Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Geißler, der Berichtsantrag ist auch nach unserer Auffassung geeignet, den Landtag an der bundesweit laufenden Diskussion zur Reform der Juristenausbildung zu beteiligen. Dem Landesparlament sollte in der Tat vor einer etwaigen Änderung der Rechtsvorschriften über die Ausbildung der Juristinnen und Juristen Gelegenheit gegeben werden, sich inhaltlich an der Diskussion zu beteiligen und auch die im Lande von einer Reform betroffenen Institutionen und Verbände mit einzubeziehen.
In der Sache möchte ich heute nur Folgendes sagen Herr Geißler hat darauf hingewiesen, dass die Diskussion erst nach Vorlage des Berichts geführt werden soll -: Das Ziel einer Reform der Juristenausbildung muss, kann und darf nur lauten: Verbesserung der Ausbildungsqualität.
Kosteneinsparungen können dabei selbstverständlich auch herausspringen. Sie sind in Ordnung und wären auch erwünscht und willkommen. Aber Kosteneinsparungen dürfen nicht der Zweck der Übung sein. Die Ausbildungsqualität darf durch fiskalische Zwänge nicht gefährdet werden.
Ausgehend von diesem Maßstab werden wir die in verschiedenen Ministerkonferenzen auf Bundesebene zurzeit diskutierten Vorschläge zur Reform der Juristenausbildung kritisch bewerten und erforderlichenfalls eigene Ergänzungs- und Verbesserungsvorschläge machen. Wir stimmen dem Berichtsantrag zu.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! „Gut gebrüllt, Löwe“, möchte man meinen, wenn man den Berichtsantrag der CDU-Fraktion zur Reform der Juristenausbildung das erste Mal in den Händen hält. Schließlich ziehen sich die Beratungen der Justizministerkonferenz über die Reform seit geraumer Zeit hin und die Position der schleswig-holsteinischen Landesregierung in dieser Frage ist für die Justiz von erheblicher Bedeutung - übrigens auch für das Parlament.
Der bedauerlicherweise verstorbene ehemalige Justizminister des Landes Rheinland-Pfalz Caesar hat mich einmal darauf hingewiesen, dass über die Reform der Juristenausbildung bereits diskutiert worden sei, als er ins Amt kam. Darüber wurde auch diskutiert, als er nach 16 Jahren aus dem Amt ausschied. - Das heißt: Diese Diskussion wird uns noch einige Zeit erhalten bleiben.
Doch bei genauerer Betrachtung, Herr Kollege Geißler, erweist sich dieser Antrag vor allem als Schnellschuss: Hier wird abgefragt, was bei weitem noch nicht entschieden ist. Es soll spekuliert werden über mögliche Auswirkungen und Folgen von Reformvorschlägen, die noch diskutiert werden, und es sollen Detailfragen beantwortet werden, über deren Grundlagen sich die Justizminister noch nicht einmal einig sind. Warum diese Vorgehensweise?
Ich räume ja ein, dass auch die F.D.P.-Fraktion anfangs mit der Informationspolitik aus dem Justizministerium zur Frage der Juristenausbildung nicht gerade einverstanden war. Doch wir haben dieses Missverständnis geklärt und eine gute Form der Zusammenarbeit gefunden. Seit Ende letzten Jahres, Kollege Geißler, ist der Informationsfluss zufrieden stellend und die fraktionsübergreifende Beratung im Justizministerium mit Staatssekretär Jöhnk und Fachleuten aus verschiedenen Bereichen der durch die Reform Betroffenen haben zu fruchtbaren Ergebnissen geführt. Sie selbst haben ja die Gelegenheit genutzt, daran teilzunehmen. Ich hoffe, es ist bei Ihnen auch auf fruchtbaren Boden gefallen.
Damals waren wir uns einig, Kollege Geißler, dass wir diesen Weg fortsetzen und im Interesse der Sache weiter im Gespräch bleiben wollen, um in und für Schleswig-Holstein zu einer guten Lösung in dieser Frage beizutragen.
Mir ist nicht erkennbar, warum die CDU heute von dieser Absprache abweichen will. Ein Bericht vor dem Ausschuss und anschließende Gespräche wie im Oktober letzten Jahres erscheinen mir als wesentlich geeigneterer Weg, gemeinsam zu guten Ansätzen in der wichtigen Frage der Juristenausbildung zu kommen. Denn in einem Punkt sind wir uns ebenfalls alle einig: Die Juristenausbildung muss reformiert werden. Doch dies muss überlegt geschehen und darf nicht von Sparzwängen und Reformhysterie geprägt sein.
