Heide Moser
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Last Statements
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir legen Ihnen heute den Bericht zum Schutz junger Menschen vor fortschreitender Verschuldung vor. Dieses Problem ist ein wachsendes Problem, ein akutes Problem. Die Zahlen steigen ständig. Wenn Sie einmal in den Bericht gucken, finden Sie eine Zusammenstellung von Zahlen, aus denen deutlich wird, dass nach einer Schufa-Studie jeder fünfte junge Mensch verschuldet ist. - Ich habe
gerade einen Antrag zum Thema Drogensucht gelesen, deshalb will ich jetzt nicht dauernd von „Sucht“ sprechen; aber vielleicht sind die Themen ja auch verwandt.
Je weniger die Menschen wissen über Zahlungsverkehr, über Geldmittel et cetera, je jünger sie sind, desto größer ist die Gefahr, dass sie sich verschulden. Wir haben Zahlen, die besagen, dass etwa 11 % der Jugendlichen in der Gruppe der 13- bis 24-Jährigen durchschnittlich mit 1.500 € verschuldet sind. Die 20- bis 24-Jährigen stehen im Schnitt bereits mit 5.000 € im Minus. Das sind erschreckende Zahlen, die fast täglich durch die Presse laufen.
Im gesamtdeutschen Gefüge liegt Schleswig-Holstein sozusagen im Mittelfeld; es steht weder ganz unten noch ganz oben. Selbst das uns nicht wohlgesonnene Nachrichtenmagazin „Focus“ merkt an, wir in Schleswig-Holstein hätten erkannt, dass Aufklärung ein wirksames Mittel gegen die zunehmende Verschuldung sei, und wir hätten zudem erfolgreiche Präventionsprojekte gerade für die jungen Menschen initiiert.
Das regionale Vorbild für die erfolgreiche Präventionsarbeit, über das „Focus“ berichtet hat, ist unser DRK-Infocenter „fit for money“, das ich am 17. Juni letzten Jahres in Kiel eröffnen konnte. Die Zielgruppe dieses Projektes sind Kinder, Jugendliche und Auszubildende. Bei der Finanzierung helfen nicht nur staatliche oder öffentliche Stellen mit, sondern auch insgesamt 14 Wirtschaftsunternehmen.
- Danke schön für den Beifall. - Ich hoffe sehr, dass wir noch mehr Unterstützung aus diesen Kreisen bekommen. Das Konzept ist sehr erfolgreich. Es wird sehr häufig von den Schulen in Anspruch genommen, sodass wir dabei sind, in Lübeck ein ähnliches Projekt auf den Weg zu bringen.
Ich glaube, man hat überall erkannt, dass moderne Präventionsarbeit orientiert sein muss an der Lebenswelt und den Handlungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen. Das wird im gesamten Bericht deutlich. Deshalb ist es für uns auch wichtig, dass die Präventionsangebote der Schuldnerberatungsstellen ausgebaut und verbessert werden, die im Übrigen nicht nur reine Präventionsstellen sind, sondern auch Moderationsaufgaben haben.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine kleine Bemerkung zwischendurch machen. Die Länder Bayern und Hessen sind gerade dabei, sich aus ihrer Verantwortung für die Finanzierung der Insolvenz
beratung zurückzuziehen. Das bei dieser Entwicklung! Das ist nicht nachvollziehbar. Ich meine, bei der zunehmenden Verschuldungsproblematik, die wir alle haben, auch in Süddeutschland, ist niemand berechtigt, diese Verantwortung einfach abzugeben.
Die Landesregierung stellt sich durchaus dieser Verantwortung. Sie baut ihre Unterstützung in diesem Bereich aus. Das darf man ja heute auch einmal betonen, dass man irgendwo etwas ausbaut, meine Damen und Herren.
Der entsprechende Haushaltsansatz wurde in den Jahren 2001 bis 2005 mehr als verdoppelt auf etwas mehr als 3,5 Millionen €. Natürlich können wir mit diesen Beträgen nicht mit dem konkurrieren, was die Industrie, insbesondere die Medienindustrie, für Werbung und Marketing ausgibt, immer raffinierter, immer kürzer, immer schlagkräftiger, oft auch zweifelhaft, immer sehr kostenträchtig. Jugendliche unter 18 Jahren geben nach neuesten Zahlen monatlich 72 Millionen € für Telekommunikation aus. 72 Millionen € - das ist ein Markt! Ich möchte diese jungen Menschen einmal in der Sprache der Werbung fragen: Telefonierst du noch oder lebst du schon? Manchmal kommt es einem so vor, wenn man U-Bahn fährt, als telefonierten sie nur.
Meine Damen und Herren, keine Regierung kann durchgängig verhindern, dass Ehen scheitern, Menschen arbeitslos werden und Familien in Not geraten. Aber sie kann dafür sorgen, dass Menschen eine zweite Chance erhalten und in ihrer finanziellen Notlage kompetent beraten werden.
Und sie kann dafür sorgen, dass den jungen Menschen der Rücken gestärkt wird und dass sie lernen, bei vielfältigen und bunten Verlockungen auch einmal deutlich und hörbar auch für andere, Nein zu sagen. Das wäre ein großer Erfolg von Präventionsarbeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte gestatten Sie mir, dass ich den mündlichen Bericht und eine Kurzfassung des schriftlichen Berichts in einer Rede abgebe. Es wäre etwas schwierig, das zu trennen.
Die Anschläge vom 11. September 2001 in New York haben in erschreckender Weise gezeigt, wie verwundbar eine hoch technisierte Gesellschaft durch terroristische Gewaltakte sein kann. Theoretisch wussten wir das schon vorher. Aber es im Fernsehen vor Augen zu haben, hatte doch eine andere Qualität, die uns deutlich gemacht hat, dass nicht nur die Atomkraftwerke, sondern auch andere Risikotechnologien eine riesige Bedrohung darstellen können und nicht hinreichend geschützt sind.
Die Landesregierung hat noch am 11. September 2201 eine erste Überprüfung der in SchleswigHolstein betriebenen Kernkraftwerke und des darin festgelegten Schutzniveaus hinsichtlich eines Flugzeugabsturzes eingeleitet. Das Ergebnis war: Der Schutzzustand ist in Abhängigkeit von den verschiedenen Errichtungszeitpunkten der Kernkraftwerke unterschiedlich. Das sagt uns nicht sehr viel außer der Tatsache, dass, je älter sie sind, der Schutzzustand umso defizitärer ist.
Lassen Sie mich eines ganz deutlich dazu sagen, weil man sonst leicht missverstanden wird. Es geht hier nicht darum, konkrete Gefahren abzuwehren oder zu bewerten. Es geht darum, sich die abstrakten Risiken deutlich zu machen, wenn man sich die Schutzvorkehrungen der Atomkraftwerke und anderer schwieriger Technologien anguckt.
Die schleswig-holsteinische Reaktorsicherheitsbehörde hat in Abstimmung mit dem Bund im September 2001 unverzüglich zusätzliche Sicherungsmaßnahmen zur Verbesserung des Schutzes gegen terroristische Angriffe bei den ihrer Aufsicht unterstehenden kerntechnischen Anlagen veranlasst. Auch sind seither zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Luftverkehrssicherheit erfolgt. Die Frage, welches terroristisches Bedrohungsszenario und welche Belastungen zukünftig zu unterstellen sind und welche Konsequenzen daraus abzuleiten sind, kann allerdings
keineswegs alleine vom Land Schleswig-Holstein, sondern muss bundeseinheitlich entschieden werden.
Herr Kerssenbrock, vielleicht schreiben Sie auch noch einmal einen Brief an den Bundesumweltminister, dass er das tun müsse.
Wir haben ihm schon drei geschrieben.
- Wahrscheinlich.
Das Bundesumweltministerium hat daher im Jahr 2001 die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit mit einer Studie zu den Auswirkungen terroristischer Flugzeugangriffe auf deutsche Atomkraftwerke beauftragt und diese den Ländern am 30. Januar 2003 vorgelegt. Die Reaktorsicherheitsbehörde Schleswig-Holstein hat dem BMU nach Auswertung wiederholt ihre Auffassung mitgeteilt, dass diese Studie überarbeitungs- und ergänzungsbedürftig ist und nicht als alleinige Entscheidungsgrundlage herangezogen werden kann. Das ist wohl angekommen, hat aber noch keine Auswirkungen nach sich gezogen.
Es ist auch, wie bereits im Jahr 2003 von uns angemahnt, erforderlich, dass der Bundesumweltminister bundeseinheitliche Festlegungen hinsichtlich der erforderlichen Schutzstandards trifft, darüber hinausgehende Konkretisierungen vornimmt und gegebenenfalls das kerntechnische Regelwerk ergänzt. Denn all dies ist auf den konkreten Katastrophenfall in keiner Weise ausgerichtet gewesen. Dies ist seine originäre Aufgabe, der der Bundesumweltminister bis heute nicht nachgekommen ist, wenn ich das einmal so unter Familien sagen darf. Das Wort „Familie“ zu verwenden, ist vielleicht ein bisschen geprahlt; ich will hier nicht übertreiben.
- Das stimmt. - Er ist dieser Aufgabe bisher also nicht nachgekommen. Wir streben aber an, ihn zu drängen, dieser Aufgabe nachzukommen.
Ich habe am 23. Februar einen Brief geschrieben und ihn darin nochmals nachhaltig daran erinnert, dass auch die Überarbeitung der seit geraumer Zeit in der Öffentlichkeit diskutierten GRS-Studie notwendig ist. Die Antwort, die ich bekommen habe, besagt,
dass auch der Bundesumweltminister das so sieht, sie sagt aber nicht aus, wann er die Konsequenzen daraus ziehen will.
