Voraussetzung ist zweitens, dass eine frühzeitige Förderung der Hochbegabten im Kindergarten- und Grundschulalter erfolgt.
Drittens ist es notwendig, sich über Lerninhalte - das betrifft Ihren Antrag - einer speziellen Begabtenförderung am Gymnasium im Klaren zu sein.
Viertens muss parallel dazu eine Lehreraus-, Fortund Weiterbildung erfolgen, die ganz speziell auf die Hochbegabtenförderung abstellt. Hierzu ist bisher außer je einer Landesfachtagung in den Jahren 1998 und 1999 - wenig erfolgt.
Im IPTS-Katalog 2000, erstes Halbjahr, findet sich keine einzige Veranstaltung zur Hochbegabtenförderung. Deshalb muss ich heute feststellen, dass diese Landesregierung bisher nicht die Voraussetzungen dafür geschafften hat, hoch begabte Kinder wirkungsvoll zu fördern.
An zwei organisatorischen Neuerungen aus dem Grundschulbereich lässt sich diese Annahme ebenfalls belegen: Die flexible Eingangsphase der Grundschule - von allen begrüßt - trägt eher zur Förderung von
Lernschwächeren bei, statt der Hochbegabtenförderung zu dienen, wie uns dies die vom Kultusministerium herausgegebene Broschüre zur Hochbegabtenförderung - gerade im Mai 2000 aufgelegt und dort nachzulesen - weismachen will.
Bei aller Hochachtung vor der Fähigkeit der Lehrkräfte, binnendifferenzierten und offenen Unterricht sinnvoll zu gestalten, trägt diese Art des Unterrichts erwiesenermaßen eher dazu bei, Lernschwächere als Hochbegabte zu fördern.
Da aber auch Hochbegabte - immerhin 3 % eines Jahrganges - Anspruch haben - auch laut Schulgesetz, Herr Klug, Sie haben das schön zitiert - auf eine ihrer Begabung entsprechende Förderung und kein Land, auch nicht Schleswig-Holstein, auf eine Elite, egal welcher Art diese Hochbegabung ist, verzichten kann, ist eine konsequente Hochbegabtenförderung notwendig.
Auch diesen Kindern soll Schule Spaß machen, Frau Erdsiek-Rave. Faktum ist aber, dass das derzeitige Schulsystem und seine Lerninhalte bei diesen Kindern eher Langeweile und Unmut hervorrufen, dass diese Kinder von ihren Mitschülern zum Teil diskriminiert werden, zunehmend Verhaltensauffälligkeiten zeigen, die zum Teil bis zur Einschulung in eine Sonder- oder Förderschule geführt haben.
Um diesen Entwicklungen vorzubeugen, sind wir alle in der Pflicht, nicht nur für die Lernschwächeren, sondern auch für die Hochbegabten entsprechende Regelungen zu schaffen. Diese Verpflichtung geht über die Regelung der vorzeitigen Einschulung hinaus und hat sich auch mit dem Hinweis auf die Möglichkeit des Überspringens von Klassen nicht erledigt. Die von der CDU immer wieder betonte äußere Differenzierung nach Schularten ist zugleich auch ein Stück Begabtenförderung wie ebenfalls die auf Initiative der CDU zurückgehende geplante Verkürzung der gymnasialen Schulzeit auf acht Jahre bei gleichbleibender Stundentafel. Beides sichert aber nicht in ausreichendem Maße die Hochbegabtenförderung.
Ich komme zum Schluss meiner Rede. Ob die Einrichtung von Hochbegabtenklassen an Gymnasien im allgemeinen - wie in München seit 1998 an einer Schule mit einer Anzahl von 20 Schülern pro Klasse versucht - auch für das Trave-Gymnasium in Lübeck sinnvoll ist oder ob vielmehr die Einführung von PlusKursen mit einer Mindestgröße von fünf Schülern für das Gymnasium angedacht werden sollte,
darüber sollte sich der Bildungsausschuss in seiner nächsten Sitzung Gedanken machen und schlüssige Konzepte erarbeiten beziehungsweise erwarten, dass diese vorgelegt werden. Diese sollten auf die Lerninhalte solcher speziellen Fördergruppen oder Förderkurse bezogen sein und Vorschläge zur Lehrerfortbildung hinsichtlich der Hochbegabtenförderung enthalten. Sonst kommen wir nämlich nicht weiter.
Ich bitte abschließend zu bedenken, meine Damen und Herren, dass spezielle und sinnvolle Förderung von Hochbegabten nicht zum Nulltarif zu bekommen ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! SchleswigHolstein bemüht sich bekanntermaßen um kleine Klassen, um Unterrichtsdifferenzierung, um soziales Lernen und um Öffnung der Schulen - das ist der richtige Weg auch und gerade für hoch begabte Kinder.
Die Bildungsdiskussion fokussiert das Thema der Gesamtschulen und der Öffnung von Schulen häufig zu Unrecht immer nur auf die Situation der lernschwächeren Jungen und Mädchen. Selbstverständlich gilt das Credo der Leistungsdifferenzierung innerhalb einer Schule und der Profilbildung der Schulen im Wettbewerb untereinander auch dann, wenn es um die Lernfähigkeit und Möglichkeit derjenigen geht, die unter dem Stichwort „Hochbegabte“ in den letzten Jahren in die Diskussion gekommen sind.
