Ich möchte nur kurz geschäftsleitend darauf hinweisen, dass die Geschäftsführer übereingekommen sind, den Tagesordnungspunkt 41, der die Fehmarnbeltquerung betrifft, von der Tagesordnung abzusetzen und, da bisher noch nicht darüber diskutiert worden ist, auf die nächste Tagesordnung zu setzen und eine Aussprache hierüber vorzusehen.
Jetzt fahren wir in der Aussprache fort. Für die FDPFraktion hat Frau Abgeordnete Aschmoneit-Lücke das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit diesem Tagesordnungspunkt befinden wir uns in einem weiteren Akt des Dramas mit dem Titel: „Der mit den Windmühlen kämpft“.
Das Stück ist einigermaßen realitätsfern, spielt aber im 21. Jahrhundert in Schleswig-Holstein. Der Protagonist heißt Dr. Trutz Graf Kerssenbrock.
„Vorläufiger Höhepunkt des abenteuerlichen Treibens“ - so die Definition von Donquichotterie nach Meyers Lexikon 7. Auflage, 1925 - war der vom Helden geäußerte Vorwurf, seine Feinde, die Windmühlen, könnten den schweren Störfall im Kernkraftwerk Brunsbüttel verursacht haben,
bei dem im Dezember 2001 aufgrund der Anreicherung von Radiolysegas in der TC-Deckelsprühleitung eine Rohrleitungsexplosion erfolgte.
Dieser an sich sehr geschickt inszenierte dramatische Höhepunkt entwickelte sich allerdings wegen besonderer Realitätsferne ziemlich schnell zum AntiKlimax. Rosinante - hier in Person des Staatssekretärs Voigt - warf den Reiter kurzerhand ab.
Physikalische Gesetzmäßigkeiten sind selbst in der Politik nicht immer auszuschalten. Viel leichter allerdings lassen sich leider die Gesetze des Wettbewerbs ausschalten. Seit dem 29. April 1998 herrscht, jedenfalls offiziell, in der deutschen Stromwirtschaft Wettbewerb. An diesem Tag trat das neue Energierecht in Kraft, das die geschlossenen Versorgungsgebiete für elektrische Energie beseitigte. Stromlieferanten brauchen seitdem nicht mehr über eigene Leitungen zu verfügen, um zum Abnehmer zu gelangen. Es genügt, wenn die technischen Voraussetzungen für eine Durchleitung des Stroms zum Kunden gegeben sind. Die Betreiber der benötigten Leitungen sind verpflichtet, gegen ein angemessenes Entgelt ihr Netz für die Übermittlung der vereinbarten Menge elektrischer Energie zur Verfügung zu stellen.
Der Start in den Wettbewerb erfolgte, wie wir alle wissen, rasant. Als Ergebnis sanken die Preise. Hatte der vom Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft monatlich ermittelte Strompreis für Industriekunden vor März 1998 noch bei 15,405 Pf/kWh gelegen, so sank er bis zum Jahresbeginn 2000 auf ein Niveau von 11,244 Pf/kWh. Strom war also um 27 % billiger geworden als vor der Freigabe des Wettbewerbs. Auch bei den privaten Haushalten kamen die niedrigen Strompreise an. Zwar wechselten letztlich nur wenige Private den Stromlieferanten, dennoch kamen auch sie in den Genuss der durch den Konkurrenzdruck entstandenen Preissenkungen.
Seit dem Herbst 2000 erfuhr die Talfahrt der Strompreise ein jähes Ende. Zum ersten Mal seit 1998 gab es für Haushalts- und Gewerbekunden wieder Preiserhöhungen. Die Stromversorger mussten die Aufschläge an die Endkunden weiterleiten, die durch die wachsenden Belastungen des Strompreises mit Sonderabgaben und Steuern entstanden waren. Diese Belastungen waren und sind im großen Maße auf die Ökosteuer zurückzuführen. An dem Durchschnittspreis von 17 ct/kWh bezahlte der Haushaltskunde in der Folge etwa 6 ct also ein Drittel für Sonderlasten: nämlich 1,3 ct für die Ökosteuer, 0,25 ct aufgrund des EEG, 0,2 ct für das KWK-Gesetz und knapp 2,5 ct Mehrwertsteuer.