Auch die Weiterverfolgung einer von der schleswigholsteinischen Reaktorsicherheitsbehörde bereits im Januar 2002 für das Kernkraftwerk Brunsbüttel durchgeführten ersten qualitativen Schwachstellenanalyse im Hinblick auf einen gezielten Flugzeugabsturz ist ohne entsprechende Festlegung durch den Bund nicht zielführend. Da liegt unser Problem in der Beziehung zwischen Ländern und Bund, dass wir uns sozusagen gegenseitig blockieren können, wenn wir nicht aufpassen, das zu unterlassen.
Gerade weil das Schutzniveau der deutschen Kernkraftwerke unterschiedlich ist, begrüße ich den aktuell diskutierten Vorschlag des Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz, Herrn König, der vorgeschlagen hat, ältere Anlagen, wie eben auch das Kernkraftwerk Krümmel, vom Netz zu nehmen - -
- Was habe ich gesagt?
- Brunsbüttel. Ich habe „Krümmel“ gesagt? - Brunsbüttel ist gemeint. Entschuldigung. Sie alle sind aber so belesen, dass Sie das sofort wussten.
Er vertritt also die Auffassung, das wir sie vom Netz nehmen und die Stromerzeugung auf jüngere Anlagen übertragen sollten. Wir haben im Oktober 2001 schon auf diese Möglichkeit hingewiesen.
Der Atomkonsens und die ihn umsetzende Atomgesetznovelle 2002 bieten einen entsprechenden Rahmen. Ich habe in dem Schreiben, das ich eben genannt habe, den Bundesumweltminister gebeten, umgehend entsprechende Gespräche mit den Stromkonzernen zu führen.
Wir sind weiter der Meinung, dass der Gesetzgeber gefordert ist, eine neue Risikobewertung dergestalt vorzunehmen, dass die Laufzeiten älterer Anlagen entgegen der im Rahmen der seinerzeit in der Atomnovelle 2002 getroffenen Festlegung deutlich verkürzt werden muss.
Wegen der weiteren Einzelheiten zu all diesen Gesichtspunkten muss ich Sie leider auf den schriftlichen Bericht verweisen. Dazu reichen fünf Minuten beileibe nicht aus.
Lassen Sie mich zusammenfassend nochmals mit allem Nachdruck betonen, dass die Betreiber von
Kernkraftwerken ebenso wie der Staat gefordert sind, den neu erkannten Bedrohungen wirksam zu begegnen. Das ist keine Sache, die man einem zuschieben kann, sondern es sind alle Beteiligten gefordert und es geht um ein Gesamtkonzept, in dem anlagentechnische Maßnahmen ebenso eine Rolle spielen wie etwa staatliche Maßnahmen zur Verbesserung der Luftverkehrssicherheit.
Meine Damen und Herren, in diesem Sinne hoffe ich, dass ich Recht behalte, wenn ich gesagt habe, die Äußerungen von Herrn König haben Bewegung in diese Sache gebracht, und dass wir uns an dieser Stelle wirklich bewegen und ein Stück vorankommen werden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir kommen damit zu einem medizinischen Thema. Trotzdem gehe ich davon aus, dass die Ideologieverbreitung bei diesem Thema geringer ist als bei dem eben diskutierten Thema. Das ist eigentlich schade; denn das eben diskutierte Thema verträgt es umso weniger, weil es ein sehr grundlegendes Thema ist. Aber dazu sollte ich eigentlich nicht reden, sondern zum Heilberufegesetz.
Mit dem Entwurf eines Heilberufegesetzes sollen EUrechtliche Vorgaben für die so genannte spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin umgesetzt werden. Das ist nicht Ausbildung in unserem Sprachsinne, sondern es ist Weiterbildung. Lediglich die Terminologie der EU spricht von Ausbildung.
Die Weiterbildung in Allgemeinmedizin war bisher auf zweierlei Weise möglich: entweder als früher drei-, jetzt fünfjährige Weiterbildung nach Maßgabe der Weiterbildungsordnung unserer Ärztekammer oder als verkürzte zweijährige Weiterbildung zum so
genannten Euro-Doc auf der Grundlage des Gesetzes über eine spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin, mit dem hier im Lande die bisher geltenden EU-Vorgaben umgesetzt worden waren.
Diese Unterscheidung fand insbesondere darin ihren Ausdruck, dass nur diejenigen die Gebietsbezeichnung Allgemeinmedizin führen durften, die die längere Weiterbildung nach der Weiterbildungsordnung der Kammer erfolgreich abgeschlossen hatten. Absolventinnen und Absolventen der bisher zweijährigen EU-Weiterbildung durften sich dagegen praktische Ärztin oder praktischer Arzt nennen.
Meine Damen und Herren, diese unterschiedliche Behandlung der beiden Weiterbildungsgänge bemängelt die EU-Kommission schon seit längerem und hat daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Auch wenn wir eigentlich der Meinung sind, dass diese Dinge Landessache bleiben sollten, haben wir dennoch mit den anderen Ländern und dem Bund zusammen darüber diskutiert. Nach diesen intensiven Abstimmungsgesprächen sind wir der Meinung, dass wir den Forderungen der EU nachkommen sollten. Daher liegt jetzt dieser Gesetzentwurf vor.
Nunmehr soll die spezifische Ausbildung in der Allgemeinmedizin so geregelt werden, dass sie in der fünfjährigen, durch Kammersatzung geregelten Weiterbildung aufgeht. Damit ist das Recht verbunden, die Gebietsbezeichnung Fachärztin oder Facharzt für Allgemeinmedizin zu führen.
Ich denke, das ist ein vernünftiger, maßvoller Schritt, der niemandem wehtut, er dient auch der Klarheit der Sache und gibt den betroffenen Medizinerinnen und Medizinern mehr Klarheit an die Hand.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herzlichen Dank für den freundlichen Einstandsbeifall. Das ist im Landtag nicht ganz gewöhnlich, aber nett. Der Wortlaut des Antrags unterstellt der Landesregierung - und das ist nun wirklich bemerkenswert - nahezu hellseherische Fähigkeiten. Zwar geschieht dies nur von der kleinen Fraktion in der Opposition, aber immerhin ist es der Erwähnung wert.
Es wird überwiegend nach den Auswirkungen eines außerordentlich komplexen Regelungswerks gefragt, das gerade einmal sechs Wochen in Kraft ist. Das sind sechs Wochen mit allen Abzügen, die man dabei machen muss. Ergebnisse zu berichten, ist deshalb nur unvollständig möglich. Lassen Sie mich eine kleine Anmerkung machen: Frau Kolb, es hat mich vor diesem Hintergrund doch überrascht, von Ihnen -
ich glaube, es war in der „Brunsbütteler Rundschau“ - zu lesen: Wieder einmal habe sich gezeigt, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen entweder ganz abgeschafft oder auf ein bundesweites Minimum reduziert werden sollten. Dies sagte die FDPPolitikerin. Ich meine, darüber kann man streiten. Es hier formuliert zu sehen, überrascht doch.
Die Landesregierung zieht es vor, sich auf der Grundlage klarer Fakten zu äußern. Die haben wir noch nicht. Dennoch will ich versuchen, hier und heute erste Einschätzungen zu geben. Lassen Sie mich zunächst in Erinnerung rufen, dass das GMG mit 90 % der Stimmen des Bundestages und 80 % der Stimmen des Bundesrates beschlossen wurde. Das ist eine so breite demokratische Legitimation, dass man sie sich - gerade bei solchen Reformvorhaben - öfter wünschte, auch wenn ich an dieser Stelle zugeben muss, dass noch nicht jedes Detail in diesem Reformvorhaben das Gelbe vom Ei ist.
Mit einer zweiten Vorbemerkung möchte ich darauf hinweisen, dass es sich beim GMG vor allem um ein Rahmengesetz handelt, dessen Umsetzung und Ausfüllung in wesentlichen Bereichen an die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen - insbesondere an den gemeinsamen Bundesausschuss - delegiert ist. Deshalb ist von vornherein klarzustellen, dass die nicht zu leugnenden Startschwierigkeiten insbesondere auch darauf zurückzuführen sind, dass wichtige Entscheidungen des Ausschusses - zum Beispiel die Chroniker-Regelung oder die Krankentransportrichtlinie - erst in den letzten Januar-Wochen getroffen worden sind. Das waren noch nicht einmal sechs Wochen.
Nun lassen Sie uns doch erst einmal abwarten, ob die Regelungen in ihren praktischen Auswirkungen die entstandenen Ungewissheiten und zum Teil auch Irritationen beseitigen. Das gilt für die meisten Fragestellungen Ihres Antrags. Ich füge hinzu, dass es hilfreich wäre, wenn Beteiligte - und zwar alle - aus allen möglichen Parteien und Gruppierungen auch einmal den Mund hielten und nicht in jedes Mikro und auf jede Zeitungsseite reagieren würden, das sage ich dem ganzen hohen Hause und auch Ihnen, Herr Kubicki.
Was die Auswirkungen auf die Kassenbeiträge angeht, so ist damit wohl die Absenkung der Beiträge gemeint. Das ist im Moment noch eher im trüben Bereich der Spekulation. Da die finanziellen Auswirkungen des GMG auf die Ausgaben der GKV gerade
erst eingesetzt haben, liegt es nahe, dass viele Kassen daraus noch keine Schlussfolgerungen für die Entwicklung der Beitragssätze ziehen konnten. Es wäre ein völlig falsches Signal, würden wir jetzt an der Zielvorgabe des Gesetzes und der Bundesgesundheitsministerin rütteln, indem wir so tun, als ob es vielleicht verzichtbar wäre, die Beiträge zu senken. Ich denke, wir müssen darauf drängen, dass wir eine spürbare Beitragssenkung bekommen.
Im Übrigen gibt es durchaus positive Signale. Immerhin fast die Hälfte aller Kassenmanager gehen bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt von sinkenden Beiträgen aus. Einige Kassen haben ihre Beiträge bereits gesenkt oder eine Beitragssenkung zum Frühjahr angekündigt. In Schleswig-Holstein hat etwa der VdAK für mehr als 650.000 Versicherte eine Senkung um immerhin 0,4 % genannt. Wir sind davon überzeugt, dass weitere Krankenkassen folgen und damit ihren Teil zur Kosten- und Beitragssenkung in der GKV leisten werden und leisten müssen - so will ich es lieber sagen.
