Protocol of the Session on July 12, 2001

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man sich die Anträge der CDU-Fraktion für diese Landtagssitzung insgesamt anguckt, kommt einem der Verdacht, dass die Finanzpolitiker und Wirtschaftspolitiker der CDU nicht viel miteinander reden.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie sonst kann man erklären, dass die CDU in einem Antrag eine „spürbare Zurückführung der Neuverschuldung“ verlangt und in einem anderen Antrag fordert, dass „die für 2003 und 2005 geplanten Steuer

(Anke Spoorendonk)

reformschritte auf 2002 vorgezogen werden sollen“, um die Konjunktur anzukurbeln.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Das lässt sich machen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen doch genau, dass diese beide Forderungen aus finanzpolitischer Sicht überhaupt nicht miteinander in Einklang zu bringen sind,

(Widerspruch bei der CDU)

denn durch das Vorziehen der nächsten Steuerreformschritte würden in den Landeshaushalt weitere Haushaltslöcher in Millionenhöhe gerissen werden, die durch strukturelle Einschnitte, wie hier gefordert wird, beispielsweise bei den Personalausgaben oder Zuwendungen und Zuschüssen nicht gedeckt werden können,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Dass Sie nur Steu- ererhöhungen wollen, wissen wir ja! - Vize- präsidentin Dr. Gabriele Kötschau übernimmt den Vorsitz)

zumal die CDU bei den Demonstrationen der letzten Tage die Sparvorschläge der Landesregierung im Bereich der Landesbediensteten abgelehnt hat. Jetzt habe ich gerade mit einem halben Ohr vernommen, dass es schlechte und gute 40-Stunden-Forderungen gibt, dass es darauf ankommt, wie man die Mehrbelastungen nutzt. Ich glaube nicht, dass die Landesbediensteten das so sehen, weil ich denke, dass die unter allen Umständen demonstriert hätten, lieber Kollege Kubicki.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das glaube ich nicht!)

- Das glaube ich schon.

Wir wollen das auch nicht kritisieren, aber ein bisschen mehr Logik würde einer alternativen Finanzpolitik schon gut tun.

Auf Bundesebene hat der finanzpolitische Sprecher der CDU, Dietrich Austermann, eine Erhöhung der Neuverschuldung zur Finanzierung von Investitionen gefordert.

(Günter Neugebauer [SPD]: Ganz neues Bündnis!)

Diese Forderung des CDU-Bundespolitikers können wir als SSW gut unterstützen, denn antizyklische Maßnahmen sind bei einer Konjunkturflaute, wie sie sich für die Bundesrepublik andeutet, der richtige Weg. Das gilt unserer Meinung nach auch auf Landesebene.

Wir können auch die Forderung der CDU unterstützen, dass das Dachprogramm „ziel“ von Kürzungen auszu

nehmen ist. In der Tat wäre es in der jetzigen Situation bei stagnierendem Wirtschaftswachstum und steigenden Arbeitslosenzahlen kontraproduktiv, die Investitionen im Landeshaushalt weiter zu kürzen. Schon bei der Verabschiedung des Haushalts hatten wir eine der niedrigsten Investitionsquoten in der Geschichte des Landes.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Auch im Vergleich zu anderen Ländern!)

Wir sind gespannt, welche Kürzungsmaßnahmen die Landesregierung sowohl für den Nachtragshaushalt als auch für den Haushalt 2002 nächste Woche präsentieren wird. Wir werden die Vorschläge sehr kritisch dahin gehend überprüfen, inwieweit die Landesregierung damit ihre selbst gesteckten Ziele in der Wirtschafts-, Bildungs- und Sozialpolitik und nicht zuletzt auch in der Minderheitenpolitik des Landes erreicht. Wir erwarten dabei von der Landesregierung - das möchte ich ganz deutlich sagen -, dass Worte und Taten miteinander übereinstimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Mir liegen mehrere Dreiminutenbeiträge vor. Ich beabsichtige, zunächst Herrn Minister das Wort zu geben und danach den Abgeordneten. Einverstanden? Herr Minister Möller, dann haben Sie jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung wird am Montag einen Nachtragshaushalt beschließen und einen Haushalt 2002. Wir werden am Dienstagmorgen auch die Opposition darüber informieren und darüber im September ausführlich und wahrscheinlich kontrovers diskutieren. Das ist auch der richtige Weg.

Natürlich gebietet es der Respekt vor dem Parlament, dass ich die Vorlage für den Nachtrag erst nach dieser Debatte unterschreibe. Ich hatte gehofft, es kämen hier noch ein paar Anregungen. Aber Herr Kayenburg, zu dem, was Sie hier gesagt haben, kann ich nur sagen: Ich schließe mich der Bewertung des Kollegen Kubikki voll an, was den Nachtragshaushalt angeht.

