Protocol of the Session on February 21, 2002

attestiert in einem SIB vom 19. Februar:

„Auch wir wollen die Funktionalreform fortführen. Dabei setzen wir jedoch nicht auf Einzellösungen oder Aktionismus, sondern auf umfassende Konzepte.“

(Klaus Schlie)

Gemeint war die SPD.

Am 19. Februar 2002 - Donnerwetter! Jetzt denkt jeder, da kommt der große Wurf ohne jedes Tabu, wie es die Ministerpräsidentin gefordert hatte. Und tatsächlich, die Tat folgt dem Wort unmittelbar. Wörtlich geht es in dieser Pressemitteilung weiter:

„Die SPD-Landtagsfraktion hat die Regierung aufgefordert, keine Maßnahme zu treffen, die einer Fortführung der Funktionalreform im Wege steht.“

Das ist doch ‘ne dolle Sache!

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Und nun kommt es erst richtig: Die Regierung ist mit ihrem Konzept diesem Weg sogar gefolgt. Sie hat - so wörtlich - „ihre grundsätzliche Offenheit gegenüber einer Weiterführung der Funktionalreform“ bekundet. Ein dolles Ding!

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Donnerwetter, jetzt geht es richtig los! Der letzte Satz des Kollegen Nabel, sozusagen die Handlungsmaxime der Regierungspolitik von Heide Simonis im Bereich der Verwaltungsmodernisierung, heißt - Zitat -:

„Wir werden nun gemeinsam über weitere Schritte der Funktionalreform diskutieren.“

Da sage noch einer, die Heide Simonis sei regierungsfähig, wo sie doch sogar mit ihrer eigenen Fraktion diskutieren will; das kann doch wirklich keiner annehmen.

Wir haben Ihnen, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, einen Antrag vorgelegt, der das grundsätzliche Ziel eines zweistufigen Verwaltungsaufbaus weiterhin konsequent verfolgt, gleichwohl aber den gewachsenen Erfordernissen des ländlichen Raumes und der Wirtschaft mit der Schaffung von vier Regionalämtern als Dienstleistungszentren für den ländlichen Raum Rechnung trägt. Aber als Grundprinzip verfolgen wir nach wie vor, dass so viele Aufgaben wie irgend möglich auf die kommunale Ebene übertragen werden müssen. Dazu erwarten wir Ihr Konzept.

Herr Minister Buß, das war zwar nett, aber wir verstehen uns so gut, dass Sie sich das einfach nicht leisten sollten, was Sie hier versucht haben. Es geht natürlich nicht darum, die Kommunen aus diesem Prozess auszugrenzen. Wie sollten wir das denn tun? 95 % aller Vorschläge stammen doch von den Kommunen. Nein, es geht darum, den doch, wie Sie mir eben gesagt haben, sowieso nicht mehr gültigen Einstimmigkeitsgrundsatz bei diesen Fragen nicht mehr anzuwenden. Das ist das Entscheidende. Alles andere

erkläre ich Ihnen dann, wenn es notwendig ist, gern in den Ausschussberatungen.

(Beifall bei der CDU)

Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang vor allem auf die weit gehende Übertragung von Umweltausgaben auf den kommunalen Bereich einschließlich der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, die die Wasserbehörden der Kreise in enger Kooperation mit den Wasser- und Bodenverbänden durchführen sollten und dies vor allem auch können. Meine Kollegin Frau Sassen wird dazu noch etwas sagen. Wir fordern wirklich ohne Tabu eine Aufgabenverlagerung der Katasterverwaltung, die Auflösung der jetzigen Struktur des Landesamtes für Gesundheit und Arbeitssicherheit, die Zusammenarbeit beziehungsweise Zusammenlegung der Obergerichte im norddeutschen Raum wie ohnehin - ich will das ausdrücklich betonen - eine weit reichende Zusammenarbeit der norddeutschen Länder, auch mit den Ländern, mit denen sich Frau Simonis nicht so gut versteht, die weit gehende Privatisierung der Straßenbauämter und die strikte Anwendung des Kostenausgleichsgrundsatzes, ohne dass dieses Verfassungsprinzip durch einen weiteren Willküreingriff in den kommunalen Finanzausgleich wieder ad absurdum geführt wird.

