Protocol of the Session on March 20, 2002

(Beifall bei CDU und FDP - Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Keine Ah- nung, aber klatschen!)

Meine Damen und Herren, ich halte es auch für eine Missachtung und für eine Ungehörigkeit, wenn die Ministerin sagt, die Fischerei möge ihre Schiffe in Hausboote und in Ausflugsdampfer umwidmen.

Man muss der Ministerin auch zurufen: Neue Regelungen und Beschränkungen allein machen unsere Fischerei nicht zukunftsfähig.

Die Küstenfischereiordnung verbietet die Industriefischerei in weiten Teilen der Ostsee, soweit wir darauf Einfluss nehmen können. Unsere deutsche Fischerei beteiligt sich nicht an der Gammelfischerei - im Gegensatz zu den dänischen Berufskollegen.

Erst nachdem festgestellt wurde - der Abgeordnete Poppendiecker erwähnte das -, dass bei zwei dänischen Schiffen deutlich höher als erlaubt Beifang gefischt wurde, haben die Dänen ein vorübergehendes Verbot erlassen. Dieser Schritt ist durchaus zu begrüßen, löst das Problem allerdings nicht dauerhaft.

Angesichts der in Dänemark bestehenden Infrastruktur zur Verarbeitung der mit der Industriefischerei angelandeten Fische ist zu befürchten, dass schon bald eine Aufhebung dieses Verbotes kommt. Es geht daher darum, eine dauerhafte Lösung zu finden, die für alle am Fischfang beteiligten Nationen der EU verbindlich ist und die keine Hintertüren offen lässt.

Die im Antrag geforderte deutliche Intensivierung der Fischereiaufsicht auf See ist unerlässlich, wenn ein Verbot der Industriefischerei wirksam durchgesetzt werden soll.

Wir wissen alle, wie schwierig die Kontrolle durchzuführen ist; Wind und Wetter richten sich nicht nach denjenigen, die auf See Kontrollen durchzuführen haben. Wichtig ist auch, dass die Kontrollfahrzeuge und die Technik an Bord auf den neuesten Stand gebracht werden.

Offensichtlich ist die Landesregierung in entsprechende Überlegungen eingetreten. Hier werden wir sicherlich in absehbarer Zeit erfahren, welche Vorstellungen die Landesregierung entwickelt hat.

Für die Zukunftsentwicklung unserer Fischerei ist der Schutz der Fischbestände eine wesentliche Voraussetzung. Wir wollen nicht akzeptieren, dass mit der Gammelfischerei die Bestände dezimiert und gefährdet werden. Deshalb müssen wir die dänischen Fischer um Verständnis für unsere Haltung bitten, so schwer es ihnen auch fallen mag. Nicht im tatsächlichen, aber im übertragenen Sinn sitzen alle Fischer in einem Boot. Auch die nächsten Generationen wollen und sollen den

(Klaus Klinckhamer)

Beruf ausüben können. Daher müssen wir alles tun, um das zu ermöglichen - im Interesse unserer Fischer, aber auch der Verbraucherinnen und Verbraucher und unserer gesamten Wirtschaft.

(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Antrag laufen wir offene Türen ein. Die Bundesregierung hat sich nach Bekunden der Ministerin in einer Fernsehsendung am Montag für die Beendigung der Industriefischerei ausgesprochen. Insofern sind wir nicht Vorreiter, aber ich denke, wir sind auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei CDU, FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Für die Fraktion der FDP erhält jetzt die Frau Abgeordnete Dr. Christel Happach-Kasan das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte dem Kollegen Poppendiecker ganz ausdrücklich für diese Initiative danken. Ich glaube, seit etwa zehn Jahren diskutieren wir in diesem Parlament in Abständen immer wieder über die Gammelfischerei. Exponent ist Herr Poppendiecker - schon etwas länger, als Sie das tun, Frau Fröhlich - und ich möchte ihm danken, dieses Thema hier im Landtag zum Gespräch gemacht zu haben. Ich hoffe, dass wir die Unterstützung nicht nur der Ministerin finden werden, sondern auch in Berlin.

(Beifall bei FDP und SPD)

Eines müssen wir tatsächlich feststellen: Die Fischer haben in Berlin niemanden, der sich für ihre Belange einsetzt. Wir brauchen dringend Rückenwind für unsere Fischer.

Kollege Klinckhamer hat zutreffend dargestellt: Die Gammelfischerei gefährdet das gesamte Ökosystem des Meeres, ist ein schwerwiegender Eingriff und bedeutet nicht, dass ein paar Fischlein herausgenommen werden und ansonsten geht das Leben weiter wie vorher. Das ist nicht so. Wir wissen seit Jahrzehnten, dass insbesondere die Dorschquote für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Fischer an der Ostseeküste entscheidend ist. Wir wissen um die Nöte bezüglich der Dorschbestände. Wir wissen um die schlechten Laichbedingungen gerade in der Ostsee. Vor diesem Hintergrund müssen wir sagen, dass jegliche Maßnahme, die die Fischbestände in unseren Küstenmeeren gefährdet, eine Maßnahme ist, die unterbunden werden muss.

