Protocol of the Session on July 12, 2001

(Martin Kayenburg [CDU]: Seien Sie doch dankbar!)

- Herr Kayenburg, Sie müssen uns sagen, was Sie wirklich wollen. Bei allem Verständnis für die personellen Differenzen in Ihrer Fraktion: Sie scheinen die Zeit aus den Augen verloren zu haben. Sie wissen es: Das Kabinett wird am Montag den Nachtragshaushalt beschließen. Wie ich unseren Finanzminister kenne, wird er den Nachtragshaushaltsentwurf dem Kabinett heute oder spätestens morgen zuleiten. Und das ist auch gut so.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ob das gut ist, das werden wir einmal abwarten!)

Ich frage mich, was Ihr heutiger Antrag, wenn Sie ihn denn wirklich ernst nehmen, bewirken soll.

(Martin Kayenburg [CDU]: Er soll Sie zum Überlegen bringen!)

Herr Kayenburg, weil ich noch ein bisschen Redezeit habe, will ich noch auf einige Ihrer Forderungen eingehen. Da ist zunächst die berechtigte Forderung nach der Konsolidierung der Finanzen. Dazu kann ich nur sagen: Wir sind auf einem guten Weg,

(Lachen bei der CDU)

auf einem Weg, der durch die Steuerreform und durch die Konjunktureinbrüche steiniger geworden ist.

(Lachen bei der CDU)

- Herr Kayenburg, Herr Wadephul, Sie lachen beide. Aber wo steht denn die CDU, was den Konsolidierungsprozess angeht? Mit einem Antrag, den - glaube ich - Frau Schmitz-Hübsch unterschrieben hat - bei Ihnen weiß man ja nicht so genau, wer was schreibt;

(Günter Neugebauer)

jeder macht und darf machen, was er will - und der die Überschrift „Pakt für den Mittelstand“ trägt,

(Martin Kayenburg [CDU]: Ein sehr guter Antrag!)

werden Sie morgen Vorschläge einbringen, die - ich habe das nachgerechnet - allein für den Bereich des Steuerrechts - Sie haben ja noch andere Bereiche angesprochen - bei Bund und Ländern zu Mindereinnahmen von mehr als 225 Milliarden DM führen würden.

(Martin Kayenburg [CDU]: Da müssen Sie die Auswirkungen auf Arbeitsplätze und das Arbeitslosengeld gegenrechnen! Aber Sie verstehen das ja nicht!)

Sie müssen doch zugeben, dass das ein eklatanter Widerspruch zur Forderung nach Haushaltskonsolidierung ist. Wir aber halten an diesem Prozess fest.

(Klaus Schlie [CDU]: Das ist doch gar keine Haushaltskonsolidierung!)

Nun zu Ihrer Forderung, dass Personalaufwendungen und Zuwendungen des Landes gegenüber Zuwendungsempfänger gekürzt werden müssen - das ist Spiegelstrich Nr. 3 in Ihrem Antrag -: Herr Kayenburg, diese Forderung findet unsere volle Unterstützung. Aber wie sieht denn bei Ihnen die Wirklichkeit aus, meine Damen und Herren? Kein Tag, den der liebe Gott werden lässt, vergeht, ohne dass nicht aus Ihren Reihen - ob nun Landesvorstand oder Landtagsfraktion - neue Ansprüche an den Landesetat angemeldet werden. Inzwischen mache ich mir den Spaß, das alles aufzulisten. Gestern habe ich die zweite dicke Akte anlegen müssen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Deswegen ist das bei Ihnen so ein Durcheinander!)

Ich bin gern bereit, Ihnen die Unterlagen einmal zur Verfügung zu stellen, damit Sie, Herr Kayenburg, und Sie, Herr Landesvorsitzender, Ihre Leute einmal zur Ordnung rufen. Es kann doch nicht sein, dass jeder in Schleswig-Holstein fordern kann, was er will, Sie uns aber gleichzeitig zur Konsolidierung und zum Sparen auffordern.

(Beifall bei der SPD - Lachen bei CDU und FDP)

Sie reden vom Sparen, machen aber das Gegenteil. Dazu sage ich ganz bewusst: Wir und die Öffentlichkeit werden Sie nicht an Ihren Worten, sondern - Kollege Kubicki, ich freue mich, dass Sie an dieser Stelle nicken; das will ich für das Protokoll einmal festhalten - an Ihren Taten messen. Wir werden dann im Einzelnen beurteilen, wo Sie den Kürzungsvorschlägen von Landesregierung und regierungstragenden Fraktionen

konkret - und nicht nur abstrakt! - zustimmen und wo Sie sich an die Spitze des Widerstandes von einseitigen, regional und teilweise populistisch orientierten Interessengruppen stellen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Haben wir nicht gemacht! - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] - Glocke des Prä- sidenten)

- Herr Kayenburg, wo waren Sie bei der Demonstration des öffentlichen Dienstes, bei der man sich darüber beschwert hat, dass man wieder mehr arbeiten muss?

