ein grundsätzlich richtiger erster Schritt in Richtung Ostseekooperation. Seit den Zeiten Björn Engholms versucht die Landesregierung nun den Eindruck zu erwecken, als mache allein die Wiederbelebung des Hansegedankens Schleswig-Holstein zum Zentrum einer neuen Boomregion in Europa. Die Bilanz der
- Frau Kähler, wo hat ein rasanter wirtschaftlicher Aufschwung stattgefunden? In Schleswig-Holstein oder in der Øresund-Region? Wer hat die richtigen verkehrlichen Antworten gegeben? Wo hat sich eine Boomregion entwickelt?
Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass Frau Simonis sich seit ihrem Amtsantritt im Jahre 1993 bis heute jedenfalls kaum um dieses Thema gekümmert hat. Frau Ministerpräsidentin, es ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass Sie das Feld weitgehend Ihrem damaligen Minister Gerd Walter überlassen haben, der dann viele Jahre fleißig in Europa - und insbesondere in den Ostseeanrainerstaaten - herumgereist ist. Er könnte noch unser Botschafter sein, leider ist er es nicht.
Doch was hat er für Schleswig-Holstein wirklich bewegt? Was ist in den vergangenen Jahren an wirklich Greifbarem für die Menschen in unserem Land, für ihre Arbeitsplätze und vor allem an neuer Beschäftigung herausgekommen? Gibt es messbare Ergebnisse oder ist Schleswig-Holstein bei den Nachbarn nur bekannter geworden, ohne dass es auf Länderebene zu wirklichen Kooperationen geführt hat?
Die bisherigen Ostseeberichte der Landesregierung lesen sich nach meiner Meinung eher wie Konferenzaufzählungen. Da ist von Komitees, Begegnungen, Konferenzen, Jugendaustausch, Task Forces, Arbeitsgemeinschaften und Kulturaustausch die Rede. Frau Simonis hat eben auch Repräsentanzen angesprochen und die Architektur gelobt. Ich frage: Sollten wir nicht mehr tatsächliche Kontakte knüpfen? - Von wirklichen Fortschritten ist kaum die Rede. Im Gegenteil, es werden noch einmal schön die Programme der Europäischen Union aufgezählt, als wären sie ein Verdienst dieser Landesregierung. Ich kann jedenfalls wirkliche Fortschritte und deutliche Verbesserungen der Infrastruktur in Schleswig-Holstein nicht erkennen. Ich sage: außer Spesen - bis heute jedenfalls - nichts gewesen!
Zu Ihren Hinweisen auf den Ostseerat und Ihre neue Politik. Frau Simonis und Frau Böhrk, Sie haben darauf hingewiesen - auch die Presse weist es aus -, dass jetzt, nachdem eine andere Regierung in Berlin dran sei, sich die Politik geändert habe und neue, große Aktivitäten entstünden.
Ich frage Sie - das ist auch aus Ihren Reihen kritisiert worden; ich weiß gar nicht, warum Sie sich dort aufregen, Herr Plüschau -, was Herr Fischer denn vorhat. Er kommt nach meiner Kenntnis eben nicht zum Ostseerat. Das zeigt doch, welche Bedeutung dieses Land und der Ostseerat in der Berliner Politik, in der Politik der rot-grünen Regierung spielen. Das müssen Sie hier deutlich machen; Sie dürfen nicht versuchen, diese Angelegenheit gesund zu beten.