Wir stellen fest: Obwohl die Fischerei an Stellenwert verliert, müssen wir gleichwohl immer wieder Übertretungen gesetzlicher Bestimmungen verfolgen. Es werden immer mehr Delikte begangen. Bei Kontrollen wird immer häufiger ein schwerwiegendes Fehlverhalten festgestellt. Obwohl die Fischerei zurückgeht, müssen wir den Kontrollaufwand verstärken. Das ist misslich. Wir müssen verstärkt darauf setzen, auf europäischer Ebene zu einer gemeinsamen Fischereipolitik zu kommen, die zukunftsträchtig ist, die die Fischbestände auch für die nächsten Jahrzehnte schont, die sich bessere Bestände entwickeln lässt und die uns allen hilft, dass wir auch in Zukunft eine Fischerei haben werden.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Die gemeinsame Fischereipolitik der EU steht vor einer grundlegenden Neuregelung im Jahr 2003. In der Antwort auf die Kleine Anfrage des Kollegen JensenNissen hat die Landesregierung bereits darauf hingewiesen, dass in diesem Zusammenhang vermehrt kurzfristige Schongebiete eingerichtet sowie die Beifangregelungen und die Netzkontrollregelungen auf See verschärft werden sollen. Aber Kollege Poppendiecker hat zu Recht darauf hingewiesen: Was hat es für einen Sinn, ein Schongebiet für die Fischart A auszuweisen, wenn die Fischart B dort gefangen werden darf? Wir alle wissen, dass kein Netz zwischen der Fischart A und der Fischart B unterscheiden kann. Vor diesem Hintergrund brauchen wir wesentlich strengere Regelungen, als wir sie bisher haben.

Konsequent ist ein generelles Verbot der Industriefischerei in der Ostsee und der Nordsee. Nur so werden wir langfristig dahin kommen, zukunftsträchtige Bestände zu haben. Mir ist bewusst, dass die Industriefischerei in Dänemark eine bedeutende Rolle spielt. Wir sollten den dänischen Kollegen aber sagen, dass dies weder mittelfristig noch langfristig so bleiben kann und dass diese sich von dieser Form der Fischerei verabschieden müssen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Der Antrag ist genau zum richtigen Zeitpunkt gestellt. Wenn 2003 auf EU-Ebene eine Neuregelung kommt, muss dieses Verbot dort Eingang finden.

(Beifall bei FDP, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Rainder Steenblock das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist nicht nur der Schleswig-Holsteinische Landtag, der heute über das Thema Fischerei diskutiert. Heute wird auch die Internationale Nordseekonferenz in Bergen eröffnet, auf der die Fischerei eines der Kernthemen sein wird, auf der die NordseeAnrainerstaaten versuchen, die Problematik der Fischerei gerade für den Bereich der Nordsee zu klären.

Lieber Kollege Klaus Klinckhamer, ich bin guten Mutes, dass Umweltminister Trittin, der Deutschland dort vertritt, dies genauso gut tun wird, wie Frau Künast das bei der Vorlage des Fischereiberichtes 2001 vor vier Wochen getan hat. Sie hat deutlich gemacht, dass ihr die Probleme der Fischerei sehr am Herzen liegen. Ich empfehle, den Fischereibericht mit dem Vorwort der Ministerin zu lesen, veröffentlicht am 18. Februar.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dort finden Sie eine Reihe von Kernsätzen, wie die Fischereipolitik in diesem Land und in der Europäischen Union weiterentwickelt werden kann.

Wir müssen sehr deutlich feststellen: Die Fischerei, wie sie jetzt betrieben wird, ist eine Fischerei, die das Prinzip der Nachhaltigkeit mit Füßen tritt, eine Fischerei, die sich ihre eigenen Produktionsgrundlagen entzieht in der Art und Weise, in der Industriefischerei betrieben wird, aber auch in der Art und Weise, in der die Bestände in Nord- und Ostsee, in den Weltmeeren durch Überfischung massiv zerstört werden. Wenn dies so weitergeht - dies will ich in diesem Zusammenhang auch sagen; Kabeljau ist nur ein Beispiel -, wird die Fischerei keine ökonomische Grundlage mehr haben. Deshalb ist es wichtig, was wir heute in dem gemeinsamen Antrag machen, nämlich die Industriefischerei deutlich in ihre Schranken zu verweisen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist notwendig, aber nur ein Schritt.

