Protocol of the Session on July 12, 2001

In der Anlage 2 des Berichtes wird insbesondere auf die künftigen Umstrukturierungen bei den Katasterämtern, den Landesbezirkskassen und bei den Straßenbauämtern und Straßenmeistereien hingewiesen. Für den SSW ist es ebenfalls wichtig, dass diejenigen Bereiche, in denen vor einigen Jahren Umstrukturierungen oder Änderungen vorgenommen worden sind wie beispielsweise bei den Ämtern für ländliche Räume - erst einmal Planungssicherheit bekommen und dass bei ihnen nicht schon wieder kurzfristige Änderungen unter dem Stichwort Personalabbau durchgeführt werden.

Zweitens. Das Regionalprogramm 2000 darf nicht allein als Landeskonversionsprogramm herhalten. Wir fordern, dass die Landesregierung auch andere Mittel aus dem Landeshaushalt für Konversionsprojekte freisetzt.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Welche?)

- Herr Kollege Garg, man darf nicht vergessen, dass die Mittel aus dem Regionalprogramm ursprünglich nur für gezielte Investitionen zum Aufbau der Wirtschaftsinfrastruktur zur Verfügung stehen sollten.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das vergesse ich nicht! Ich frage Sie nur, welche Mittel Sie dafür nehmen wollen!)

Deshalb dürfen bei den kommenden Haushaltsberatungen keine weiteren Kürzungen bei dem Investitionsprogramm „ziel“ - das sprachen wir heute Morgen schon an - und beim „Regionalprogramm 2000“ vorgenommen werden.

Drittens. Der Landesteil Schleswig muss einen größeren Anteil als bisher aus dem Wirtschaftsförderprogramm „ziel“ und dem Regionalprogramm erhalten. Wenn es nicht anders geht, muss man sich auch überlegen, ob nicht jede strukturschwache Region einen prozentualen Anteil am Förderprogramm gemäß ihres Bevölkerungsanteils zugewiesen bekommen sollte.

- Herr Präsident, ich sehe, dass die Lampe vor mir blinkt. Ich komme zum Schluss.

Viertens. Der Bildungsstandort Flensburg muss gezielt weiterentwickelt werden. Die Universität Flens

(Anke Spoorendonk)

burg und die Fachhochschule Flensburg müssen personell und organisatorisch gestärkt werden.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

Wir fordern auch die verstärkte Zusammenarbeit mit der Syddansk Universitet.

Wir werden den Bericht der Landesregierung jetzt nicht wie die Bibel vor uns hertragen

(Glocke des Präsidenten)

- ich komme zum Schluss, Herr Präsident -, wir werden ihn aber auch nicht in einer Schublade Staub ansetzen lassen. Wir werden ihn immer wieder gezielt einsetzen, sozusagen als Stachel im Fleisch der Landesregierung.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW] - Zuruf der Abgeordneten Brita Schmitz-Hübsch [CDU])

Das Wort für die Fraktion der SPD hat jetzt Herr Abgeordneter Hermann Benker.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bericht zeigt eine für Schleswig-Holstein erstaunliche Abhängigkeit von Arbeitsplätzen auf, für die der Bund in der Verantwortung ist. Darauf hat auch die Kollegin Spoorendonk schon hingewiesen. Von insgesamt 29.600 Arbeitsplätzen, die bei Bundesbehörden und -einrichtungen abgebaut werden mussten, sind allein 27.800 Dienstposten bei der Bundeswehr. Darüber hinaus sind jedoch auch Dienststellen genannt, an die man nicht sofort denkt. Dazu gehören der Bundesgrenzschutz, der zivile Bevölkerungsschutz, das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, die Bundesbahn, der Zoll, der Katastrophenschutz und eine Reihe von Bundesanstalten. Angesichts der zahlenmäßigen Relation kann man nicht Bund und Land in einem Atemzug nennen; denn die 1.100 Dienstposten, die beim Land abgebaut worden sind, stellen gegenüber den 29.600 Arbeitsplätzen beim Bund nur einen ganz kleinen Teil dar.

Frau Spoorendonk, deshalb halte ich auch die Auffassung des SSW für falsch, die vorab in der Presse dargestellt wurde, dass nämlich das Land den Nordteil des Landes - im Bericht ist dies der Planungsraum V - im Stich gelassen habe. Diese Auffassung teile ich nicht. Richtig ist allerdings - so wie Sie es auch dargestellt haben -, dass der Planungsraum V mit einem hohen Arbeitsplatzverlust, insbesondere im Hinblick auf Dienstposten der Bundeswehr, zu rechnen hat. Aber

wenn es aus strategischen Gründen in der Vergangenheit bis 1990 die Sicherheitslage erforderte, im nördlichen Teil Schleswigs einen hohen Anteil an Soldaten zu haben, muss man sich nicht wundern, dass dort jetzt in großem Umfang Arbeitsplätze abgebaut werden müssen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist der entscheidende Punkt und das wollten wir alle. Das hat die Ministerin auch noch einmal deutlich gemacht.

