Die SPD-Fraktion teilt die Auffassung, dass mit der Kabinetts- und Finanzausschussvorlage sowie den ausführlichen Behandlungen im Kabinett und im Finanzausschuss die Entscheidung zugunsten von debis/SAP unter Abwägung aller Gesichtspunkte transparent begründet worden ist. Die umfassende Einbeziehung des Landesrechnungshofs hat es ihm jederzeit ermöglicht, sich an jedem Punkt des Verfahrens einzuschalten. Dies hat er übrigens auch getan.
Für uns ist eindeutig: Die Entscheidung für debis/SAP war und ist richtig. Von Ihnen habe ich auch nichts anderes gehört.
Das gesamte Verfahren war gegenüber dem Parlament und auch gegenüber dem Rechnungshof transparent wie keines zuvor.
Dem Land Schleswig-Holstein ist aus der Entscheidung kein Schaden entstanden. Nach dem heutigen Stand unseres Wissens wird auch kein Schaden entstehen. Auf weitere Punkte will ich angesichts der Kürze der Zeit nicht eingehen.
Das wird in der zuständigen Gruppe des Finanzausschusses, der Haushaltsprüfgruppe, geklärt werden müssen. Das ist ein parlamentarisch übliches Verfahren. Daran müssen doch auch Sie ein Interesse haben!
Claus Möller hat eingeräumt, dass es im Verfahren zu Fehlern gekommen ist, die für die Zukunft abgestellt werden. Für die Überprüfung weiterer Fragen ist die Haushaltsprüfgruppe zuständig. Darauf sei hingewiesen.
Für die SPD-Landtagsfraktion stelle ich abschließend fest: Erstens. Wir halten die Einrichtung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses für nicht notwendig. Das würde nur die Verlagerung eines juristischen Doktorandenseminars auf die parlamentarische Ebene bedeuten. Daran könnten Sie vielleicht ein Interesse haben.
Viertens. Herr Kayenburg, Ihre Rede war eine großartige Bewerbungsrede an die eigene Fraktion für die erneute Wahl zum Fraktionsvorsitzenden Ihrer Fraktion im Mai.
(Anhaltender Beifall von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zurufe von der CDU - Klaus Schlie [CDU]: War das billig!)
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Finanzminister Claus Möller muss nicht entlassen werden. Sein Rücktritt ist nur noch eine Frage der Zeit. Es ist schon erstaunlich, wie wenig Gespür ein Minister nach langer Regierungszugehörigkeit dafür hat, was die Aussage bedeutet, er trage die Verantwortung. Um dieser Leerformel theatralisches Gewicht zu verleihen, spricht Claus Möller sogar von seiner Gesamtverantwortung.
Erinnern wir uns: Am 15. Juli 1998 unterzeichnet das Land Schleswig-Holstein rechtswirksam einen Vertrag mit der Firma debis, die ihrerseits gemeinsam mit der Firma SAP die Einführung einer Kosten- und Leistungsrechnung samt dezentraler Mittelbewirtschaftung in der gesamten Landesverwaltung vorbereiten und durchführen soll.
„Bei der Einführung handelt es sich um das größte Modernisierungsprogramm in Schleswig-Holstein überhaupt. Die einmaligen Kosten für Lizenzen, Hardware und die Schulung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Verwaltung belaufen sich auf rund 36,5 Millionen DM.“
1,1 Milliarden DM sollten in einem Zeitraum von 15 Jahren bewegt werden. Der Vertrag wurde auf der Grundlage eines eklatant rechtswidrigen Vergabeverfahrens und einer Täuschung des Finanzausschusses geschlossen. Diese Täuschung hat jedes Vertrauen in die Kompetenz, Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit des Finanzministeriums und seiner leitenden Mitarbeiter zerstört.
In den letzten Wochen wurde vehement darüber diskutiert, was ein Vergabevermerk sei. Diese Diskussion hat verdeckt, dass während des gesamten Verfahrens nicht nur einmal, sondern immer wieder gegen das Vergaberecht verstoßen wurde. Die Verstöße können nicht nur heute noch zu Schadenersatzforderungen an das Land führen, sie verursachen darüber hinaus einen politischen Flurschaden, dessen Ausmaß wir noch gar nicht erfassen können.