Die rund 7,5 Milliarden € Liberalisierungsgewinne verpufften innerhalb kurzer Zeit. Die Standortvorteile für die deutsche Energiewirtschaft waren dahin und die Ausgaben für die privaten Haushalte wurden aufgebläht.
Das ist nicht nur ökonomisch unsinnig, sondern auch im höchsten Maße unsozial. - Herr Kollege Matthies
sen, ich freue mich, dass Sie als mein energiepolitischer Antipode wieder im Landtag sind, wenn ich das hier sagen darf.
Die rot-grüne Bundesregierung wollte die Menschen anscheinend gar nicht erst von den hohen Strompreisen entwöhnen. Kaum hatten die privaten Haushalte wieder ein bisschen mehr Spielraum bei den Kosten gewonnen, kam die Regierung, um dieses Loch mit neuen Abgaben zu stopfen. Die Ökosteuer ist aus meiner Sicht einer der fatalsten Fehler, die die letzte Bundesregierung gemacht hat.
Sie haben mit dieser Steuer verdeutlicht, dass alle Reden zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit Sonntagsreden waren.
Mit Wettbewerb und Markt haben diese zusätzlichen Abgaben nichts zu tun, ebenso wenig wie das KraftWärme-Kopplungs-Gesetz. Aber dem Wettbewerb droht nicht nur Gefahr von der Bundesregierung. Es entspricht allen Erfahrungen, dass Monopolisten ebenfalls versuchen, die Gesetze des Marktes zulasten der anderen Marktteilnehmer auszuschalten. Es wäre Aufgabe des Staates, diese Versuche zurückzudrängen. Ob dies in Schleswig-Holstein tatsächlich so geschieht und ob diese Aufgabe vom zuständigen Energieministerium wirklich wahrgenommen wird, wage ich nach der Beantwortung der Großen Anfrage des Kollegen Graf Kerssenbrock zu bezweifeln - aber nicht nur seitdem.
Die Große Anfrage des Kollegen Graf Kerssenbrock zum Wettbewerb in der Stromwirtschaft in Schleswig-Holstein greift also ein wichtiges Thema auf. Kernpunkt ist die Frage 14, die den Erfolg der Liberalisierung der Stromwirtschaft nach der Energierechtsnovelle von 1998 für Schleswig-Holstein hinterfragt.
Die Landesregierung beantwortet diese Frage zu Recht, indem sie das Problem des diskriminierungsfreien Netzzugangs darstellt. Herr Minister, Sie haben das hier eben gemacht. Auch meine Vorredner sind auf diesen Punkt natürlich besonders eingegangen, denn das ist der Kernpunkt in der weiteren Diskussion über den Wettbewerb.
Die Abwägung zwischen einer freiwilligen Vereinbarung der Verbände mit einer Ex-post-Missbrauchsaufsicht durch die Kartellbehörden - was wir als Liberale, und dazu stehe ich hier ganz klar, immer präferiert haben - und dem konsequenten Unbundeling mit vorab festgelegten veröffentlichten und geregelten
Tarifen, einschließlich Regulierungsbehörde - ist nach wie vor der Knackpunkt bei der Beurteilung der Wettbewerbsbedingungen in der Stromwirtschaft.
Zu dem nächsten Punkt wollte ich eigentlich sagen, dass ich es sehr erfreulich finde, dass die Landesregierung diese Fragen - jedenfalls in der schriftlichen Version der Beantwortung der Großen Anfrage - offen mit dem Satz beantwortet hat: „Kann gegenwärtig nicht abschließend beantwortet werden und muss weiter sorgfältig beobachtet werden.“also mit dem Hinweis auf eine Abwägung zwischen Sinnhaftigkeit, Verbändevereinbarung oder Regulierungsbehörde. So steht es noch als Antwort in der Beantwortung der Großen Anfrage. Was Sie allerdings heute dazu gesagt haben, Herr Minister, lässt mich die Frage stellen, was eigentlich in der Zwischenzeit passiert ist. Diese Frage, die Sie zunächst noch offen gelassen haben und die Sie weiter prüfen lassen wollten, haben Sie jetzt ganz eindeutig beantwortet. Darüber habe ich mich gewundert. Ich finde es schade. Aber Sie werden dazu im Ausschuss sicherlich noch eine Antwort geben.
