Protocol of the Session on January 22, 2003

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Vielleicht noch eine kleine Abschlussbemerkung. In meinem Dorf Osterby führen wir immer an einem

Tag im Frühjahr die so genannte Aktion „Sauberes Dorf“ durch. Dass dabei so viel eingesammelt werden muss, findet, so hoffe ich, ein Ende mit dieser Mehrwegregelung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Helmut Jacobs das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Minister ist in seinem Bericht schon auf die Historie der Verpackungsverordnung eingegangen und hat deutlich gemacht, dass die von der alten Bundesregierung auf den Weg gebrachte Verordnung die Einführung eines Dosenpfandes vorsah, falls die Mehrwegquote über mehrere Jahre hinweg unter die 72-%-Marke sinken sollte. Es lag also in der Hand der Getränkeindustrie, ein Dosenpfand abzuwenden. Die Getränkeindustrie aber füllte weiter unbeirrt und zunehmend in Dosen ab.

Die jetzt begonnene Pfandpflicht für ökologisch nachteilige Verpackungen hätte eigentlich schon früher eingeführt werden sollen. Die Pfandgegner konnten allerdings durch Einschaltung der Gerichte ein Hinauszögern erreichen. Mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 28. November 2002 war dann der Weg frei. Aber es gibt immer noch Gerichtsverfahren zum Dosenpfand, und zwar mit juristischen Niederlagen aufseiten der Dosenpfandgegner. Zurzeit laufen noch 21 Verfahren an Verwaltungsgerichten in ganz Deutschland.

Seit drei Wochen gibt es nun das Dosenpfand. Ich denke, dass die große schweigende Mehrheit der Bevölkerung dies begrüßt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diejenigen, die sich noch nicht damit anfreunden können, werden es akzeptieren, wenn sich die Rahmenbedingungen für die Rückgabe gebessert haben.

Der Bericht des Umweltministers sollte aufzeigen, wie in Schleswig-Holstein mit der kleinen Pfandpflichtlösung umgegangen wird. Wir haben gehört, dass es in Schleswig-Holstein im Wesentlichen problemlos verlief. Es soll aber auch einige Verstöße gegeben haben. Diese sind insbesondere an der Grenze zu Dänemark festzustellen, weil zum Beispiel dänischen Kunden kein Pfand abgenommen wurde. Hier,

(Helmut Jacobs)

denke ich, müssen Lösungen gefunden werden, damit sich die Pfandpflicht nicht negativ auf den Grenzhandel auswirkt. Es geht schließlich um viele Arbeitsplätze. Durch das Dosenpfand wird auch den Interessen der mittelständischen Unternehmen Rechnung getragen, die im Vertrauen auf die geltende Verpackungsordnung in Mehrwegsysteme investiert haben.

Mit der Einführung des Dosenpfands wird es mindestens zwei Gewinner geben. Zum einen wird die Automatenindustrie mit umfangreichen Aufträgen rechnen können. Es wird prognostiziert, dass der Handel und die Industrie jährlich zusätzlich netto 135 Millionen € für die Einrichtung und den Betrieb eines Pfandrücknahmesystems aufwenden müssen.

(Zuruf von der CDU: Wer soll das bezah- len?)

- Das entspricht nicht einmal einem Cent pro Packung. Das ist also zu bezahlen.

Zum anderen wird der Hauptsieger natürlich die Umwelt sein. In jeder Gemeinde gibt es Plätze, die durch weggeworfene leere Einwegverpackungen verunstaltet werden. Besonders offensichtlich ist das immer noch an Autobahnrastplätzen und an den Ufern unserer Gewässer. Die Pfandpflicht wird zur Folge haben, dass Umweltverschmutzung durch Einwegflaschen und Getränkedosen endlich ein Ende hat. Ex und hopp und damit die Vermüllung von Landschaften, Straßen und Plätzen wird gestoppt. Die Pfandpflicht führt aber auch zu einer sortenreinen Sammlung und damit zu einer besseren Verwertung der Rohstoffe. Ich bitte darum, den Bericht in den Umweltausschuss zu überweisen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Frauke Tengler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, „erfolgreiche Einführung“ - Sie hätten sich in letzter Zeit vielleicht doch einmal eine Dose kaufen sollen!

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Diesen Bericht des zuständigen Fachministers hätte der zuständige Fachausschuss sehr gern bereits am 15. Januar 2003 in der Ausschusssitzung gehört. Zu

mindest die CDU-Fraktion sah dies als sachgerecht und sinnvoll an. Die Mehrheitsfraktionen sahen das anders. Schade! Eine vertane Chance im Hinblick auf eine sachgerechtere und lösungsorientierte Diskussion am heutigen Tage.

