Protocol of the Session on May 31, 2001

Natürlich werden von den Verbänden und den Betroffenen weitere Bemühungen gefordert, um Schwarzarbeit einzudämmen. Aber auch - das wissen Sie doch, meine Damen und Herren - eine Reihe von Maßnahmen und gesetzlichen Regelungen sind von der Bundesregierung auf den Weg gebracht, die genau in diese Richtung zielen.

(Widerspruch bei der CDU)

Schwarzarbeit ist nicht neu, sie ist kein Phänomen der jüngeren Vergangenheit. Schwarzarbeit ist uralt und sie hat sich immer dann stark herausgebildet, wenn ein Mangel an legalen Beschäftigungsverhältnissen herrschte und die Steuerbelastung außerordentlich hoch war.

Meine Damen und Herren von der FDP, ich darf Sie dann daran erinnern, dass es Ihre Partei war, die die Ehre hatte, bis 1998 einer Koalition angehören zu dürfen, die teilweise untätig zugesehen hat, wie die Arbeitslosenzahlen und die Belastungen der Menschen durch Steuern und Abgaben auf einen Nachkriegsrekord hochgeklettert sind, und die gleichzeitig die Staatsverschuldung auf Rekordniveau getrieben hat. Eine verheerende Politik zulasten der Zukunftschancen in diesem Land und vor allem zulasten des Ausbaus neuer, zukunftssicherer Beschäftigungsmöglichkeiten!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Wer regiert seit 1998?)

Die jetzige Bundesregierung hat beide Probleme mit Erfolg angepackt. In der Finanzpolitik befinden sie

sich eindeutig auf Sanierungskurs, die Steuerreform hat für den Bürger und die Wirtschaft eine Entlastung gebracht und die Politik für mehr Arbeitsplätze zeigt ebenfalls Erfolge.

(Widerspruch bei CDU und FDP)

Die Zahl der Arbeitslosen sinkt und die Zahl der Beschäftigungsmöglichkeiten steigt. Das ist unbestritten. Das sind die wichtigsten Beiträge zur Bekämpfung der Ursachen für Schwarzarbeit.

Das gleiche Ziel verfolgt der Ausbau der Teilzeitbeschäftigung in Deutschland. Dazu zählen auch - wenn ich es einmal so unbescheiden sagen darf - die erfolgreichen beschäftigungspolitischen Maßnahmen der Landesregierung. Ein Zuwachs legaler Beschäftigungsmöglichkeiten bedeutet auch immer, den Schwarzarbeitenden legale Alternativen zu bieten.

Natürlich muss die FDP beklagen - Herr Garg macht das in seiner Presseerklärung wieder einmal besonders gründlich -, dass die viel zu hohen Sozialabgaben und zu hohe Steuerlasten der Grund allen Übels sind, also auch die wahre Ursache der Schwarzarbeit. Dazu kann ich nur sagen: Auch wir halten die Quote der Sozialabgaben und Steuern, bezogen auf den Faktor Arbeit, für zu hoch. Ich darf daran erinnern, dass es Ihre Partei war, Herr Garg, die der damaligen Regierungskoalition angehörte. Die jetzige Regierungskoalition in Berlin dagegen arbeitet mit Erfolg daran, diese Quote endgültig zu drücken, um den Faktor Arbeit zu entlasten und Arbeit wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Genau das ist eine Politik für mehr Beschäftigung und damit eine Politik gegen Schwarzarbeit.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wer soll Ihnen das noch glauben?)

Ich bin mir sicher, dass wir Erfolg haben werden, wenn wir diesen Weg erfolgreich weiter beschreiten, und dass wir die Landesregierung bei dieser Arbeit unterstützen. Herr Garg, das sollten Sie in Ihre Überlegungen für Presseerklärungen in Zukunft mit einbeziehen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das klingt jetzt nicht überzeugend!)

Ich erteile Frau Abgeordneter Schmitz-Hübsch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schwarzarbeit ist Arbeit an den Interessen der Gesellschaft vorbei. Schwarzarbeit bedeutet immer einen Rechtsbruch gegenüber den gesetzlichen und fiskalischen Vorschriften. Schwarzarbeit schädigt das Sozialsystem und verstärkt den Druck auf legal tätige Unternehmen. Schwarzarbeit gefährdet bestehende Arbeitsplätze und schadet dem Arbeitsmarkt. Schwarzarbeit muss bekämpft werden. Bis hierher - das haben wir bereits mehrfach gehört - sind sich alle Institutionen im Lande einig. Damit meine ich die Kammern, die Verbände, die Gewerkschaften, die Politiker, die Landesregierung. Aber die Bevölkerung scheint diesem Personenkreis allmählich zu entgleiten. Nach einer Studie aus dem Jahr 2000 wollen inzwischen mehr als 32 % der Deutschen schwarzarbeiten und mehr als ein Viertel ist bereit, Schwarzarbeit in Anspruch zu nehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist eine erschreckende Entwicklung.