Die 1.081 Stellen, die das Land insgesamt aufgrund der Strukturreform abbauen musste, fallen dagegen kaum ins Gewicht. Sie haben auf die einzelnen Arbeitsplätze hingewiesen.

Aus dem Bericht geht jedoch nicht hervor, wie die Qualität der Arbeitsplätze aussieht, die wegfallen. Hier geht es nicht nur um einen Strukturwandel innerhalb der Behörden, der Dienststellen und Einrichtungen, sondern es geht auch um einen Strukturwandel innerhalb der Gemeinden. Schon allein für die Kaufkraft ist es ein Unterschied, ob ich Dienstposten für Lagerarbeiter aus einem Depot wegen dessen Auflösung abbaue oder ob ich Ingenieure und Meister in einer Werkstatt und in der Instandsetzung verliere; denn Ersatzarbeitsplätze sind in weniger qualifiziertem Bereich sehr viel schlechter zu bekommen als in einem Bereich, in dem qualifizierte Techniker und Ingenieure eingesetzt werden. Das ist vielleicht paradox, weil man eher der Auffassung ist, dass man weniger qualifizierte Arbeitnehmer leichter unterbringen kann. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Qualifizierte Arbeitsplätze sind allerdings in kleinen Kommunen oft nicht vorhanden und sie sind so schnell und über Nacht nicht zu schaffen. Deshalb teile ich die letzte Forderung des SSW, dass wir die betroffenen Kommunen in diesem Prozess nicht allein lassen dürfen.

Die Erfahrung zeigt, dass dies ein langwieriger Prozess ist, dass ältere betroffene Arbeitnehmer durchaus eine Änderungskündigung oder für die letzte Zeit ihres Arbeitslebens auch ein Pendlerdasein in Kauf nehmen. Bei den jüngeren Arbeitnehmern ist zwar oft die gleiche Bindung an den Heimatort, manchmal auch ein eigenes Haus, vorhanden, aber sie gehen in der Regel eher einen Standortwechsel ein. Es ist also ein Prozess, der die Bevölkerung langsam, aber stetig in ihrer Zusammensetzung ändert.

Vielleicht ist es erforderlich, dass wir diesen Strukturwandel einmal soziologisch untersuchen, nämlich prüfen, welche Veränderungen in einer Gemeinde mit

(Hermann Benker)

dem Abbau von Arbeitsplätzen im öffentlichen Bereich einhergehen. Wenn wir nicht durch Entscheidungen von außen, durch Bundesbehörden, Strukturen völlig zerstören wollen, ist es erforderlich, dass wir in unseren Überlegungen das Zusammenspiel der Kräfte Bund-Land, Bund-Kommunen im Auge behalten.

Es fehlt ein Planungsinstrument, das in diesem Zusammenspiel volkswirtschaftlich notwendige Entscheidungen ermöglicht. Dieses Planungsinstrument haben wir bedauerlicherweise zurzeit nicht. Das hat sich in vielen Fällen negativ ausgewirkt, zuletzt bei der Entscheidung des Bundesverteidigungsministeriums, zwei Bereiche zu schließen, obwohl eindeutig strukturpolitische Daten für eine andere Standortentscheidung gesprochen haben. Es handelt sich hierbei um die Schließung der Standortverwaltungen in Neustadt und in Eckernförde. Ich möchte nur diese beiden erwähnen, aber es gibt noch viele andere Beispiele in diesem Bereich.

Wir bleiben als Politiker gefordert, nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen, damit die föderale Struktur der Bundesrepublik auch handlungsfähig bleibt und wir nicht von Mal zu Mal wie zahnlose Tiger hinnehmen müssen, dass Entscheidungen des Bundes getroffen werden, ohne dass die volkswirtschaftlichen notwendigen strukturpolitischen Entscheidungen des Landes berücksichtigt werden. Das ist notwendig, denn wir sind mit der Verwaltungsreform weder bei der Bundeswehr noch auf Landes- und Bundesebene am Ende angekommen.

Wenn wir das Konnexitätsprinzip ernst nehmen, dann kann dies nicht nur für pekuniäre Entscheidungen gelten, sondern muss auch bei geldwerten Nachteilen der Kommunen angewandt werden. Das ist der entscheidende Ansatz, den wir uns vor Augen halten müssen. Ich möchte nicht auf die Besonderheiten hinweisen, die es im Zusammenhang mit dem Konversionsprogramm gibt. Das werden wir im Ausschuss tun.

Ich möchte aber noch eine letzte Forderung erheben: Wenn wir nicht zulassen wollen, dass der Strukturwandel zu Einbrüchen in den Kommunen führt, dürfen wir nicht langwierige und im Ergebnis teure Verhandlungen um Grundstücke zulassen, die die Aktivitäten der Kommunen lähmen.