Noch einmal zu der Frage, warum ein Nachtragshaushalt! Sie wissen, dass wir in diesem Jahr über 400 Millionen DM weniger Steuereinnahmen haben als im letzten Jahr. Dazu kommen jetzt der konjunkturelle Einbruch - 60 Millionen DM in diesem Jahr - und vor allem bis 2005 noch einmal fast 500 Millionen DM weniger als prognostiziert. Das ist eine zusätzliche Herausforderung für die Haushaltskonso

(Minister Claus Möller)

lidierung, wenn man auch noch Schulden abbauen will. Deshalb der Nachtrag.

In ihm werden wir die Steuermindereinnahmen abdecken, wir werden die 35 Millionen DM zu decken haben, wir werden auch - eine alte Forderung des Parlaments - einen Teil der globalen Minderausgaben auflösen und wir werden den Betrag, der für die Entnahme aus der Rücklage 2000 vorgesehen ist, reduzieren, um eine kleine zusätzliche Reserve für 2002 zu haben, die wir 2002 dringend benötigen werden.

Herr Kayenburg, ich gebe es auf - ich habe es Ihnen schon zehnmal gesagt -, etwas zu Ihren 400Millionen-Löchern in diesem Haushalt zu sagen, was als globale Mehreinnahme im Haushalt 2001 vorgesehen ist. Das wissen Sie ganz genau oder ich muss sagen: der blassesten Ahnung bläulichster Schimmer. Ich vermute, dass Sie eher vorsätzlich behaupten, dass das ein Luftnummer sei. Nein, sie ist voll gedeckt durch eine Rücklage, die wir im Haushalt 2001 gebildet haben. Das wissen Sie doch! Das wird die Position des Nachtrags sein.

Ein paar Bemerkungen zum Haushalt 2002! Es gibt bereits Demonstrationen, es wird weitere Demonstrationen geben. Denn allein die 200 Millionen DM, die durch die Steuerschätzung zusätzlich auf uns zugekommen sind, sind schwer zu verkraften.

Ich sage an alle: Wer konsolidieren will, muss den Mut haben, auch Tabus zu brechen.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD] und Wolfgang Kubicki [FDP] - Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Seit wann konsoli- dieren Sie?)

Es ist schon interessant, was Sie gesagt haben, Herr Kayenburg. Im Text steht, beim Programm „ziel“ keine Kürzungen vorzunehmen. Sie selbst haben mündlich davon gesprochen, „möglichst“ keine Kürzungen vorzunehmen. Da sind Sie schon vorsichtiger.

(Martin Kayenburg [CDU]: Es gilt das ge- sprochene Wort!)

An Anke Spoorendonk gerichtet sage ich: Wer nur fordert, dass Investitionen tabu sind, der muss wissen, dass man dann noch mehr im konsumtiven Bereich spart. Auch da darf es nicht zu viele Tabus geben.

Wir werden Ihnen mutige Vorschläge unterbreiten. Da werden wir nicht alle übereinstimmen. Ich hoffe aber, dass Sie, wenn Sie alle sagen: „Wir waren für die Steuerreform, wir waren für die Kindergelderhöhung und wir waren für die Altersversorgung, was Konsequenzen hat, und wollen dennoch den Haushalt konsolidieren, um mittelfristig die Schulden abzubauen,“ auch dazu stehen, dass es unpopuläre Kürzungsvor

schläge geben wird. Wir werden Sie an Ihre Worte erinnern.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kayenburg, es gilt nicht: Wasch mir den Pelz und mach mich nicht nass! Das wird nicht funktionieren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Das ist doch Ihr übliches Spiel!)

Mir liegen mehrere Wortmeldungen für Kurzbeiträge vor. Zunächst hat nach § 58 Abs. 2 Herr Abgeordneter Stritzl das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich finde es schon erstaunlich, mit welchem Zahlengerüst Sie heute vor den Landtag treten, gepaart mit Aussagen der Koalitionsfraktionen, die fragen: Warum habt ihr darauf denn nicht konkret mit Einzelanträgen reagiert, sondern warum gebt ihr eher Leitlinien für die Aufstellung eines Nachtragshaushaltes vor?

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Minister, ich darf Sie daran erinnern, dass ich Sie im Finanzausschuss vor kurzem danach gefragt habe, welches Volumen des Nachtragshaushalts wir zu erwarten haben und wo die Schwerpunkte des Handelns der Regierung liegen. Diese Frage haben Sie schlichtweg mit Nichtwissen beantwortet. Ich muss Ihnen ganz offen sagen: Dann mit Kritik auf die Fraktion der CDU zuzugehen, ist wirklich eine intellektuelle Zumutung.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich will ein Zweites sagen. Die Kollegin der Grünen hat gesagt, eine Opposition, die im Kern das Programm einer Regierung für richtig hält, macht sich überflüssig.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Nicht im Kern, Sie unterstützen sie!)

Sehr geehrte Frau Kollegin Heinold, bei der Frage der 40-Stunden-Woche haben wir in Form von Anträgen bereits klargestellt, wo wir stehen. Sie haben über Nacht Ihre Meinung geändert und machen, nachdem die 40-Stunden-Woche für Sie zunächst der Ausbund des Asozialen war, jetzt selbst diese Politik.

(Beifall bei CDU und FDP)