(Beifall bei CDU, FDP und SSW)

Dies zeigt, dass fast ein Drittel der Bürger in unserem Land Schwarzarbeit als Kavaliersdelikt betrachtet. Nach einer Pilotstudie in Baden-Württemberg, die in der Antwort ebenfalls zitiert wurde, halten dort sogar 40 % der Befragten Schwarzarbeit für ein Kavaliersdelikt; außerdem ist dort nur noch eine Minderheit für die Bekämpfung der Schwarzarbeit.

Diese Einstellung ist auch eine Erklärung dafür, weshalb Schwarzarbeit in unserem Land die Branche mit den höchsten Wachstumsraten ist. Je nach Autor oder Studie wird der Anteil am Bruttoinlandsprodukt auf 10 % oder sogar 16 % geschätzt. Es muss also viele Menschen geben, die einerseits ihre Arbeitskraft schwarz anbieten, wie auch solche, die diese Arbeitskraft schwarz einkaufen.

Die Gründe für dieses Verhalten werden an dem Zahlenbeispiel in der Antwort deutlich: 1999 kostete eine legale Maurerstunde 94,10 DM. Davon erhielt der Maurer 18 DM netto. Wenn er nach Feierabend schwarzarbeitet, verdient er 30 DM und nimmt so das Doppelte mit nach Hause. Der Bauherr spart gut 60 DM, also zwei Drittel seiner sonstigen Kosten. Aufgrund des Wandels der Einstellung der Bevölkerung muss er außerdem nicht mehr befürchten, dass ihn sein Nachbar anzeigt, denn der Nachbar lässt auch schwarzarbeiten.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Die Schwarzarbeit ist also für beide, Maurer und Bauherrn, aus ihrer subjektiven Sicht vorteilhafter als die reguläre Beschäftigung. Das muss man sehen und das ist der Grund für die Zuwachsraten.

Aus der Sicht der Betriebe sieht die Rechnung allerdings anders aus. Der schwarz erledigte Auftrag ist ein Auftrag, der dem regulär bezahlenden Betrieb verloren geht. Sein regionales Auftragspolster wird dünner, es kommt zu Entlassungen. Die noch im Betrieb verbliebenen Arbeitnehmer mitsamt dem Chef müssen die Sozialleistungen für die arbeitslos gewordenen mit erwirtschaften. Das fängt zum Beispiel bei den Beiträgen zur Berufsgenossenschaft an, die in einigen Branchen höher sind als die Beiträge zur Krankenversicherung.

Auch hier liefert der Bericht ein anschauliches Zahlenbeispiel: Wenn im Jahre 1999 10.000 Arbeitsplätze durch Schwarzarbeit verloren gegangen wären, hätte es Beitragsausfälle in der Sozialversicherung in Höhe von rund 225 Millionen DM und Lohnsteuerausfälle von rund 94 Millionen DM gegeben.

Der gesamtwirtschaftliche Schaden ist also sehr groß.

Ich bin den Verfassern, die die Antwort im Ministerium formuliert haben, für diese Rechenbeispiele sehr verbunden und möchte mich überhaupt für diesen lesenswerten und informativen Text bedanken.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich möchte auch - das wird Ihnen nicht gefallen, Herr Dr. Garg - die Autoren - ich meine damit die Beamten - für ihre Weigerung loben, im Kaffeesatz zu lesen. Es ist tatsächlich so, dass die amtliche Statistik von der Schattenwirtschaft leider lückenhaft und fehlerhaft ist. Wir erahnen deshalb die Situation in der Schattenwirtschaft nur und leiten sie aus dem Auftragsrückgang bei den regulär arbeitenden Betrieben ab. Aber den wirklichen Umfang können wir nach wie vor nur schätzen.

An dieser Stelle sei zu den Fragen 1 bis 15 bemerkt: Bei aller Liebe, Herr Garg, Sie wussten doch, dass hierzu keine verlässlichen Daten vorliegen. Aber gut. Ich würde auf Schwäbisch sagen „a weng akademisch“.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Ich habe eine Weile im Schwabeländle gewohnt. Aber Sie sind Badenser; ich weiß es.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

- Ja, es ist aber ein Bundesland, habe ich mir einmal sagen lassen.

