Protocol of the Session on July 12, 2001

Die CDU fordert, die Erlöse von Vermögensverkäufen zur Schuldendeckung einzusetzen. Auch diese Forderung ist berechtigt, aber für den anstehenden Nachtrag leider völlig irrelevant. Hätte die Landesregierung zum Beispiel die LEG für 300 Millionen DM verkauft - ein entsprechendes Angebot hat nach Aussage des „Handelsblattes“ vom 06. Juli 2001 vorgelegen - oder sogar annähernd den Verkehrswert erzielt, dann brauchten wir gar keinen Nachtragshaushalt. Dann hätten wir nämlich nichts auszugleichen.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

Die LEG wurde ja gerade weit unter Wert verscherbelt, damit der Finanzminister angesichts des sich abzeichnenden Nachtragshaushalts sagen konnte, er habe wenigstens die 210 Millionen DM bekommen, die er sowieso schon in den Haushalt 2001 eingestellt hatte. Herr Kollege Kayenburg, ansonsten hätte er nämlich im laufenden Haushalt ein 300 Millionen DM-Loch gehabt.

(Martin Kayenburg [CDU]: So ist das!)

Die CDU fordert - insbesondere bei den Personalausgaben - strukturelle Einschnitte zur Sanierung des Haushalts, wohlgemerkt im Rahmen eines Nachtragshaushalts. Herr Kayenburg, wen wollen Sie - außer der Landesregierung, wofür ich plädieren würde eigentlich im laufenden Jahr entlassen? Das schafft aber keinen wirksamen Konsolidierungsbeitrag.

Einen habe ich noch: Die CDU fordert, beim Programm „ziel“ nicht zu kürzen und gleichzeitig die Effektivitäts- und Effizienzprüfung in den Nachtrag einzuarbeiten. Das ist ein Widerspruch in sich.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das steht da nicht!)

Wenn wir überhaupt substanzielle Kürzungsmöglichkeiten haben, dann bei den Förderungs- und Subventionsgeschwüren der Landesregierung. Diese sind im Programm „ziel“ ja schon zu einem nicht zu verfehlenden Ziel zusammengefasst.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das haben Sie nicht richtig gelesen!)

- Doch, doch! Ich zitiere gleich. Zu guter Letzt fordert die CDU wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen. Auch diese Forderung ist überaus berechtigt. Wir

(Wolfgang Kubicki)

brauchen diese wirtschaftsfreundlichen Rahmenbedingungen unbedingt, wenn wir in Schleswig-Holstein bessere Zeiten haben wollen. Das haben wir auch gestern schon ausführlich erörtert. Das hat aber mit der Aufstellung eines Nachtragshaushalts vergleichsweise wenig zu tun.

Fazit: Die Forderungen der CDU sind berechtigt, sie sind präzise, sie treffen die strukturellen Schwächen von Rot-Grün genau, aber sind für die Aufstellung des Nachtrags nicht zu gebrauchen.

(Beifall bei der FDP)

Sie sind allerdings ein sehr guter Rahmen für die Aufstellung des Haushalts 2002 und die mittelfristige Finanzplanung.

Herr Minister, die Landesregierung sollte also ob meiner Kritik nicht zu sehr frohlocken. In den Beratungen zum Haushalt 2002, die wir ab September beginnen werden, wird dieser Forderungskatalog ins Schwarze und damit ins Mark der Regierung treffen. Die FDP wird ihre sachgerechten Vorschläge zu den Beratungen des Nachtrags einbringen, wenn er uns vorliegt. Bezüglich der Anforderungen an einen Nachtrag empfehlen wir der Regierung die Lektüre der Landesverfassung und der Landeshaushaltsordnung. Zur Vorbereitung auf die Aufstellung des Nachtrags empfehlen wir der Landesregierung Nachhilfe im Addieren und Subtrahieren, damit nicht erneut 35-Millionen-DM-Löcher auftauchen.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Frau Abgeordnete Heinold hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch ich habe mich beim Lesen des Antrags der CDU etwas gewundert und mich gefragt, was eigentlich passieren soll.

(Zuruf von der CDU: Gefreut!)

- Ja, ich hatte gehofft, dass Herr Kayenburg heute noch einmal detailliert dazu Stellung nehmen würde. Stattdessen hat er - wie immer - alte Textbausteine verwandt. Das hilft uns an dieser Stelle nicht weiter.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ihnen ist auch nicht mehr zu helfen!)

Wir müssen uns ernsthaft mit dem Antrag beschäftigen. Sie fordern, wir mögen uns an die Landesverfassung halten. Sie zitieren dort den Punkt, dass die Regierung im Haushaltsverfahren ganz normal einen

Entwurf einbringt, den das Parlament berät. Das ist selbstverständlich. Alles andere, was in Ihrem Antrag steht, hat mit der Landesverfassung nichts zu tun. Wenn doch, dann kommen Sie bitte nach vorn und zitieren Sie Artikel 50 Abs. 3 der Landesverfassung.

Dann geht es weiter: Sie fordern eine nachhaltige Finanzpolitik. Seit 1996, seitdem ich dabei bin, geht es unstrittig um Kürzungen von Förderprogrammen, strukturelle Kürzungen und andere Maßnahmen, um zu versuchen, von dieser hohen Verschuldung herunter zu kommen.

