Protocol of the Session on January 25, 2002

Zum Thema Habilitation möchte ich nur in aller Kürze sagen: Der dort gefundene Kompromiss ist meines Erachtens okay. Ein bisschen mehr Konsequenz wäre mir persönlich lieber gewesen, aber ich denke, dass

man möglichst viele mit auf den Weg nehmen muss, sich von den alten Ordinarienstrukturen zu verabschieden. Ich denke, damit sollte es dann auch sein Bewenden haben.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Ich möchte noch auf einen weiteren Punkt hinweisen, bei dem ich nicht sicher bin, ob es uns gelingt, uns rechtzeitig vernünftig zu positionieren. Der Kompromiss im Vermittlungsausschuss, der eine immerhin bis zu 10-prozentige Abweichung bei der Professorenbesoldung möglich macht, wird natürlich den Wettbewerb zwischen den Ländern erhöhen. Das ist auf der einen Seite in Ordnung, auf der anderen Seite birgt es zwar nicht unbedingt Risiken, aber doch die Anforderung an uns zu bedenken, wie wir uns bei der Professorenbesoldung hier im Land positionieren wollen. Darüber wird geredet werden müssen.

Die Kostenneutralität ist ein Punkt, der in der Diskussion immer gern missverstanden wird. Sie steht sozusagen als Begriff im Gesetz. Es gibt nicht so viele Gesetze, wo der Begriff Kostenneutralität drinsteht. Hier bedeutet das eindeutig, dass die Budgets nicht nach unten verändert werden dürfen, aber nach oben in einer definierten Marge verändert werden können. Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, der in der Öffentlichkeit oft missverstanden wird, und den man deshalb hier in aller Deutlichkeit hervorheben muss.

Viele wichtige Fragen hat die Ministerin schon angesprochen, ich möchte aber noch auf einen weiteren wichtigen Punkt hinweisen. Wir haben hier vor einem guten Jahr als Schleswig-Holsteinischer Landtag eine Resolution verabschiedet, die sich für die Abschaffung der Fünf-Jahres-Regelung für Wissenschaftler in im Wesentlichen durch Drittmittel finanzierten Bereichen eingesetzt hat. Ich glaube, man muss positiv bemerken - das möchte ich an dieser Stelle auch tun -, dass diese Fünf-Jahres-Regel in dieser Form weg ist. Wir haben längere Fristen, wir haben mehr Flexibilität innerhalb des HSG und außerhalb des HSG. Das ist ein Erfolg. Ich kann sagen, dass ist ein Erfolg, den sich die Wissenschaftlerinitiative aus Schleswig-Holstein sozusagen an ihr Portepee heften kann. Das ist ein Stück positives Engagement mit positivem Ergebnis.

Wir haben im Ausschuss ausführlich über die Umsetzung zu beraten. Ich denke, wir sollten dort unsere Arbeit konstruktiv und zügig aufnehmen, denn andere werden mit ihren Entscheidungen nicht abwarten.

(Holger Astrup [SPD]: Das ist nicht neu!)

Ich freue mich auf die Debatte und bedanke mich für

(Jürgen Weber)

die Aufmerksamkeit der Kolleginnen und Kollegen hier im Saal.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile für die Fraktion der CDU Herrn Abgeordneten Jost de Jager das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Wesentlichen ist die Schlacht geschlagen. Die Bundesgesetze sind verabschiedet. Insofern möchte ich mich hinsichtlich deren Inhalt nur auf zwei wesentliche Punkte beschränken, bevor ich dann noch auf zwei Punkte kommen werde, die die landesrechtliche Umsetzung betreffen.

Die CDU-Fraktion lehnt weite Teile der Neuregelung des Dienstrechts und der Beamtenbesoldung ab, weil wir glauben, dass sich hinter den meisten Neuregelungen - gerade bei der Professorenbesoldung - eine Veränderung verbirgt, die nicht zu einer Verbesserung des Wissenschaftsstandortes führen wird, sondern zu einer Verschlechterung. Im Wesentlichen glauben wir, dass ein Attraktivitätsverlust der wissenschaftlichen Laufbahnen mit diesem neuen Dienstrecht einher gehen wird. Man muss befürchten, dass es in weiten Teilen der Neuregelung - gerade der Professorenbesoldung - dazu kommen wird, dass sich viele dafür entscheiden werden, eben nicht eine Laufbahn an den Hochschulen anzustreben. Das gilt in besonderer Weise für die Fachhochschulen. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat in den Beratungen in Berlin nicht umsonst gefordert, den Basisanteil der Gehälter zu erhöhen und die Spanne der Zulagen zu verkleinern. Nach dem jetzt beschlossenen Gesetz liegt das Grundgehalt eines Fachhochschulprofessors bei etwa 7.000 DM. Angesichts der Qualifikation, die für eine solche Professur erforderlich ist, stellt sich schon die Frage, warum gerade in den technischen Fächern - der Kollege Klug hat das ausgeführt - jemand eine Professur wählen sollte, bei der er kaum besser verdient als ein Techniker in der Industrie.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Ähnliches, wenn auch nicht ganz so krass, wird auch bei den Professuren an den Hochschulen eintreten.