Zur Problematik der Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen auf Betriebsrenten ist darauf hinzuweisen, dass mit dem GMG statt des bisher erhobenen halben der volle Beitragssatz eingeführt wird. Damit wird eine Gleichbehandlung mit den freiwillig Versicherten hergestellt. Von einer völligen Neuregelung kann also nicht die Rede sein.
Wer jetzt die Abschaffung dieser Regelung fordert, muss auch erklären, wie der damit verbundene Einnahmenausfall für die GKV kompensiert werden soll, denn das Geld wächst nicht von selber an irgendeiner Stelle nach. Bei allem sollten wir nicht aus den Augen verlieren, dass die Regelungen des GMG auch auf die Senkung der Lohnnebenkosten gerichtet sind. Davon reden wir alle seit Jahren, doch wenn es Ernst wird, vergessen wir das gelegentlich.
Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz auf die Zuzahlungsproblematik von Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern eingehen und zunächst in Erinnerung rufen, dass die Einbeziehung der Sozialhilfebedürftigen in die gesetzliche Krankenversicherung ein parteiübergreifendes Anliegen war, das jetzt durch das GMG endlich wieder aufgegriffen wird. Das muss man ehrlicherweise so sagen. Wir hatten es zu Seehofers Zeiten schon einmal im Gesetz stehen. Das haben wir damals dann nicht umgesetzt.
Am Ende ein Appell an uns alle: Geben Sie der Umsetzung des GMG eine wirklich faire Chance. Sie wissen vielleicht, dass ich versucht habe - als mir
meine Krankheit das noch ermöglichte -, mich an der einen oder anderen Stelle in dieses Gesetzgebungsverfahren einzuklinken. Das war aus verschiedenen Gründen nicht so erfolgreich.
Aber ich bin nach wie vor der Hoffnung, dass es uns gelingt, eine dauerhafte und vernünftige Reform hinzubekommen. Bei der Mitarbeit aller sollte es doch mit dem Teufel zugehen, wenn das nicht gelingen würde.
Gegebenenfalls erforderliche Korrekturen sind erst dann verantwortlich zu erwägen, wenn valide Erkenntnisse über nicht gewollte unverträgliche Auswirkungen vorliegen. Sechs Wochen GMG sind bei weitem nicht ausreichend, um das beurteilen zu können.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach dieser Ermahnung erlaubt es mir die Zeit erst recht nicht, mehr als nur wenige Anhaltszahlen zu nennen und Anmerkungen zu machen.
Der Preisindex aller privaten Haushalte hat sich nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes Schleswig-Holstein von 1995 bis 2002 auf 111 % erhöht. An dieser Erhöhung haben die Lebensmittel, die Nahrungsmittel und auch die alkoholfreien Getränke eine unterdurchschnittliche Teilhabe. Tendenziell weisen alle Bereiche nach wie vor eine steigende Entwicklung auf – der Lebensmittelbereich nicht. Nach einem Hoch von 109 % am Anfang 2002 hat sich eine fallende Tendenz eingependelt. Trotz der – Sie erinnern sich; wir haben darüber auch im Landtag gesprochen – zum Jahresbeginn 2002 teilweisen massiven Preiserhöhungen bei Obst und Gemüse sind die Preise im Jahresdurchschnitt 2002 stabil geblieben und im ersten Halbjahr 2003 sanken die Lebensmittelpreise doch deutlich ab – im Vergleich zum Vorjahr minus 1,1 %. Anteil daran hatten besonders Gemüse, Obst und Molkereiprodukte.
Was sagen uns diese wenigen Zahlen beziehungsweise wie müssen wir sie bewerten? Ich denke, die Bewertung kann nur ambivalent ausfallen. Aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher sind bei unterstellten gleichen Qualitäten niedrige beziehungsweise sinkende Lebensmittelpreise zu begrüßen. Aus der Sicht der landwirtschaftlichen Erzeuger sind sie weniger zu begrüßen, weil sie natürlich die Erlösspanne am Produkt geringer machen. Aus der Sicht des Einzelhandels sind sie auch von Nachteil, weil die ohnehin niedrige Gewinnspanne bei Lebensmitteln noch geringer wird
und weil dadurch auch der bereits stattfindende Konzentrationsprozess der so genannten großen Handelsriesen noch beschleunigt wird.
Aber – das will ich auch hinzufügen – es ist nicht nur ein Nachteil für den Handel insgesamt, sondern hier wiederum auch wieder ein Nachteil für den Verbraucher, weil daraus auch monopolistische Angebotsstrukturen erwachsen. Wir wissen das. Aber die Frage ist: Wie gehen wir damit um?
Zur Frage, ob und wie sich Qualitätssicherungssysteme langfristig auf die Preisentwicklung von Lebensmitteln auswirken, gibt es im Übrigen keine statistischen Untersuchungen, die belastbar wären, keine Marktuntersuchungen. Die vertrauensbildenden Maßnahmen nach BSE und MKS haben sich vorübergehend überdurchschnittlich bei der Preisentwicklung ausgewirkt, aber eben nur vorübergehend, nicht dauerhaft. Durch den Wettbewerbsdruck, durch die Discounter hat sich das sehr schnell wieder eingependelt.
Die Qualitätssicherungssysteme in Produktion und Verarbeitung – das will ich hier deutlich unterstreichen – sind trotz dieser nicht vorhandenen dauerhaften Auswirkung auf das Preisgefüge unverzichtbar, nämlich zur Sicherung von Absatzmärkten. Wie sich dann die höhere Akzeptanz bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern im Kaufverhalten herstellen lässt, ist eine ungelöste Frage. Ich will in aller Deutlichkeit sagen: Diese Frage entzieht sich auch der direkten politischen Steuerung. Ich verstehe jedenfalls meine verbraucherpolitische Arbeit nicht so, dass ich hier irgendwie regulierend gegen Discounter einschreiten könnte.
Das halte ich für einen völlig falschen Ansatz. Wir können es nur über Aufklärung und Bewusstseinsbildung schaffen.
Es ist zu beobachten – das lässt vielleicht hoffen -, dass es den Lebensmittelketten zum Teil gelingt, für Produkte mit Qualitätssiegeln am Markt höhere Preise zu realisieren, unabhängig von ihren individuellen Marktstrategien. Aber – auch dahinter muss man ein Aber setzen – wenn sich diese Qualitätssicherungssysteme flächendeckend durchsetzen, als Standard etablieren, dann wird sich das natürlich auch wieder nivellierend auswirken, weil ein Verbraucher nicht
bereit ist, für Standardware, um die es sich dann ja handelt, mehr Geld auszugeben.
- Dies sind die Ambivalenzen, von denen ich gesprochen habe.
Ich fasse es zusammen: Aus meiner Sicht ist es dennoch ganz wichtig, dass sich die Ernährungswirtschaft auf Qualitätssicherungssysteme konzentriert, diese etabliert; denn sonst ist sie auf dem Markt ganz und gar nach hinten geworfen - schon wegen der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit von Lebensmitteln, die künftig stärker werden. Chancen am globalisierten Markt hat man also nur mit ausgefeilten Qualitätssicherungssystemen. Das ist sozusagen eine Versicherung für künftige Krisen und deren Meisterung. Ohne größeres Verbrauchervertrauen kann sich auf Dauer die Ernährungswirtschaft mit allem, was dazu gehört, sicherlich nicht behaupten. Wir können das aber im Ausschuss auch noch vertiefen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verweise auf meine Wortbeiträge in der Januar-Sitzung zum Thema Gesundheitsberichterstattung insgesamt, zum Thema Gesundheitsziele und zu dem ursprünglich gestellten Antrag der CDU. Es ist in den weiteren Ausschussberatungen alles gesagt worden.
Ich bedauere es sehr, dass CDU und FDP dem jetzt gefundenen Berichtsantrag nicht zustimmen wollen. Für mich ist das ein Ausweis dafür, dass sie nicht wirklich an Kindergesundheit und ihrem Fortschritt im Lande interessiert sind.
Frau Abgeordnete Hinrichsen, im Übrigen wird sich mein Haus bemühen, über alles, was uns an Daten im Moment zur Verfügung steht, und alles, was wir tun,
umfänglich zu berichten. Das liegt schon im Interesse des Themas. Darauf können Sie sich verlassen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich denke, es ist kein besonderer Ausweis von Ernsthaftigkeit, wenn wir uns hier heute darüber streiten, ob eine Strukturreform nicht gemeint ist, wenn in einem Antrag nur von einem Teil der Finanzreform der sozialen Sicherungssysteme die Rede ist. Um es höflich auszudrücken: Das finde ich ausgesprochen oberflächlich. Wir wissen alle, dass wir bei den sozialen Sicherungssystemen zuallererst eine Strukturreform brauchen. Die ist auf dem Weg!
- Herr Kayenburg, wir sagen das nicht nur, sondern wir machen das auch! Wir müssen nicht alles, was
politisch auf dieser Erde nötig ist, in jedem Antrag sagen. Das wäre schlecht!
- Lieber Herr Kayenburg, ich sagte, wir sagen das nicht, wir machen das. Bei der Krankenversicherung machen wir eine Strukturreform. Wenn Sie sich Ihre Vorschläge - einschließlich der von Herrn Seehofer - angucken, dann ist von Strukturreform nicht die Rede. Bei der FDP schon gar nicht. Es ist nur die Rede von Finanzreform, und zwar mit dem Tenor, mehr Geld ins System. Ich gebe selbstkritisch zu, in dem Reformwerk, das die Regierung vorgelegt hat, fehlt noch der Teil der Finanzreform. Den brauchen wir, das ist ganz klar. Er wird auch kommen. Hier jedoch zu sagen, wenn man nicht alles gleichzeitig nennt, dann hat man das eine vergessen oder versteht sein Geschäft nicht, finde ich einfach lächerlich!
