In der Mai-Steuerschätzung mussten Sie die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum 2002 bereits von 2,75 % auf 2,25 % revidieren. Die Folge waren Steuermindereinnahmen in der Planung für 2002 von 193 Millionen DM.
Ich sage Ihnen, Frau Simonis: Bei der Nachschätzung im November wird es noch dicker kommen. Im Jahre 2002 wird das Wachstum 2 % kaum erreichen. Weitere Einbrüche bei den Steuereinnahmen werden die Folge sein.
Sie dürfen nicht Gelder in eine unsinnige Vorsorge stecken, sondern Sie müssen am richtigen Ende sparen; dann kommen Sie auch zu vernünftigen Ergebnissen.
Sie sagen, dies sei ein Sparen für die zu erwartenden Mindereinnahmen. Da verstehe ich Sie nun wirklich nicht mehr und muss Sie einmal fragen: Was soll denn der Unsinn, dass Sie bei gleichzeitiger Kreditaufnahme Rücklagen bilden? Können Sie mir das freundlicherweise einmal klar machen?
Ich will Ihnen ein Weiteres prophezeien: Angesichts des Einbruchs, den Sie im November erleiden werden, sind diese 35,8 Millionen DM ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Mittel werden nicht annähernd ausreichen, um die Steuermindereinnahmen zu kompensieren.
Frau Simonis musste bereits weg. Gleichwohl möchte ich feststellen, dass die Ministerpräsidentin für viele Dinge, die in Berlin entschieden worden sind, Mitverantwortung trägt.
Diese Regierung trägt Mitverantwortung für eine Steuerreform, die die großen Unternehmen entlastet, aber den Mittelstand schwächt. Für SchleswigHolstein mit seiner mittelständischen Struktur ist das
geradezu eine katastrophale Entscheidung. Sie trägt auch Mitverantwortung für die Gesetzgebung um die 630-DM-Regelung, die zum Beispiel die Gastronomie im Tourismusland Schleswig-Holstein vor schwerwiegende Probleme stellt. Sie ist auch verantwortlich für die Aufhebung der noch von der Regierung Kohl eingeführten Erleichterungen beim Kündigungsschutz, die gerade dem Mittelstand flexible Möglichkeiten geboten hätten und zu mehr Arbeitsplätzen statt zu mehr Überstunden geführt hätten. Auch dies ist meiner Ansicht nach eine zutiefst mittelstandsfeindliche Maßnahme. Dies sind nur einige Beispiele.
Ebenso wenig wie es Ihnen gelingt, angesichts der dramatischen Konjunkturentwicklung finanzpolitisch die Weichen neu zu stellen, sind Sie in der Lage, einen vernünftigen Haushaltsplanentwurf vorzulegen. Sie sitzen vor dem mühsam zusammengebastelten Haushaltsplanentwurf wie die Katze vor dem Kalender: bewegungslos und ratlos!
Ich vermute deshalb, dass Ihre Zweifel an der Geschlossenheit des Kabinetts weitaus größer sind als Ihr Mut zum Handeln. Dabei gibt doch der Bundesfinanzminister in Berlin ein gutes Beispiel. Er ist zwar der Ansicht, dass Konjunktursteuerung in einer globalisierten Wirtschaft unmöglich sei. Gleichwohl will er nach einer dpa-Meldung vom 11. September 2001 die Ausgabenstruktur ändern und Konsumausgaben zugunsten von Investitionen umschichten. Ein solches Signal kommt von Ihnen nicht.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei welchen Konsumausgaben wollen Sie einsparen und wo wollen sie um- schichten? Sagen Sie das einmal! Wenn Sie das täten, wären wir schon ein Stück weiter!)