Die Begabung von Kindern, insbesondere die Hochbegabung wird häufig nicht erkannt. Diese Kinder schreien um Hilfe. Sie fallen auf durch Verhaltensauffälligkeiten, durch Rückzug oder durch besonders störendes Verhalten im Unterricht. Ich kann mir an dieser Stelle die Bemerkung hinsichtlich einer Geschlechterdifferenz in dieser Frage nicht ersparen. Die geschlechtstypischen Verhaltensweisen von Jungen und Mädchen zeigen auch hier, dass Jungen - statistisch betrachtet - häufiger auf sich aufmerksam machen und Mädchen weniger häufig auffallen.
Deswegen müssen wir sehr aufmerksam sowohl die Erzieherinnen in den Kindertagesstätten als auch die Lehrerinnen und Lehrer - da gebe ich den Vorredne
rinnen und Vorrednern Recht - fortbilden, damit sie diese Hilfesignale erkennen und richtig deuten und damit Jungen und Mädchen gleichermaßen die Hilfe bekommen, die sie brauchen.
Die Möglichkeit der Unterrichtsdifferenzierung und der Kommunikationserziehung muss natürlich kontinuierlich in allen dafür in Betracht kommenden Fortbildungseinrichtungen und auch in der Grundausbildung für erziehende Berufe - das gilt sowohl für die Kindertagesstätten als auch für die Lehrerberufe angeboten werden.
Wir brauchen allerdings nicht die Erziehung zu einsamen Genies, sondern wir brauchen Menschen mit sozialen Schlüsselqualifikationen. Gerade diejenigen, die eine besondere Intelligenzbegabung haben, brauchen, um diese anwenden, um sie sinnvoll einsetzen zu können, besondere Aufmerksamkeit, damit sie ihre sozialen Fähigkeiten weiterentwickeln, und zwar sowohl mit Gleichaltrigen, die über dieselben Fähigkeiten verfügen, als auch mit Gleichaltrigen, die nicht in dem selben Maße darüber verfügen.
Wir haben in der letzten Legislaturperiode sehr ausführlich über dieses Thema debattiert. Es hat auch entsprechende Ankündigungen seitens des Bildungsministeriums gegeben. Ich bin jetzt gespannt auf das Ergebnis und bin eigentlich gewiss, dass dieser Faden aufgenommen worden ist. Dies ist nicht ein Thema für Schnellschüsse; es ist ein Thema für eine kontinuierliche und aufbauorientierte Neustrukturierung, um auch diesen Kindern gerecht zu werden.
Ich möchte an dieser Stelle aber auf ein neues Gerichtsurteil aufmerksam machen, das jetzt immerhin erstmalig einen Jugendhilfeträger verurteilt, quasi Strafe dafür zu zahlen, dass ein hoch begabtes Kind keine entsprechende Förderung erfahren hat. Von dem Gericht wurde eine drohende seelische Behinderung gesehen - genau genommen wurde festgestellt, dass aus dieser Drohung bereits Realität geworden sei - und dafür wurde der Schulträger verantwortlich gemacht. Dieser Fall wurde dann also ein Thema der Jugendhilfe.
Damit es hier nicht dazu kommt - denn wir können jetzt ja nicht plötzlich für jedes dieser Kinder mit
Tausenden von Mark monatlich eine ExtraSchulveranstaltung machen -, brauchen wir tatsächlich Strukturen innerhalb unseres Schulsystems, um diesen Kindern gerecht zu werden.
Ich denke, dass gerade in einem Flächenstaat wie Schleswig-Holstein eine einzige Schule für diese Kinder, die dann von überall her dort hinkommen sollen man denke nur einmal an das Grundschulalter -, nicht der richtige Weg ist, sondern wir brauchen innerhalb unseres Schulsystems ein Angebot, das pragmatisch die Kinder dort erreicht, wo sie sind.
Ich bin gespannt auf die Debatte im Ausschuss und vertraue auf die planende Vorsorge des Bildungsministeriums.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Jürgen Weber [SPD] und Jutta Schümann [SPD])
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich war ich der Meinung, dass das Thema „Hochbegabtenförderung“ mit dem Konzept der Landesregierung aus der letzten Wahlperiode ausdiskutiert worden war.
Doch, siehe da: Eine Elterninitiative meldet sich zu Wort und getreu dem Grundsatz „wer nicht selbst für seine Erfolgserlebnisse sorgt, der hat sie nicht verdient“ macht der Kollege Klug dazu einen Antrag!
Unter rede-ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet ist dies sogar begrüßenswert. Die Landtagsreden aus der letzten Legislaturperiode zu diesem Thema stauben nicht zu; im Gegenteil, bei guter Planung können sie gegen Ende der 15. Wahlperiode noch einmal eingesetzt werden.
Was bleibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine gewisse Frustration darüber, dass die Guten und
Weil wir uns bereits häufiger mit den Problemen hoch begabter Schülerinnen und Schüler befasst haben, dürfte die grundsätzliche Haltung des SSW hierzu bekannt sein. Man kann sie in den Protokollen nachlesen.