Protocol of the Session on May 31, 2001

Ein anderer Punkt sind die Städte. 40 % aller Bürger unseres Landes wohnen in Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern. Hier bedarf es ganz anderer Infrastrukturen. Die Bedürfnisse in der Fläche müssen ganz anders angepackt werden. Also müssen wir jetzt die Akzente anders setzen und dürfen nicht mehr zu eingleisig denken. Ich fordere Sie auf, die Probleme anzupacken und glaube, dass wir das auch schaffen.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme jetzt noch zu einem Punkt, der immer verschwiegen wird. Wir müssen auch die Ausgleichszahlungen neu definieren. 80 % aller ÖPNV-Verkehre

(Uwe Eichelberg)

sind Schülerverkehre. Hier müssten die Lasten richtiger verteilt werden. Wir müssen uns fragen: Sind die Maßnahmen, die wir früher initiiert haben, heute noch zeitgerecht, oder müssen wir auch einmal modellhaft ausprobieren, wie es beispielsweise in Schweden oder in den USA üblich ist, getrennte Leistungsbestellungen und -erbringungen zumindest für die Zentralregionen in Anspruch zu nehmen, wobei man mittelständische Unternehmer wie beispielsweise Taxiunternehmen mit einschließen kann? Ich glaube, hier könnte man Kosten sparen und Synergieeffekte wirksam werden lassen.

Sie sehen, dass das ein riesiger Katalog an Maßnahmen ist, der uns noch lange im Wirtschaftsausschuss beschäftigen wird. Dennoch müssen wir dem Herrn Minister schnell Entscheidungen mit auf den Weg geben, denn die Probleme drängen. Es geht um die Zukunft des gut angedachten Konzepts für den ÖPNV, das wir zum Wohle unserer Bürger durchsetzen müssen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU sowie Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich jetzt Herrn Gerhard Poppendiecker.

(Zurufe)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Eichelberg, ich bin richtig froh - das ist für mich ein richtiger Durchmarsch, sage ich einmal -, dass wir nun schon zu zweit gegen die feste Fehmarnbelt-Querung sind.

(Zurufe und Heiterkeit)

Mehr sage ich dazu nicht.

Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage ist sehr ausführlich und gut dargestellt. Dafür, Herr Minister, Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein ganz, ganz herzliches Dankeschön!

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke [FDP])

Da fällt mir ein kurzer Satz zur Bahn ein: Man kann sich bei der Bahn auf nichts verlassen, ist aber ständig verlassen und darauf kann man sich verlassen. Das vielleicht zur Bahn!

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Ich denke - das ist bereits in den Reden von Herrn Minister Rohwer und von Herrn Kollegen Eichelberg angeklungen -, dass in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein der ÖPNV eminent wichtig ist. Denn nur mit dem ÖPNV haben die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes die Chance, sehr schnell, sehr gut und vielleicht auch sehr preisgünstig von einem Ort zum anderen zu kommen. Dies sind Dinge, die durch das ÖPNV-Gesetz sehr, sehr gut geregelt sind.

Auch beim SPNV - Träger ist das Land - spielen natürlich diese Dinge eine große Rolle. Herr Eichelberg, Sie haben das angesprochen. Deshalb ist meine Bitte für die Zukunft, in diesen Fragen des ÖPNV und des SPNV fraktionsübergreifend stärker zusammenzuarbeiten, um der Regierung gegenüber dem Bund Hilfen zu geben, die es ermöglichen, die Probleme in der Zukunft zu lösen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es sind nicht alle Dinge machbar; die Finanzierung ist entscheidend. Ich sage das auch an die „Finanzer“ dieses hohen Hauses. Wir werden bei den Haushaltsberatungen als Wirtschaftsleute darauf achten müssen, dass die Mittel, die für den SPNV beziehungsweise den ÖPNV heute zur Verfügung stehen, auch in Zukunft zur Verfügung stehen; denn sonst wird es schwierig.

Der Herr Minister hat es schon angesprochen. Heute werden 1.138 km Schiene bedient, 21,5 Millionen Zugkilometer werden gefahren. Das sind Zahlen, auf die dieses Land sehr stolz sein kann. Ein breites Angebot an Buslinien - sei es im Berufsverkehr, im Schülerverkehr, sei es bei den Linientaxis, den Fahrrad- oder den Bürgerbussen oder seien es die ersten Schnellbuslinien - ergänzen dieses Netz auf 26.500 km Netzlänge.

Die Regionalbahnen und die Regionalexpress-Züge sind angesprochen worden. Auch ich will an dieser Stelle schon einmal deutlich machen, dass es für mich unverständlich war, dass die Bahn die InterRegios einfach streicht. Es ist toll, dass das Land da sofort eingesprungen ist, aber hier muss für die Zukunft mit allen anderen Ländern weiterhin darauf hingewirkt werden, dass keine weiteren Einschränkungen erfolgen. Der Bahn muss klar gesagt werden, wo die Grenzen liegen und dass das nicht so weitergehen kann.