Vorhin war von der PR-Maschine die Rede. Lieber Kollege Stegner, ich weiß, wie Sie es gemeint haben. Als Antwort auf Ihre Aufforderung, meine Geheimrezepte vorzulegen, sage ich: Ich habe keine Geheimrezepte. Ich habe meine Überlegungen und die meines Hauses nicht in eine PR-Maschine eingefüttert. Das halte ich für überflüssig und kontraproduktiv. Ich habe sie in einen ordentlichen Meinungsbildungsprozess eingefüttert. Wenn ich mir die Reformideen auf Bundesebene angucke, dann haben darin eine ganze Menge Ideen ihren Platz gefunden, die wir beigetragen haben.
Ich war eine der ersten derer, die die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe gefordert haben. Dies fordere ich seit 1995. Wenn Sie das nicht merken, dann tut mir das Leid. Dafür kann ich nichts. Vielleicht lesen Sie auch nicht immer überregionale Zeitungen.
Ich war eine der ersten, die gesagt haben, wir werden nicht umhinkommen, auch den Leistungskatalog der Krankenversicherung zu durchforsten. Was ist passiert? Wir haben einen Leistungsblock in Angriff genommen, der jetzt ausgegliedert wird.
Nein. Ich könnte das mit dem Thema Rentenversicherung fortsetzen. Vor der Bundestagswahl 1998 hat es Gespräche mit CDU-Kolleginnen und -Kollegen gegeben. Ich war - auch gedeckt durch das eigene Kabinett - sehr wohl der Auffassung, dass wir nicht umhinkommen würden, auch die Leistungen der Rentenversicherung einer Kontrolle zu unterziehen, wenn wir diese auf Dauer finanzieren wollen. All das sind Beiträge zur Meinungsbildung, die sich sehr wohl wieder finden. Das sage ich ohne Hochmut, jedoch mit einer gewissen Genugtuung. Das hat viel Arbeit und viel Durchsetzungskraft gefordert. Dies waren keine Selbstgänger in der sozialdemokratischen Partei. Das wissen Sie doch. Tun Sie doch nicht so! Es ist doch lächerlich, hier Ernsthaftigkeit postulieren zu wollen, sich hinzustellen, alte Zeitungsausschnitte rauszuziehen und zu sagen, da habe jemand seine Meinung vielleicht modifiziert oder gar geändert. Gott, wie schrecklich. Herr Kalinka, Sie bringen es doch fertig, in einem Podiumsdiskussionsbeitrag drei sich widersprechende Thesen zu formulieren.
Sie sind hier nicht aufgerufen, eine vernünftige Form der Meinungsänderung zu kritisieren. Mit einem Wort: Ich finde, wir brauchen Strukturreformen. Die machen wir, die befördern wir von Schleswig-Holstein aus. Wir brauchen eine Finanzreform. Dazu haben wir hier und heute eine Idee zufassende. Dazu braucht es noch weitere. Wir beteiligen uns - und das ist mir wichtig - solide an einer inhaltlich ernsthaften Diskussion.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits Anfang 2002 waren wir uns fraktionsübergreifend einig, dass wir dem gewachsenen Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung auch im Umgang mit psychisch kranken Straftätern Rechnung tragen müssen. Herr Kubicki, ich glaube, es gibt einen Unterschied zwischen der tatsächlichen Sicherheit, die natürlich nicht ohne weiteres durch so etwas, was wir jetzt tun, zu erreichen ist, und dem Sicherheitsbedürfnis beziehungsweise Sicherheitsgefühl von Menschen.
Das hat auch sehr viel mit Psychologie zu tun. Umso schwieriger ist die Gratwanderung, die wir machen müssen, wenn wir in dem Zielkonflikt zwischen dem Sicherheitsbedürfnis und dem Anspruch auf Therapie kranker Menschen einen Weg finden müssen.
Wir wollen heute in zweiter Lesung das Maßregelvollzugsgesetz ändern und angemessene erkennungsdienstliche Maßnahmen ermöglichen. Ich denke, wir schließen damit in der Tat eine Sicherheitslücke, die sich bei einigen Fluchtversuchen oder auch tatsächlich gelungenen Fluchten ergeben hat.
In der Zielrichtung einig, gab es jedoch unterschiedliche Auffassungen in Aspekten der konkreten Durchführung. Das ist hier heute auch noch einmal deutlich geworden. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob die erkennungsdienstlichen Maßnahmen grundsätzlich und immer bei allen Patientinnen und Patienten durchgeführt werden sollten, und vor allem, ob sie bei jeder Art von Vollzugslockerung erneut durchzuführen seien oder ob die entsprechenden Entscheidungsspielräume dann bei dem behandelnden Therapeuten, der behandelnden Klinik verbleiben sollten. Der Ausschuss hat sich für Letzteres entschieden und das ist gut so.
Ein weiterer Knackpunkt war die Frage nach der Aufbewahrung der Akten nach einer Entlassung. Auch dies ist, glaube ich, verträglich in einem solchen Zielkonflikt geregelt.
Der Innen- und Rechtsausschuss sowie der Sozialausschuss haben in meinen Augen einen guten Kompromiss gefunden. Letztlich ist zwischen den Positionen von FDP und CDU eine Linie gefunden worden, die allen Beteiligten gerecht wird. Auch ich gehe davon aus, Herr Kollege Geißler, dass die Fachkliniken dieses Instrumentarium, das sie jetzt haben, nicht nur konsequent, sondern ganz besonders verantwortungs
voll nutzen. Sie werden das im eigenen Interesse tun, da auch der Ruf einer Klinik davon abhängt, wie ein solches Problem beziehungsweise ein solcher Zielkonflikt gelöst wird.
Wir sind uns alle darüber im Klaren, dass der Zielkonflikt zwischen der größtmöglichen Sicherheit beziehungsweise der Erfüllung des Sicherheitsbedürfnisses der Bevölkerung und der bestmöglichen Therapie für psychisch Kranke, die auf Reintegration ausgerichtet ist, nicht dauerhaft und vollständig ausgeräumt werden kann. Wir haben ein anderes Problem zu lösen, das sich an dem Fall Sabbasch gezeigt hat, auf den die Kollegin Tenor-Alschausky hingewiesen hat. Wir müssen in rechtlicher Hinsicht überlegen, wie wir einen psychisch kranken Straftäter, der aufgrund richterlichen Urteils entlassen wird, vorbereiten und wie wir ihn nach der Entlassung begleiten. Das Gesundheitsministerium und das Justizministerium sind da auch im Gespräch. Das ist ein nächstes Problem, das wir zu lösen haben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine völlige Freigabe der Ladenschlusszeiten an Werktagen, ein prinzipieller Sonn- und Feiertagsschutz mit klar geregelten Ausnahmen - in welchem Gesetz auch immer - und den entsprechenden Anknüpfungspunkten für eine großzügige Bäderregelung, das entspricht der wiederholt und schon seit Jahren - wirklich seit Jahren! - erklärten Linie der Landesregierung.
Ich weiß nicht, ob das jemand toppen kann, aber ich vertrete diese Forderung - dezidiert in der Zeitung „Die Zeit“ nachzulesen - seit 1995,
und zwar aus ordnungspolitischen und verbraucherpolitischen Gründen.
- Das stimmt. Aber es bewegt sich ja doch etwas!
Ich glaube, das Thema hat im Rahmen der Deregulierungs- und Reformdebatte ideologisch einen etwas überhöhten Stellenwert.
Es wird fälschlicherweise an Arbeitnehmerschutzrechten festgemacht, die anderweitig geregelt sind und auch geregelt sein müssen. Ich glaube, darüber sind wir uns einig.
Ich glaube, diese ideologische Überhöhung erklärt die Widerstände und die doch sehr kleinschrittige politische Willensbildung in diesem Feld.
Es ist momentan zu erwarten, dass der auf der Grundlage des Entwurfs der Bundesregierung erfolgte Gesetzesbeschluss des Bundestages ohne Änderung bestätigt wird. Das muss man realistischerweise hier auch einmal sagen. Denn im Einspruchverfahren wird die Kanzlermehrheit reichen, den Einspruch zurückzuweisen. Wir haben mit der Ausweitung der Sonnabendöffnung sicherlich nicht den großen Wurf, aber wir haben einen Schritt, und zwar in die richtige Richtung, getan. Das soll man dann auch nicht verkennen.
Sollte sich im anstehenden Vermittlungsverfahren doch noch eine realistische Chance für eine wirkliche bundesrechtliche Liberalisierung ergeben, dann werden wir uns selbstverständlich für sie einsetzen. Wir wissen uns da auf derselben Linie wie Hamburg. Sie wissen es, wir haben den hamburgischen Gesetzentwurf im Verfahren mitgetragen. Leider - ich bitte Sie, das auch einmal zu bedenken, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU - haben sich die CDUgeführten Länder eben nicht auf diesen hamburgischen Entwurf verständigen können. Wie man weiß, gibt es in Ihren Reihen auch Menschen, die sich scheuen, das Ladenschlussgesetz abzuschaffen beziehungsweise es wirklich zu liberalisieren. Deshalb hat man zur Krücke der Regionalisierung gegriffen, nach dem Motto: Dann darf es jeder so machen, wie er möchte, auch Bayern, das nicht für eine vollständige Liberalisierung ist, und andere CDU-Länder mehr. Sie werden dann Landesladenschlussgesetze mit dem
Effekt schaffen, dass wir einen bundesweiten Flickenteppich haben und in Grenzbereichen eine noch unklarere Rechtssituation als heute mit den vielen Ausnahmen. Davon halten wir wenig. Wir möchten eine bundesrechtliche Regelung. Sollte sich aber wider Erwarten dieser halbherzige Bundesratsbeschluss halten, sollte er wider Erwarten nicht vom Bundestag zurückgewiesen werden, dann werden wir natürlich hier in Schleswig-Holstein - und zwar in Abstimmung mit Hamburg - eine landesrechtliche Liberalisierung durchführen.
