Ich freue mich, dass wir hier im Kieler Landtag so eine breite parlamentarische Mehrheit für ein Einwanderungsgesetz gefunden haben. Es wäre schön gewesen, wenn wir auch die CDU mit ins Boot bekommen hätten. Im Zusammenhang mit Einwanderung ist oft von Booten die Rede. In diesem Fall wäre ein ganz volles Boot schön gewesen. Schade, dass es nicht dazu gekommen ist.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kubicki, ich will jetzt nicht auf die Spielchen und das Geplänkel eingehen. Das hat es vice
Herr Wadephul, ich will noch einen Versuch machen persönlich und mit einem Zitat eines Menschen, der das Ganze noch härter ausdrückt -, Sie davon zu überzeugen, dass es so nicht gehen wird. Herr Wadephul, wenn Sie davon reden, dass wir einen maßlosen Zuzug organisieren wollen, dann haben Sie uns schlicht nicht verstanden und Sie haben wohl auch nicht verstanden, was die UNO uns ins Stammbuch geschrieben hat. Wenn Sie die so genannte verfehlte Bildungspolitik ansprechen, dann frage ich Sie: Was ist denn mit den arbeitslosen Computerspezialisten, derer es in Deutschland Tausende gibt?
Wo bleibt denn da die Verantwortung der Wirtschaft und, Herr Wadephul, warum wird das nicht gerade von Ihnen angesprochen? Diese Frage müsste zumindest beantwortet werden.
Wenn Sie die Anerkennungsrate für Asylbewerber von 3 % - inzwischen sind es wohl 5 % - ansprechen, dann kann ich nur sagen: Wenn Sie die Abschaffung eines Gesetzes damit begründen, dass Sie es so amputiert haben, dass es nur noch Menschen in Bedrängnis bringt, aber nicht mehr das erreicht, was es sollte, nämlich in Deutschland Asylrecht zu gewähren, dann ist das - ich sage das ganz vorsichtig, weil heute mein Geburtstag ist - keine ganz redliche Argumentation.
Ich sage das nicht allein. Ich zitiere jemanden, der bestimmt nicht verdächtig ist, den Grünen nahe zu stehen. Ich zitiere aus der Zeitung „Die Welt“ vom 23. April dieses Jahres, die um den Zeitpunkt der Debatte herum erschienen ist. Heribert Prantl schreibt Folgendes:
„Das Zuwanderungsbegrenzungsgesetz, das die CSU vorlegen will, ist nichts anderes als ein Asylgrundrechtseliminierungsgesetz. Die Argumente im Einzelnen sind eine einzige Unverschämtheit. Die wirklich Verfolgten sollen künftig auch ohne Grundrechtsgarantie geschützt werden. Schutz für sie gibt es spätestens seit 1993, seit der damaligen Grundrechtsänderung, kaum noch. Jetzt also soll auch das Restgrundrecht abgeschafft werden, um die wirklichen Flüchtlinge - wie es heißt noch besser zu schützen.“
Ich kürze das Zitat ab, weil ich leider nicht mehr Zeit habe, füge jedoch hinzu: Herr Wadephul, Sie führen Asylbewerber an. Dankenswerterweise führt die Stadt Kiel regelmäßig durch. Das ist kein sehr schöner Begriff und vielleicht liege ich mit ihm auch nicht richtig. In jedem Fall sind dies Wochen, in denen wir genötigt, eingeladen und aufgefordert werden, aktiv und persönlich mit Asylbewerbern, Einwanderern und Zuwanderern in Kontakt zu treten. Da können Sie erfahren, dass wir es zum Teil mit Asylbewerbern zu tun haben, die hoch qualifiziert und gut ausgebildet sind, die hier jedoch unter dem Arbeitsverbot und heftigen Einschränkungen ihrer Lebensmöglichkeiten zu leiden haben. Das unterscheidet uns ganz von Einwanderungsländern wie den USA, Kanada oder Australien. Ich könnte noch andere Länder aufzählen.
Wir erschweren es den Menschen wirklich, ihre Kapazitäten einzubringen, anstatt sie dazu zu ermuntern. Herr Wadephul, all diese Argumente müssten Sie eigentlich überzeugen.
Herr Präsident! Ich will versuchen, mich kurz zu fassen. Frau Kollegin Fröhlich, ich lege Wert darauf, dass wir hier sorgfältig miteinander diskutieren und dass wir uns nicht gegenseitig Sachen vorwerfen, die von der jeweiligen Gegenseite gar nicht behauptet worden sind.
Niemand von der CDU-Fraktion will Menschen, die wirklich mit Gefahren für Leib und Leben rechnen müssen und die im Sinne des Asylrechts politisch verfolgt werden, ausschließen. Diese Menschen wollen wir weiterhin in Deutschland aufnehmen. Da wollen wir weiterhin tolerant sein. Keine Frage!
Aber wir müssen doch zur Kenntnis nehmen, wie die tatsächlich Situation im Asylbereich ist. Wenn wir uns das im europäischen Vergleich angucken, dann stellen wir fest, dass die Bundesrepublik Deutschland nach wie vor an der Spitze der Zuwanderungen liegt.
