Protocol of the Session on May 31, 2001

(Vereinzelter Beifall bei CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb sage ich auch klar Folgendes. Je stärker uns der Kurs der Deutschen Bahn finanziell belastet, umso schneller werden wir weitere Bahnnetze in SchleswigHolstein ausschreiben.

Ebenso gilt: Je mehr sich die Bahn aus der Fläche zurückzieht, umso schneller müssen die Voraussetzungen für effektiven Wettbewerb auch im Schienenfernverkehr und im Schienengüterverkehr geschaffen werden.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Das heißt: diskriminierungsfreier Zugang zum Netz, Unabhängigkeit von Netz und Betrieb, abgestimmte Ausschreibungen von Ländern über Ländergrenzen hinweg und stärkere Verantwortung der Regionen für die Regionalnetze! In welcher Form eine stärkere regionale Verantwortung der Regionen für die Regionalnetze ausgestaltet sein wird, werden wir bis Herbst mit dem Bundesverkehrsminister und anderen diskutieren.

Noch ein Wort zum Güterverkehr. Hier darf die von der DB AG beabsichtigte Aufgabe von 21 Verladepunkten in Schleswig-Holstein nicht zu einer Rückverlagerung auf die Straße führen.

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir bemühen uns zurzeit zusammen mit der Deutschen Bahn, den mittelständischen Unternehmen, anderen Anbietern und der Industrie- und Handelskammer um Ersatzlösungen. Mein Eindruck ist, dass sich auch die Deutsche Bahn AG an diesen Gesprächen inzwischen sehr konstruktiv beteiligt. Ich habe Hoffnung, dass wir die weitestgehenden Folgen vermeiden können. Aber die Arbeit ist noch nicht beendet. Ich bitte Sie alle um Unterstützung, die Bahn weiter aufzufordern, so viel wie möglich auch in Zukunft an regionalen Verladepunkten hier in SchleswigHolstein zu sichern.

Mein Fazit ist Folgendes. Trotz aller problematischer Entwicklungen im Fern- und Güterverkehr gilt: In Schleswig-Holstein ist Bahnfahren in den letzten Jahren deutlich attraktiver geworden. Ich werde dafür arbeiten, dass dies so weitergeht.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich eröffne jetzt die Aussprache. Für die Fraktion der CDU hat jetzt der Herr Abgeordnete Uwe Eichelberg das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Regionalisierungsgesetz hat unser Land die Kompetenz für den regionalen Schienenverkehr und den ÖPNV in umfassender Form übertragen bekommen. Wie der Minister eben ausgeführt hat, hat das Land diese Aufgabe - wie wir von der CDU meinen - entsprechend aufgenommen. Wir haben mit der LVS die Strukturen analysiert, die Ziele definiert und die regionale Verkehrsversorgung im SPNV und ÖPNV gut definiert und teilweise umgesetzt, wie eben dargelegt wurde. Herr Minister, Ihren Zielen hat die CDU zugestimmt. Die Erfolge sind gut. Das bestätigen wir.

(Vereinzelter Beifall bei CDU, SPD und FDP)

Aber - die Probleme haben Sie eindeutig erkannt seitens der CDU haben wir das Gefühl, dass die rotgrüne Bundesregierung und der mit allen Vollmachten ausgestattete Bundesbahnchef dabei ist - wohl gedul

(Uwe Eichelberg)

det -, die Strukturen im Schienenpersonenfernverkehr wie auch im Frachtverkehr in der Fläche zu zerschlagen. Zwar wird sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene dagegen gewettert, aber seit über einem Jahr nicht hart genug vorgegangen. Er kann anscheinend machen, was er will. Deswegen vonseiten der CDU die Frage: Wie sind wir gewappnet? - Ein Jahr Diskussion ist eigentlich lang genug. Manchmal fühle ich mich an das Märchen von Rumpelstilzchen erinnert: Wütend die Hacke in den Boden gehauen, aber die Prinzessin haben wir nicht gekriegt.

(Heiterkeit bei der CDU)

Wir müssen noch einiges ändern.

Erinnern wir den Bundeskanzler daran, dass die Gewährleistungspflicht für den Schienenverkehr im Rahmen der Daseinsvorsorge gemäß Artikel 87 e Abs. 4 Grundgesetz beim Bund liegt. Er kann das nicht an die Länder wegdrücken und wir müssen sehen, wie wir die Leistungen erbringen. Sie haben eben geschildert, dass bisher bereits 10 Millionen DM aus dem Topf in Anspruch genommen worden sind, den wir nicht vergrößern können. Das können wir so nicht hinnehmen. Wir wollen klare Konzepte. - Sie haben Recht: Die zehn Minuten Redezeit lassen es nicht zu, alle Aspekte zu nennen. Das müssen wir im Ausschuss vertiefen. Wir müssen am Ball bleiben. Wir können das Thema nicht verschieben. Wir haben schon ein Jahr lang gewartet und gehofft.