Dann fordern Sie - und das ist interessant - die Trendwende. Wunderbar! Nur, worum geht es bei dem Nachtragshaushalt? Wir machen den Nachtragshaushalt ja nicht aus Jux und Dollerei, sondern es gibt aufgrund der Steuerentwicklung und anderer Bundesgesetze ein Minus in diesem Haushalt, das wir ausgleichen müssen. Diese sinkenden Steuereinnahmen in 2001 stehen neben einer Steigerung der Pensionskosten um 6,4 % und einer Steigerung der Zinslasten um 2,5 %. Von dem Rest, den wir zur Verfügung haben, sind 34 % Bildungsausgaben, die Sie stetig in jeder Landtagssitzung steigern wollen. Insofern ist der Nachtrag leider nicht etwas, das wir dazu nutzen können, die Verschuldung zu senken, sondern wir haben die Aufgabe, in einer Situation sinkender Steuereinnahmen einen verfassungskonformen Haushalt aufzustellen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

An dieser Diskussion können Sie sich gern beteiligen. Es ist eigentlich als Opposition sogar Ihre Pflicht. Nach Ihrem Antrag weiß ich aber nicht so ganz, worüber Sie eigentlich in Ihrer Fraktion diskutieren.

Dann geht es um Ihre interessante Forderung, noch in diesem Jahr sofort alles, was an Grundstücks- und Beteiligungsverkäufen im Haushalt ist, für die Senkung der Nettoneuverschuldung einzusetzen. Das sind 420 Millionen DM. Ich fordere Sie auf, hier und heute zu benennen, wie Sie diese 420 Millionen DM von heute bis Dezember einsparen wollen. Nennen Sie mir nur wenige konkrete Beispiele, vielleicht nur für die Hälfte dieser Summe, also für mindestens 200 Millionen DM. Dann wären wir ein Stück weiter.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Sie fordern beim Personal Sparmaßnahmen in relevanter Größenordnung. Ich war draußen bei der Demonstration, als es um die 40-Stunden-Mehrarbeit für Beamte ging.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wir waren auch draußen!)

(Monika Heinold)

Was hat Herr Wadephul dort gesagt? - Herr Wadephul hat gesagt: Na ja, er wolle fairerweise sagen, dass die CDU auch schon mal über eine 40-Stunden-Woche nachgedacht hätte. Das hat er wörtlich gesagt. Sie haben nicht nur darüber nachgedacht, Sie haben das im letzten Jahr hier beantragt. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie während der Demo draußen den Menschen gesagt hätten, dass dies die Politik der CDU ist und dass Sie dies schon im letzten Jahr gewollt hatten. Aber das tun Sie nicht, weil Sie zu feige sind.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Die FDP hat sich draußen überhaupt nicht zur Sache positioniert. Sie hat die Landesregierung lächerlich gemacht. Das ist ihr gutes Recht. Inhaltlich haben Sie sich weder heute noch draußen positioniert. Herr Kubicki, ich gehe aber davon aus, dass die FDP zu diesen 40 Stunden Mehrarbeit steht, denn, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, hat die FDP den CDUHaushaltsanträgen im letzten Jahr zugestimmt. Damit hat die FDP sich positioniert. Wir sind uns hier also einig.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber wir hätten die Ergebnisse anders verwendet! - Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete Heinold, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kubicki?

Nein, er redet sowieso die ganze Zeit. Das Schönste an dem Antrag der CDU ist aber die Passage zu „ziel“ und „ZAL“. Das ist ein Lob an die Landesregierung für diese Programme. Ich habe es noch nie erlebt, dass sich eine Opposition derartig überflüssig macht, denn sie streiten und kämpfen mit allen Mitteln dafür, dass das Schwerpunktinvestitionsprogramm der Landesregierung in vollem Umfang und bei vorgegebener Zielsetzung erhalten bleibt. Alle Achtung für die hohe Anerkennung unseres Schwerpunkts der Investitionsprogramme.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wir kümmern uns um die strukturschwachen Regionen!)

Wenn Sie nicht vorweg geschrieben hätten, dass Sie eigentlich sparen wollten, könnte ich dies noch ernst nehmen. Vielleicht steckt das hinter Ihrem Antrag, von dem ich ansonsten nicht genau weiß, was er soll. Ich glaube, dass Sie Angst haben, dass in ländlichen Regionen im Rahmen von LSE und Dorfentwicklung

Maßnahmen gekürzt werden. Um vor Ort behaupten zu können: „Wir waren gegen die Kürzungen“, stellen Sie schnell noch einmal diesen Antrag, in dem Sie sich hinter „ziel

ZAL“ und alles stellen, in das dort investiert wird. Das tun Sie noch unter der Überschrift, sparen zu wollen. Herr Kayenburg, es passt von hinten bis vorn nicht zusammen. Vor allem fehlen leider die konkreten Beispiele.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Herr Landtagspräsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Bemerkung vorweg: Grundsätzlich erwartet der SSW, dass die Landesregierung von sich aus einen soliden und ausgewogenen Nachtragshaushalt vorlegt,

(Martin Kayenburg [CDU]: Richtig!)

was ja nächste Woche geschehen soll. Im September haben wir dann als Landtag die Möglichkeit, uns ausführlich mit dem Nachtragshaushalt zu beschäftigen, und als Parlament haben wir die Möglichkeit, Einfluss auf den Nachtragshaushalt zu nehmen.

Natürlich können wir uns jetzt mit den Anforderungen der CDU an einen Nachtragshaushalt auseinander setzen, wir können es aber auch sein lassen; es macht keinen Unterschied.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Da ist etwas dran!)

Denn das, was gesagt wird, besteht eigentlich nur aus Allgemeinplätzen und bringt keine neuen Ansätze in die finanzpolitische Diskussion. Die Kollegen Kubicki und Heinold haben dankenswerterweise schon dargestellt, dass die Forderungen überhaupt nichts mit dem Nachtragshaushalt zu tun haben.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)