Ich will damit nicht sagen, dass nicht auch die Überlegung, diese Mittel früher einzusetzen, vor dem aktuellen Hintergrund richtig sein kann. Wir werden deshalb prüfen - ich bin gern bereit, mit Ihnen im Ausschuss noch weiter darüber zu diskutieren, ob es dazu wirklich einer Richtlinienänderung bedarf oder ob das nicht innerhalb der vorhandenen Richtlinien möglich ist, worüber wir auch mit dem Sozialministerium verhandeln -, diese Auslegung der Richtlinie flexibler zu gestalten. Wir werden alle Schulämter darum bitten, uns bereits bestehende Projekte zu nennen, die möglicherweise vor einer schwierigen Weiterfinanzierung stehen, und sie auffordern, neue Projektvorhaben mit zu entwickeln und sie dann nach Möglichkeit hier mit in die Förderung aufnehmen, ohne dass das zulasten anderer bewährter Projekte geht.
Ich glaube nicht, dass wir denjenigen, die jetzt mit sehr viel Engagement und mit Mitteln aus diesem Programm Projekte betreiben, einen Gefallen tun,
wenn wir sagen: Ihr könnt nicht mehr weitermachen, wir fangen lieber früher an. Aber in den kommenden Jahren - so denke ich - wird das möglich sein.
Frau Präsidentin, ich bin gleich fertig. - Zu Ratekau möchte ich noch sagen, dass uns ein Brief vorliegt, kein Antrag. Wir haben die Gemeinde Ratekau aufgefordert, einen entsprechenden Antrag einzureichen, und haben ihr versichert, dass wir den sehr wohlwollend prüfen werden. Ich denke, das ist im Sinne aller, die hier diskutiert haben.
Ich glaube, das sind insgesamt eine Fülle von Maßnahmen, die man nicht alle über einen Kamm scheren kann, sondern die immer regional angepasst werden müssen, aber immer mit derselben Zielsetzung versehen sein müssen, Schulversagen zu vermeiden, Ausbildungsfähigkeit zu ermöglichen, um damit zu verhindern, dass wir eine dauerhafte Risikogruppe in dieser Gesellschaft haben. Darum geht es bildungspolitisch und sozialpolitisch. Darin sind wir uns einig.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag federführend dem Bildungsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur tariflichen Entlohnung bei öffentlichen Aufträgen (Tariftreuegesetz)
Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/2094
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Müller.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! SPDFraktion und Wirtschaftsminister Professor Bernd Rohwer halten Wort und handeln für den Mittelstand in Schleswig-Holstein.
Sollte ein Tariftreuegesetz - das hat aber lange gedauert, bis Ihr dahinter gekommen seid, was ich damit gemeint habe -
im Bundesrat scheitern, werden wir ein Landesgesetz auf den Weg bringen. Der Gesetzentwurf liegt Ihnen heute vor.
Wir müssen sicherlich keine Diskussionen zur Situation der Bauwirtschaft führen. Am Ende des Monats Juni waren in den Betrieben des Bauhauptgewerbes 28.300 Personen in Schleswig-Holstein beschäftigt, knapp 12 % weniger als im Mai. Die Auftragseingänge der Betriebe mit 20 und mehr Beschäftigten waren im Zeitraum Januar bis Juni 2002 noch einmal fast 14 % niedriger als im Vorjahr. Die Zahlen sprechen für sich.
Die leeren öffentlichen Kassen und das damit verbundene restriktive Investitionsklima und das wie Mehltau auf dem Euroland liegende prozyklische Verhalten aller Konsumenten lassen auch keine kurzfristige Änderung erhoffen. Die Bauwirtschaft wird darüber hinaus nach wie vor durch unseriöse Dumping-Angebote gebeutelt. Dies darf mit öffentlichen Mitteln jedenfalls in unserem Land nicht weiter geschehen.
Baugewerbeverband und Bauindustrieverband bezeichnen in ihrer Stellungnahme von gestern das Gesetzesvorhaben als „außerordentlich begrüßenswert“. Insbesondere die Wertgrenze von 20.000 € findet die uneingeschränkte Zustimmung der Bauwirtschaft. Die eindeutige Haltung der Gewerkschaften kennen Sie.