Das Fernverkehrskonzept des Landes kann sich nicht allein auf das Ablehnen des Transrapids beschränken. Uns ist versprochen worden, dass die Strecke Hamburg–Berlin bis 2004 gebaut ist und man dort mit 230 km/h fahren kann. Jeder weiß, dass das überhaupt nicht mehr zu realisieren ist. Das Ersetzen der Fernverkehrszüge im Land mit noch so schönen Regionalzügen - auch mit Fahrradabteil ausgestattet ist nicht das, was die Bürger im Land gewünscht haben. Das Umsteigen in Hamburg ist nämlich zwangsläufig geworden.

Sie haben in den vergangenen Jahren versprochen, dass wir mehr durchgehende Züge nach Flensburg, Kiel und Lübeck bekommen. Sie haben versprochen, dass mehr Strecken geöffnet werden. Aus heutiger Sicht müssen wir den Bürgern klipp und klar sagen: Das lässt sich gar nicht mehr realisieren; der Topf ist nicht mehr da.

Wenn wir über Konzepte der Zukunft sprechen, müssen wir darüber nachdenken, ob all die Anmeldungen, die wir zum Bundesverkehrswegeplan gemacht haben, wie zum Beispiel die Elektrifizierung der Bahnstrecke Kiel–Lübeck, nicht illusorisch sind. Wenn wir keine Fernverkehre im Land haben, weiß

ich nicht, wie wir derartige Maßnahmen finanzieren wollen, ganz zu schweigen davon, wie wir sie umsetzen wollen.

Wir müssen auch kritisch darüber nachdenken, ob wir unsere Hauptzielsetzung, Bau der A 20 so schnell wie möglich und Bau einer festen Fehmarnbelt-Querung bei einer festen Verzinsung von 7 % und Vorlaufkosten von 1,8 Milliarden DM - angesichts der Mittel, die wir aus dem Bundesverkehrswegeplan bekommen, überhaupt noch mit Priorität verfolgen können. Wenn wir uns verzetteln, kriegen wir nie unser Hauptprojekt, die A 20 bei Glückstadt, durch.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir müssen konsequent darüber nachdenken, ob alle Forderungen richtig sind. Der sechsspurige Ausbau der A 7 und der A 23, bestimmte Elemente der A 21, die Sie auch definiert haben, einige Ortsumgehungen, und die Ertüchtigung der Schienen an den Engpässen - das sind Ziele für die nahe Zukunft. Hier müssen wir die Prioritäten vernünftig abstufen. Das ist wichtig.

Nun zu der Anfrage der Grünen. Ich habe manchmal das Gefühl - Herr Minister, ich muss Ihnen ehrlich sagen, dass mir das auch bei Ihrem Vortrag hier so ging -, dass so getan wird, als habe sich das Umfeld nicht geändert. Die Ziele - so habe ich gesagt - sind gut. Das, was Sie umgesetzt haben - das habe ich auch gesagt -, ist auch gut. Das Umfeld ist aber nicht mehr das, was es früher war. Allein der Rückzug der DB AG verlangt - wie Sie es selber geschildert haben - erhebliche Leistungen von unserem Land. Auf Dauer können wir das nicht finanzieren.

Im Gegensatz zu Ihnen - das ist der positiven Darstellung zu entnehmen, die Sie abgegeben haben - meine ich, dass die DB ZugBus mit dem Konzept MORA versucht, stärkeren Einfluss in unserem Land zu gewinnen, und damit die Wettbewerbsstrukturen praktisch ausgehebelt werden. Da müssen wir aufpassen.

Wichtig ist weiter, dass wir die Ausschreibungen forcieren. Schleswig-Holstein war federführend. Das haben Sie deutlich gesagt. Darin stimmt Ihnen wohl die gesamte Bundesrepublik zu. Das ist eine positive Meldung. Wir müssen das aber nun schnellstens fortführen.

Wir müssen auch einmal solche Strecken nehmen, die der Bundesbahn wirklich wehtun - wie Hamburg– Lübeck. Wir sollten auch darüber sprechen, warum wir nicht den Gütertransport auf der Strecke Sylt– Niebüll ausschreiben könnten. Das ist eine Strecke, auf der man Geld verdienen kann.

