)
Das war bei der Frage der Standorte der Hochschulen so. Das war bei den Wahlkreisen so, wo Sie eine reale Mehrheit hatten. Das ist bei den Schuleinzugsgebieten so. Sie schreiben, dass Sie es wollen. Wenn es dazu aber einen Gesetzentwurf gibt, dann erklären Sie: Um Gottes willen, nicht jetzt schon.
Wenn Sie von denjenigen, die einen Gesetzentwurf einbringen, erwarten, dass sie sich vorher Gedanken gemacht haben, dann sage ich der CDU: Ich erwarte, dass sich die CDU Gedanken macht, bevor sie Dinge programmatisch verkündet; denn sie muss damit rechnen, dass ihre Vorschläge aufgegriffen und vielleicht auch Realität werden.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss doch für die sozialdemokratische Fraktion noch einmal gerade nach dem letzten Beitrag von Monika Heinold deutlich machen: In dieser Frage Hände weg von Jost de Jager!
Er hat nämlich - ich denke, das hat er zumindest so gemeint - deutlich mitschwingen lassen - das ist für uns ein zentraler Punkt -, dass es nicht um die Frage geht, wie wir das ganze System grundsätzlich ändern können. Ich hatte aber den Eindruck, dass wir auf einmal eine Grundsatzdebatte führen. Die Frage ist: Wo ist eigentlich der Problemdruck, der jetzt eine Gesetzesänderung sofort erforderlich macht? Das ist etwas, über das wir im Ausschuss noch sehr genau reden müssen.
Kollege Klug, Sie haben gesagt, das Thema liege in der Luft. Bei mir war es jedenfalls so, dass ich es als Post aus Timmendorf im Briefkasten hatte.
Deswegen sollten wir sehr genau untersuchen, ob es über eine Lex Timmendorf hinaus einen Problem- und Handlungsdruck gibt. Es muss dort gehandelt werden, wo die Probleme nicht mit der jetzigen Systematik gelöst worden sind, wie beispielsweise in den kreisfreien Städten, die diese Probleme im Griff haben. Deswegen rate ich in dieser Frage zu mehr Ruhe und Contenance. Wir werden das weiter beraten.
Es ist eben so, dass Parteien, die kommunale Verantwortung tragen, diese Dinge mit etwas mehr Ruhe sehen und dabei weiter denken. Aber wir sind vom