Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die dahinter stehende Logik ist ökonomisches Allgemeinwissen. Vor diesem Hintergrund haben mich manche Antworten doch sehr überrascht, Herr Minister Rohwer! So antworten Sie auf die Frage nach den Auswirkungen der Regelungen zu den geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen auf die Schwarzarbeit unter anderem - Herr Kubicki, es wäre vielleicht auch für Sie ganz interessant zu erfahren, was er geantwortet hat -:
„Hierbei wird deutlich, dass für die Zeit nach In-Kraft-Treten der Neuregelungen zur geringfügigen Beschäftigung ein beständiger Anstieg dieser Beschäftigungsverhältnisse zu verzeichnen ist. Von einer negativen Auswirkung dieser Vorschriften auf den Umfang der Schwarzarbeit kann daher keine Rede sein.“
Begründet wird diese Aussage mit dem Anstieg der Zahl der bei der AOK gemeldeten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse von Oktober 1999 bis Febru
ar 2001. Diese Unlogik, Herr Minister, sucht ihresgleichen. Selbstverständlich steigen die gemeldeten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse an, wenn sie auf einmal gemeldet werden müssen. Doch damit wird überhaupt nichts über die Wirkungen des Gesetzes auf den Umfang der Schwarzarbeit gesagt. Sie ist in demselben Zeitraum weiter angestiegen. Ich bin ja gar nicht so vermessen wie Sie und sage, das habe zwingend zu diesem Anstieg geführt; ich wage allerdings auch nicht zu behaupten, dass eine gestiegene Anzahl von Meldungen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse bei der AOK in demselben Zeitraum, in dem die Schwarzarbeit noch zugenommen hat, sich nicht negativ auf die Schattenwirtschaft ausgewirkt habe.
Herr Minister Rohwer, ich frage mich ernsthaft, ob Sie diese Kausalzusammenhänge auch gegenüber Ihren Studenten der Volkswirtschaft in Freiburg so aufstellen würden.
Wenn nein, dann frage ich Sie ernsthaft: Warum trauen Sie sich, solche Aussagen gegenüber dem Parlament zu treffen?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir den Umfang und die schädlichen Wirkungen der Schwarzarbeit verringern wollen, dann müssen wir die Steuerund Abgabenlast senken und die Wirtschaft aus den Fesseln der Regulierung befreien, und zwar insbesondere den Arbeitsmarkt.
Das senkt die Schwarzarbeit, erhöht das Wirtschaftswachstum, schafft Arbeitsplätze und steigert so auch die Einnahmen des Staates nachhaltiger, als alle Bekämpfungsmaßnahmen es je könnten. Dass dieses Rezept Erfolg verspricht, zeigen die anfangs zitierten Daten. In den Ländern, in denen die notwendigen Reformen angegangen wurden, bewegt sich die Schattenwirtschaft auf einem viel niedrigerem Niveau als bei uns.
Sehr geehrter Herr Minister, insgesamt lässt sich Ihre kleine Antwort auf die Große Anfrage der FDP wie folgt bilanzieren:
Erstens. Die Landesregierung kennt die Situation der Schwarzarbeit in Schleswig-Holstein nicht besonders gut. Sie konnte 29 Fragen zu Umfang und Einstellungen der Bevölkerung nicht beantworten.
Dazu will ich Ihnen eines sagen: Es ist ja in Ordnung, wenn Sie die Studie Ihres Kollegen aus BadenWürttemberg kritisieren. Machen Sie es doch besser! Machen Sie einen Vorschlag, wie man die Daten besser abfragen kann, damit Sie solche Fragen in Zukunft
Zweitens. Die Landesregierung bekämpft das Symptom Schwarzarbeit gemeinsam mit der Bundesregierung immer stärker, ohne gegen die Ursachen vorzugehen. Im Gegenteil, die Anreize zur Schwarzarbeit werden noch erhöht.