Lassen Sie uns auf diesem Wege eine konsequente Verwaltungsmodernisierung, Entbürokratisierung und Privatisierung durchführen. Seien Sie mutig; denken Sie daran - Zitat -: „Bei der Aufgabenverlagerung werden keine Tabubereiche mehr akzeptiert.“ Zumindest dieser Aufforderung Ihrer Ministerpräsidentin sollten Sie folgen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile das Wort der Frau Abgeordneten Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn es um den Verwaltungsaufbau unseres Landes geht, sagt die Opposition, das Glas sei halb leer, es sei nach wie vor viel zu wenig Verwaltung abgebaut worden. Wir sagen: Das Glas ist halb voll, denn der Erfolg ist deutlich messbar. Die Verwaltung in Schleswig-Holstein ist, zumindest seit die Grünen mitregieren, in einem ständigen Reformprozess, hin zu einer schlanken Verwaltung ohne Doppelstrukturen.

Dabei geht es aber nicht um eine theoretische Radikalkur, wie von der Opposition heute wie auch sonst immer wieder vorgetragen. Das weiß die CDU wohl auch selbst; denn nach ihrem 1997 und eben noch einmal

(Monika Heinold)

öffentlich vorgestellten Positionspapier, durchaus interessant, „Weniger Staat in Schleswig-Holstein“ stellte sie bis heute hier im Landtag keinen weiteren Antrag zur Umsetzung, sondern sie protestierte stattdessen vor Ort und auch vor dem Landeshaus lautstark gegen jede Veränderung von Verwaltungseinheiten. Das hat sich mit dem heutigen Tag scheinbar geändert. Die CDU fordert die Landesregierung nicht nur dazu auf, ein Konzept zur Funktionalreform ohne einen Abstimmungsprozess mit den Kommunen vorzulegen so steht es im Antrag, so die angeblich kommunalfreundliche CDU -, sondern die CDU fordert heute auch mit ihrem Antrag, aus den bestehenden acht Behörden mit 21 Standorten vier Regionalämter zu machen. Das heißt, die CDU fordert, 17 Standorte aufzulösen.

(Klaus Schlie [CDU]: Ja, das ist so!)

Das ist eine deutlich andere Marschrichtung, als Sie es bisher mit Ihren Protesten demonstriert haben.

(Klaus Schlie [CDU]: Nein!)

Dann brauchen wir uns ja keine Sorge mehr zu machen, dass CDU-Abgeordnete gegen die Schließung von Ämtern vor Ort protestieren, wenn sie selbst so drastische Standortschließungen fordern. Wie schön!

Die CDU übernimmt hier den Vorschlag des Landesrechnungshofes, durch eine weitere Neuordnung der Ämter des Umwelt-, des Sozial- und des Agrarministeriums drei - die CDU will vier - multifunktionale Dienstleistungszentren zu schaffen. Die Landesregierung hat diesen Vorschlag überprüft und stellt im Bericht fest - und das müssen Sie erst einmal zur Kenntnis nehmen -, dass nach Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile eine bloße Zusammenführung der verschiedenen Ämter im Verhältnis zu dem damit verbundenen Aufwand einen zu geringen Nutzen erbringt. Aber wir werden uns mit den CDU-Vorschlägen im Ausschuss auseinander setzen.

Ich möchte noch auf einige wenige Punkte aus dem Bericht hinweisen. Im Rahmen der Funktionalreform wurde eine Reihe von Aufgaben - der Minister hat es erwähnt - auf die Kommunen übertragen. Das Behördenstrukturreformgesetz 1998 hat dazu geführt, vom Rechnungshof bestätigt, dass heute Personal- und Sachausgaben in einer Größenordnung von insgesamt 7,1 Millionen € eingespart werden. Ich teile die Einschätzung der Landesregierung, dass neben der Frage der Wirtschaftlichkeit - und diese ist auch nicht immer gegeben, wenn man nur die Zweistufigkeit durchführt auch fachliche Argumente berücksichtigt werden müssen. Außerdem spielen die regionale Präsenz und eine ausgewogene Verteilung der Ämter in den einzelnen

Landesteilen eine Rolle. Dabei spielt aber auch, was von Ihnen nicht mit diskutiert wird, die Kleinteiligkeit Schleswig-Holsteins eine entscheidende Rolle. Solange wir kleine Gemeinden und im Verhältnis zu anderen Bundesländern kleine Kreise haben, werden auch kleinere Verwaltungseinheiten pro Kopf der Bevölkerung bestehen müssen. Wollten wir dies ändern, müssten wir beispielsweise über eine Gebietsreform nachdenken.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist keine Fra- ge der Zweistufigkeit!)