Aber ich bleibe dabei: Wir brauchen eine bundesrechtliche Deregulierung. Dazu sollten eigentlich auch alle CDU-regierten Länder den Mut haben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte wenig zur Motivation und zum Inhalt des Antrags sagen. Ich denke, Ihre Begründungsrede war aufschlussreich genug, Herr Kalinka. Die Mischung aus wohlfeilen Bekenntnissen, Unterstellungen und bestenfalls Halbwissen kennen wir schon.
Unter Punkt 1 Ihres Antrags fordern Sie, die Landesregierung möge von Verunsicherungen Abstand nehmen. Dazu will ich sagen: Das tun wir gern. Aber Sie müssten dann auch aufhören, diese Verunsicherungen zu schüren und zu verlängern.
Ich habe durchaus Verständnis für die Verbände und für die Betroffenen dafür, dass dieses Papier, von dem Sie immer als einem Entwurf sprechen, falsch eingeordnet werden musste, auch wenn „Skizze“ darüber steht. Diese Veröffentlichung im Internet, die nicht autorisiert war, die im Übrigen in einem völlig anderen Zusammenhang erfolgt ist, als Sie es darstellen - -
- Woher wissen Sie denn das? - Im Internet steht eine Unterlage. Deshalb wissen Sie doch noch nicht, welches Gewicht sie hat, von wem sie ist und wofür sie gemacht worden war.
Sie ist nicht von mir autorisiert, noch nicht einmal - - Unterstellung, Herr Kalinka. Ich habe keine Lust, mich mit Ihnen auf dieser Ebene zu unterhalten.
- Ich habe gar nicht gewusst, dass es im Internet steht.
- Lieber Herr Kalinka, auf dieser Ebene möchte ich mit Ihnen nicht diskutieren. Ich habe mich vor Ihnen nicht zu rechtfertigen, was ich wann wusste. Ich habe eine politische Verantwortung und die nehme ich war.
Ich habe Verständnis für die Verunsicherung. Diese Stichwortsammlung - mehr ist es nicht - ist in einem völlig anderen Zusammenhang für eine kommunale Arbeitsgruppe im Rahmen der Diskussion um das Quotale System - wenn Sie wissen, was das ist, Herr Kalinka - erarbeitet worden. Dieses Papier taugt jetzt nicht mehr, nicht einmal als Diskussionspapier. Deshalb ist es vom Tisch, und zwar nicht erst, seit Sie das Thema erkannt haben, sondern schon früher.
Worum geht es bei der Eingliederungshilfe wirklich? Es geht, abgesehen von den ambulanten Einzelhilfen, um Leistungen für behinderte Kinder, die im Vorschulalter heilpädagogisch betreut werden. Es geht um Leistungen für behinderte Jugendliche und junge Erwachsene, die Hilfen zur Schul- und Berufsausbildung erhalten, und es geht um Leistungen für behinderte Menschen, die in einer Werkstatt beschäftigt sind oder in einem Wohnheim oder in einer Behinderteneinrichtung betreut werden.
Meine Damen und Herren, all diese Menschen - es sind etwa 20.000 in Schleswig-Holstein - erhalten Eingliederungsleistungen aus der Sozialhilfe. Und die Sozialhilfe macht heute etwa 40 % aller Rehabilitationsleistungen aus. Sie ist damit der größte RehaTräger. Sie wissen, wer die anderen sind, es sind im Wesentlichen die Versicherungen. Also, die Sozialhilfe ist der größte Reha-Träger unter allen, die infrage kommen. Landkreise und kreisfreie Städte als
Träger der Sozialhilfe haben gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden eine vielfältige wohnortnahe und leistungsfähige Infrastruktur der Behindertenhilfe geschaffen. Diese Hilfen werden von den Betroffenen geschätzt. Und ich finde, wir können stolz darauf sein, dass wir eine gute Infrastruktur haben, dass wir nicht mehr die alten Schlafsäle haben, die nicht mehr erträglich wären, und dass wir auch nicht mehr Schlusslicht in der Behindertenhilfe sind, wie wir es jahrzehntelang in Schleswig-Holstein waren.
Trotz dieses Erfolges gibt es Anlass zu großer Sorge - und zwar in allen Bundesländern. Die Ausgabensteigerungen in diesem Leistungsbereich sind dramatisch - und ich benutze dieses Wort selten. Durchgängig haben sich in den letzten zehn Jahren die Aufwendungen der öffentlichen Haushalte für die Eingliederungshilfe fast verdoppelt. Von 1998 bis 2001 sind die Kosten bundesweit um mehr als 20 % gestiegen, in Schleswig-Holstein um knapp 25 %. Herr Kalinka, bitte hören Sie einmal zu, damit Sie das mit den Zahlen wenigstens „klarbekommen“.
In Schleswig-Holstein erhöhte sich die Eingliederungshilfe von 2000 bis 2001, also in einem Jahr statt in vier, um knapp 9 % auf insgesamt 400 Millionen €. Das ist bei weitem die höchste Steigerung im Bundesgebiet. Prognosen aufgrund bundesweiter Erhebungen gehen - auch unter Berücksichtigung der Frühförderstellen und der heilpädagogischen Kindergärten; da liegt die Hauptkostensteigerung - für die nächsten fünf Jahre von Steigerungsraten zwischen 30 und 50 % aus.
Vor diesen enormen Herausforderungen dürfen wir doch nicht die Augen verschließen und so tun, als ob wir uns damit nicht beschäftigen müssten. Es ist deshalb auf jeden Fall und zuvorderst unabdingbar, dass wir die notwendigen Hilfen mit höchster Effizienz erbringen, dass wir dieses Leistungssystem - der Herr Abgeordnete Baasch hat es schon gesagt - zügig absichern, bevor es uns finanziell zusammenbricht. Da liegt unsere Verantwortung, hauptsächlich da, und da bin ich im Sinne derjenigen betroffen, die unter einer Behinderung zu leiden haben, die mit einer Behinderung leben müssen.
Unser erster Schritt muss eine sorgfältige Analyse dieser Kostensteigerung sein. Es sind einige allgemeine Aussagen möglich, die zum Teil auch schon angeklungen sind. Die größte Zahl der Menschen mit Behinderung lebt in stationären Einrichtungen. Der ungebrochene Ausbau dieser Einrichtungsart hat ver
gessen lassen oder in den Hintergrund gedrängt, dass Menschen mit Behinderung ihre Lebensweise frei wählen wollen. Deshalb müssen Wohnformen, die eine stärkere Selbstbestimmung ermöglichen - nicht aus Kostengründen, sondern aus inhaltlichen Gründen - viel stärker in die Hilfeplanung eingehen. Der individuelle Hilfeplan muss eine viel größere Rolle spielen.
Das ist eine zentrale Forderung auch der Behinderten selbst, nicht so sehr der Träger der stationären Einrichtungen. Das wurde auch in Rendsburg deutlich. Insofern sollten Sie den Punkt 2, Herr Kalinka und meine Damen und Herren von der CDU, in Ihrem Antrag wirklich noch einmal überdenken.
Eine weitere Ursache für die Kostenentwicklung ist der Wertewandel. Wir haben zunehmend Menschen mit psychischen Problemen, Suchterkrankungen, wie Frau Birk schon sagte. Deshalb haben wir immer mehr Menschen in der Eingliederungshilfe, die aufgrund psychischer Erkrankungen kommen.
Ein weiterer Grund ist, das durchschnittliche Zugangsalter behinderter Menschen geht immer mehr zurück, sie werden immer jünger. Immer mehr Kinder und Jugendliche kommen in die Eingliederungshilfe.
Als letzte Punkte möchte ich hier die höhere Lebenserwartung und den medizinischen Fortschritt nennen.
Das macht deutlich, welche Dimension wir hier sozialpolitisch vor uns haben. Das erklärt aber noch lange nicht, warum wir in Schleswig-Holstein eine so auffällige Entwicklung haben, auffälliger als überall sonst im Bundesgebiet. Deshalb ist es richtig, dass sich die Landesregierung und die Kommunen seit etwa zwei Jahren - seit etwa zwei Jahren anscheinend von Ihnen unbemerkt! - in einem gemeinsamen Steuerungsvorhaben mit der Kostenentwicklung der Eingliederungshilfe befassen. Im Rahmen dieses Benchmarking, das wir auch für die Hilfe zum Lebensunterhalt durchgeführt haben, analysieren wir unter Berücksichtigung der Prüfungen des Landesrechnungshofs - das sage ich hier einmal mit aller Vorsicht - schwerpunktmäßig Strukturen, Entscheidungsprozesse und Veränderungen in der Eingliederungshilfe. Das ist ein sehr aufwändiges Verfahren, das nicht von heute auf morgen Ergebnisse bringt. Aber ich gehe davon aus, dass wir im Laufe dieses Jahres noch eine Datenbasis erreichen, auf der wir dann die landesspezifischen Ursachen für die Ausgabenentwicklung ausfindig machen können, und auf der Grundlage wir gezielt Steuerungsmöglichkeiten entwickeln können.
Für die politischen Zielvorgaben bei diesem Steuerungsvorhaben nenne ich noch einmal vier Grundsätze:
Erstens. Ein leistungsfähiges, an den individuellen Bedürfnissen der Menschen orientiertes und qualifiziertes Angebot, muss auch in Zukunft sichergestellt werden. Das ist eine Banalität, eine Selbstverständlichkeit.
Zweitens. Es muss gewährleistet sein, dass die öffentlichen Mittel der Eingliederungshilfe wirtschaftlich und zielgerichtet für die betroffenen Menschen eingesetzt werden.
