Diesen Fragen müssen wir uns ernsthaft stellen. Wir dürfen sie nicht vergessen, wenn es zu den nächsten Haushaltsberatungen kommt.
Angesichts der Pressemitteilungen, die uns gestern ereilten, aber auch angesichts der Diskussion im Fachausschuss in der letzen Woche haben wir auch zu prüfen, ob die Zentralisierung rechtlich eine gute Lösung ist. Ist die Zentralisierung im Bereich der Psychiatrie, die für die Fachkliniken Heiligenhafen und Neustadt sowie für die Neuplanung des Uni
Klinikums Schleswig-Holstein und für den bisher dezentralen Träger „Die Brücke“ vorgesehen ist, rechtlich eine gute Lösung? Ich frage das vor dem Hintergrund unserer Vorstellungen, dass die Patienten vor Ort ein vielfältiges Angebot vorfinden sollen, das eine Trägervielfalt und unterschiedliche Philosophien aufweist.
Wenn jetzt aufgrund der DRGs und aufgrund der internationalen Entwicklung im Gesundheitswesen selbst von der „Brücke“ gesagt wird, dass eine solche GmbH vorstellbar sei, dann macht mich das natürlich nachdenklich. Das ist nicht nur eine Frage der räumlichen Dezentralisierung. Natürlich wird „Die Brücke“ ihre dezentralen Räume behalten und natürlich kann ich mir auch vorstellen, dass die neue Uni-Klinik Schleswig-Holstein in Lübeck, in Kiel und auch anderswo Dependancen hat, sodass die Klinik räumlich dezentral ist. Aber angesichts der Langsamkeit großer Apparate in ihren Reaktionen - wie wir es in Schleswig gesehen haben -, muss man sich fragen, ob das der richtige Weg ist. Allerdings entscheiden wir das nicht heute in der Aktuellen Stunde. Diese Frage muss von den Fachpolitikern diskutiert und dann wieder auf den Parlamentstisch gebracht werden.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Anke Spoorendonk [SSW])
Ich sage in aller Deutlichkeit: Wir nehmen die Situation nicht auf die leichte Schulter. Wir nehmen sie sehr ernst. Wir finden, dass es richtig ist, als Fachausschuss sehr genau zu überprüfen, was passiert. Wir entlassen die Ministerin nicht aus der Verantwortung, aber wir sagen ganz deutlich: Schnellschüsse, die auf eine Person abzielen, sind fehl am Platze. Es geht um ein Strukturproblem. Es ist verdienstvoll von der Frau Ministerin, dass sie dieses Problem als Erste angefasst hat. Sie hätte auch dafür sorgen können, dass Gras darüber wächst, dass darüber nicht geredet wird und dass keine Untersuchungen stattfinden.
Ich habe in den letzten Wochen und Monaten von Ihnen zu dieser Frage - außer der immer wieder rhetorisch vorgetragenen Heimaufsicht - kein Alternativkonzept gehört.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Leider hatte ich - im Gegensatz zu Herrn Kalinka - nicht die Möglichkeit, sämtliche Prüfberichte des MDK zu erhalten und sorgfältig zu studieren, um jede Einzelheit zu erkennen. Ich kann mich deshalb nur auf die Presseberichterstattung beziehen und möchte noch einmal festhalten, was in den Pressemitteilungen bezüglich der Fachklinik in Schleswig zu lesen war. Danach wurde festgestellt, dass die Unterbringung in der Fachklinik zum Teil mangelhaft ist, was unter anderem aber auch an dem schlechten Gebäudezustand - beziehungsweise an den alten Gebäuden liegt. Hier wird nach und nach saniert.
Bei sechs der 20 untersuchten Patienten wurden Pflegeschäden und bei 14 lediglich reine Routinepflege festgestellt. Es war von mangelnder Ausbildung bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Rede und davon, dass Unklarheit bezüglich der Einordnung bestehe, also ob jemand als „Pflegefall“ oder „Eingliederungshilfe“ einzustufen sei.
Zur nicht ordnungsgemäßen Unterbringung! Es läuft in der Fachklinik ein Umbau- und Sanierungsprogramm. Ich kenne die Gebäude zum Teil aus eigener Anschauung. Man kann sie nicht einfach abreißen, denn dort wohnen Menschen, die ansonsten woanders untergebracht werden müssten. Dass aber umgebaut und saniert wird, ergibt sich aus dem Bericht.