Drittens. Obwohl die Landesregierung die Ursachen der Schwarzarbeit kennt und deren Beseitigung als bedeutende politische Aufgabe ansieht, verschiebt sie die Anstrengungen zur Beseitigung der Ursachen bis auf Weiteres.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. Vor diesem Hintergrund ist meine Prognose - ich sage es noch einmal - leider eindeutig: Schleswig-Holstein wird seinen Platz in der Hitparade der Schattenwirtschaft mindestens halten und mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar noch verbessern; denn Einsicht in die Zusammenhänge und folgerichtiges Handeln bei Landes- und Bundesregierung sind - jedenfalls aus der Sicht der FDP-Fraktion - leider nicht zu erkennen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn man inhaltlich mit den Ausführungen von Herrn Garg nicht einverstanden ist, muss man eines sagen: Mut hat er und wir wünschen ihm alles Gute für das wahrscheinliche Gespräch nachher im Zimmer des Fraktionsvorsitzenden.
Lassen Sie mich zur Anfrage der FDP zum Thema Schwarzarbeit beziehungsweise Schattenarbeit zunächst eine allgemeine Anmerkung machen: Wären alle 37 Fragen, die Sie an die Landesregierung gerichtet haben, eindeutig und präzise zu beantworten, dann würden wir vermutlich hier nicht mehr darüber streiten, dann wären Ursachen und Ausmaß der Schwarzarbeit bekannt und wir wüssten genau, wie Sie über die verschiedenen Branchen verteilt ist. Wir wüssten auch genau, wie man der Schwarzarbeit ein für alle Mal beikommen kann. Dann gäbe es sie vermutlich schon lange nicht mehr.
Um es anders auszudrücken, meine Damen und Herren von der FDP: Sie stellen der Landesregierung insgesamt 37 Fragen zur Schattenwirtschaft und wissen dabei ganz genau, dass ein großer Teil davon beim besten Willen nicht zu beantworten ist. Denn das liegt nun einmal in der Natur der Schwarzarbeit.
Sie findet im Verborgenen statt, ist weitgehend illegal. Diejenigen, die Schwarzarbeiter beschäftigen, haben ebenso wenig ein Interesse daran, über die Praktiken und den Umfang der Schwarzarbeit auszupacken wie diejenigen, die sich schwarz beschäftigen lassen. Glauben Sie, meine Damen und Herren von der FDP, denn allen Ernstes, wir kämen bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit auch nur einen einzigen Schritt weiter, wenn die Landesregierung Ihnen die Frage beantworten könnte, was der Staat nach Ansicht der Bevölkerung gegen Schwarzarbeit unternehmen könnte oder was er dagegen unternehmen sollte, das Ganze auch noch aufgegliedert nach Altersgruppen? Oder wer wollte auch nur einigermaßen verlässlich beantworten, wie viele Arbeitsplätze am ersten Arbeitsmarkt durch die Schwarzarbeit seit 1990 jährlich verloren gegangen sind, auch noch gegliedert nach der Klassifikation des Statistischen Landesamtes, jeweils mit Wachstumsraten?
Wie Sie wissen, haben wir uns im Landtag wiederholt mit der Schwarzarbeit beschäftigt. Alle Fraktionen haben dieses Thema aufgegriffen. Ich frage mich deshalb, was die FDP veranlasst, dieses Thema jetzt und vor allem in dieser Ausführlichkeit erneut in eine Große Anfrage zu packen, wohl wissend, dass die meisten Fragen nicht präzise beantwortet werden können. Dafür kann es aus meiner Sicht nur eine Erklärung geben: Die FDP geht nach dem Motto vor: Richte an die Landesregierung einen Wust von Fragen zur Schwarzarbeit, die sie nicht beantworten kann, und behaupte dann, weil sie die Fragen nicht beantworten kann, unternehme sie nichts gegen die Schwarzarbeit. Es ist klar, dass Sie genau dies versuchen.
Geradezu triumphierend verkündet Kollege Garg in einer Erklärung für die Presse, die Landesregierung könne die meisten seiner Fragen nicht beantworten, ergo stehe es außerordentlich schlecht um die Bekämpfung der Schwarzarbeit in Schleswig-Holstein.