Drittens. Die Analyse muss sich vor allem auf die Kostensteigerungen im System erstrecken, die den behinderten Menschen nicht unmittelbar zugute gekommen sind. Und ich zitiere hierzu aus der Zeitschrift „Der Eppendorfer“die nicht verdächtig ist, nicht Partei für die Behinderten zu ergreifen. Dort schreibt der Herausgeber in einem Kommentar: „Es ist noch Luft drin.“ Genau diese Luft müssen wir finden und die müssen wir rausdrücken aus dem System, damit alles, was wir an Geld haben, auch den Menschen mit Behinderung direkt zukommt. Darum geht es.
Ich wiederhole: Es gibt aus meinem Haus keinen Entwurf, keine Handlungsanweisungen und Handlungsvorschläge, die sich in irgendeiner Form mit einem Leistungsabbau befassen. Es gibt dieses Papier, von dem hier gesprochen worden ist. Ich habe die Wohlfahrtsverbände und die Verbände der Behindertenhilfe in der vergangenen Woche in einem ausführlichen Gespräch informiert. Ich habe auch dort gesagt, dass dieses Papier keine weitere Rolle spielen soll. Nebenbei gesagt stehen dort auch Punkte drin, die rechtlich gar nicht umgesetzt werden können.
Und ich werde in der nächsten Sitzung des Sozialausschusses des Landtages auf meine Bitte hin zu diesem Thema zu Gast sein. Ich möchte mich damit gern sehr viel detaillierter befassen, als das heute möglich ist. Deshalb komme ich in den Sozialausschuss. Das tue ich, mit oder ohne den Antrag der CDU.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist mir wichtig, dass im Protokoll eine Richtigstellung steht. Dieses Papier ist unautorisiert veröffentlicht worden - nicht von uns, sondern vom Landkreistag. Ich bin darauf aufmerksam geworden, als es Briefe gab. Ich habe daraufhin am 6. Dezember an alle Verbände geschrieben und mitgeteilt, worum es geht und worum es nicht geht. Es tut mir Leid, wenn Sie das alles nicht wissen, vielleicht auch nicht wissen konnten. Das interessiert hier aber auch nicht.
Ich wehre mich dagegen, dass hier in dieser Debatte Unterstellungen gemacht werden, die einfach falsch sind. Dies ist nicht mein Problem, es ist vielleicht das Problem der CDU-Fraktion.
Ich möchte, dass wir in der Sache diskutieren, und ich möchte, dass wir uns wirklich informieren. Dazu
gehört dann auch ein gelegentlicher Blick in BSHG, wenn Sie hier immer über Standards reden, die die Landesregierung macht. Dazu gehört vielleicht ein Gespräch mit Ihrem Landrat; der könnte Sie über manches aufklären, denn die Kommunen zahlen im quotalen System deutlich mehr als wir. Über die „Luft“ die darin ist, darüber können wir im Detail noch einmal reden.
Ich glaube nicht, dass sie dann begeistert wären, wenn Sie das an die Lebenshilfe und die anderen Verbände so weitergäben.
In diesem Sinne, Herr Kalinka, bitte ich einfach auch um etwas mehr Ehrlichkeit. Das sollte hier dann auch einmal im Protokoll stehen.
Entschuldigung, Herr Präsident. Ich glaube, es gibt im Parlament andere Verfahrensvorschläge. Vielleicht hätte sich jemand bei „Gibt es Wortmeldungen zum Antrag?“ melden müssen. Ich übersehe das nicht. Ich kann Ihre Frage nicht beantworten.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns alle einig darin, dass es natürlich Unterschiede bei der Frauen- und Männergesundheit gibt und dass man sich damit mehr als bisher beschäftigen muss. Darum geht es aber gar nicht, es ist ja ein Antrag gestellt worden auf Vorlage eines Gesundheitsberichts, nicht auf einen Bericht an den Landtag. Das mag Ihnen vielleicht beckmesserisch erscheinen, das ist aber ein wirklicher Unterschied. Gestatten Sie mir deshalb ein paar Bemerkungen zur Gesundheitsberichterstattung. Sie werden gleich merken, dass es nicht spitzfindig ist, sondern höchst real.
Gesundheitsberichterstattung, das wissen Sie vielleicht, ist ein gesundheitspolitisches Instrument. Sie ist im Gesundheitsdienstgesetz dieses Landes verankert, nicht immer zur Freude der Kommunen, weil Gesundheitsberichterstattung viel Geld kostet. An eine solche Gesundheitsberichterstattung sind ganz hohe professionelle Anforderungen zu stellen. Das scheint dem Antragsteller, wenn man sich ansieht, was er im Antrag aufzählt, überhaupt nicht bewusst zu sein. Insofern hätte etwas mehr Solidität, etwas mehr Kenntnis bei der Antragstellung vielleicht geholfen.
Gesundheitsberichterstattung ist nicht die Vorlage von Zahlen und Daten allein, sondern sie dient dazu, Gesundheitsziele abzuleiten, so wie wir das getan haben mit unserem Kindergesundheitsbericht und mit unserem Sterblichkeitsbericht. Gesundheitsberichterstattung befasst sich mit der systematischen Analyse und Bewertung des Gesundheitszustandes einer Bevölkerung oder eines Bevölkerungsteils, der Gesundheitsgefährdung und der Gesundheitsversorgung.
Grundvoraussetzung ist also eine vollständige und valide Datenbasis. Diese Datenbasis muss ganz festen Kriterien genügen, was Zuverlässigkeit, Vergleichbarkeit, Gültigkeit und Aktualität angeht. Falls es keine vollzählige Datenerhebung gibt, muss eine Repräsentativität der Stichprobe gewährleistet sein. Das heißt mit anderen Worten, ohne Fachepidemiologen kann man einen solchen Gesundheitsbericht überhaupt nicht anständig erstellen. Wenn Sie sich beispielsweise in Erinnerung rufen, falls Sie es schon einmal gehört haben, Herr Kalinka, dass auch für eine Gesundheitsberichterstattung die Ermittlung altersstandardisierter Erkrankungsdaten unbedingt notwendig ist, dann können Sie sich vielleicht ein kleines Bild davon machen, dass Ihre Zeitvorstellung für die Erstellung eines solchen Berichts von ein paar Wochen oder gar zwei Monaten völlig unrealistisch ist. Ein solcher Bericht erfordert einen Vorlauf und eine Erstellungszeit, die sich in Jahren rechnet. Wenn Sie einmal nachfragen, dann werden Sie das bei allen Gesundheitsberichten so finden.
Ich habe schon gesagt, es kostet auch Geld, das ist keine Frage. Es ist eine freiwillige Leistung und nicht alles, was man machen möchte, kann man in Zeiten knappen Personals und knapper Kassen machen. Das ist hier auch schon angeklungen.
Wenn Sie die Erstellung eines Frauengesundheitsberichts fordern, dann weise ich wie die Kollegin Hinrichsen darauf hin, dass es den Bericht auf der Bundesebene gibt, 700 Seiten stark, noch ganz frisch, aus dem Jahre 2001. Es wäre sehr hilfreich, diese Ergebnisse mit Bezug auf Schleswig-Holstein einmal durchzusehen und aus der Landtagsperspektive auszuleuchten. Wir bemühen uns darum, diesen Bericht zu nutzen, um die gesundheitsförderlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen für die Frauen noch besser zu definieren als bisher.
Im Übrigen gehen wir in der Gesundheitsberichterstattung, die wir ja machen, regelmäßig auf geschlechtsspezifische Unterschiede ein. Wir weisen die Daten, soweit es überhaupt möglich ist, getrennt aus für weibliche und männliche Bevölkerungsgruppen.
Last, but not least möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es einen Bericht gibt zur geschlechtsdifferenzierten Förderung gesundheitsbezogener Leistungen, und das sind nicht die Leistungen der Krankenkassen, die da gemeint sind, sondern das sind die Leistungen des Systems. Dieser Bericht harrt noch seiner endgültigen und arbeitsreichen Auswertung und ich würde mich freuen, wenn wir da im Dialog vieles weiter auf den Weg bringen könnten zum Nutzen einer geschlechterdifferenzierten Betrachtung von Gesundheit und Gesundheitsversorgung.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst herzlichen Dank an Sie, Frau Abgeordnete, für diese Klarstellung; die kann ich mir jetzt schenken.
Ich möchte auf meine generellen Anmerkungen zur Gesundheitsberichterstattung bei dem vorvorherigen Tagesordnungspunkt verweisen. Bereits bei der Veröffentlichung des übrigens ersten Berichts zur gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen in Schleswig-Holstein 1997, Herr Kalinka, ist eine Fortschreibung in Aussicht genommen worden.
Es liegt leider an Ihrer doch sehr punktuellen Wahrnehmung dieses Problemkreises und des Themas, dass Sie offenbar nicht mitgekriegt haben, dass ein solcher Gesundheitsbericht nicht bei uns in der Schublade liegt, sondern dass wir mit ihm arbeiten, dass wir auf der Grundlage dieses Gesundheitsberichts eine ganze Menge Themen schon aufgegriffen haben, in Gesundheitszielen und so weiter. Das sollten Sie vielleicht wissen, wenn Sie so ein Thema angehen.
Ich will Ihnen ein erstes Beispiel nennen. Das sind die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchungen, die regelmäßig und gesetzlich festgeschrieben durchgeführt werden. Die werden seit drei Jahren in Jahresberichten zusammengefasst. Offensichtlich haben Sie noch nie einen gesehen, Herr Kalinka. Schade!
Sie werden eine gute Grundlage für einen umfassenden Gesundheitsbericht sein, auch deshalb, weil in den Kreisen und kreisfreien Städten diese Dokumentationen standardisiert erfolgen, sodass man sie vergleichen kann. Einzelne Kommunen haben bereits Berichte daraus abgeleitet. Das kann man zu gegebener Zeit sicherlich auch für das gesamte Land machen.