Wir müssen für die Kommunen für Liegenschaften des Bundes ein frühzeitiges Dispositionsrecht, die sofortige Verfügungsgewalt oder eine vorläufige Besitzeinweisung erreichen, wenn wir dem Abbau von Dienstposten durch Eigeninitiative der Kommunen entgegenwirken wollen.

In diesem Zusammenhang beantrage ich die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss als federführendem

Ausschuss, aber auch an den Agrarausschuss wegen der Landesplanung und an den Sozialausschuss.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort für die Fraktion der CDU hat der Herr Abgeordnete Torsten Geerdts.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Ansiedlung neuer Unternehmen und die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze ist es von größter Bedeutung, dass wir eine noch effektivere, kostenbewusstere und flexiblere öffentliche Verwaltung schaffen. Nur so wird es gelingen, dass Schleswig-Holstein zu einem bedeutenden Faktor im nationalen und internationalen Standortwettbewerb wird. Wir leben in Zeiten höchster Staatsverschuldung, die mit einer Massenarbeitslosigkeit dahergeht. Obwohl die Arbeitslosigkeit so hoch ist, kommen wir nicht umhin, auch durch die Verschlankung des Staates zu einer Gesamtsanierung zu kommen.

(Vereinzelter Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen alle Aufgabenbereiche einer objektiven Kritik unterziehen. Gleichzeitig muss das Subsidiaritätsprinzip gestärkt und die Eigenverantwortung der Bürger ausgebaut werden. Zu unseren Zielen gehört die Deregulierung, verbunden mit einer Kompetenzverlagerung auf andere Ebenen.

Der vorgelegte Bericht der Landesregierung über den Abbau öffentlicher Arbeitsplätze geht aber auch auf die Entwicklung bei Bundesbehörden und da insbesondere bei der Bundeswehr ein. Im Zeitraum 1990 bis 2000 wurden bei den Streitkräften insgesamt 27.800 Arbeitsplätze abgebaut. In den folgenden Jahren werden es noch einmal 4.800 Dienstposten sein. In Schleswig-Holstein sollen neun Bundeswehrstandorte geschlossen und zehn zum Teil erheblich reduziert werden, übrigens nicht nur im Landesteil Schleswig.

Bemerkenswert ist, dass die Bundeswehrstrukturreform aus dem Jahre 1995 nach Feststellung des Landesarbeitsamtes Nord zu keinen relevanten Auswirkungen auf die regionalen Arbeitsmärkte geführt hat. Ein Ansteigen der Arbeitslosigkeit wurde also nicht registriert. Da können wir nur hoffen, dass wir auch die nächsten herben Einschnitte bei der Bundeswehr so unbeschadet verkraften werden.

Die Prognosen für die jeweiligen Kreise können allerdings kaum unterschiedlicher sein. Die Kreise Stormarn, Pinneberg und Segeberg profitieren so positiv

(Torsten Geerdts)

von der Entwicklung Hamburgs, dass der Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst in diesen Kreisen eher kompensiert werden kann als in anderen Teilen Schleswig-Holsteins. Gleiches gilt für das Herzogtum Lauenburg, das auch in Zukunft am deutlichsten von der deutschen Einheit profitieren wird.

Wesentlich größere Probleme müssen wir für die strukturschwachen ländlichen Räume befürchten. Besonders gefährdet sind die Kreise, die keine oder nur geringe touristische Entwicklungspotenziale aufweisen können. Mittelzentren wie Schleswig, Rendsburg, Eckernförde, Heide oder Husum nehmen wichtige Funktionen als Arbeitsplatzund Dienstleistungsschwerpunkte ein. Sie werden in Zukunft als Behördenstandorte geschwächt. Ein Ausgleich ist in dieser jeweiligen Region nur äußerst schwer zu erzielen.

Besonders dramatisch - darauf will ich auch hinweisen - wird der Abbau von Dienststellen im öffentlichen Sektor für die kreisfreien Städte Flensburg, Kiel und Neumünster sein.

Landes- und Bundesregierung werden die folgenden Konversionsstandorte als besonders stark betroffen anerkennen - da merken wir noch einmal, es geht nicht nur um den Landesteil Schleswig -: Großenbrode, Hohenlockstedt, List, Neustadt, Eckernförde, Glückstadt, Leck, Neumünster, Tarp, Rendsburg und Schleswig. Ich hoffe, dass die Anerkennung, durch den Abzug der Bundeswehr besonders stark betroffen zu sein, auch zu konkreter Hilfe für die jeweiligen Orte führen wird.

Ich will ein Beispiel nennen. In Neumünster wird beispielsweise durch die Räumung der HindenburgKaserne eine Liegenschaft frei, die sich zugegebenermaßen optimal im Stadtgebiet befindet. Dieses Gelände wird aber ohne konkrete Hilfe des Bundes nicht nutzbar sein, denn kein Investor wird sich dort niederlassen, wo sich Altlasten befinden. Hier brauchen wir also auch konkrete finanzielle Hilfe.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])