Zu den Pflegeschäden! Laut Zeitungsmeldung wurden die Patienten erneut untersucht. Es hat sich herausgestellt, dass es sich nicht nur um so genannte Pflegeschäden handelt, sondern auch um - möglicherweise aufgrund mangelnder Dokumentation - krankheitsbedingte Schäden. Ich möchte auf das Beispiel verweisen, über das in der Zeitung ausführlicher berichtet wurde, nämlich über den Fall der Bewilligung von Rollstühlen beziehungsweise das Geschehen, dass ein Patient in einem Rollstuhl sitzen muss, der nicht für ihn geeignet ist.
In Bezug auf die mangelnde Ausbildung hat die Ministerin bereits erklärt, dass ständig entsprechende Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt und jetzt noch verstärkt würden.
Der letzte Punkt! Unklarheit: Pflegefall oder Eingliederung? Dazu muss ich sagen, dass dies im Prinzip keine Auswirkung auf die Pflege, die Unterbringung und Ähnliches haben darf. Es wird nur gefragt: Wer soll bezahlen? Das würde ich zurückstellen. Uns geht es vor allem darum, dass die Menschen, die dort leben beziehungsweise leben müssen, ordnungsgemäß versorgt werden. Dabei kann es nicht darauf ankommen, wie sie „zahlungstechnisch“ eingeordnet werden.
Es geht doch darum, dass sowohl die Eingliederungshilfe als auch die Pflege grundsätzlich aktivierend sein muss, für jeden Einzelnen, auf jeden Einzelnen zugeschnitten.
Abschließend möchte ich deshalb sagen: Wir alle können zwar mit dieser Pflegesituation in der Fachklinik Schleswig wirklich nicht zufrieden sein, daraus aber der Ministerin einen Strick drehen zu wollen, ist, mit Verlaub gesagt, absurd. Nach unserer Ansicht ist es weithin verantwortungslos, wie die Unionskollegen mit dem ernsten Thema der Pflege umgehen und wie sie dieses eher zur parteipolitischen Profilierung nutzen.
Dadurch werden die Probleme die bei der Pflege bestehen und die wir auch aus anderen Einrichtungen kennen, überhaupt nicht gelöst.
Ich muss den Kolleginnen und Kollegen der Opposition in einem Recht geben: Das Land selbst muss innerhalb seiner Zuständigkeit eine Vorreiterrolle übernehmen.
- “Ausreichend“, sage ich. - Wir sind der Ansicht, dass man daraus so schnell wie möglich sachliche Konsequenzen ziehen sollte.
In diesem Zusammenhang möchte ich gerne noch auf Folgendes hinweisen. Ich habe in der Zeitung mehrmals über Fälle gelesen, in denen der MDK geprüft hat und in denen die Krankenkassen daraufhin den Versorgungsvertrag sofort gekündigt haben. In dieser Sache hat mich, wenn ich mir die Stimmungsmache so ansehe, eines gewundert.
Dort sind Auflagen erteilt und eine Kündigung ist zum 31. Januar 2003 angekündigt worden. Wenn die Zustände wirklich so mangelhaft wären, wie Sie sie immer wieder darstellen, dann hätte nach meiner Ansicht eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden müssen.
(Jutta Schümann [SPD]: Das stand nicht in der Zeitung! Deshalb wissen sie das nicht! - Lachen bei der CDU - Anhaltende Zurufe von CDU und SPD)
Dazu sahen sich die Krankenkassen nicht veranlasst. Diese haben selber gesagt: Nein. Auflagen und 31. August 2003.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kalinka, machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe ein starkes, gerades Kreuz und ich übernehme die volle Verantwortung für die Politikbereiche, für die ich zuständig bin. Dazu gehört auch dieser. Gerade deshalb werde ich nicht zurücktreten.
(Beifall bei SPD, SSW und der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das sagen alle!)
Erstens. Wir verdanken die schmerzliche Erkenntnis über die Qualitätsmängel in Schleswig nicht Dritten und schon gar nicht dem investigativen Eifer der Opposition,
sondern unserem eigenen Ehrgeiz, ein lücken- und schonungsloses Bild über die Pflegesituation im Lande zu erhalten. Denn deshalb haben wir das Aktionsprogramm aufgelegt, deshalb werden alle Einrichtungen geprüft, was zuvor nie der Fall war. Der MDK hat diese Einrichtung vier Jahre nicht ein einziges Mal angeschaut.
(Dr. Ekkehard Klug [FDP]:Unglaublich! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Schlimm genug! - (Ministerin Heide Moser)