Protocol of the Session on March 21, 2002

(Holger Astrup [SPD]: Genauso ist es!)

Dennoch darf sich niemand über die Bedenken so vieler Bürgerinnen und Bürger und ihrer Repräsentanten hier im hohen Hause ohne intensive Prüfung und Abwägung der Interessen hinwegsetzen.

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke [FDP] und Lars Harms [SSW])

Das hat in diesem hohen Hause in diesem Zusammenhang auch keiner getan.

(Beifall der Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich kann mich nicht erinnern, je so viele Stellungnahmen zu einem Thema gelesen und an so vielen Diskussionen teilgenommen zu haben wie zum Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau.

(Beifall bei SPD und FDP)

Es gab quälende Diskussionen mit Kollegen, in deren Verlauf so manches Mal sogar politische Freundschaften Prüfungen ausgesetzt waren. Meine Hochachtung gilt vor allem denen, die trotz ihrer Zweifel und der persönlichen Betroffenheit dem Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau im fraktionsinternen Willenbildungsprozess ihre Zustimmung nicht versagt haben. Es macht die eigentliche Qualität eines Abgeordneten aus, wenn er an einem Punkt, an dem sich die Argumente lediglich wiederholen, einer Entscheidung nicht ausweicht und auf Zeit spielt, sondern bereit und in der Lage ist, auch gegen die Betroffenheitssituation zu entscheiden.

(Beifall bei SPD und FDP)

Mir ist so manche leichtfertige Kritik an Kollegen nachträglich im Halse stecken geblieben, als im Abstimmungsprozess die Courage einiger Kollegen deutlich wurde.

(Werner Kalinka [CDU]: Das müssen Sie ge- rade sagen!)

Müsste der Landtag über den Ausbau entscheiden, so würde er eine breite parlamentarische Mehrheit finden. Alle Beteiligten - auch die Bürgerinitiativen gegen den Ausbau - bestätigen: Die K.E.R.N.-Region braucht einen leistungsfähigen Regionalflughafen.

Ich komme zu den wichtigsten Kontroversen im Detail: Das größte europäische Regionalflugunternehmen, Lufthansa CityLine, hat bereits seine gesamte Flotte auf Regionaljets, insbesondere auf den Typ CAJ 200, umgestellt. Auch die zurzeit einzige in Kiel

Holtenau operierende Linienfluggesellschaft Cimber Air verfügt schon über Regionaljets diesen Typs. Der Trend zu Jets ist eindeutig, will man die Argumente nicht völlig außer Acht lassen. Eben dieser Flugzeugtyp benötigt - ebenso wie der gängige Typ EMB 145 nach allen Gutachten eindeutig 1.800 m lange Startund Landebahnen zuzüglich 300 m Overrun. Lieber Kollege Karl-Martin Hentschel, da sind detaillierte Prüfungen zum Thema von 1.600 m langen Bahnen wahrlich entbehrlich.

(Beifall bei SPD und FDP)

Natürlich kann man trefflich über mögliche Destinationen und Prognosen zur Entwicklung des Geschäftsreiseverkehrs streiten. Eines ist aber sicher: Wir dürfen Politik nicht nur für den Istzustand machen, sondern wir müssen schon in der Lage sein, Entscheidungen in eine - und zwar prosperierende Zukunft zu treffen.

(Holger Astrup [SPD]: So ist es! - Beifall bei SPD und FDP)

Da wird - und muss - es weitere Destinationen geben. Denken Sie an die außenwirtschaftliche Entwicklung mit Polen. Hier verzeichnen wir jährliche Steigerungen von 200 %.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Und Oman!)

Wer nicht investiert, wird auch nichts gewinnen können. Das ist eine ökonomische Binsenweisheit, die offenbar nicht oft genug wiederholt werden kann. Zur Tonnagebeschränkung hat der Verkehrsminister das Wichtige gesagt. Warum halten wir ein Raumordnungsverfahren für entbehrlich? Alle für ein Raumordnungsverfahren vorgesehenen Prüfaufträge wurden in den vorliegenden Untersuchungen und Gutachten bereits vorgenommen. Uns allen liegen 15 Gutachten vor. Die Kritik der Gegner richtet sich auch nicht gegen den Umfang der Vorprüfungen. Vielmehr werden die inhaltlichen Ergebnisse infrage gestellt. Das wäre nicht anders, wenn ein Raumordnungsverfahren diese Ergebnisse vorgegeben hätte oder vorgeben würde.

(Beifall bei SPD, FDP und des Abgeordneten Gero Storjohann [CDU])

Wir verlieren aber mindestens ein bis anderthalb Jahre Zeit. Das erforderliche Planfeststellungsverfahren ist das eigentliche fachliche und gesetzliche Zulassungsverfahren, das auch alle Optionen für gerichtliche Überprüfungen offen lässt. Zur Finanzierung hat der Minister Einiges gesagt. Er hat schlüssig dargelegt, dass Holtenau keine ungleichen Gewichtungen determiniert. Wir haben in der SPD-Fraktion einen Punkt sehr ausführlich diskutiert: Wir erwarten, dass die den

(Klaus-Dieter Müller)

Schulen durch die Landebahnverlängerung zusätzlich entstehenden Belastungen durch entsprechende Maßnahmen auszugleichen sind.