Der Gegeneinwand lautet dann immer, dass jeder Professor natürlich die Möglichkeit hat, durch Leistungszulagen sein Gehalt zu verbessern. Ich halte viele dieser Gedankenspiele allerdings für unrealistische Träumereien. Vor dem Hintergrund der Tatsache,

dass das ganze neue Besoldungssystem im Wesentlichen kostenneutral eingeführt werden soll, ist absehbar, dass irgendwo künftig weniger bezahlt werden wird.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Es ist doch logisch: Wenn ich irgendwo eine Zulage erteile, muss ich irgendwo anders etwas wegnehmen. Weggenommen wird wahrscheinlich haargenau an den Fächern, die entweder nicht so attraktiv sind, bei den Studenten nicht so nachgefragt werden, bei den Studierenden nicht so hoch im Kurs liegen, oder es wird eben bei den Einstiegsgehältern für junge Professoren gekürzt werden. Und genau darin liegt unserer Meinung nach der Grund für eine Attraktivitätsverschlechterung der Laufbahn für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Ein weiterer Grund für unsere Ablehnung - ebenfalls grundsätzlicher Natur - ist die De-facto-Abschaffung der Habilitation. Natürlich ist sie nicht verboten, man darf sie noch machen, aber sie spielt bei einer Bewerbung um eine Professur keine Rolle und damit ist sie im Ergebnis wertlos geworden und keine gleichberechtigte Alternative mehr.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die CDU und auch die Bundestagsfraktion in Berlin sind deshalb immer für ein gleichwertiges Nebeneinander von Habilitation und Juniorprofessuren eingetreten. Es hat niemand etwas gegen die Einführung der Juniorprofessuren dort, wo sie sinnvoll sind. Denn natürlich besteht der Vorteil einer Juniorprofessur darin, dass er ein geregeltes Verfahren sozusagen für die „Post-doc-Phase“ schafft. Das gilt aber nicht für alle Fächer. Wir wissen, dass gerade in den naturwissenschaftlichen Fächern in den vergangenen Jahren die Habilitation an Bedeutung abgenommen hat und andere experimentelle Formen der Qualifikation zugenommen haben. Es gibt aber auch Fächer, die auf der Qualifikation beharren, die sagen, es sei eine alternativlose Form der wissenschaftlichen Nachwuchsausbildung. Das gilt vor allem für die Geisteswissenschaften, zum Beispiel für die Juristen oder auch vielfach für die Wirtschaftswissenschaften. Insofern wäre es gut gewesen, hier ein Verfahren zu finden, das beides gleichwertig nebeneinander setzt und es im Wesentlichen der einzelnen Fakultät und der einzelnen Hochschule überlässt, die Wahl zu treffen, was für sie besser ist.

Die Zeit drängt. Ich komme jetzt zu den Fragen, die uns im Land bei der Umsetzung betreffen. Ich möchte auf zwei Dinge hinweisen. Bislang ungeklärt - das muss landesrechtlich noch geschehen - ist der Übergang von C2- auf C3-Stellen. 40 % der Fachhochschulprofessoren haben mit C2-Professuren angefan

(Jost de Jager)

gen - mit der gesicherten Erwartung, dass sie im Laufe weniger Jahre auf eine C3-Professur aufsteigen werden. Dieser automatische Aufstieg ist durch die neue Einstufung in die W-Kategorie unterbrochen worden. Insofern bedarf es einer landesrechtlichen Präzisierung, wie ein Vertrauensschutz für diese C2-Professoren, die nach C3 aufsteigen sollen, gewährleistet werden kann. Das ist im Gesetz nicht geschehen, das muss landesrechtlich geschehen. Das haben wir als Landesgesetzgeber - das hat das Ministerium in seiner Vorlage - zu gewährleisten. Diese Leute dürfen nicht allein gelassen werden.

Allein gelassen werden dürfen auch nicht die Hochschulen bei der Einführung der Juniorprofessur. Der Bericht sagt - die gute Nachricht wird vorangestellt -, dass 112 Juniorprofessuren allein an der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel eingeführt werden sollen. Der Bericht sagt aber auch, dass die Hochschule, die Christian-Albrechts-Universität, sich um weitere Mittel bemühen soll, um diese zu finanzieren. Darin zeigt sich, wo das Problem liegt. Natürlich ist die Einführung von Juniorprofessuren nicht kostenneutral an einer Hochschule durchzusetzen,

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und Beifall des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

denn es werden zusätzliche Sach- und Personalmittel erforderlich sein. Man hat zwei Möglichkeiten. Entweder man nimmt sie aus den Etats der jetzigen Lehrstühle oder man schafft neues Geld heran. Für die Übergangsphase ist vom Bund ein Programm aufgelegt worden. Das läuft allerdings nach drei Jahren aus.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Dann ist Schicht!)