Mit großer Freude habe ich deshalb auch das Schreiben des schleswig-holsteinischen Justizministeriums vom 24. Februar 2000 an den Leiter der Arbeitsgruppe der Justizministerkonferenz zur Reform der Juristenausbildung zur Kenntnis genommen. Staatssekretär Jöhnk, der uns dankenswerterweise erhalten
geblieben ist, hat darin nicht nur Aspekte aufgenommen, die Ergebnis unserer seinerzeitigen Beratung waren. Er hat insbesondere auch darum gebeten, dass die Justizministerkonferenz eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf der F.D.P.-Bundestagsfraktion zur Reform der Juristenausbildung abgeben möge, mit dem ich übrigens nicht in allen Punkten einverstanden bin.
Dieser Entwurf weicht in wesentlichen Punkten deutlich von den bisherigen Vorschlägen der Justizministerkonferenz ab. Das zeigt, dass sich die ganze Diskussion noch in einem erheblichen Fluss befindet. Was sollen daher Fragen, die diese Diskussion unnötig einengen?
„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“, hat Gorbatschow einmal sehr zutreffend festgestellt. Doch man kann auch Fragen zu früh stellen, Kollege Geißler, insbesondere wenn sie sich auf Details wie Zwischenprüfungen oder die Prüfungsinhalte zum Examen beziehen.
Die eigentlichen Probleme in der Frage der Juristenausbildungsreform sind doch - jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt - wesentlich grundsätzlicher. Es geht um die Rückführung staatlicher Reglementierung, die Bildungszukunft junger Menschen sowie um die personelle und finanzielle Ausstattung der rechtswissenschaftlichen Fakultäten.
Reform - das heißt Verbesserung des Bestehenden. Es hat nichts mit Reformhysterie und Sparzwängen zu tun, jedenfalls wenn es tatsächlich um eine grundlegende Veränderung der juristischen Ausbildung gehen soll. Die F.D.P. hat ihre Vorstellungen dargelegt. Wir sind zu weiteren Diskussionen gern bereit, aber, Herr Kollege Geißler, in dieser Frage wirklich behutsam.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich darf eine Namenskorrektur vornehmen: Ich heiße Angelika Birk. Das sollte sich herumgesprochen haben.
Die Situation der Juristen- und Juristinnenausbildung erinnert mich an meine erste parlamentarische Arbeit 1982/83 im Hamburger Parlament. Ich muss sagen: Auch dieses ist ein Gebiet, bei dem ich offenbar nahtlos an meine damaligen Kenntnisse und die Debattenbeiträge anknüpfen kann.
Es ist schon traurig, dass offensichtlich die längst überfällige Reform der Ausbildung für Juristinnen und Juristen in Deutschland einen so umständlichen und langen Weg nimmt. Ich hoffe, dass wir nun tatsächlich zu einer Reform kommen, die ihren Namen verdient.
Im Gegensatz zu den Ausführungen des CDUAbgeordneten kann ich allerdings in Bausch und Bogen den Ansatz zu einem einphasigen, also Theorie und Praxis verzahnenden Studienablauf nicht erkennen.
Warum gibt es denn immer noch so viele Juristinnen und Juristen, die erst dann, wenn sie in der Anwalts-praxis oder bei Gericht das praktische Leben kennen lernen, feststellen, dass das gar nicht der richtige Beruf für sie ist oder bei denen später andere - ich sage es ganz bewusst - unter ihrer Berufstätigkeit zu leiden haben? Wir sollten uns Menschen wünschen, die mehr vom praktischen Leben verstehen und die Theorie und Praxis besser miteinander verzahnen können.
- Das haben wir nicht in jedem Beruf, da glücklicherweise in vielen Berufsausbildungen eine solche strikte Trennung nicht vorgesehen ist und weil in vielen Studiengängen auch Wissenschaften, die im benachbarten Gebiet liegen, eine größere Rolle spielen.
Insofern möchte ich hier nicht ausdrücklich für einen Änderungsantrag plädieren. Aber ich gehe doch davon aus, dass auch über weitere Fragen berichtet wird, die uns beschäftigen, wie nämlich die Reform der juristischen Ausbildung inhaltlich zu einer Verschiebung im Studium führt. Von Interesse ist beispielsweise, welche Anteile Psychologie und Sozialpolitik in einem solchen Studium künftig haben werden und wie es gelingen kann, dass endlich Frauen in Forschung und Lehre einen besseren Status haben, als sie es bisher in der Jurisprudenz aufweisen können. Diese Themen sollten bei einer Frauen- und Justizministerin selbstverständlich auch in den Berichten vorkommen.