(Beifall bei der SPD)

Der Berichtsantrag des SSW, den wir hier behandeln, ist aus unserer Sicht durch einschlägige Beratungen im Wirtschaftsausschuss und die Behandlung hier im Parlament erledigt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Wir können und wollen der Landesregierung und der Landeshauptstadt Kiel die Entscheidung nicht abnehmen, aber wir testieren dem Verkehrsminister eine sehr gute Entscheidungsvorbereitung und unterstützen ihn bei dieser mutigen und für die wirtschaftliche Entwicklung unserer Region, ihrer Betriebe und der Arbeitsplätze entscheidenden Maßnahme.

(Beifall bei SPD, FDP sowie der Abgeord- neten Gero Storjohann [CDU] und Dr. Trutz Graf Kerssenbrock [CDU])

Ich erteile Herrn Abgeordneten Eichelberg das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Ausbau des Flughafens Kiel ist nicht nur ein Thema von heute. Er beschäftigt die K.E.R.N.-Region und auch den Wirtschaftsausschuss schon seit über einem Jahr. Der Minister hat es gesagt. Es wurden viele Argumente ausgetauscht. Dennoch finden wir es richtig, dass sich - durch den Antrag des SSW - das gesamte Parlament mit dieser Frage auseinander setzt und dies nicht nur dem Wirtschaftsausschuss überlassen bleibt. Deswegen ist das wichtig.

(Beifall bei CDU, SSW und des Abgeordne- ten Holger Astrup [SPD])

Wir sind davon überzeugt, dass Kiel für die Unternehmen auch dauerhaft eine zukunftsfähige Flughafenanbindung haben muss. Das ist ganz klar.

(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Die CDU-Fraktion bedauert allerdings, dass die bereits vor einem Jahr erfragte Flughafengesamtkonzeption für Schleswig-Holstein - unter Einbeziehung der Hamburger Aktivitäten sowie der Aktivitäten in Blankensee, Westerland und aller anderen potenziellen Möglichkeiten - als Gesamtkonzept auf den Tisch kommt. Daraus kann man weitere Folgen für die Zukunft herauslesen. Das wurde uns bisher versagt.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben uns also nur mit Holtenau und den Alternativen dazu auseinander gesetzt. Die Entscheidung für Kiel-Holtenau ist allein eine politische Entscheidung der Landesregierung. Ebenfalls gehört der Ausbauumfang allein in die Entscheidungskompetenz des Landes. Sie allein hat zu entscheiden, ob sie ein Raumordnungsverfahren veranlassen will oder nicht. Das ist sehr deutlich geworden. Wir als CDU-Fraktion werden als Opposition die Entscheidung erst nach der Entscheidung des Landes endgültig bewerten und auch politisch analysieren. Das ist doch ganz klar!

(Lachen bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Die Entscheidung liegt bei der Regierung und nicht beim Parlament. In diesem Punkt hat der SSW völlig Recht.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter Eichelberg, ich darf das hohe Haus um mehr Ruhe bitten!

Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Das muss man sagen. Herr Kubicki hat schon vor einigen Monaten gesagt: Erst einmal geht es um die Finanzierung. Wenn die Finanzierung klar ist, kann man über andere Dinge reden. Hätten wir das bloß so gemacht. Alles andere ist meines Erachtens Gekasper.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Auf mich hört ja keiner, das ist das Problem!)

Die Finanzierung ist das größte Problem. Wir hören im Wirtschaftsausschuss, dass die Stadt Kiel und die Flughafengesellschaft auf Investitionen von über 17 Millionen € hängen bleiben sollen. Das bezieht sich nur auf die förderfähige Masse von 40 Millionen €. Dazu kommen noch all die anderen Kosten. Ich möchte wissen, wie das gebacken werden soll. Die Entscheidung liegt bei Kiel. Kann Kiel das finanzieren oder muss das Land noch weiter in die Finanzierung eintreten? Bis heute können von den Flughafeninhabern noch nicht einmal die kleinen Investitionen geleistet werden. Ein weiteres wichtiges Element ist: Wir können nicht weiter über EU-Mittel finanzieren. Das war im letzten Jahr noch geplant. Es bleiben GAMittel übrig. Die GA-Mittel werden für eine Periode in Anspruch genommen, für die auf Bundesebene eigentlich gar keine GA-Mittel vorgesehen sind. Das gilt

(Uwe Eichelberg)

für den Zeitraum nach 2006, wenn die Kosten anfallen. Es kann keiner garantieren, dass es dann noch GA-Mittel gibt. Wer übernimmt das Risiko der Finanzierung?

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Wir!)

Haushaltsmäßig müssten wir einstehen. Wer weiß, was für Konzepte es später gibt? Daher müsste dies im Prinzip der Haushalt jetzt abdecken. Wer trägt das Risiko?

Fraglich bleibt für die CDU auch weiterhin die rechtliche Frage, wie man den Charterverkehr dauerhaft ausschließen kann. Die bisher auf dem Tisch liegenden Gutachten mit der Begrenzung auf 50 t sind nicht schlüssig. Spätestens dann, wenn für die Finanzierung eine Privatisierung ansteht, muss geklärt sein, wie man das dauerhaft ausschließen kann. Das ist für uns das Wichtigste. Karl-Martin Hentschel, eine 1.600 MeterLösung ist für uns Unsinn. Wenn schon investiert wird, dann muss es eine 1.800 Meter-Lösung geben. Sonst hat es keinen Sinn!

(Beifall bei der CDU)

Aber damit steigt natürlich auch die Wahrscheinlichkeit für den Charterverkehr. Das sage ich klipp und klar. Wir sind gespannt, was uns die Landesregierung serviert.