Selbst die CDU-Fraktion, die ja immer vollmundig den Begriff des Mittelstandes vor sich her trägt, aber einem Vergabegesetz kategorisch eine Absage erteilt, hat Elemente des Landesvergabegesetzentwurfs in den jetzt eilig vorgelegten Entwurf zur Novelle des Mittelstandsförderungsgesetzes aufgenommen. Auch sie fordern das Transparenzgebot unterhalb der Schwellenwerte. Aber selbst diese Forderung hat bei Ihnen ausschließlich deklamatorischen Charakter. Sie schreiben das Transparenzgebot nicht zwingend vor und geben keine Sanktionen vor. Ihre Mittelstandspolitik ist weiße Salbe und nichts weiter.
Ein Vertreter der Bauwirtschaft nannte ihre Vorstellungen zum Transparenzgebot gestern in einem Telefonat mit mir „zahnlose Tiger“. Mehr muss man dazu nicht sagen.
Ob die Entsorgungswirtschaft in das Gesetz aufgenommen werden kann, für die unzweifelhaft das Gleiche gilt wie für Bauwirtschaft und ÖPNV, muss einer genauen rechtlichen Überprüfung überlassen bleiben.
Der Gesetzentwurf sieht eine Bindungswirkung für die Kommunen im Baubereich ausdrücklich nicht vor; aber wir werden in Gesprächen mit den kommunalen Landesverbänden ein Modell entwickeln, das ein gemeinsames Vorgehen in einer Frage zulässt, die für die Kommunen auch auf der Einnahmeseite - nicht nur auf der Ausgabeseite - von Bedeutung ist.
Es ist nicht gewollt, dass der Landeshaushalt durch eine Anwendung des Konnexitätsprinzips im Sinne von Artikel 49 Abs. 2 der Landesverfassung mit Mehrkosten belastet wird. Die Kommunen müssen aber nach unserem Verständnis das Recht haben, sich schon aus Gründen des Fortbestandes ihrer eigenen Betriebe zur Tariftreue zu bekennen.
Und bei allem verständlichen Streben nach möglichst günstigen Angeboten für die Umsetzung kommunaler Investitionsvorhaben muss auch jedem Kommunalpolitiker und jeder Kommunalpolitikerin bewusst sein, welche Bedeutung das drohende Sterben kleiner und mittlerer Betriebe für die Kommunen selbst bedeutet, ganz abgesehen davon, dass Dumping-Angebote auch immer mit der Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu tun haben. Moralischer An
spruch ist nicht teilbar nach dem Motto: „Moral nur, soweit ich durch negative Auswirkungen nicht selbst betroffen bin“.
Insofern sind wir sicher, dass wir gemeinsam mit unseren Kommunen für unseren Mittelstand etwas erreichen werden, aber freiwillig. Wir handeln im Verhältnis zu unseren Kommunen nicht wie jener bayerische Ministerpräsident, der noch zehn Tage einen Ausflug in die Bundespolitik genießen darf, der in seiner Verfassung kein Konnexitätsprinzip haben will und die Kommunen nach dem Motto: „Vögel, fresst oder sterbt!“ behandelt.
Reden Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, nicht immer nur vom Mittelstand, sondern stehen Sie zu unseren Betrieben und ihren Arbeitnehmern
(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Warum redet Herr Kayenburg nicht? Chefsache! - Martin Kayenburg [CDU]: Das entscheide ich, was Chefsache ist, nicht Frau Heinold!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema „Tariftreue“ beziehungsweise „Lohn der Baustelle“ haben wir wie kaum ein anderes Thema sowohl in diesem Hause als auch im Wirtschaftsausschuss erörtert, und zwar insbesondere auch unter verfassungs- und wettbewerbsrechtlichen Aspekten.
Die vorliegenden Erkenntnisse und Fakten sind folgende. Der Bundesgerichtshof hat das Berliner Vergabegesetz unter anderem deshalb für verfassungswidrig gehalten und dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, weil es tarifrechtliche Regelungen enthält.