- Sie beklatschen das. Wir werden aber nur dann weiterhin Aufgeschlossenheit, Toleranz und die Bereitschaft zur Aufnahme von Ausländerinnen und Ausländern in Deutschland finden, wenn wir diejenigen aufnehmen, die ihrerseits bereit sind, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren. Wir brauchen keine Parallelgesellschaften; wir brauchen wirkliche Integration. Deswegen müssen wir darüber reden, wen wir aufnehmen und wie viele Menschen wir aufnehmen können. Darum geht es, meine Damen und Herren!
- Nein, nein, wir wollen wirkliche Integration. Deswegen müssen wir miteinander darüber reden können, dass auch das Asylrecht neu gefasst wird.
Wenn heute mehrfach die „Welt“ zitiert wird, muss ich sagen: Ich finde es schon relativ peinlich, Herr Kollege Puls, wenn Sie sich in Hintergrundberichte flüchten müssen. Ich halte fest: Die Spitze der Bundesregierung und der sozialdemokratischen Bundespartei - die Einsetzung einer Expertenkommission ändert daran überhaupt nichts - stellt sich in mehreren Interviews der letzten Tage klipp und klar gegen ein Einwanderungsgesetz. Sorgen Sie erst einmal in Ihrer eigenen Partei für Ordnung, bevor Sie uns hier um Unterstützung bitten.
Als Nächstes zum Thema Fachkräfte: Es gibt einen Fachkräftemangel im IT-Bereich. Das ist einer der Gründe - neben den Problemen der demographischen Entwicklung und der zukünftigen Probleme der Sozialversicherungssysteme -, weshalb wir bereit sind, hierüber auch miteinander zu reden. Warum gibt es denn den flehentlichen Ruf von Weltunternehmen wie Siemens, dass wir in Deutschland endlich wieder Spezialisten im Softwarebereich brauchen!
- Nein, Bildungspolitik ist immer noch Ländersache, Herr Kollege Nabel! Hier haben die Sozialdemokraten ein ums andere Mal versagt. Nehmen Sie das doch zur Kenntnis!
Deswegen ist es absolut albern, wenn Sie hier in dieser polemischen Weise noch einmal zum nordrheinwestfälischen Landtagswahlkampf hinüberblicken.
Wenn wir miteinander langfristig denken wollen, dann brauchen wir sicherlich ein neues Einwanderungsgesetz im Rahmen einer europäischen Harmonisierung des Asylrechts und zusätzlich endlich eine Bildungspolitik, die gegenüber der Technik der Leistungsbereitschaft junger Menschen aufgeschlossen ist.
Einen Augenblick, Herr Hentschel! Das Wort hat zunächst zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung der Herr Abgeordnete Jürgen Weber.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gehören schon Chuzpe und Verdrehung der Tatsachen dazu, der neuen Bundesregierung vorzuwerfen, sie habe es in den letzten Jahren versäumt, im Bereich von Forschung und Entwicklung die Grundlagen dafür zu schaffen, dass wir heute über die nötige Zahl von Spezialisten und Experten im technologischen Bereich verfügen.
- Gut, im Haus, aber nicht hier im Plenarsaal. Ich hätte ihn sonst gern auf eine Diskussion hingewiesen, die wir hier vor anderthalb Jahren geführt haben.
Um noch einmal die Zahlen zu nennen: Der gesamte Forschungsetat des Bundes belief sich im Jahre 1998 des ersten Jahrs der Regierung Schröder - auf 14,2 Milliarden DM und beträgt im Jahre 2000 14,5 Milliarden DM, nachdem er in den Jahren 1995 bis 1998 um fast 2,5 Milliarden DM abgesenkt worden ist und nun immer noch um anderthalb Milliarden niedriger ausgefallen ist, als wir trotz einer Anpassung im Bundeshaushalt im Jahre 2000 haben.
- Wir haben im Jahre 2000 einen Forschungshaushalt, der um fast 2 Milliarden DM höher liegt als der im letzten Jahr der blau-gelb-schwarzen Regierung.
Dann will ich aber gern noch einen weiteren Punkt hinzufügen, den zu erwähnen wohl ganz hilfreich ist. Wir erleben bundesweit bis in dieses Jahr hinein - auf jeden Fall in den letzten Jahren - eine deutliche Nichtauslastung der entsprechenden Studiengänge. Das ist
ein bundesweites Problem, das nicht etwas mit der Finanzierung unserer Hochschulen zu tun hatte, sondern offensichtlich auf andere gesellschaftliche Phänomene zurückzuführen ist.
Ich will es noch einmal deutlich sagen: Wenn Sie erklären, dass das ein von der Bundesregierung verschuldeter Mangel an Facharbeitskräften im Bereich von Ingenieuren beispielsweise sei, dann frage ich Sie: Wie viele Ingenieure haben zu Zeiten der sozialdemokratischen, rot-grünen Bundesregierung ihr Studium begonnen und bereits beendet und sind Teil des „fehlenden Bedarfs“? Relativer Quatsch, Kollege Wadephul!
Ich glaube, das Problem liegt in der Politik des so genannten Zukunftsministers Rüttgers, der zum Glück der Vergangenheit angehört.