Unabhängig davon, dass auch hier Ihr Einfluss offensichtlich nicht so groß ist, wie Sie hoffen, denke ich, dass wir auch im Rahmen der Sicherheitskooperation im Ostseeraum bisher nicht allzu viel erreicht haben. Die Landesregierung betont zwar immer wieder, dass in der polizeilichen Zusammenarbeit im Ostseeraum die demokratischen Staaten gegenüber der organisierten Kriminalität Stärke demonstrieren müssten und man dies nur durch konkrete Maßnahmen und pragmatisches Handeln erreiche. Ich frage: Welche pragmatischen Handlungen gibt es? Welche konkreten Maßnahmen sind angegangen worden? - Bisher ist das zumindest in den Berichten der Landesregierung nicht nachgewiesen. Wir haben den Eindruck, dass über freundschaftliche, partnerschaftliche Treffen hinaus kaum wirkliche Handlungsvereinbarungen, was die Sicherheitskonzepte anbelangt, getroffen wurden. Deshalb haben wir den Antrag „Sicherheitskooperation im Ostseeraum“ gestellt. Ich hätte erwartet, dass der Innenminister heute dazu Stellung nimmt. Vielleicht kann er uns anhand der Kriminalitätsstatistik doch von Erfolgen überzeugen. Ihre Berichte geben jedenfalls bis heute nicht her, dass hier Erfolge zu verzeichnen wären.
Auch Kulturaustausch und Politikerreisen werden uns auf Dauer nicht voranbringen. Während unsere Minister staunend durch die skandinavischen Länder reisen und deren wirtschaftlichen Fortschritt und Erfolge nicht genug loben können, sind wir in Schleswig
Auch die Hinweise eben haben deutlich gemacht, dass wir hoffen - Frau Fröhlich, vielleicht haben Sie Frau Böhrk ja zugehört -, an der Entwicklung der Boomregion Øresund teilzuhaben. Ja, verdammt noch mal, wo ist denn unsere eigene Entwicklung? Was packen wir selber an? Da hilft Ihnen auch kein MultimediaCampus.
Schleswig-Holstein ist für die Skandinavier doch eigentlich nur noch das hinderliche Nadelöhr im Transitverkehr nach Europa - auch wenn Sie es nicht hören wollen. Wir sind gefordert. Hier ist Frau Simonis gefordert. Es reicht eben nicht, Reisen zu machen und Good-will-Touren zu unternehmen.
Die „Neue Hanse“ des 21. Jahrhunderts, wie sie Engholm gefordert hat, ist jedenfalls in Schleswig-Holstein bisher von dieser Landesregierung verschlafen worden. Deshalb wundert es mich auch überhaupt nicht, dass „Mister Ostsee“ gleich nach der letzten Landtagswahl das Handtuch geworfen hat. Wenn Minister Walter in dieser Legislaturperiode noch die Früchte seiner Arbeit hätte ernten können, wenn er daran geglaubt hätte, dass es hier Erfolge gibt, dann - so bin ich sicher - wäre er noch im Amt und hätte das Regierungsschiff nicht so schmählich verlassen.
Aber vielleicht kam das der Ministerpräsidentin zugute. So ist die Ostseekooperation zur Chefsache geworden. Nachdem Sie, Frau Simonis, in der Haushaltspolitik und in der Finanzpolitik kläglich gescheitert sind und kurz vor dem Konkurs des Unternehmens Schleswig-Holstein stehen, haben Sie sich nun ein neues Feld ausgesucht. Nur: Bis heute ist der Einstieg in die Chefsache „Ostseepolitik“ nicht gelungen.
Gewissermaßen zur Begrüßung hagelt es jetzt auch noch niederschmetternde Kritik vonseiten der Wissenschaft. Eine vernichtende Einschätzung Ihrer Ostseepolitik kam in den letzten Wochen vom Präsidenten des Instituts für Weltwirtschaft, dem Wirtschaftswissenschaftler Professor Horst Siebert: „Grundlegende Verbesserungen der Entwicklungsperspektiven
Schleswig-Holsteins“, so urteilt das Mitglied des Sachverständigenrates, „seien vom Ostseeraum auf absehbarer Zeit nicht zu erwarten“.
Sieberts Analyse macht meiner Meinung nach deutlich, dass allein die Verbesserung der Standortbedingungen in Schleswig-Holstein für den künftigen Wettbewerb entscheidend sein werden. Wenn also die wirtschaftlichen Standortbedingungen in SchleswigHolstein selbst nicht unverzüglich verbessert und ergänzend hierzu nachhaltige Wirtschaftsbeziehungen in den Ostseeraum geknüpft werden und eine leistungsfähige Infrastruktur geschaffen wird, dann allerdings wird Schleswig-Holstein ein weißer Fleck auf der Landkarte der wirtschaftlichen Entwicklung im Ostseeraum bleiben.
