Sie kürzen bei Privatschulen, Sie kürzen bei Krankenhäusern. Außerdem wird von Zusammenarbeit bei den Flensburger Hochschulen geredet, Sie streichen hier ein bisschen, da ein bisschen. - Alles in allem ein hektisches, nervöses Herumgespare ohne klares Strukturkonzept. Das ist es, was wir bemängeln.
Herr Neugebauer, wenn Sie sagen, Sie wollten auch sparen, dann bieten wir Ihnen gern an, über Einzel
maßnahmen zu diskutieren. Nach der Notlage, in die diese Landesregierung unser Land gebracht hat, ist das auch erforderlich. Mit dem Haushaltsentwurf 2002 werden jedenfalls nicht die strukturellen Änderungen erreicht, die dringend erforderlich wären, um die Finanzen unseres Landes grundlegend zu sanieren. Diese Landesregierung kommt aus dem Pepitamuster der Finanzpolitik nicht heraus.
Weil die Landesregierung nicht fähig ist, große und klare Linien zu ziehen und im Kleinklein verharrt, ist es natürlich in allen anderen Politikfeldern genauso. Der Haushaltsplan des Jahres 2002 hat Symbolcharakter für die Art dieser Landesregierung, Politik zu gestalten: Stöbern im Kleinen - wie auf dem Flohmarkt -, keine Kraft zu wirklich großen Entscheidungen, Versprechungen statt Taten und flotte Sprüche, die sich für Schlagzeilen eignen, aber keine Problemlösungen bringen. Das ist das Muster dieses Haushalts.
Frau Simonis, Ihr Vorgänger im Amt hatte für seine Politik einst den Reiz der Langsamkeit entdeckt. Sie sind in der Erreichung der politischen Ziele mit Sicherheit nicht schneller, aber - das will ich gar nicht bestreiten - Sie wirbeln mit wilden Zickzacksprüngen wesentlich mehr Staub auf. Unser Land wird dadurch nicht vorangebracht. Sie kommen den Zielen der Haushaltssanierung damit kein bisschen näher.
Um Herrn Neugebauer nicht zu sehr auf die Geduldsprobe zu stellen: Was müssen wir eigentlich tun, damit Schleswig-Holstein bei allen wichtigen wirtschaftlichen Indikatoren nicht länger Schlusslicht der westdeutschen Flächenländer bleibt? Ich will Ihnen das gern sagen: In der Haushaltspolitik muss zunächst einmal der Schwerpunkt von den konsumtiven auf die investiven Aufgaben verlagert werden. Das ist der einzige Weg der Sanierung.
Während die Wirtschaft unter einem deutlichen Konjunktureinbruch leidet, leisten wir uns einen historischen Tiefstand der Investitionsquote von 9,3 %. 1998 hatten wir schon geglaubt, wir hätten bei 9,6 % den absoluten Tiefstand erreicht. Unser Gedanke,
tiefer geht es nicht, war falsch. Diese Landesregierung hat bewiesen, dass sie es noch schneller kann.
Von so einer geringen Investitionsquote kann trotz des Hin- und Herrechnens des Finanzministers kein positiver Impuls mit nachhaltiger Wirkung auf die Wirtschaftspolitik ausgehen. Stattdessen fließt immer mehr Geld in die Verwaltung, fließt immer mehr Geld in so genannte Reformprojekte und immer mehr Geld in Modellversuche.
Wirtschaftspolitik muss sich auf die traditionellen Stärken unseres Landes besinnen. Informationstechnik und New Economy sind sicherlich reizvoll und auch wichtig. Eine verantwortliche Landespolitik darf darüber hinaus aber nicht die traditionellen Industrien - weder die Werftindustrie noch die Bauwirtschaft vernachlässigen.
Das Trauerspiel, das Sie, Frau Simonis, sich mit den Werften in unserem Land geleistet haben, ist ja erst vor wenigen Tagen offenkundig geworden. Monatelang sagen Sie den Unternehmen und den Gewerkschaften, dass der Landeshaushalt nichts mehr hergebe, um weitere Komplementärmittel und damit Aufträge und Arbeitsplätze zu sichern. Dann kommen jedoch einige hundert Werftarbeiter und die IG Metall nach Kiel und plötzlich geht es. Frau Simonis, das ist Ihre Art, Politik zu machen: Sprunghaft, inkonsequent und ohne klare Linie. Politik nach Gusto und nach Gutsfrauenart.
Ich sage damit überhaupt nichts gegen die Werftenhilfe. Ich bin sogar der Auffassung, wir sollten den vollen Landesanteil erbringen, um auch den vollen Bundesanteil zu bekommen.
(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wollen Sie noch alles ausgeben, Herr Kayen- burg?)
Zunächst einmal kritisiere ich die Art und Weise, wie Sie sich erst unter Druck setzen lassen, dann auf einmal Wohltaten produzieren, die in Wirklichkeit keine sind, und dann für sachgerechte Politik keinen Raum
- Wir sind für alle vernünftigen Vorschläge offen, Herr Hentschel. Unsinnige Vorschläge machen Sie besser im Flur!