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Entschuldi- gung! Wir sind dort gewesen! - Glocke des Präsidenten)

Wir haben das verteidigt, weil das angesichts der Landeskasse notwendig und insgesamt vertretbar ist. Sie haben das vor einem Jahr gefordert, schweigen sich jetzt aber dazu aus und tun so, als hätten Sie das nie gefordert.

(Glocke des Präsidenten)

- Herr Präsident, ich weiß, ich habe keine Zeit mehr.

(Heinz Maurus [CDU]: Ich dachte, Sie hätten das alles gesammelt!)

In den letzten zehn Tagen habe ich von Ihnen kein Wort dazu gehört, dass Sie die Vorstellung der Landesregierung unterstützen, den Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine tägliche Mehrarbeit von 6 Minuten zuzumuten.

(Martin Kayenburg [CDU]: Herr Dr. Wade- phul war bei der Demo!)

- Gut, dann stellen Sie sich hin und sagen: Das, was die Landesregierung fordert, ist auch unsere Auffassung.

(Lachen bei der CDU)

Herr Kollege Neugebauer, jetzt gibt es noch einen Schlusssatz.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss, indem ich feststelle: Ihrem Begehren, meine Damen und Herren von der CDU, nach Unterstützung bestimmter Kriterien im Rahmen des Nachtragshaushalts können wir nicht entsprechen - erstens, weil die Forderung zu spät kommt, und zweitens, weil sie auch nicht seriös genug

(Günter Neugebauer)

ist. Sie sind mit Ihren Vorstellungen nicht regierungsfähig. Und das ist auch gut so.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Sie werden noch zu uns kommen!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es kommt nur äußerst selten vor, dass ich der Landesregierung Schützenhilfe leiste. Aber jedenfalls bei diesem Antrag, Herr Kollege Kayenburg, fällt mir das überhaupt nicht schwer. Was fordert die CDU im Kern? Erstens möge die Landesregierung eine tragfähige Finanzpolitik betreiben und zweitens müsse der Haushalt im Nachtrag - wohlgemerkt: im Nachtrag! strukturell saniert werden. So etwas ist für mich keine konstruktive Oppositionsarbeit; das ist eine schwarze Null.

(Martin Kayenburg [CDU]: Besser als eine rote Flasche!)

So werden wir die Regierung nicht auf den Pfad der Haushaltstugend zwingen, denn so liefern wir ihr Argumente für weiteres haushaltspolitisches Fehlverhalten und disqualifizieren uns - also die Oppositionsparteien - als konstruktive Alternative.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das kann es wohl nicht sein. Fangen wir also noch einmal von vorn an: Thema sind die Forderungen an einen Nachtragshaushalt, nicht an einen Haushalt.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dieser Nachtrag soll zunächst die Löcher im laufenden Haushalt stopfen, die durch selbstverschuldete Planungsfehler der Landesregierung bezüglich der zu erwartenden Steuereinnahmen entstanden sind. Dazu kommt das 35-Millionen-DM-Loch, das entstanden sein soll, weil die Bildungsministerin die Grundrechenarten nicht beherrscht und fehlerhafte Vorlagen an das Finanzministerium weiterleitet, wo die Kontrolle anscheinend auch nicht so funktioniert, wie wir es uns immer gedacht haben. Insgesamt geht es also um rund 100 Millionen DM. Zur Deckung dieses Haushaltslochs muss die Landesregierung das Geld an allen Ecken und Enden zusammenkratzen. Eine wirksame Haushaltskonsolidierung oder gar -sanierung ist bei diesen im Verhältnis zum Gesamthaushalt geringen Beträgen überhaupt nicht möglich.

Die CDU fordert, die Landesfinanzen zum Wohle künftiger Generationen zu konsolidieren. Wegen der demographischen Entwicklung in den nächsten Jahrzehnten ist diese Forderung überaus berechtigt, für diesen Nachtrag aber leider völlig irrelevant.

(Beifall bei FDP und SSW)

Die CDU fordert, die Erlöse von Vermögensverkäufen zur Schuldendeckung einzusetzen. Auch diese Forderung ist berechtigt, aber für den anstehenden Nachtrag leider völlig irrelevant. Hätte die Landesregierung zum Beispiel die LEG für 300 Millionen DM verkauft - ein entsprechendes Angebot hat nach Aussage des „Handelsblattes“ vom 06. Juli 2001 vorgelegen - oder sogar annähernd den Verkehrswert erzielt, dann brauchten wir gar keinen Nachtragshaushalt. Dann hätten wir nämlich nichts auszugleichen.