(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Heinz Maurus [CDU]: Der Unterschied zwi- schen erster und zweiter Lesung ist Ihnen be- kannt? - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir verabschieden heute den Nachtrag! - Weitere Zurufe - Unruhe - Glocke des Präsidenten)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben eine Geschäftsordnung. Diese sieht für den Fall, dass es bei Abgeordneten einen Wissensbedarf gibt, der durch die Ausführungen des Redners nicht gedeckt wird, ein geordnetes Verfahren vor. Das heißt, es besteht die Möglichkeit, sich zu einer Zwischenfrage zu melden. Diese wird dann zugelassen oder nicht.
(Beifall im ganzen Haus - Wortmeldung des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Vielen Dank, Herr Präsident. - Bevor der Kollege Hentschel jetzt eine Zwischenfrage stellt, möchte ich sagen: Ich gebe ihm einmal ein Privatissimum.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der heute von der Regierung vorgelegte Haushaltsplan für das Jahr 2002 erfüllt in keiner Weise die Anforderungen, die in einer schwierigen konjunkturellen Lage an einen Haushaltsplan zu stellen sind. Die Sparvorschläge der Regierung tragen den konjunkturellen Erfordernissen in keiner Weise Rechnung. Im Gegenteil - ich habe dies nachgewiesen -: Sie sparen sogar bei Förderprogrammen, die die Konjunktur beleben könnten, weil Ihnen intelligente Schritte dazu nicht einfallen.
Sie erfüllen zwar das auf unseren Druck hin zustande gekommene Wahlversprechen und schaffen 200 neue Lehrerstellen, aber Sie betreiben in diesem Land weiterhin Bildungsabbau. Sie brauchen nur in den Bericht des Landesrechnungshofs zu schauen, meine Damen und Herren. Darin werden die Defizite in der Unterrichtsversorgung detailliert aufschlüsselt. Ihre Pläne bezüglich der Abendschulen schränken das Bildungsangebot gerade für diejenigen ein, die sich auf dem zweiten Bildungsweg - oft unter erheblichen Entbehrungen - mit eigenen Leistungen weiter qualifizieren und die den Begriff „lebenslanges Lernen“ wirklich erfüllen.
Sie haben es bis heute versäumt, endlich einen Hochschulentwicklungsplan vorzulegen, mit dem Sie verlässliche Rahmendaten für die schleswig-holsteinischen Hochschulen formulieren könnten. Stattdessen wurstelt man weiter vor sich hin.
Sie haben es auch nicht geschafft, die Schulzeit zu verkürzen, wie es der CDU-Ministerpräsident Peter Müller im Saarland getan hat. Stattdessen veranstalten Sie einen miserabel vorbereiteten Modellversuch, obwohl Sie von anderen Bundesländern lernen könnten, was dabei herauskommt. Auch hier fehlt es Ihnen einfach an Mut und Kraft für weit reichende Entscheidungen.
Sie sind trotz Ihrer angeblich doch so guten Kontakte zu den Gewerkschaften auch nicht in der Lage, die Verlängerung der Arbeitszeit für Beamte vernünftig umzusetzen, weil - das ist die Kritik - Frau Simonis sich nicht mehr an Ihr früheres Credo „verhandeln statt verordnen“ hält, sondern Politik nach Gutsfrauenart betreibt, die vom DGB im „Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag“ vom 20. Juli 2001 sogar als autistisch bezeichnet wurde. Wir jedenfalls werden diese Politik nicht mittragen. Wir werden in den nächsten Monaten engagiert über den Haushaltsplanentwurf diskutieren. Aber Sie wissen genauso gut wie wir, dass die belastbaren Zahlen erst im November vorliegen werden.
Meine Fraktion wird sich nicht verweigern, wenn es darum geht, an den richtigen Stellen zu sparen und sinnvolle Schwerpunkte zu setzen. Sie haben ohnehin schon die von mir erwähnten Sparvorschläge übernommen.