Auch der Nachtragshaushalt zeigt in aller Deutlichkeit, dass diese Landesregierung nicht in der Lage ist, die finanzpolitischen Fehler zu korrigieren. Sie muss ja nicht nur die Fehler korrigieren, die im Hause von Frau Erdsiek-Rave gemacht worden sind. Deshalb werden wir in einem Antrag zum Nachtrag die völlig unsinnige Rücklage von 35,5 Millionen DM auflösen
- Mittel für Investitionen, die in diesem Herbst noch Arbeitsplätze sichern, Herr Hentschel! Ich will es Ihnen auch im Einzelnen sagen: Die Ausgaben für die Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ werden wir um 10 Millionen DM aufstocken. Die Mittel für die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur werden wir um 10 Millionen DM aufstocken und wir werden den Straßen- und Radwegebau mit 5,8 Millionen DM aufstocken und die Städtebauförderungsmittel ebenfalls um 10 Millionen DM erhöhen. Das sind Mittel, die in den investiven Bereich fließen.
Wir schlagen vor, die Verpflichtungsermächtigungen für die Werftenhilfe so zu erhöhen, dass wir alle Bundesmittel abrufen können.
(Zuruf der Abgeordneten Renate Gröpel [SPD] - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie finanzieren Sie das? - Wolfgang Kubicki [FDP]: Das hat er doch gerade gesagt!)
Ich habe Ihnen mehrere Angebote gemacht. Wir werden Ihnen das in aller Deutlichkeit in den Ausschüssen klar machen. Im Übrigen kündige ich an dieser Stelle an: Wir werden zum November einen Entschließungsantrag und Einzelanträge vorlegen, aus denen wir Ihnen deutlich machen, wie die Finanzierung möglich ist. Ich fühle mich da ganz sicher und absolut auf dem
richtigen Wege, denn wir können nachweisen, dass die Landesregierung sukzessive 18 unserer Vorschläge, die wir in der Vergangenheit zum Haushalt gemacht haben, nach und nach übernommen hat.
Jetzt bieten wir Ihnen an: Machen Sie gleich mit, dann haben Sie gleich positive Ergebnisse. Rennen Sie nicht dem falschen Weg hinterher, der heißt: Wirtschaft belasten, Steuern erhöhen und staatliche Wohltaten verteilen. So sehe ich auch das, was Herr Thönnes in der „Schleswig-holsteinischen Landeszeitung“ gesagt hat. Das ist nicht der Weg, den Schröders neue Mitte darstellt. Das nähert sich alten sozialistischen Parolen. Wirtschaft wird wieder belastet, insbesondere wenn Herr Thönnes vorschlägt, hinsichtlich der Integrationsmaßnahmen für Migranten die Wirtschaft in erheblichem Umfang an den Kosten der Zuwanderung zu beteiligen. Das ist eine zusätzliche Belastung der Wirtschaft. Gut, dass der Einfluss Ihres Landesvorsitzenden Thönnes - zumindest auf die Politik in Schleswig-Holstein - einen zu vernachlässigenden Stellenwert hat.
- Ich traue den Kollegen zumindest zu, dass sie Zeitung lesen können. Damit sie nicht auf die unsinnige Idee kommen, der Wirtschaft zusätzliche Lasten aufzubürden, war es notwendig, das hier noch einmal zu unterstreichen, Herr Kollege Kubicki.
Frau Simonis, Ihr Haushaltsplan sollte doch eigentlich erkennen lassen, wo im kommenden Jahr die Schwerpunkte in der Landespolitik liegen werden. In wirtschaftlich schwieriger Zeit zeigen Sie aber keine Lösungen auf, wie Sie, die rot-grüne Landesregierung, in Schleswig-Holstein die wirtschaftlichen Probleme meistern wollen. Sie setzen auf das vertraute Motto „Weiter so!“, Sie wurschteln weiter vor sich hin und verschieben die Probleme auf kommende Generationen. Wer soll Ihnen eigentlich noch glauben, dass Sie schon 2008 ohne neue Schulden auskommen wollen, wenn Sie 2002 die Nettoneuverschuldung noch auf über 1 Milliarde DM festschreiben und damit nur knapp 10 Millionen DM unter der verfassungsmäßigen Grenze liegen?
- Herr Dr. Garg, wenn die das nicht mehr zu verantworten haben werden, will man uns vielleicht eine Zahl vorgeben, die wir dann gemeinsam erreichen werden. Das wird ganz sicher unser Ziel sein.
Dieser Haushaltsplan, den wir ab heute zu beraten haben, wird erheblich nachgebessert werden müssen. Herr Möller, der Offenbarungseid kommt für Sie mit der November-Steuerschätzung. Sie wissen genau, dass bereits im Sommer alle wirtschaftlichen Indikatoren nach unten gezeigt haben. Bei uns in SchleswigHolstein ist dies noch deutlicher als im Bund der Fall.
In der Mai-Steuerschätzung mussten Sie die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum 2002 bereits von 2,75 % auf 2,25 % revidieren. Die Folge waren Steuermindereinnahmen in der Planung für 2002 von 193 Millionen DM.