Protocol of the Session on January 25, 2002

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/1327

Bericht und Beschlussempfehlung des Bildungsausschusses Drucksache 15/1444

Ich erteile zunächst dem Berichterstatter des Bildungsausschusses, dem Abgeordneten Dr. Ulf von Hielmcrone, das Wort.

(Zurufe: Er ist nicht hier! - Heiterkeit)

- Damit die Fröhlichkeit sich endgültig Bahn brechen kann, erteile ich Frau Kollegin Eisenberg in Vertretung des Herrn Abgeordneten Dr. von Hielmcrone für die Berichterstattung das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Der Ausschuss hat sich am 6. Dezember 2001 mit dem Bericht der Landesregierung befasst, der Ihnen durch Plenarbeschluss vom 16. November 2001 zur Beratung überwiesen worden ist. Er empfiehlt dem Landtag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bedanke mich bei der Frau Berichterstatterin. Der Ausschuss beantragt also, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Für die Fraktion der SPD erteile ich dem Abgeordneten Jürgen Weber das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben uns im Ausschuss bereits ausführlich mit der Thematik auseinander gesetzt. Da sie heute zur Debatte steht, will ich gern einmal referieren, was wir im Ausschuss dazu vorgetragen haben.

Das in dem Bericht niedergelegte Thema ist in der Tat ein kompliziertes. Es ist deswegen kompliziert, weil eine Reihe von Änderungen auf den Weg gebracht werden, die in unterschiedlicher Form - wenn man das so sagen will - Gewinner und weniger Gewinner produzieren. Das ist so, wenn man Veränderungen im Zusammenhang mit Kapazitäten und Studienangeboten vornimmt.

Lassen Sie mich die für uns wichtigsten Punkte herausgreifen.

Erstens. Für uns bleibt die Sicherung und weitere Etablierung der Muthesius-Hochschule als Kunsthochschule ein wichtiger Bestandteil des vorliegenden Konzepts.

Zweitens. Die Zentralisierung der Bauingenieurausbildung in Eckernförde, die auch eine regionalpolitische Entscheidung ist, ist unseres Erachtens ein wichtiges Signal, das wir als SPD-Fraktion mittragen.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Sehr gut!)

Drittens. Der Studienangebotstausch - wenn ich es so nennen darf - im Hinblick auf die Fachhochschule Lübeck, durch den der Einstieg in eine weitere und

(Jürgen Weber)

umfassendere grundständige BWL-Ausbildung ermöglicht wird - dafür wird die Bauingenieurausbildung abgezogen -, ist unserer Auffassung nach ein hinnehmbarer Kompromiss.

Viertens. Zur Fachhochschule Kiel haben wir festzustellen, dass der Fachbereich Bauwesen in Eckernförde, der Bestandteil der Fachhochschule Kiel ist, ein Stück Sicherstellung bedeutet. Natürlich muss man konzedieren, dass der Transfer von Stellen an die Fachhochschule Lübeck einen Aderlass darstellt. Dieser ist unserer Ansicht nach hinnehmbar, weil die Fachhochschule Kiel, was die Ausstattung mit Stellen und Finanzen angeht, in den letzten Jahren wahrlich nicht zu den Verlierern gehört hat.

Ergänzend möchte ich darauf hinweisen, dass es eine Reihe von Punkten gibt, die wir genau beobachten müssen und über die noch zu reden sein wird. Das ist die zeitliche Perspektive von Stellentransfers und das ist die Flexibilität hinsichtlich der konkreten Festlegung auf einzelne Stellen und hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung. Wir teilen die Auffassung der Landesregierung, dass es, um das dargelegte Konzept auf den Weg zu bringen, nicht mehr möglich ist, Studienanfänger im Bereich Bauingenieurwesen in Lübeck und Studienanfänger im Bereich Architektur in Ekkernförde aufzunehmen. Damit ist allerdings sozusagen lediglich der Rahmen definiert.

Die weiteren noch abzuarbeitenden Fragen, wie die Etablierung von BWL in Lübeck sowie die Veränderung der Fachhochschule Kiel am Standort Kieler Ostufer, müssen hinsichtlich des Umfangs noch im Einzelnen beleuchtet werden. Dafür - das haben wir in der Plenardebatte im November und auch im Ausschuss ausgeführt - erwarten wir eine verfahrensbegleitende zügige und umfassende Berichterstattung der Landesregierung, damit wir als Parlament bei einzelnen Maßnahmen gegebenenfalls noch in den Prozess eingreifen beziehungsweise Stellung dazu beziehen können.