Heute ist zu Dänemark schon gesagt worden, dass die Dänen mit ihrer Form der Industriefischerei ökologisch schwere Schäden anrichten. Ich möchte hier auch noch einmal auf die Schweinswale hinweisen. Die Überfischung ist ein anderes Problem. Bei den Beifängen ist es so, dass wir gerade in den Bereichen der zentralen und südlichen Nordsee große Mengen von Schweinswalen als Beifang haben. Von 10.000 als Beifang gefangenen Schweinswalen ist der größte Teil, nämlich etwa 7.000, von der dänischen Flotte gefangen worden. Das ist ein Zustand, den wir nicht weiter tolerieren dürfen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Wir haben endlich auf weltweiter, nicht nur auf europäischer Ebene ein Abkommen der Vereinten Nationen, das Mitte Dezember letzten Jahres verabschiedet worden ist, das dem Problem der Überfischung einen Riegel vorschieben will. Die Frage der Überfischung kann nur international gelöst werden. Das ist völlig klar.

Leider gilt auch hier: Das Abkommen kann nur dann in Kraft treten, wenn es ratifiziert wird. Die EU kann es nur dann ratifizieren, wenn alle EU-Mitgliedstaaten es unterzeichnen. Leider haben die beiden Nationen Spanien und Dänemark, die in der Europäischen Union nicht gerade für eine ökologisch orientierte und ökonomisch nachhaltige Fischerei eintreten, dieses Abkommen bisher noch nicht ratifiziert. Deshalb ist es ganz besonders wichtig, auch von Schleswig-Holstein aus den Druck auf Dänemark zu verstärken, um zu einer ökologisch und nachhaltig orientierten Fischereipolitik zu kommen. Nur dann wird Fischerei in der Nordsee und in der Ostsee tatsächlich eine Zukunft haben.

Wir werden es nur dann erreichen können, wenn wir der Überfischung geeignete Maßnahmen entgegenstellen. Wir haben eine Fischereiflotte, die eine Überkapazität von 40 % hat. Diese Fischereiflotte wird jedes Jahr mit 1,4 Milliarden € subventioniert. Das sind Massen von Steuermitteln, die in dieses Unternehmen gehen. Das hat nicht dazu geführt, dass die Fischereiflotte reduziert wird, sondern dazu, dass in der EU immer neue Kapazitäten aufgebaut werden, die überall auf der Welt, bis hin nach Westafrika, die regionalen Ökonomien, was die Fischerei angeht, kaputtmachen. Es kann nicht so weitergehen, dass wir mit unseren Steuergeldern EU-subventioniert den Aufbau neuer, sehr moderner Fischereikapazitäten fördern, die dann dafür sorgen, dass die Fischerei in Nord- und Ostsee keine Zukunft hat. Deshalb müssen wir beides im Auge haben.

Dieser Antrag ist ein erster Schritt. Ich bedanke mich für die Kooperation, möchte aber darauf hinweisen, dass, obwohl Herr Poppendiecker einen hohen Anteil an diesem Antrag hat, die Idee Frau Fröhlich gehabt hat. Ihr ist sozusagen das Geburtsrecht für diesen Antrag zuzuschreiben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Lars Harms.

(Zurufe von der SPD: Ein schwerer Gang!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir sehen in der Industriefischerei eine fischereiwirtschaftliche Nutzung, die unseres Erachtens nicht mit einer nachhaltigen Nutzung von Fischereiressourcen in Einklang zu bringen ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher sehen wir diesen Antrag als einen Schritt, um das Ökosystem in unseren Meeren wirklich zu verbessern. Das im Antrag geforderte Industriefischereiverbot auf weitere Gebiete der westlichen Ostsee und der Deutschen Bucht auszuweiten, halte ich daher für einen guten Ansatz, um zu verhindern, dass ausländische Fischer hier der Industriefischerei nachgehen.

Mit der Errichtung eines Walschutzgebietes vor Sylt und der Ausweisung eines Kabeljauschongebietes wurden in der Deutschen Bucht und vor unseren Küsten Schutzgebiete ausgewiesen, die für hiesigen Konsumfischfang tabu sind. Es ist verständlicherweise nicht nachvollziehbar, warum in diesen Gebieten die Industriefischerei durch andere Nationen erlaubt sein soll.

(Beifall im ganzen Haus)

Hier benötigen wir dringend Regelungen, die für alle Fischereinationen gelten. Das schließt selbstverständlich auch Dänemark ein. Ich komme später noch einmal darauf.

Daher lässt sich auch nur etwas erreichen, wenn wir eine EU-weite Regelung hinbekommen, die genau dies klarstellt. Dass EU-weite klare Regelungen nicht einfach zustande zu bringen sind, zeigt die bisherige EU-Fischereipolitik. Leider muss man erkennen, dass die bisher formulierten Ziele zur Nachhaltigkeit, einer rentablen Nutzung der Fischereiressourcen, Wirtschaftlichkeit und Flottenpolitik wenig mit der Wirklichkeit zu tun haben und erheblich zur schlechten Situation in der Fischerei beigetragen haben.