Der Bericht weist ja auf die Diskussion hin, die um die Neuschaffung kreisübergreifender Schulamtseinheiten geführt worden ist.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dagegen gab es erheblichen Protest auf der kommunalen Ebene. Ich habe an dieser Stelle auch von der CDU nicht gehört, dass sie eine Veränderung auf diesem Gebiet wollte, sondern FDP und CDU weisen immer und ausschließlich auf die Umweltverwaltung hin.

(Klaus Schlie [CDU]: Sagen Sie doch einmal, was Sie unter Gebietsreform verstehen!)

Der Bericht zeigt, wo Erfolge bei der Reduzierung und Zusammenführung von Aufgaben zu verzeichnen sind. Er macht deutlich, wo es noch eine Dreistufigkeit gibt. Es ist erwähnt worden, dass dies eine sehr gute Grundlage für die Ausschussberatung ist. Der Bericht begründet die Dreistufigkeit wirtschaftlich, aber auch politisch. Erfreulich ist dabei die Aussage der Landesregierung im Bericht, dass die Überprüfung der Aufgabenerledigung einschließlich der Organisationsstruktur ein kontinuierlicher Prozess ist.

Wir werden uns also auch weiterhin mit konkreten Vorschlägen auseinander setzen können. Natürlich werden wir in diesem Prozess auch eigene Ideen mit einspeisen. Zur Umweltverwaltung wird meine Kollegin Fröhlich noch sprechen. - Vielen Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zweistufigkeit des Verwaltungsaufbaus in Schleswig-Holstein beschäftigt den Landtag bereits über Jahre. Gemessen an der Bedeutung der Verwal

(Lars Harms)

tungsreform für den öffentlichen Sektor verwundert dies auch niemanden. Der Bericht der Landesregierung macht deutlich, dass im Zuge der Funktionalreform Land und Vertreter der kommunalen Landesverbände im Zeitraum von 1997 bis 2001 intensiv geprüft haben, welche Aufgaben sich vom Land auf die kommunale Ebene übertragen lassen. In diesem Zeitraum wurden insgesamt 175 Vorschläge des Landes und der kommunalen Landesverbände eingereicht und beraten.

Die Umsetzung von 111 Vorschlägen davon ist beschlossen worden, 79 sind bereits umgesetzt. Bis Mitte des Jahres sollen insgesamt 90 % der Vorschläge umgesetzt sein, womit die Funktionalreform dann im Wesentlichen abgeschlossen sein soll.

Die Funktionalreform ist ein Schritt in die richtige Richtung, da der eingeschlagene Weg zu mehr Transparenz in der Verwaltung führt und Kosteneinsparungen im öffentlichen Sektor angesichts leerer Kassen unvermeidbar sind.

Der SSW hat die Funktionalreform und die damit verbundene Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung stets begrüßt, sie jedoch auch mit einem kritischen Auge begleitet. Mit der Verabschiedung des Behördenstrukturreformgesetzes 1997, bei dem der SSW seinerzeit bezüglich des Gesetzgebungsverfahrens erhebliche Bauchschmerzen hatte, wurde erreicht, dass in verschiedenen Bereichen eine Reduzierung von vormals 21 auf 8 Behörden erfolgte. Durch die Verschlankung der nachgeordneten Verwaltung in drei Ministerien wurden insgesamt 7,1 Millionen Euro an Personal- und Sachausgaben eingespart. Das gewünschte Ziel der Kosteneinsparung wurde somit erreicht.

Es ist noch nicht allzu lange her, dass die Staatlichen Umweltämter und die Ämter für ländliche Räume ins Leben gerufen wurden. Doch seit einiger Zeit befinden sie sich wieder auf dem politischen Prüfstand.

(Zuruf von der SPD - Unruhe)

Natürlich muss auch - das bezweifelt niemand - nach Abschluss der Funktionalreform die Diskussion über die Weiterentwicklung der Verwaltungsstruktur fortgeführt werden, damit unsere Behörden weiterhin den neuen Ansprüchen und Herausforderungen gewachsen sind.

In diesem Zusammenhang hat der Landesrechnungshof vorgeschlagen, die Aufgaben der Ämter für ländliche Räume, der Staatlichen Umweltämter sowie des Landesamtes für Gesundheit und Arbeitssicherheit in einer Behörde zu bündeln und drei Ämter für Umwelt, Landwirtschaft und Gewerbe einzurichten.