Es ist immer wieder faszinierend, aber leider auch durchsichtig: Heute Morgen wird ein Dringlichkeitsantrag der FDP in den Ausschuss verwiesen. Beantragt die CDU, einen Tagesordnungspunkt im Ausschuss zu behandeln, wird er in den Landtag verwiesen - übrigens sind beides Bundesthemen - wie es Ihnen gerade passt!

(Beifall bei CDU und FDP - Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie doch mal zur Sache, Frau Tengler!)

Es geht schon los, Herr Matthiessen. Zu Beginn der 90er-Jahre erlebte die Bundesrepublik den Müllnotstand. Die Müllberge wuchsen. Zusätzliches Ablagern in nicht abgedichteten Deponien wurde endlich als verantwortungslos und gefährlich abgelehnt. Ein Umsteuern war unumgänglich. Die vom damaligen Umweltminister Töpfer initiierte Schaffung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes war richtig und notwendig.

(Beifall bei CDU und SPD)

Es hat entscheidend dazu beigetragen, dass die Abfallwirtschaft heute umweltfreundlich funktioniert. Auf diesem Gesetz fußt die geltende Verpackungsverordnung. Sie ist inzwischen allerdings über zehn Jahre alt. Das drohende Dosenpfand sollte als Stabilisator und Garant für das Mehrwegsystem gelten. Die Entwicklung lief anders. Sie ist hier bereits geschildert worden.

Zwischenzeitlich sind allerdings aus umweltbelasteten Einwegverpackungen, zum Beispiel die in der Bilanz genannten Getränkeschläuche und Getränkekartons, durch Weiterentwicklung und Regulierung ökologisch vorteilhafte Verpackungen geworden. Laut Gesetz war der Bundesumweltminister nach zweimaligem Unterschreiten der Mehrwegquote gehalten, das Dosenpfand einzuführen. Er legte im Sommer 2001 eine novellierte Verordnung vor, die ein grundsätzliches Dosenpfand für Einwegverpackungen vorsah.

(Zuruf des Abgeordneten Friedrich-Carl Wodarz [SPD])

- Lieber Kollege Wodarz, bitte hören Sie mal ein bisschen zu! Das System hätte im Ergebnis einen weiteren Rückschlag im Mehrwegbereich bedeutet

(Frauke Tengler)

und zu Belastungen von Verbrauchern und Handel geführt. Hinzu kamen europarechtliche Bedenken.

(Zuruf von der SPD: Dummes Zeug!)

- Ich würde dies gerne einmal lesen. Außerdem stellte der Sachverständigenrat für Umweltfragen die ökologische Effektivität des Zwangspfandes infrage. Der Bundesrat lehnte die Verordnung ab. Am 1. Januar 2003 wurde somit die alte Töpfer-Verordnung in Kraft gesetzt, die von völlig anderen Einwegverpackungen ausgeht als die, mit denen wir es heute zu tun haben.

(Konrad Nabel [SPD]: Quatsch!)

- Herr Nabel, das ist kein Quatsch. Kein Mensch begreift, Sie wahrscheinlich auch nicht, warum er für eine Dose Cola Pfand zu zahlen hat, auf eine Dose Cola mit Schuss allerdings nicht.

(Beifall bei CDU, FDP und SSW)

Kein Mensch begreift, wieso er eine deutschlandweit gleiche Dose Cola nur dort wieder abgeben kann, wo er sie gekauft hat.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Die Einführung und Umsetzung des Dosenpfands verlief dilettantisch.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Das hat inzwischen auch der Bundesumweltminister begriffen. Scheinbar hat er auch begriffen, dass er dafür die Verantwortung trägt.

(Zuruf von der SPD: Nein!)

Nach der chaotischen Umsetzung ist er bemüht, im engen Schulterschluss sogar mit Unionsministern, eine vernünftigere, der Sache gerecht werdende Lösung im Sinne des Umweltschutzes zu erreichen. Die CDU-Fraktion will die Novellierung der Verpackungsverordnung. Das wollte sie bereits am 10. September 2002.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Doch ökologisch verträgliche Verpackungen dürfen zukünftig nicht mit einem Pfand belegt werden. Moderne und innovative Erkenntnisse müssen einbezogen werden. Die Belange von Verbrauchern, Dosenherstellern und Handel müssen berücksichtigt werden.

Aus schleswig-holsteinischer Sicht, Herr Minister, ist - das sehen wir als Ihre Aufgabe und die unseres Wirtschaftsministers an - zu klären, ob die Pfandpflicht im Grenzhandel auszusetzen ist. Ihre Ant

wort bezüglich der Pfandpflicht an den Kollegen Maurus ist weder klärend noch zufrieden stellend.

Ich darf kurz auf die Zeit aufmerksam machen.

Ja, sofort.