Protocol of the Session on February 22, 2002

Wir hatten keine großen Probleme mit privaten Laboren. Wir haben insgesamt nur vier gehabt. Diese vier haben im Jahr 2001 etwa 2.300 Tests durchgeführt. Drei haben ihre Lizenz zurückgegeben; das eine, das wir noch haben, testet kaum noch. Es testen also auch Hamburger Privatlabore und das überprüft Hamburg.

Wir haben die Labore trotzdem überprüft; wir haben nichts gefunden. Damit ich nicht missverstanden werde

- ich leide nicht an der Blindheit zu sagen: Öffentlich gut und fehlerfrei, privat schlecht und schlampig. Das ist es wirklich nicht.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Wir haben uns für diesen Weg entschieden. Damit stehen wir unmittelbar in der Verantwortung. Es trifft uns sofort. Man kann auch sicher sein, dass einen auch die Information sofort trifft. Und das ist schwierig, wenn Sie mit Privaten zusammenarbeiten.

Wir haben eine Selbstzertifizierung durchgeführt. Ich bin mit dem Aufsicht führenden Minister Müller einig, dass wir gern Externe draufschauen lassen wollen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zusammenfassen: Ich bedaure die Vorkommnisse sehr. Das Thema ist noch nicht durch, ob wir Rückforderungen von der EU bekommen, wissen wir noch nicht. Ich habe an einer eineinhalbstündigen Rundfunksendung zu dem Thema teilgenommen. Da war für mich sehr beruhigend, dass die Verbraucherschaft anscheinend doch gelassener reagiert, als wir befürchten mussten. Aber wir müssen aufpassen, dass wir die Standards, die wir nach der Krise eingezogen haben, halten können.

Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich zu dem anderen Thema erst Donnerstag berichte.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke der Frau Ministerin für den Bericht und eröffne die Aussprache. Ich habe die Einlassungen der Fraktionen richtig verstanden, dass wir jetzt den Bericht diskutieren und den Änderungsantrag an den Ausschuss überweisen? - Okay!

Als Erster hat Herr Abgeordneter Jensen-Nissen das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kollegen! Frau Ministerin, dass Sie zu BHV-1 jetzt nichts sagen, nehme ich einfach einmal so hin. Ich werde gleich in meinen Ausführungen darauf eingehen, weil auch dies die komplizierte Frage amtliche Labore/private Labore im Grundsatz berührt. Deshalb müssen wir schon darüber reden. Aber wir können hier natürlich nicht in der Kürze der Zeit wesentliche Problemstellungen erörtern. Deshalb sind wir uns einig darin, dass wir die weitere Beratung im Ausschuss führen. Ich bin den Kollegen dankbar dafür, dass wir diesen Weg gehen können. Hier sind wir auf einem gemeinsamen Weg.

(Peter Jensen-Nissen)

Frau Ministerin, im vergangenen Jahr sind ungefähr 2,8 Millionen BSE-Tests durchgeführt worden. Dies war objektiv betrachtet nur im Zusammenwirken darauf lege ich großen Wert - mit privaten Laboren möglich. Die Zahl der Tests kann sich jedoch nicht allein nach den Testkapazitäten richten, sondern Verbrauchersicherheit, Verbrauchervertrauen ist wichtig, aber auch die Schlachtzahlen und die Kapazitäten der Wirtschaft, die daran hängen, waren und sind wichtig. Darüber haben wir im vergangenen Jahr eine intensive Diskussion geführt.

Deshalb war es notwendig, in kurzer Zeit hohe Kapazitäten zu schaffen. Dies ist im Wesentlichen mit Hilfe privater Labore geschehen. Nicht alle Länder standen zufälligerweise vor der Aufgabe, ein Landeslaborkonzept umzusetzen. Auch dies war eher eine Zufälligkeit.

In der aktuellen Diskussion wird klar, dass etwas zwölf private Labore die Testvorgaben offensichtlich nicht eingehalten und damit Sinn und Zweck der BSETests konterkariert haben.

(Beifall)

Land- und Fleischwirtschaft haben alles getan, das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen. Die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten laufen diesen Bemühungen zuwider. Das verurteilen wir nachhaltig.