Sie wissen, dass zwei Fachhochschulen Klage eingereicht haben. Zu Fragen, die klageanhängig sind, möchte ich mich jetzt nicht äußern. Ohne Frage werden wir mit diesem Thema noch mehr als einmal befasst sein.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die Fraktion der CDU erteile ich Herrn Abgeordneten Jost de Jager das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selten sind in der schleswig-holsteinischen Hochschullandschaft derartig tief greifende Veränderungen vorgenommen worden, ohne dass es dafür triftige sachliche Gründe gegeben hätte. All das, was in dem Bericht mit Begriffen wie Kompetenzzentrum Bauingenieurwesen oder Intensivierung künstlerisch gestalterischer Studiengänge verbrämt wird, läuft am Ende auf nur ein einziges Erklärungsmotiv hinaus: Frau Erdsiek-Rave, Sie wussten nicht, was Sie mit der MuthesiusFachhochschule in Kiel machen sollten.

Weil Sie nicht zugeben wollten und es vielleicht auch gar nicht zugeben können, dass Ihre seit 1988 betriebene Politik der Ausgründung und Verselbstständigung von Hochschulen aus dem Ruder gelaufen ist, müssen jetzt die Fachbereiche Bauwesen in Lübeck und Eckernförde dafür herhalten. Das sind im Übrigen zwei Fachbereich, die sich ausgesprochen gut bewährt haben.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben bereits in der Debatte über die Große Anfrage der CDU-Fraktion zur Hochschulstruktur in Schleswig-Holstein gesagt, dass uns nach Abwägung aller Gründe der Preis der Aufwertung der MuthesiusFachhochschule zu hoch ist. Wir haben ebenfalls deutlich gemacht, dass die Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein derzeit unter größeren Problemen leidet als unter dem Fehlen einer Kunsthochschule.

(Beifall bei der CDU)

Der Schwerpunkt der Hochschulpolitik dieser Landesregierung liegt falsch. Deshalb geraten Sie in Erklärungsnot, Frau Erdsiek-Rave. Das kann man daran erkennen, dass jetzt auf Pläne zurückgegriffen wird, die entweder 1998 bereits gescheitert sind - wie zum Beispiel die Verlagerung des Studiengangs Architektur von Eckernförde nach Kiel - oder daran, dass Sie hinsichtlich der Verlagerung des Bauingenieurwesens von Lübeck nach Kiel jetzt Pläne umsetzen, die 1997 vor einer Fachkommission bereits abgelehnt worden sind, und zwar mit der Begründung, dass die Nachteile größer sind als die Vorteile. Das ist interessant.

Folglich gibt es keine sachlichen Gründe für einen solchen Ringtausch der Studiengänge unter den Fachhochschulen, wie er in diesem Bericht beschrieben ist. Deshalb nennen Sie in diesem Bericht auch keine sachlichen Gründe. Immerhin sind Sie aber ehrlich und geben zu, dass Sie Studienplätze abbauen. Insgesamt werden bei diesem Ringtausch 550 Studienplätze an den Fachhochschulen gestrichen, ohne dass bereits bekannt wäre, wie viele zusätzliche Studienplätze an der Muthesius-Hochschule in Kiel entstehen werden.

(Jost de Jager)

Das ist eine strukturell falsche politische Entscheidung. Es ist darüber hinaus ein Bruch Ihres Koalitionsvertrages, in dem Sie sich selbst zur Schaffung weiterer Studienplätze an den Fachhochschulen verpflichtet haben.

(Beifall bei der CDU)

Neben dem bemerkenswerten Applaus und dem bemerkenswerten Fehlen fachlicher und sachlicher Gründe

(Beifall bei der CDU)

für Ihre Entscheidung haben Sie darüber hinaus - wie sich jetzt abzeichnet - auch schwere formale Fehler begangen, Frau Erdsiek-Rave. Das Ministerium hat die Schließung der Studiengänge Bauingenieurwesen in Lübeck und Architektur in Eckernförde erlassen, ohne vorher die Hochschulen anzuhören.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Unerhört!)

- Das ist in der Tat unerhört, da hat Kollege Arp Recht.