Was wird nun gegen die Schwarzarbeit unternommen? - Das ist ja das, was uns hier interessiert. In dem Be

(Brita Schmitz-Hübsch)

richt gibt es eine große Auflistung von Koordinierungsgesprächen, von Appellen, von Aufklärungsvorhaben, von Erfahrungsaustausch und so weiter. Aus der Aufzählung der Behörden, die bei der Aufgabe „Bekämpfung der Schwarzarbeit“ tätig werden, wird zugleich deutlich, wie unübersichtlich hier das Dickicht der Zuständigkeiten ist

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

ein Faktum, das übrigens seit längerem von den Handwerksorganisationen heftig beklagt wird.

So hat laut Bericht die Bundesanstalt für Arbeit ihre Ermittlungsgruppe für die Bekämpfung der illegalen Beschäftigung und des Leistungsmissbrauchs in Schleswig-Holstein innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. Ebenso wird die Zollverwaltung die Zahl der Ermittlungsbeamten von 41 im Jahre 2000 bis zum Ende dieses Jahres auf 85 Personen aufstocken.

Das Land Schleswig-Holstein hat seinen Anteil geleistet, heißt es, und die personelle Besetzung der Steuerfahndungsstellen deutlich verbessert. Gab es 1995 noch 57 Fahndungsbeamte, so sollen es bis zum Ende des Jahres 2001 136 werden.

Wenn man das einmal zusammenzählt, haben wir in nur kurzer Zeit, also in gut zwei Jahren, eine Aufstockung des Verwaltungsapparates um 166 Stellen! Haben die Rufer nach stärkerer Bekämpfung der Schwarzarbeit diese Entwicklung gewollt? Rechtfertigen die Erfolge diese Aufblähung der Bürokratie? - Ich glaube es nicht.

Wirklich brauchbare Erfolge dagegen scheint die Anwendung des Neusser Modells in den meisten der schleswig-holsteinischen Kreise und kreisfreien Städte zu haben. Hier handelt es sich um ein Selbsthilfemodell - das muss man einmal sagen - der Organisationen des Handwerks zusammen mit den örtlichen Ordnungsbehörden. Die Höhe der festgesetzten Bußgelder hat sich in den letzten zehn Jahren verzwanzigfacht. Dies mag ein Indiz für die Effizienz dieser Zusammenarbeit sein.

Trotzdem - da schließe ich mich den Ausführungen von Dr. Garg an, aber vielleicht nicht ganz so emotional - bleiben alle diese Maßnahmen, Herr Minister, ein Kurieren am Symptom; denn die wahren Ursachen der Zunahme der Schwarzarbeit sind unsere hohen Steuern und unsere hohen Sozialversicherungsbeiträge.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Bericht benennt diese Ursachen. Tapfer!

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Sehr tapfer!)

Er beschreibt für bestimmte Branchen eine erhöhte Schwarzmarktanfälligkeit. Dann werden an dieser Stelle die Autoren auch ganz mutig: Sie erwähnen weitere Einflussgrößen auf den Umfang der Schattenwirtschaft, nämlich die Regulierungsdichte, das Niveau der Lohnersatzleistungen - klare Wörter dafür sind das Arbeitslosengeld und die Arbeitslosenhilfe; das sind die „Lohnersatzleistungen“ - und die zunehmende Freizeit infolge von Arbeitszeitverkürzungen.

Auch das muss doch einmal gesagt werden: Wenn tariflich nur noch 35 Stunden Wochenarbeitszeit vereinbart sind und sich der gleiche Handwerker nach Dienstschluss umzieht und noch einmal losgeht und in der Woche insgesamt noch einmal 15 Stunden zusätzlich arbeitet, damit er noch einmal das Doppelte mit nach Hause bringt, dann hat das auch etwas mit Arbeitszeitverkürzung zu tun.

Ich glaubte aber, als ich das las, ich hätte mich vertan. Aber zu meinem großen Erstaunen hat das nun wirklich in einem Bericht der rot-grünen Landesregierung gestanden. Vorsichtshalber haben die Autoren, die das geschickt formuliert haben - das muss ich anerkennen -, das nicht als ihre eigene Erkenntnis ausgegeben, sondern sie haben gesagt, dass diese Begründung in einschlägigen Abhandlungen zu diesem Thema angeführt werde.

An dieser Stelle bleibt wirklich zu sagen: Es wäre gut, wenn diese Erkenntnisse, die ja alle im Bericht stehen - Herr Minister, ich denke, dass Sie sich mit diesem Bericht auch identifizieren, der ja aus Ihrem Hause kommt -, nun auch wirklich umgesetzt würden und wenn Sie auf Bundesebene an dieser Senkung der Steuern- und Abgabenlast etwas mitarbeiten würden.

(Beifall bei CDU und FDP)