(Beifall)

Die Tatsache, dass staatliche Labore erst später geprüft werden, beunruhigt mich nicht. Ich gehe davon aus, dass in Neumünster bei den BSE-Tests ordentlich gearbeitet wurde und wird. Es stellt sich aber die Frage, ob private Labore ein Risiko darstellen.

Ich sage deutlich: Grundsätzlich sind private Laborleistungen nicht schlechter als staatliche Laborleistungen. Jeder hat in seinem Leben, in der Regel mehrmals, von seinem Arzt Blut oder Gewebeproben zur Untersuchung abnehmen lassen. Diese Untersuchungen sind in einigen Fällen lebensnotwendig. Hierbei verlassen wir uns vertrauensvoll im Wesentlichen auf private Labore.

Auch aus diesem Grunde halte ich es nicht für angeraten, private Labore pauschal abzuqualifizieren. Aber klare Vorgaben in allen Bundesländern - das sage ich bewusst in Richtung von Frau Künast - und gleiche Standards bei den BSE-Tests hätten frühzeitig erlassen werden sollen. Dies war und ist notwendig.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich warne die Kollegen, zu sehr mit dem Finger auf Bayern zu zeigen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Frau Künast schuld, wenn in Bayern geschlampt wird?)

Frau Ministerin, Sie haben deutlich gesagt, RheinlandPfalz, Baden-Württemberg, Bremen und einige andere Länder haben die Kontrollen auch erst sehr viel später in Gang gesetzt. Bayern hat zumindest eine andere Qualität. Eine Summe will ich auch hier nicht so stehen lassen. Es gibt 46 Fälle, die zurzeit noch strittig sind. Alle anderen sind inzwischen untersucht. Das Bundesministerium ist immer frühzeitig einbezogen gewesen. Insofern gibt es hier unterschiedliche Qualitäten der Handlungsweise.

(Beifall bei CDU und FDP)

Es war notwendig, flächendeckend BSE-Tests in kurzer Zeit einzuführen. Wenn uns die privaten Labore hierfür nicht zur Verfügung gestanden hätten, hätten wir zumindest in Deutschland testfreie Zonen gehabt.

(Martin Kayenburg [CDU]: So ist das!)

Ihnen liegt ein Änderungsantrag meiner Fraktion vor, der sich auf BHV-1-Tests bezieht. Diese Tests, Frau Ministerin, sind in landeseigenen amtlichen Labore durchgeführt worden. Sie haben Recht, hier hat das eine andere Qualität; aber gleichfalls betrifft es wirtschaftliches Handeln und auch die Verantwortung gegenüber Menschen, die mit Tieren umgehen. Die Konsequenzen daraus sind, dass Tiere erneut einem Stressfaktor unterworfen werden müssen und dass erneut Menschen diese Arbeit machen müssen. Wer bezahlt ihnen den Schaden? Wer bezahlt ihnen ihre Mühe? Das sind Dinge, die geklärt werden müssen. Die in Schleswig-Holstein verwendeten BHV-1-Testverfahren haben in anderen Bundesländern bereits vorher - und das wussten Sie - Probleme aufgezeigt. Dennoch hat das Land Schleswig-Holstein diese Verfahren übernommen und damit die bekannten Schwierigkeiten ins Land geholt. Das liegt in Ihrer Verantwortung.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Kürze der Zeit möchte ich nicht auf Einzelheiten eingehen. Aber die beiden Komplexe BSE und BHV-1 zeigen, dass auch in staatlichen Labore einmal gut und einmal nicht fehlerfrei gearbeitet wird, wie dies auch in privaten Laboren geschehen ist. Dies ist eine Tatsache, die wir zur Kenntnis nehmen müssen. Wir haben dies zu überprüfen und die Standards zu kontrollieren.

Ich möchte auch deutlich sagen, dass es nicht eine Frage der Trägerschaft ist, wie die Arbeit erledigt wird, sondern wie die Einhaltung der Vorschriften und Standards überprüft wird. Das ist die Kernfrage.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, wir sind nicht losgelöst von Zeit und Raum.

Nein, Herr Präsident, ich gebe Ihnen Recht.