(Beifall der Abgeordneten Bernd Schröder [SPD] und Günter Neugebauer [SPD])

Lassen Sie mich nun einen kleinen Rückblick machen. 40 Jahre lang wurde in Schleswig-Holstein die Schiene abgebaut. Das ist Fakt. Ob es damals Rendsburg– Heide war, oder Neumünster–Segeberg, die Strecken

(Gerhard Poppendiecker)

wurden Zug um Zug still gelegt, weil man damals auf die Straße setzte und meinte, die Schiene habe keine Zukunft. Erst seit zirka zehn Jahren ist eine umgekehrte Entwicklung zu verzeichnen. Heute beweist sich überall, dass die Schiene zukunftsträchtig ist, sogar in den Mittelstädten.

Wenn man im Nachhinein überlegt, dass eine Landeshauptstadt wie Kiel noch vor 15 Jahren die damals aus Kieler Sicht „alte“ Straßenbahn still legte, und heute diskutiert, ob man nicht eine neue Stadtbahn einführen sollte, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass man das vor 15 Jahren hätte bedenken sollen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: 25 Jahre!)

Alle machten damals beim Abbau der Schienenstrecken mit - ich nehme da keine Regierung aus -: der Bund ebenso wie die Länder. Aber jetzt sind wir dabei, diese Dinge wieder in den Griff zu bekommen.

Neue Strecken werden eingerichtet. Das ist positiv. Aber, Herr Minister, mich ärgert es schon - mit mir sind auch einige andere ärgerlich darüber -, dass die Strecke Neumünster–Segeberg zwar ausgeschrieben worden ist, jetzt aber durch eine Verzögerungspolitik der Bahn, die diese Strecke nicht bekommen hat, noch nicht in Betrieb ist.

(Beifall bei der SPD sowie der Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese [CDU], Man- fred Ritzek [CDU] und Jutta Scheicht [CDU])

Es ist offensichtlich, dass die Deutsche Bahn AG hier auf Zeit spielt. Dies kann nicht sein.

Die Ausschreibungen sind angesprochen worden. Sehr positiv! Wenn wir uns heute die Zahlen der NOB anschauen, sehen wir, dass es dort gute Zuwächse in relativ kurzer Zeit gab. Die Bahn hat uns über Jahre hinweg gesagt, der Schienenverkehr dort lohnt sich nicht. Hier beweisen inzwischen private Anbieter, dass es geht. Ich erinnere an einige Strecken im süddeutschen Raum, die vor 20 Jahren stillgelegt worden sind. Heute haben sie Zuwächse von 1.000 %, sie sind nämlich von null auf 1.000 Fahrgäste pro Tag gekommen.

(Zuruf von der FDP: Das sind aber nicht 1000 %!)

Herr Eichelberg, Sie haben es angesprochen, wir müssen natürlich mit dem HVV verhandeln und aufpassen, dass uns der HVV nicht über den Tisch zieht. Das ist selbstverständlich, das gehört zur Verhandlungsbasis. Für mich ist es nicht verständlich, dass es mit einem modernen S-Bahn-Netz nicht möglich sein soll, Elmshorn, Itzehoe oder Buxtehude - hier denkt man wenig

stens die Dinge an - schneller zu erreichen. Ich denke, hier ist noch einiges zu machen.

Bei den Ausschreibungen sowohl im ÖPNV - sprich Bus - als auch im SPNV ist aber auch - das hat der Minister deutlich gesagt - darauf zu achten, dass es nicht zu Dumpingpreisen kommt, dass es nicht zu Standardabsenkungen kommt und dass das betroffene Personal nicht übergangen wird. Ich denke, darauf müssen wir achten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen: Für sein herausragendes Engagement hat der Wirtschaftsminister dieses Landes vor einigen Tagen von der Vereinigung der Führungskräfte der Deutschen Bahn die Goldene Schiene erhalten. Ich möchte ihm dazu herzlich gratulieren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Ich hoffe nur, Herr Minister, dass das für Sie Ansporn ist, den SPNV und den ÖPNV in diesem schönen Land auch zu vergolden, das heißt in die positiven Zahlen hineinzufahren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Was sind die Ziele? - Auch das ist gut dargestellt, nämlich kürzere Übergangszeiten von Bus und Bahn und PR-Anlagen zu schaffen und Menschen mit Behinderungen und Frauen mit Kinderwagen sowie ähnlich negativ betroffene Bevölkerungsteile, so will ich sie einmal nennen, zu berücksichtigen.

(Zuruf der Abgeordneten Jutta Scheicht [CDU] - Heiterkeit)

- Habe ich etwas Falsches gesagt? - Das kann sein.

Es ist für mich unverständlich, dass heute immer noch Züge ohne behindertengerechte Einstiege gebaut und eingesetzt werden, obwohl die Züge sehr, sehr modern geworden sind.

(Vereinzelter Beifall im ganzen Haus)

Das sind Dinge, auf die wir achten müssen.

Zum bahnpolitischen Konzept - hinterfragt von der CDU: Herr Kollege Eichelberg, ich habe es schon gesagt, dass 40 Jahre lang nichts getan worden ist. 40 Jahre lang hat man - da nehme ich keine Bundesregierung aus - die Bahn sträflich vernachlässigt, weil man meinte, man könne alles auf die Straße bringen. Das ist der Grund dafür, dass wir uns heute festgefahren haben: Wir diskutieren über die A 20, den sechs

(Gerhard Poppendiecker)

spurigen Ausbau der A 7, wir wollen die FehmarnbeltQuerung