Nach diesen drei Jahren darf man die Hochschulen mit der Juniorprofessur nicht allein lassen. Als Landesgesetzgeber muss man sagen - wenn man so etwas einführen will -, wie man das am Ende finanzieren will.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erhält jetzt Frau Abgeordnete Angelika Birk.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn ich Herrn Dr. Klug und Herrn de Jager so zuhöre, dann weiß ich, wofür Rot-Grün gut ist. Ohne Rot-Grün hätte es diese Reform nicht gegeben, die so lange überfällig war. Das Stichwort Reformstau wird sehr

sinnfällig, wenn man sich anschaut, dass diese Reform hat 16 Jahre lang auf sich warten lassen.

Sie tritt nun in einer Zeit sehr knapper Kassen in Kraft. Das ist bedauerlich. Aber das kann man nicht dieser Reform anlasten. Es gibt dafür andere Gründe, über die man auch stundenlang ausführen könnte.

Zurück zur Sache! Es ist tatsächlich ein Meilenstein in der Hochschulgeschichte, dass wir nun tatsächlich nicht nur eine Reform haben, sondern sogar trotz knapper Kassen finanzielle Anreize des Bundes, um diese Reform rasch an den Landeshochschulen umzusetzen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Dies begrüßen wir ausdrücklich. Wir wissen ja: Papier ist geduldig. Wenn nicht manchmal ein bisschen Nachhilfe geleistet wird, auch mit Finanzen, kann es sehr lange dauern, bis sich neue Strukturen festigen.

Ich finde es auch gut, dass nach einigen Jahren nachgeschaut wird, welche Effekte die Reform hat. In der Tat ist es Neuland, das wir hier in Deutschland betreten. Unsere Bedingungen in der Vergangenheit sind alles andere als vergleichbar mit anderen europäischen und nicht europäischen Staaten. Deshalb ist es richtig, dass wir im Jahr 2007 nachschauen, wo wir dann gegebenenfalls noch nachbessern müssen.

Ich möchte ganz deutlich machen, dass wir endlich eine neue Struktur der Hochschulkarriere haben, dass wir drei klare Stufen von Wissenschaftlern haben. Das finden wir richtig. Dieses Bild, das ein C-4-Professor - ich sage es bewusst etwas überspitzt - wie ein König über den Rest seiner Untergebenen herrschen kann, muss der Vergangenheit angehören. Es muss tatsächlich zu einem demokratischeren Miteinander kommen.

Studierende haben sich am Ende ihrer ersten Studienphase sehr klar zu entscheiden: Wollen sie eine wissenschaftliche Karriere machen? Wenn sie das Doktorexamen hinter sich haben - das pflegt normalerweise zwischen vier und sieben Jahre zu dauern; spätestens dann sollte es geschafft sein -, haben sie die Chance, sich noch einmal zu überlegen, ob sie in der Hochschule weiter vorangehen, ob sie versuchen, den harten Wettbewerb in der Wissenschaft zu bestehen, oder ob sie sich dem Wettbewerb in anderen Berufsfeldern stellen. Auch dies ist sinnvoll.

Wenn die 12 Jahre beziehungsweise in der Medizin 15 Jahre um sind, muss es tatsächlich eine faire Chance für eine wissenschaftliche Karriere geben. Insofern ist unser Augenmerk schon darauf zu lenken: Ist das für die neue Generation von Nachwuchs gewährleistet? Haben wir genügend Stellen für Professorin

(Angelika Birk)

nen und Professoren, um diese Reform nicht hohl werden zu lassen? Das wird auch für unsere Landeshochschulen zu prüfen sein. Ich freue mich auf die Debatte im Ausschuss.

Ich möchte noch einmal unterstreichen: Das schmälert nicht den Strukturgedanken als solchen. Es ist unsere Aufgabe, dieser Reform auch mit Anstrengungen des Landes Rechnung zu tragen.

Ich möchte einige wenige Punkte aufzeigen, die uns als Grüne besonders wichtig sind. Wir werden schauen das kann gar nicht anders sein -: Wie werden Frauen in ihrer wissenschaftlichen Karriere abschneiden? Die Ministerin hat dazu schon einige knappe Ausführungen gemacht. Wir werden gucken, was wir im Land tun können.

Ich halte es tatsächlich auch für etwas hoch gegriffen, wenn wir von acht Semesterwochenstunden Lehrverpflichtungen für die Juniorprofessur ausgehen. Das war eine Höchstzahl, die Frau Bulmahn genannt hat. Sie hat in diesem Zusammenhang von vier bis acht Semesterwochenstundenlehre gesprochen. Ich denke, vier sind sicherlich vernünftiger als acht.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Na, Sie müssen es ja wissen!)

Wir müssen dafür sorgen, dass die Habilitation - da bin ich ganz anderer Meinung als Herr de Jager - nicht doch heimlich zu einem Maßstab wird, dass das neue System im Grunde untergraben wird, weil einige Fachbereiche sagen: Wir halten an der Habilitation fest. - Dann allerdings würde es ein ziemlicher Stress: Drittmittelforschung heranziehen, Habilitation schreiben, Lehre für die Habilitationsmutter oder den Habilitationsvater, die oder der sich ihrer oder seiner Pflicht an die Youngsters entledigt. Das kann man nicht schaffen.