Frau Ministerin, nur noch so viel: Sie haben im Ausschuss versucht, dem Betriebsleiter möglicherweise eine Mitschuld an der BHV-1-Problematik in die Schuhe zu schieben. Sie sollten sich Ihre eigene Infobroschüre zur BHV-1-IBR-Bekämpfung von 1998 einmal selbst durchlesen. Ihr Haus empfiehlt darin die Impfung als einen Weg der Sanierung. Bitte denken Sie auch einmal darüber nach.

(Beifall bei CDU und FDP)

Nun erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wodarz das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch der Kollege Jensen-Nissen hat von sich aus darauf hingewiesen, warum wir über BHV-1 hier nicht reden. Wir sind damit einverstanden, wenn das im Ausschuss geschieht. Wir haben schon darüber gesprochen, es ist also nichts Neues. Ich meine, wir werden auch in Zukunft leider noch länger darüber sprechen müssen.

Meine Damen und Herren, wenn wir heute über die Situation der BSE-Testlabore sprechen, können wir die Lage etwas besser überschauen. Die Ministerin hat uns einen Bericht gegeben. Wir können sie wesentlich besser überschauen als beim ersten Aufkommen von Berichten über die bayerischen Testschlampereien. Es besteht weiterhin Anlass zur Sorge, aber - und das möchte ich ausdrücklich betonen - kein Anlass zu Panik. Gleichwohl ist es schon ein Skandal, wenn in einem Bundesland - das sollte man bei dieser Sache einmal bedenken - mit rund der Hälfte aller bundesweiten BSE-Fälle, wo man meinte, hier sei wirklich Alarm angebracht, ein völliges Versagen der staatlichen Organe und der Politik zutage tritt.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Die Frau Ministerin hat den Ablauf beschrieben. Diesen könnte man so zusammenfassen: einen Monat lang tarnen, täuschen und vertuschen.

Es waren insgesamt 39.500 Schlachtkörper betroffen, doch der so genannte bayerische Verbraucherminister - er verdient wirklich diesen Namen nicht - wollte nur 46 Tiere aus dem Verkehr ziehen. Kollege Jensen

Nissen bezieht sich auf diese Zahl. Herr Kollege, damit wurde nicht bewiesen, dass die anderen Tests einwandfrei waren - das ist ja das Problem -, weil wir nicht die entsprechenden Labore hatten. Es bedurfte also auch an dieser Stelle erst des massiven Eingreifens von Frau Künast, um diesem Drama ein Ende zu setzen und nicht so zu tun, als wäre das alles nur eine Show.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich wiederholen sich die Nachrichten über unzureichende Tests in Baden-Württemberg, RheinlandPfalz, Bremen und auch in einem Labor in NordrheinWestfalen. Auch darauf hat die Ministerin hingewiesen. Wie der Ablauf da war, das hat eine andere Qualität. Da brauchen wir auch nicht danach zu unterscheiden, wer dort regiert. Man muss zur Ehrenrettung der dortigen Verantwortlichen sagen, dass sie sofort nach Bekanntwerden der Fälle gehandelt haben. Das unterscheidet sie von den Bayern, die erst einmal einen Monat lang getäuscht haben. Aber das ist nichts Neues, das kennen wir von dem Skandal mit dem seinerzeit verunreinigten Rinderfutter. Ich wiederhole es: Der bayerische Verbraucherminister hat sich eher als Verbrauchertäuscher ausgewiesen.

(Holger Astrup [SPD]: Mein Freund Eber- hard!)

- Herr Kollege Astrup, ich meine, wir sollten keine Schadenfreude über das offensichtliche Versagen des neuen Hoffnungsträgers der Union äußern.

(Holger Astrup [SPD]: Das mag sein, aber wieso bin ich Hoffnungsträger der Union?)

- Jetzt muss ich irgendetwas gesagt haben, was missverständlich war. Aber das kriegen wir nachher noch hin.

Meine Damen und Herren, Verärgerung über den angerichteten materiellen Schaden und den Imageschaden vor allen Dingen darüber hinaus muss aber angesagt werden. Wenn die Landeszeitung titelt: „26.000 Rinder sind nicht genusstauglich“, liest das der Verbraucher ja, und wenn sich mittlerweile selbst Mc Donald’s nicht mehr traut, seinen Kunden ohne Weiteres Rindfleisch anzubieten, ist das etwas, was nicht quantifizierbar ist.