Ich möchte dies nur an einem Beispiel dokumentieren. Herr Kollege Hay, es belegt gleichzeitig, mit welcher Unverfrorenheit das Finanzministerium den Finanzausschuss des Schleswig-Holsteinischen Landtages falsch unterrichtet und deshalb getäuscht hat. Ich spreche von den Testinstallationen der Bewerber. Deren Ergebnisse waren auch - wenn nicht sogar überwiegend - Grundlage der Entscheidung. Jedenfalls wurde dies vom Finanzministerium behauptet. Ich zitiere hierzu aus der Prüfungsmitteilung des Rechnungshofes vom 11.12.2001, Seite 26 ff. Im Schreiben des Finanzministeriums an den Finanzausschuss vom 05.05.1998 (Umdruck 14/1883) heißt es zu IMAGKLR:
„Die Arbeitsgruppe hat sich mehrheitlich für das Produkt SAP vor den Produkten M und P ausgesprochen.... Die im Rahmen der IMAGSitzung von den Teilnehmern schriftlich festgehaltenen Argumente für beziehungsweise gegen die einzelnen Produkte sind in die folgende Bewertung eingeflossen.“
Der Rechnungshof formuliert weiter, dass Protokolle, Vermerke oder dergleichen, aus denen sich erkennen ließe, warum die Mitglieder der IMAG-KLR sich für SAP und die Mitglieder der IMAG-HKR sich für das Produkt M ausgesprochen hätten, nicht vorhanden seien. Anhand der nicht dokumentierten Testergebnisse kann die Empfehlung zugunsten von debis/SAP jedenfalls nicht nachvollzogen werden. Vor diesem Hintergrund ist die folgende Bewertung des Finanzministeriums zugunsten von debis/SAP nicht belegt.
„Die im MFE abgehaltene Testinstallation wurde äußerst professionell durchgeführt und hat bei den Beteiligten einen positiven Eindruck hinterlassen.“
Der Rechnungshof formuliert weiter, dies sei nicht nachvollziehbar und würde überraschen, da debis/SAP seinerzeit überhaupt keine Software gehabt hätte, um Buchungen et cetera vornehmen zu können.
„Die Fachreferate des MFE haben die Angaben in den Angeboten durch detailliertes Testen der Software anhand von Testfällen beziehungsweise Fragekatalogen ausführlich nachgeprüft. Diese Vorgehensweise hat - abweichend zur Gesamtmeinung der IMAGHKR - zu folgender fachlicher Reihenfolge aus Sicht es MFE geführt.“
Debis/SAP stehe dabei an erster Stelle. Dies ist ein Zitat des Finanzministeriums an den Finanzausschuss. Folgendes dürfte selbst schlichten Gemütern, Frau Kollegin Gröpel, einleuchten: Es konnte nicht getestet werden.
Es konnte nicht getestet werden, deshalb wurde nicht getestet. Daher gibt es auch keine Testergebnisse.
Es muss sich bei den Sozialdemokraten um schlichte Gemüter handeln. Ich erwarte von Sozialdemokraten, die Tarifverträge brechen, auch nicht mehr, dass sie sich an Vergabevorschriften halten.
Es konnte nicht getestet werden. Deshalb wurde nicht getestet. Daher gibt es keine Testergebnisse. Folglich kann die Bewertung nicht auf Testergebnissen beruhen. Da eine unbegründete Bewertung nicht Grundlage einer Entscheidung des Finanzausschusses werden konnte, wurde gegenüber dem Ausschuss schlicht ein nicht vorhandenes Ergebnis wahrheitswidrig vorgetäuscht.
Es ist nicht das erste Mal, dass das Finanzministerium beziehungsweise der Finanzminister mit Erklärungen hart an die Grenze der Wahrheit gegangen ist, möglicherweise auch darüber hinaus. Der Kollege Kayenburg hat darauf hingewiesen; ich kann mir das hier ersparen. Aber ich sage: Tricks und Schummeleien sind dem Finanzminister nicht fremd, aber sie sind eines Finanzministers unwürdig.
Was sollen die vielen öffentlich Bediensteten von diesem Finanzminister, diesem Finanzministerium und dieser Regierung halten, wenn beim größten Modernisierungsprojekt des Landes Schleswig-Holstein auf die Vergabevorschriften weniger Wert gelegt wurde als bei der Beschaffung von Toilettenpapier?
Was sollen die Menschen dieses Landes von einem Finanzminister halten, der am 11. Februar 1998, das heißt während des laufenden Vergabeverfahrens für die KLAR, angesichts neu aufgetauchter Korruptionsverdachtsfälle vollmundig erklärte - ich zitiere aus der Regierungspresseerklärung -:
„Wir werden die erneuten Korruptionsfälle zum Anlass nehmen, die Kontrolle in der Finanz- und Bauverwaltung weiter zu verstär