Ich finde es zwar verständlich, dass SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Landesregierung mit ihrem Antrag zur Ostseekooperation etwas Schützenhilfe geben wollen. Aber auch dieser Antrag ist eigentlich der übliche Gemischtwarenladen an Forderungen. Mit solchen Aktivitäten wird Schleswig-Holstein keinesfalls - wie von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gefordert - „Europa-Motor“, sondern bestenfalls „Europa-Reserverad“ werden. Ihr Antrag sorgt sich um den Minderheitenschutz, die Tätigkeit nicht staatlicher Organisationen, die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik - sie ist sicherlich wichtig - und die Förderung von Jugendreisen. Aber die entscheidenden Themen für unsere Standortbedingungen werden nicht angesprochen. Die Förderung wirtschaftlicher Kontakte wird in Ihrem Antrag jedenfalls weitgehend ausgeklammert. Statt ein klares Wort zur Fehmarnbelt-Querung - Gott sei Dank ist das heute noch mündlich erfolgt - und zum Ausbau des Autobahnnetzes zu sagen, haben Sie lediglich ein paar obligatorische und - wie ich behaupte - fehlsteuernde Sätze zum Vorrang des Schienen- und Schiffsverkehrs gesprochen.
Soll die Ostseekooperation wirklich Erfolg haben, sind vor allem die besseren Standortbedingungen in Schleswig-Holstein, die telekommunitative, verkehrsund energiepolitische Vernetzung, der Abbau der Handelsschranken, der enge Waren-, Güter- und Wissensaustausch von schleswig-holsteinischen Unternehmen mit Unternehmen im Ostseeraum, die Entwicklung der Ostseeregion zu einem Wissenschaftsund Forschungszentrum, der Aufbau einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur und konkrete Maßnahmen in der Sicherheitskooperation unverzichtbar.
Nur so kann auch Schleswig-Holstein eine erfolgreiche Zukunft in der Ostseeregion haben. Mit der Fortsetzung rot-grüner Standortpolitik werden wir eher zum Schlusslicht in der Ostseeregion werden. Ich behaupte: Dem Antrag von Rot-Grün fehlen die Visionen. Er spielt auf Nebenkriegsschauplätzen. Er beschäftigt sich mit einem „nice to have“, überlässt das Hauptspielfeld aber unseren Nachbarn. Hier gilt es nachzubessern.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Wenn einem im eigenen Lande die Probleme über den Kopf wachsen, wendet man sich traditionell den Außenbeziehungen zu.
So wollen wir es nicht halten, denn unsere Ostseebeziehungen sind - wer wollte das übersehen - friedlich und haben so etwas wie eine hanseatische Tradition.
In ihrem Vortrag über die Aktivitäten der Landesregierung im Ostseeraum vor dem Europaausschuss des Landtages sagte die Ministerpräsidentin sinngemäß: Obwohl Schleswig-Holstein kaum Geld einsetzen kann - das haben wir selbst nicht -, können wir besonders in den baltischen Staaten unendlich viel tun. - Das trifft die Meinung der F.D.P.-Fraktion hier im Landtag.
So, wie Sie es vorgetragen haben, Frau Ministerpräsidentin, nehme ich Ihnen ab, dass dies von Ihnen mit ganzer Energie und sogar mit Herz betrieben wird.
Die Frage ist nur, wie man mit geringem Mitteleinsatz erfolgreich sein will. Dazu gibt es nun erfolgversprechende Ansätze, die es auszubauen gilt. Die Landesregierung stellt fest:
„Das Konzept, durch ständige Repräsentanzen, besetzt mit einer Ortskraft und angegliedert an bestehende Einrichtungen privater Träger, in politisch wichtigen Regionen oder Entwicklungsgebieten im Ostseeraum präsent zu sein, hat sich bewährt.“
Gerade angesichts der äußerst knappen Mittel des Landes - wie bereits angesprochen - ist dieses Konzept gutzuheißen.