Erfreulich fand ich die Antwort auf die Frage 17 nach den Nutzungsentgelten der e.on AG und der ihr gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmen. Die Benachteiligung von Dritten durch ein höheres Nutzungsentgelt wäre unzulässig, sagen Sie selbstverständlich völlig zu Recht.
Bei den Fragen nach den Tatsachen, die zu Vorermittlungen der Landeskartellbehörde gegen schleswigholsteinische Netzbetreiber wegen des Verdachts überhöhter Nutzungsentgelte geführt haben, wird allerdings deutlich, dass die Landesregierung mauert - um das vorsichtig zu sagen. Herr Kollege Graf Kerssenbrock hat darauf hingewiesen. Allgemeine Rechtsausführungen - das ist genau das, was Sie in Beantwortung dieser Frage machen - sind keine Tatsachen.
Herr Minister, Sie setzen sich damit dem Verdacht aus, dass Sie - aus welchen Gründen auch immer - schleswig-holsteinische Netzbetreiber, die Sie übrigens auch heute wieder als natürliche Monopole bezeichnen, vor der Kontrolle im Land und der Konkurrenz von außen bewusst schützen wollen oder dies in der Vergangenheit getan haben.
Sie werden diese Fragen aber spätestens im Ausschuss ordnungsgemäß zu beantworten haben. Herr Kollege Graf Kerssenbrock und ich werden sicherlich beide darauf achten. Wir werden uns weder mit Geheimnistuerei noch mit einem Hinweis auf den allseits so beliebten Datenschutz zufrieden stellen lassen. Wenn Sie wirklich meinen, man dürfe darüber
öffentlich keine Auskunft erteilen, Herr Minister, müssten wir bedauerlicherweise eine nicht öffentliche Sitzung beantragen.
Wir werden auch nicht hinnehmen, Herr Minister, dass Sie die Liberalisierung zulasten der schleswigholsteinischen Endkunden in diesem Land abblocken und den Wettbewerb durch Ihre eigene Kartellbehörde verhindern. Es ist ohnehin höchst merkwürdig - ich glaube, darin sind wir einer Meinung, Herr Kollege -, dass die Kartellbehörde für die Energiewirtschaft demselben Ministerium zugeordnet ist, dessen Handeln sie kontrollieren soll - ein, wie ich finde, ziemlich einmaliger Fall. Wir haben möglicherweise unterschiedliche Ansichten in der Frage, ob die Kartellbehörde im Land noch aufgewertet werden muss, da die Landeskartellbehörde nicht so umfassende Aufgaben hat. Diese liegen im Wesentlichen bei der Bundeskartellbehörde. Aber meiner Überzeugung nach müsste dieser Teil der Kontrolle ganz klar aus dem Energieministerium herausgenommen werden.
Wir werden weiter für die Durchsetzung der Liberalisierung kämpfen, auch in Schleswig-Holstein. Sollte sich dieser Kampf als ein Kampf gegen Windmühlenflügel erweisen, kämpfe ich in diesem Falle sehr gern mit Ihnen und an Ihrer Seite, Herr Kollege Graf Kerssenbrock.
Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen.
Moin, moin. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort auf die Große Anfrage der CDU-Fraktion gibt einen Überblick über die Wettbewerbssituation auf dem Strommarkt. Die Rede von Herrn Kerssenbrock offenbart profunden Mangel an Sachkenntnis
WAG-Hasser zu sein. Ich kann das nicht nachvollziehen. In meiner Kindheit auf meinem kleinen dithmarscher Dorf, als Comics wie Fix und Foxi nicht vorhanden oder nicht erschwinglich waren, war die SCHLESWAG-Kundenzeitung mit ihrer hervorragenden Kinderseite immer ein Lichtblick. Das hat eine tiefe emotionale Kundenbindung ausgelöst, was ja auch beabsichtigt war.