Herr Garg - mit Verlaub -, das ist nicht nur schlechter Stil, das ist Politik auf der Basis von Kaffeesatzleserei, die an den tatsächlichen Problemen von Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft vorbeigeht.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Wolfgang Kubicki [FDP]: Woher wissen Sie das denn?)
Was wollen Sie mit dem Zahlenbeispiel, das Sie Ihrer Erklärung beigefügt haben? Mit Ihrer Rechenkunst übertreffen Sie nach meiner Meinung locker das so häufig zitierte Milchmädchen. Woher wissen Sie beispielsweise, wie hoch der durch die Schwarzarbeit angerichtete Schaden in Schleswig-Holstein tatsächlich ist? Einfach das Maximum dessen genommen, was die Schätzungen - wohlgemerkt: die Schätzungen hergeben, interpretieren Sie munter und völlig kritiklos das Zahlenwerk von Professor Schneider. Wie Sie wissen, gibt es auch andere Schätzungen. Die Bandbreite des Volumens der Schwarzarbeit reicht bekanntlich von 100 Milliarden DM bis 640 Milliarden DM im Jahr.
Letzteres ist die Schätzung von Professor Schneider, der zudem zu dem Ergebnis kommt: Gemessen am Bundesinlandsprodukt liege der Anteil der Schwarzarbeit in Schleswig-Holstein um 2,3 Prozentpunkte über dem Bundesdurchschnitt.
Was machen Sie nun mit diesen Zahlen? - Sie rechnen den Anteil der Schwarzarbeit auf null herunter, kommen zu dem Ergebnis, dies bringe in SchleswigHolstein 270.000 Arbeitsplätze, und suggerieren, wenn die Landesregierung Ihre Fragen beantworten würde und nur energisch genug in den dunklen Winkeln der Schattenwirtschaft aufräume, hätten wir in Schleswig-Holstein Vollbeschäftigung und zudem noch 150.000 offene Stellen.
Wenn es um Schwarzarbeit geht, sollten wir nicht auf dieser Ebene diskutieren. Natürlich werden wir, meine Fraktion und die Landesregierung, das Problem der Schwarzarbeit nicht auf die leichte Schulter nehmen, im Gegenteil.
Wir wissen, dass die illegale Beschäftigung zu einem erheblichen wirtschaftlichen Schaden führt, der in erster Linie zulasten des Handwerks und des Mittelstandes geht und vor allem diejenigen bestraft, die ihre Steuern und Sozialabgaben pünktlich und regelmäßig abführen. Deshalb ist nach unserer Überzeugung auch keine Ausprägung der Schwarzarbeit zu tolerieren, ganz gleich, ob sie organisiert und in großem Stil oder „nur“ von Gelegenheitsschwarzarbeitern betrie
ben wird. Schwarzarbeit ist Unrecht, sie verzerrt den Wettbewerb, sie fügt unserem sozialen System schweren Schaden zu. Schwarzarbeit ist kein Kavaliersdelikt, wie sie in breiten Bevölkerungskreisen vielleicht noch gesehen wird. Da braucht man nur die Arbeitnehmer im Baugewerbe zu fragen, wo Schwarzarbeit vermutlich am stärksten verbreitet ist.
Um es klipp und klar zu sagen: Schwarzarbeit gehört bekämpft. Genau das ist in den Debatten im Landtag, sobald Schwarzarbeit Thema war, immer wieder deutlich gemacht worden.
In Schleswig-Holstein wird die Schwarzarbeit mit der notwendigen Härte verfolgt. Wie Sie wissen, wird dies auch vom Bauindustrieverband Schleswig-Holstein so gesehen, der erklärt: „Die Bekämpfung der Schwarzarbeit ist grundsätzlich auf dem richtigen Weg.“
Natürlich werden von den Verbänden und den Betroffenen weitere Bemühungen gefordert, um Schwarzarbeit einzudämmen. Aber auch - das wissen Sie doch, meine Damen und Herren - eine Reihe von Maßnahmen und gesetzlichen Regelungen sind von der Bundesregierung auf den Weg gebracht, die genau in diese Richtung zielen.