Im Rahmen der Schuleingangsuntersuchungen werden außerdem abwechselnd zu aktuellen Themen Befragungen auf freiwilliger Basis durchgeführt, zum Beispiel zum Thema Infektion, Lungenentzündung, auch zu dem wichtigen Thema Kinderunfälle.
Damit wird gleichzeitig für das von uns definierte Gesundheitsziel Reduktion von Unfällen bei Kindern und Jugendlichen eine Datenbasis geschaffen. In Rendsburg wird in dem mit Landesmitteln geförderten Modellprojekt „Sichere Stadt“ auch eine Datenbank zum Unfallgeschehen bei Kindern und Jugendlichen aufgebaut.
So könnte ich eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen aufzählen. Ich beschränke mich aber auf einen Hinweis auf das Gesundheitsziel der Verringerung von Allergien in Schleswig-Holstein. Da führt derzeit das Institut für Sozialmedizin in Lübeck in Zusammenarbeit mit dem jugendärztlichen Dienst des Gesundheitsamtes eine Untersuchung zum Vorliegen von Allergien und häuslichen Allergien bei Schulanfängern durch.
Dann gibt es - das wurde schon erwähnt - eine hervorragende Möglichkeit, umfassende Informationen über die gesundheitliche Lage von Kindern und Jugendlichen unterschiedlichen Alters zu erlangen, und das ist der vom Robert-Koch-Institut durchgeführte Kinder- und Jugendgesundheitssurvey. Wir haben vor, konnten das aber bisher mangels notwendiger Haushaltsmittel nicht tun - das will ich einmal deutlich dazu sagen -, dass die Befragungen, die das RobertKoch-Institut durchführt, für die Schleswig-HolsteinStichprobe um Jahrgangsstufen erweitert werden, damit wir ein wirklich umfängliches Datenmaterial auch für die 11- bis 13-Jährigen und die 14- bis 17Jährigen in Schleswig-Holstein haben. Die Mittel können wir erst für den nächsten Doppelhaushalt - ich will einmal sagen - erneut beantragen. Ich finde, wir sollten diese einmalige Gelegenheit nutzen. Wenn wir die Ergebnisse abwarten, hätte der Kollege Jahner in der Tat Recht mit seiner Einschätzung; dann würde der nächste Kindergesundheitbericht neben all den Einzelberichten, die wir jetzt haben, erst frühestens 2006 erscheinen können.
Herr Kalinka, eines will ich Ihnen zum Schluss sagen, um Ihnen Ihre Sorgen um das Sozialministerium zu nehmen: Wenn Sie es denn nicht „Gesundheitsbericht“, sondern „Landtagsbericht“ nennen - den können wir Ihnen jederzeit locker liefern.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf zu Beginn meiner Rede zunächst daran erinnern, dass Schleswig-Holstein die in der letzten Legislaturperiode des Bundestages verabschiedete Heimgesetznovelle nicht nur mitgetragen hat, sondern in wesentlichen Teilen auch zu den Inhalten beigetragen und die gesamte Novelle somit mit geprägt hat.
Zu diesen Prägungen gehören insbesondere die Stärkung der Heimaufsicht und die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Heimaufsichtsbehörden, Medizinischem Dienst, Pflegekassen und Sozialhilfe
trägern. Die Antwort auf die Große Anfrage belegt, dass die neuen Vorschriften zu diesen Punkten schnell Wirklichkeit geworden sind und dass sie greifen. Dazu haben wir deutlich beigetragen - wie immer im Bereich der Pflege. Wir schreiben uns eine hohe Effizienz in all diesen Fragen zu. Wenn ich das auch nicht von allen in diesem hohen Hause bestätigt bekomme, so bekomme ich es bundesweit parteiübergreifend doch immer gern bestätigt.
Die Heimaufsichtsbehörden haben sich offensiv den neuen Anforderungen gestellt. Die Zahl der in der Heimaufsicht eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist deutlich gestiegen und, was fast noch wichtiger ist, auch deren Qualifikation ist deutlich gestiegen. In den meisten Heimaufsichtsbehörden sind jetzt zusätzlich zu den Verwaltungskräften Pflegefachkräfte eingesetzt. Das ist, wie ich meine, ganz entscheidend. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Mitverantwortung der Heimaufsichtsbehörden für die Sicherung der Qualität in der stationären Pflege auf der kommunalen Ebene wirklich als eine wichtige Aufgabe im Bereich der sozialen Daseinsvorsorge begriffen und angenommen wird. Ich bin zuversichtlich, dass die Kreise und kreisfreien Städte, bei denen der Nachholbedarf in den Heimaufsichten, was Personal und Qualifikation angeht, noch nicht ganz befriedigt worden ist, dem guten Beispiel der anderen Kreise und kreisfreien Städte möglichst schnell folgen, selbst wenn ihre Finanzlage angespannt ist.
Auch die Zusammenarbeit zwischen Heimaufsichtsbehörden, MDK und Pflegekassen hat sich spürbar verbessert. Sie trägt Früchte. Ich habe allerdings ein bisschen Sorge, wenn ich auf den MDK schaue, allerdings nicht etwa, weil ich dessen Qualifikation und Kompetenz bezweifle. Wir werden aber darauf zu achten haben, dass der leistungsfähige MDK auch seine Prüfaufgaben verstärkt und parallel zur Prüfung durch die Heimaufsichtsbehörden fortführen kann. Es wäre natürlich sehr hilfreich, wenn wir die Pflegeprüfverordnung mit der vorgesehenen Prüfquote von 20 % der Pflegeeinrichtungen hätten. Sie ist uns aber am 27. September, ein paar Tage nach der Bundestageswahl, von der Mehrheit der CDU-geführten Länder im Bundesrat leider verwehrt worden. Ich glaube, für alle in der Pflege Engagierten - hier schließe ich Frau Kleiner ein - war das kein erfreuliches Ergebnis. Die Gründe für diese Ablehnung scheinen doch sehr fachfremd gewesen zu sein.
Frau Kleiner, wir könnten sonst nämlich auch über die in Ihrer Pressemitteilung angesprochenen Qualitätsnachweise unabhängiger Sachverständiger reden. Das können wir leider jetzt nicht tun, weil uns dazu die Handhabe aufgrund der Prüfverordnung fehlt.
Aus Zeitgründen muss ich darauf verzichten, auf die abgefragten Zahlen und Fakten im einzelnen einzugehen. Dazu haben wir im Sozialausschuss sicherlich noch Gelegenheit, wenn wir über die Antwort auf die Große Anfrage beraten.
Frau Kollegin Kleiner, gestatten Sie mir aber auch angesichts Ihrer nachgeschobenen Kleinen Anfrage einen kritischen Hinweis. Ich glaube, dass das Abfragen von Zahlen in diesem Feld nicht ausreicht. Menschenwürdige Pflege - denn darum geht es, wenn wir über Heimaufsicht reden - ist nämlich nicht primär eine Frage von Quantitäten, sondern eine Frage von Qualität. Es geht um die Entwicklung eines neuen Bewusstseins, um die Bereitschaft, die Erkenntnisse auch in praktisches Handeln umzusetzen. Wenn ich mir die Fragen unter diesem Blickwinkel ansehe, habe ich doch den Eindruck, dass die an der Pflege Beteiligten, also die Pflegekräfte, die Angehörigen, die Einrichtungsträger und so weiter, ein ganzes Stück weiter sind als die Fragestellerinnen und Fragesteller. Im Gegensatz zu dem Geist der Fragen sind diese nämlich mit der Landesregierung der Auffassung, dass uns die zahlenmäßige formale Ausfüllung von Handlungsaufträgen zwar wichtig sein muss - es handelt sich dabei um einen Teil des Weges -, aber nicht als das Ziel zu betrachten ist. Das Ziel ist und bleibt die Verbesserung der Pflegesituation und diese können wir nicht per Kontrolle, sondern wir müssen sie durch Handeln erreichen. Alles andere wird nicht klappen.
Weil das so ist, basieren die positiven Erfahrungen eben auch darauf, dass wir feststellen können, dass die Betreiber von sich aus, ohne Kontrollen im Nacken zu haben, das tun, was notwendig ist, um die Pflege zu verbessern. Ich denke, Aufsichts- und Kontrolldenken ist nicht das, was uns leitet, wenn wir mit den Kreisen und Kommunen umgehen. Wir verstehen uns nicht als die obersten Heimaufseher, die sich jeden Tag überlegen, wie sie die Heimaufsichtsbehörden mit Weisungen und Arbeitsaufträgen traktieren können. Wenn wir dies täten, würden wir deren Motivation, wie ich denke, nachhaltig untergraben. Unser Grundverständnis von Zusammenarbeit
ist, gemeinsame Überzeugung in gemeinsames Handeln umzusetzen.
Ich will es mit einem Slogan formulieren. Was ich zu dem neu vorgestellten Modellprojekt der ambulanten Pflege gesagt habe, gilt auch für den stationären Bereich: Nachhaltige Wirkungen erreichen wir nur, wenn es uns gelingt, aus Betroffenen Beteiligte zu machen. Diesen Spruch habe nicht ich erfunden, aber er passt auch hier sehr gut.
Ich darf mir abschließend quasi vorbeugend, wenn Sie so wollen, den Hinweis erlauben, dass die Heimaufsichtsbehörden nach der Heimgesetznovelle nunmehr alle zwei Jahre - erstmals Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres - Tätigkeitsberichte zu erstellen und zu veröffentlichen haben. Damit werden dann die zuständigen kommunalen Gremien, aber auch die Landesregierung, der Landtag und die interessierte Öffentlichkeit kontinuierlich die notwendigen Informationen über diesen Bereich erhalten. Ich bin natürlich gerne bereit, dem Landtag zu gegebener Zeit eine umfassende Auswertung dieser Tätigkeitsberichte vorzulegen, und zwar schon aus dem Grunde, weil ich immer gerne über das Thema Pflege berichte, da ich denke, dass unsere Bilanz in diesem Bereich sich sehen lassen kann.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen zumuten, dass ich die mir verbliebenen zwei Minuten noch auszunutze. Ich möchte sechs Anmerkungen machen.