Ich kündige Ihnen an, dass wir genauso konstruktiv an der Sanierung dieses Haushalts weiterarbeiten werden; denn es geht uns um das Wohl dieses Landes und nicht um das Wohl dieser Regierung. Es geht darum, dieses Land mit einem vernünftigen Haushalt in die Zukunft zu führen. Wenn Sie, meine Damen und Herren von Rot-Grün, die Landesfinanzen nicht konsolidieren, dann wird es Ihnen 2005 so ergehen wie der SPD in Hamburg.
Sie alle werden durch die Sendung von Günther Jauch mitbekommen haben, dass die Schleswig-Holsteiner die intelligentesten Menschen in Deutschland sind. Wenn dies zutrifft, woran ich keinen Zweifel habe, dann werden diese Menschen dafür sorgen, dass RotGrün das Land nicht 44 Jahre regiert, und werden in vier Jahren einen Wechsel herbeiführen, damit es endlich zu einer vernünftigen Politik hier im Lande, aber auch zwischen den beiden Ländern kommt.
Ich möchte weitere Gäste begrüßen, und zwar Beschäftigte der Landesforstverwaltung und Mitglieder des Landesverbandes Nord der Industriegewerkschaft Bauen, Agrar und Umwelt. Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den Ereignissen des 11. September des Jahres können und werden wir nicht zur bisherigen Normalität zurückkehren. Der Weg zu einer anderen Normalität wird ein langer, noch weitgehend unbekannter Weg werden. Meine Rede zum Nachtragshaushalt und zum vorliegenden Haushaltsentwurf 2002 ist deshalb auch nicht eine übliche Haushaltsrede.
Die Staaten der Europäischen Union, die Vereinten Nationen, Russland, China und auch viele Länder aus der arabischen Welt haben ihre Bestürzung und ihre klare Haltung gegen den Terrorismus in den letzten Tagen deutlich gemacht. Wir brauchen diese gemeinsame Position der zivilisierten Welt und wir brauchen auch ein gemeinsames Handeln gegen den Terrorismus. Wenn der UN-Sicherheitsrat am 12. September einstimmig eine Störung des Weltfriedens gemäß Artikel 51 der UN-Charta festgestellt hat, so hat er Recht. Wenn der NATO-Rat den Anschlag als Handlung im Sinne des Artikels 5 des NATO-Vertrages ansieht, so hat er Recht. Wenn Bundeskanzler Schröder die Terroranschläge als Kriegserklärung gegen die zivilisierte Welt beschreibt und für Deutschland die uneingeschränkte Solidarität mit Amerika bekundet, so hat er Recht.
Ich möchte mich bei der Ministerpräsidentin für ihre nachdenklichen und differenzierten Äußerungen im Rahmen ihrer New York-Reise vor wenigen Tagen bedanken. Sie waren eine gute Botschafterin für unser Land.
Ich bin froh darüber, dass die Vereinigten Staaten trotz der tiefen Verletzungen, die dieser furchtbare Anschlag hervorgerufen hat, durch Verhandlungen bemüht sind, eine Allianz zu schmieden, um dann nach intensiver Vorbereitung gegen den nachweisbaren Terrorismus vorgehen zu können. Offensichtlich liegt diesem Handeln die Einschätzung zugrunde, dass allein ein Militärschlag den Kampf gegen den Terrorismus auf allen Ebenen über Jahre hinweg nicht ersetzen
kann. Wir können die Amerikaner nur darin bestärken - so schwer dies auch sein mag angesichts der verständlichen Trauer und Wut -, den Versuch einer Verhältnismäßigkeit in der Reaktion zu machen. Nach dieser Form der Demütigung und Gewaltanwendung des Terrorismus muss es aber eine Reaktion geben. Was würde wohl passieren, wenn es keine Antwort gäbe, wenn dieser Triumph - aus Sicht des Terrorismus - so stehen bleiben würde? - Das sind Fragen, die jeder von uns beantworten kann und muss. Deshalb ist es aus politischen und sicherheitspolitischen Gründen notwendig, dass eine direkte Antwort erfolgt, dass die Täter und ihre Unterstützer zur Rechenschaft gezogen werden.