Auch ich hätte mir gewünscht, man hätte sich auf dem „kleinen Dienstweg“ verständigt, wie es Herr Kubicki gerade angedeutet hat. Aber wenn durch einen solchen Bericht im Landtag die Debatte darüber, dass wir endlich eine Reform an der Hochschule brauchen, tatsächlich neue Impulse erhält, haben wir ein gutes Werk getan.
Wir sollten die Debatte dann allerdings auch in dieser Richtung nutzen und sie nicht kleinkariert in Hinblick auf eine mögliche Justizreform verlangsamen und anhalten.
Ich hoffe, dass die CDU diesen Antrag nach vorn weisend meint und nicht versucht, aufgrund dieser oder jener Schwierigkeiten das Thema noch einmal anzuhalten. Wir brauchen schnell und auch gründlich insofern muss beides bedacht werden - sowohl die ersten Schritte als auch die Gründlichkeit einer Reform der juristischen Ausbildung. Ich hoffe, dass zumindest die nächste Generation Gerichte vorfindet, die wie selbstverständlich das machen, was wir in SchleswigHolstein federführend eingeführt haben. Ich nenne beispielsweise eine gute Zeugenbegleitung und insbesondere eine Begleitung für Opferzeugen im jugendlichen Alter.
Solche Dinge gehören für mich selbstverständlich in die Ausbildung hinein wie auch die Frage, wie Zeugen vorbereitet werden und wie insbesondere die belastende Situation von Opferzeugen reduziert werden kann. Dass wir in Schleswig-Holstein federführend gewesen sind, was die Praxis im Gerichtssaal angeht, lässt uns hoffen, dass wir in der Ausbildung ebenfalls federführend für den Fortschritt streiten.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Holger Astrup [SPD] - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Astrup hat ge- klatscht; das muss ins Protokoll! - Holger Astrup [SPD]: Ich bin eben ein höflicher Mensch!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Jahre 1996 wurde durch einen Beschluss der Justizministerkonferenz erneut die Diskussion über eine grundlegende Reform der Juristenausbildung in Gang gesetzt.
Lassen Sie mich gleich dazu Folgendes sagen. Ich selber habe Jura vor allem hier in Kiel studiert; aber die Ausbildung unserer Rechtswissenschaftler beruht nach meiner Ansicht auf teilweise überholten Vorstellungen und viele unserer Nachbarländer machen uns vor, wie man zum Vorteil Veränderungen anstreben könnte. Seit 1996 sind vier Jahre vergangen, und die Diskussion über die Juristenausbildung ist immer noch nicht abgeschlossen.
Zwar besteht ein Beschluss über eine einstufige Juristenausbildung, aber im Laufe der Jahre sind sämtliche Bedenkenträger mit ihren Argumenten durchgedrungen. Diese Argumente sind vielfach gut und zutreffend gewesen, aber es wird langsam Zeit zu einem Ende zu kommen, um die Studierenden in den Genuss einer reformierten Ausbildung zu bringen.
Ein wesentlicher Punkt der Reformüberlegungen ist, dass die Ausbildung auf die späteren Arbeitsplätze der Juristen auszurichten ist. Es wird bemängelt, dass die Juristenausbildung zu sehr auf den Justizdienst ausgerichtet sei.
Wir haben allerdings Bedenken, ob die bisher in diesem Zusammenhang geäußerten alternativen Vorstellungen eine inhaltlich optimale Vorbereitung auf den Beruf erlauben.
- Das kommt sofort! Die diskutierten Modelle sehen vor, dass die Ausbildungszeit nach dem Examen statt des zweijährigen Referendariats auf eine einjährige Berufsvorbereitungsphase reduziert werden soll. Hier soll dann bereits eine Spezialisierung auf die folgende Berufszeit erfolgen. Nur wer in die Justiz geht, wird dort auch diese Zeit verbringen.
Wir meinen, dass ein Jahr in der Praxis zu kurz ist, um eine fundierte Berufsausbildung zu gewährleisten. Zudem wird es den angehenden Juristen erschwert, später das Berufsfeld zu wechseln, weil sie sich bereits spezialisieren mussten. Daher sind wir der Überzeugung, dass auch weiterhin eine mindestens zweijährige Berufsausbildung erforderlich ist, bei der ein Wechsel in einen anderen Arbeitsbereich weiterhin möglich sein muss.
Ein weiterer Nachteil des Trends zur Spezialisierung ist, dass es außer in den angedachten Praktika während des Studiums nicht möglich sein wird, andere juristische Handlungsfelder richtig kennen zu lernen. Gerade dieses ist nach meiner Meinung eine grundlegende Bedingung, damit die Juristen später in der