Erstens. Frau Kleiner, wir sind uns insofern einig, weil wir beide für eine Stärkung der Heimaufsicht eingetreten sind, im Gesetzgebungsverfahren und in der Durchführung.
Zweitens. Das Personal bei den Kreisen bemisst sich nach den gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben. Wir können nicht vorschreiben, wie viel Personal einzustellen ist. Was wir tun können und tun werden, ist zu prüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben erreicht worden sind. Wenn wir feststellen müssen, dass dies nicht der Fall ist, dann haben die Kreistage und die Selbstverwaltungen vor Ort dafür zu sorgen, dass mehr Personal in diesem Bereich eingestellt wird. Ich selbst habe dabei kein Durchgriffsrecht.
Drittens. Die Tätigkeitsberichte, Frau Birk, werden wir selbstverständlich vorlegen. Aber dass sie noch nicht vorliegen, ist kein Beleg für eine unzureichende Arbeit der Heimaufsichten. Sie erledigen eine Ver
pflichtung auch nicht im ersten Drittel, sondern es ist menschlich, das, was man tun muss, im letzten Drittel zu tun. So viel dazu.
Vierte Anmerkung: Schleswig. Frau Kolb, da sind Sie, glaube ich, nicht ganz auf dem aktuellen Stand. Die Prüfung durch den MDK hat stattgefunden, mit dem Ergebnis, dass es einen neuen Versorgungsvertrag geben wird. Wir als Fachaufsicht für die Heime des Landes sind da immer noch tätig. Wir werden die Aufgabe erst dann auf die Kreise übertragen, wenn auch das letzte i-Tüpfelchen geregelt ist. Da sind wir auf gutem Wege. Wir können uns darüber sicherlich auch noch einmal privat austauschen.
Fünftens. Ein Wort zum Thema Unabhängigkeit. Die Heimaufsicht, Frau Birk, ist in diesem Sinne sicher nicht als unabhängige Stabsstelle zu organisieren. Das ist nicht denkbar. Dies gehört zu den staatlich festgelegten Aufgaben der Kreise im Rahmen der sozialen Daseinsvorsorge. Insofern sind sie Teil der Verwaltung, insofern haben sie ihre Arbeit zum Wohle der Bevölkerung zu machen und insofern sind sie unabhängig. Aber sie sind natürlich in die Administration eingegliedert und das müssen sie auch bleiben.
Sechste Bemerkung: zur Fixierung. Es gibt rechtliche Bedingungen. Es gibt keine Fixierung, nur weil die Heime oder die Angehörigen sie wollen. Sie muss gerichtlich festgelegt werden. Im Einzelfall mag es Schwierigkeiten geben. Es ist ohne Frage in die Entscheidung der professionell Pflegenden gestellt, dass man jemanden sich nicht selbst verletzen lässt. Dies ist aber keine dauerhafte Fixierung. Auch da habe ich Sie nicht verstanden. Dies ist klar geregelt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Landesgleichstellungsgesetz für Menschen mit Behinderung sollen für ebendiese Gleichstellung und Barrierefreiheit im öffentlichen Raum erreicht werden, Benachteiligungen abgebaut werden und damit der Weg zu Selbstständigkeit, Autonomie sowie echter Teilhabe für behinderte Menschen geebnet werden. Darüber, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, besteht Einigkeit, heute wie bei der ersten Lesung und in allen Ausschussberatungen.
Lassen Sie mich eine kleine Anmerkung machen, Herr Dr. Garg: Wenn Sie ohnehin als Mitantragsteller einen Änderungsantrag unterstützen, hätte ich erwartet, dass das Thema Barrierefreiheit und Selbstverpflichtung auftaucht. Das wäre nur konsequent gewesen, wenn man seine gesamte Redezeit auf diesen Punkt verwendet.
Zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe gehört es, keine Sonderlösungen für behinderte Menschen zu schaffen. Menschen mit einem Handikap wollen - so hat es eben auch die Kollegin Hinrichsen gesagt - ebenso wie nicht behinderte Menschen ein Gebäude durch den Haupteingang betreten.
Dies gilt sowohl in buchstäblichem als auch in übertragenem Sinne.
Mit dem Landesgleichstellungsgesetz ziehen wir mit den Regelungen des Bundes gleich. Dies scheint uns sehr wichtig zu sein, weil es für Menschen mit einer Behinderung wirklich von Bedeutung ist, bei allen Behörden und in allen Teilen der öffentlichen Verwaltung Bedingungen vorzufinden, die für sie Gleichstellung bedeuten.
Das Selbstverständnis von Menschen mit Behinderung - auch darüber waren wir uns einig - hat sich in der Vergangenheit deutlich geändert. Sie wollen nicht länger nur Objekte sozialer Leistungen sein, sondern ihr Leben selbst bestimmen und sehr selbstverständlich am Leben in der Gesellschaft teilnehmen.
Mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, kommen wir dem Ziel ein gutes Stück näher. Dass wir aber überhaupt ein Gesetz brauchen, um dieses Ziel zu erreichen, zeigt, dass wir als Menschen ohne ein Handikap, das uns behindert, offenbar nur mit gesetzlicher Nachhilfe umdenken können. Deshalb müssen wir diesen Weg ganz bewusst mit beschreiten und uns klar darüber sein, dass dieses Gesetz nicht der Endpunkt einer Entwicklung ist, sondern ein Zwischenschritt, und deshalb sicherlich keinen Ewigkeitswert für sich beansprucht.
Meine Damen und Herren, das Jahr 2003 ist von der Europäischen Union zum Jahr der Menschen mit Behinderung bestimmt worden. Ich glaube, wenn der Landtag heute dieses Gesetz beschließt, sodass es am 1. Januar 2003 in Kraft treten kann, dann ist das ein sehr gutes Signal für den Start in ein solches Jahr.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, nach den Sie bisher vielleicht besonders aufregenden Themen des Vormittages erscheint dies eher ein langweiliges Thema. Aber, meine Damen und Herren, es ist ein europäisches Thema, das
uns in die Zukunft führt und uns nicht im Kleinklein verharren lässt.
Mit dem vorliegenden Bericht bekräftigt die Landesregierung ihre positive und aktive Haltung im Hinblick auf die Verbesserung der Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen über die Grenzen hinweg.
Es ist natürlich nicht so - wo ist das schon so? -, dass dieses Politikfeld konfliktfrei wäre. Das Bundessozialgericht hat erst kürzlich, Anfang Oktober, vor zu großer Freizügigkeit bei der grenzüberschreitenden Inanspruchnahme ambulanter Behandlungen gewarnt. Vielleicht haben Sie noch die Presse in Erinnerung, die die Krankenkassen gemacht haben, um davor zu warnen, dass die Behandlung dänischer und norwegischer Patienten zulasten deutscher Patienten stattfinden könnte. Auch hier geht es - wie bei den Themen eben - um Statusquo- und Verteilungsfragen. Ja, Herr Garg; es nützt nichts: Darum geht es schon lange, auch wenn Sie immer so tun, als gebe es das alles nur hier und sei hausgemacht. Wir werden uns nicht bange machen lassen, auch nicht in dieser Frage.
Der Ihnen vorliegende Bericht ordnet zunächst die Diskussion vor allem im Hinblick auf den Stand innerhalb der EU ein. Die EU hat keine Regelungskompetenz für die Gesundheitssysteme. Ausdrücklich ist eine Harmonisierung nicht angestrebt. Das ist aus unserer gegenwärtigen Sicht auch richtig so.
Die viel zitierten EuGH-Urteile, die große öffentliche Resonanz hatten, markieren weniger einen zukunftweisenden Weg als vielmehr die Aufgabe an uns als Politik, die Rahmenbedingungen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger zu gestalten, um von gerichtlichen Urteilen auf der Grundlage begrenzter Regelungstatbestände wegzukommen.
Die erkennbare Zunahme grenzüberschreitender Behandlungen bestätigt den wachsenden Bedarf nach einer zukunftsfähigen politischen Gestaltung. Sie steht aus, auch auf EU-Ebene.
In diesem Zusammenhang wird gerade Gesundheit ein eigenständiger Politikbereich werden müssen. Das muss nicht zwangsläufig mit einer Übertragung von Kompetenzen verbunden sein.
Nach Auffassung der Landesregierung müssen gerade
die Erfahrungen der Grenzregionen für die Gestaltung dieses Politikbereichs genutzt werden,
müssen genutzt werden, um die Notwendigkeiten für mehr Konvergenz, für rechtlichen Weiterentwicklungsbedarf und für administrative Verfahrensvereinfachungen zu identifizieren. Diese Erfahrungen wollen wir systematisch auswerten. Dies ist auf BundLänder-Ebene erst begonnen worden und wird sicherlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Wichtig ist, dass wir begonnen haben und dass wir uns als Schleswig-Holstein in diesen Prozess einbringen.
Die weitere Entwicklung von Kooperationsansätzen in der grenzüberschreitenden Versorgung von Patientinnen und Patienten hat nach dem Gesagten weniger den Charakter eines Prestigeprojekts, wobei auch Prestige aus Gründen der Standortpräsentation nicht ganz aus unserem Blickfeld ist. Sie hat vielmehr den Charakter eines Zukunftsprojekts zur Evaluierung künftiger regionaler Versorgungsstrukturen in einem zusammenwachsenden Europa.
Ich nehme zur Kenntnis, dass schlichte Fragen nach der Zahl der behandelten ausländischen Patientinnen und Patienten oder nach aufgewendeten Marketingmitteln, wie sie in verschiedenen kleinen Fragen aufgeworfen worden sind, überschaubarer und unterhaltsamer sein mögen als die Beschäftigung mit Annäherungsprozessen und die Suche nach konkreten Problemlösungen für Verfahrensfragen.
Lassen Sie mich daher