(Beifall bei der CDU)

Das spricht Bände über die Art und Weise, wie Sie mit betroffenen Hochschulen, mit Studierenden, Professoren und Mitarbeitern umgehen. Studiengänge zu schließen, ohne den Fachhochschulen vorher die Möglichkeit zu geben, Stellung zu nehmen, ist ein schlechter Stil und arrogant.

(Beifall bei der CDU)

Kollege Weber hat es nur schamhaft am Rande erwähnt: Es bringt Ihnen einen Rechtsstreit ein. Am 7. Januar hat die Fachhochschule Lübeck Klage gegen die Schließung des Studiengangs Bauingenieurwesen eingereicht und dem Ministerium mitgeteilt, dass Studienbewerber für den Studiengang Bauingenieurwesen wegen der aufschiebenden Wirkung dieser Klage wieder zugelassen werden. Jetzt stellt sich die Frage, was geschehen soll. Was ist mit den Bewerbern, wenn Sie sich jetzt in Eckernförde und Lübeck melden? Werden Sie aufgenommen? Werden Sie nicht aufgenommen? Frau Erdsiek-Rave, dazu können Sie vielleicht gleich noch etwas sagen.

Am 31. Januar - also in der kommenden Woche - wird der Senat der Fachhochschule Kiel ebenfalls darüber entscheiden, ob gegen die Schließung des Studienganges Architektur in Eckernförde Klage eingereicht werden soll oder nicht. Ansatzpunkt dafür wäre der formale Fehler, dass Sie die Anhörungsrechte der betroffenen Hochschule missachtet haben. Das ist das fast schon traurige Ende einer Hochschulpolitik, die mittlerweile alle Handlungsspielräume verloren hat.

Dafür häufen sich die Beispiele: Erst verweigern alle Hochschulen gemeinsam die Unterschrift unter die Zielvereinbarungen, dann berufen die Hochschulrektorenkonferenzen eine eigene Kommission zur Hochschulstrukturentwicklung ein, weil sie es Ihnen nicht mehr zutrauen. Jetzt ziehen auch noch zwei Fachhochschulen gegen Sie vor Gericht. Die einzig interessante Frage lautet eigentlich nur noch, wer für diesen Trümmerhaufen in der Hochschulpolitik verantwortlich ist. Wirklich noch Sie, Frau Erdsiek-Rave, oder Ihr Staatssekretär?

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion der FDP erhält Herrn Abgeordneter Dr. Ekkehard Klug das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bauingenieurwesen von der FH Lübeck nach Eckernförde, Architektur aus Eckernförde an die Muthesius-Hochschule nach Kiel, BWL von der Fachhochschule Kiel nach Lübeck, dieser Verschiebebahnhof, den die Landesregierung im Hochschulbereich organisieren will, hat uns ja schon im vergangen Jahr im Landtag beschäftigt.

Bevor das Unternehmen überhaupt richtig angelaufen ist und man angefangen hat, zu rangieren, droht nun von Anfang an eine mittelgroße Betriebsstörung. Im Vertrauen auf bestehende Zielvereinbarungen und die ihnen im Rahmen der Hochschulautonomie verliehenen verbrieften Rechte haben die betroffenen Fachhochschulen in Lübeck und Eckernförde eine Verwaltungsklage angestrengt. Wie man lesen konnte, nimmt Lübeck jetzt auch wieder Bewerber für den Bereich Bauingenieurwesen an. Seit zwei Wochen traut sich das Kultusministerium nicht, den Sofortvollzug der vom Ministerium getroffenen Entscheidungen anzuordnen. Das kann ja heiter werden!

Ob die Muthesius-Hochschule, der eigentliche Gewinner bei diesem geplanten Ringtausch, erfolgreich die Kunsthochschulbegutachtung beim Wissenschaftsrat durchlaufen wird, kann man nur hoffen. Sicher ist aber auch dies nicht. Alles in allem ist dies ziemlich viel Treibsand, auf dem die Hochschulentwicklungspolitik dieser Landesregierung aufgebaut wird.

Zu den beiden Studiengängen Bauingenieurwesen und Architektur, die Thema des Berichts sind, ist noch Folgendes zu sagen: Die Aufgabe des Parallelangebots beider Fächer in Lübeck und Eckernförde widerspricht den Aussagen des erst im August 1997 von der Landesregierung selbst vorgelegten Hoch

(Dr. Ekkehard Klug)