Die Bundesbahn sucht sich die Rosinen heraus und überlässt uns den Mist, nicht umgekehrt, wie Herr

(Uwe Eichelberg)

Mehdorn immer sagt. Das müssen wir einmal klipp und klar darstellen.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, Sie haben positiv geschildert, dass der Hamburger Verkehrsverbund versucht, sich weiter nach Norden auszudehnen. Wir aus dem Hamburger Umland können das nur begrüßen, aber aus landespolitischer Sicht müssen wir aufpassen, dass sich der Hamburger Verkehrsverbund nicht derart weit ausdehnt, dass zwar die Hauptstrecken unter Hamburger Einfluss kommen, wir aber mit dem Rest im Lande zufrieden sein müssen.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Verlockungen für die Kreise rund um Hamburg sind groß; dem stimme ich zu. Aber schwächt das nicht unsere Verhandlungsposition mit der Hansestadt Hamburg? Wir wollen ja unter anderem, dass die AKN endlich einmal Durchfahrtsrechte für Hamburg bekommt. Darüber hinaus wollen wir den Anschluss an den Hamburger Flughafen und auch weitere Ausschreibungen von S-Bahn-Strecken sowie die Erweiterung des U-Bahn-Netzes. Aber wenn wir alles vorher schon losgeworden sind, wo haben wir dann für Schleswig-Holstein noch eine Möglichkeit, unsere Forderungen durchzusetzen?

(Beifall bei der CDU)

Wenn sich der HVV so ausweitet, wie er sich das vorstellt, sehe ich Probleme mit unserem SchleswigHolstein-Ticket; denn das Interesse ist dann nicht mehr groß genug. Hier haben wir eine landespolitische Gesamtverantwortung; das können wir nur in einem Paket verabschieden.

Schon heute sieht man, wie sich die Hamburger weigern, in Ahrensburg zu halten, obwohl sie das könnten. Sie sagen, erst wenn der Vertrag unterschrieben ist, halten wir dort.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Das stimmt!)

Nach dem Fahrplan könnte man durchaus heute schon dort halten. Da sehen Sie einmal, wie Hamburg mit allem pokert. Hamburg ist nicht so gut, wie es immer dargestellt wird, lieber Bernd Schröder.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Herr Minister, die Regionalisierungsmittel werden in Zukunft nicht im gleichen Umfang zur Verfügung stehen wie heute. Sie wissen genau, wie sehr die anderen Ländern darüber mäkeln, dass ein neuer Ausschuss ins Leben gerufen wurde. Ich glaube, wir können auf Dauer nicht mehr alles das finanzieren, was wir bisher

finanziert haben. Die 70 Millionen, die wir der DB ZugBus für die Überholung der Silberlinge gegeben haben, können wir uns in Zukunft bestimmt nicht mehr erlauben. Und ich sehe auch nicht, dass wir noch die Möglichkeit haben werden, jedem Busunternehmer für die Beschaffung eines neuen Busses 70.000 DM zur Verfügung zu stellen. Das kriegen wir auch nicht mehr zurecht. Ich sehe auch nicht ein, dass wir jedem Landkreis 150.000 DM geben sollen, damit man dort die ÖPNV-Maßnahmen administrieren kann.

Das sind alles Mittel, die wir lieber schwerpunktmäßig in Projekte hineingeben sollten, mit denen man möglichst schnell eine vernünftige Infrastruktur erreichen kann. Da wollen wir Sie, Herr Minister, gern unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn man die ÖPNV-Studie der Firma „Mobilité“ kritisch liest, findet man dort Ansätze oder - ich formuliere es einmal so - „vorsichtige Hinweise“, die Sinnhaftigkeit des ÖPNV-Gesetzes dahin zu überprüfen, ob es noch allen Zukunftsstrategien gerecht wird. Wir müssen die Aufgabenteilung zwischen Landesregierung, Kreisen/kreisfreien Städten und LVS noch einmal diskutieren und eine neue Basis finden.

Im Übrigen macht die Studie, wie ich glaube, deutlich, dass gesonderte Schwerpunkte im Lande gebildet werden müssen. So sind für die Metropolregion Hamburg ganz andere Ansprüche zu erfüllen als für die Fläche. Allein in dieser Metropolregion wohnen über 50 % aller ÖPNV-Nutzer. Und in Stormarn sind 80 % aller Arbeitnehmer Pendler überwiegend nach Hamburg hinein, während 40.000 Pendler aus Hamburg ins Land hinausfahren. Wir können allein mit einer Maßnahme wie der Verlängerung der U-Bahn-Strecke nach Glinde 4.000 zusätzliche Fahrgäste für den ÖPNV gewinnen, wie aus einer Kleinen Antwort zu entnehmen ist. Das sind Schwerpunkte, bei denen wir meiner Meinung nach etwas bewegen können.

(Beifall bei der CDU)

Ein anderer Punkt sind die Städte. 40 % aller Bürger unseres Landes wohnen in Städten mit mehr als 20.000 Einwohnern. Hier bedarf es ganz anderer Infrastrukturen. Die Bedürfnisse in der Fläche müssen ganz anders angepackt werden. Also müssen wir jetzt die Akzente anders setzen und dürfen nicht mehr zu eingleisig denken. Ich fordere Sie auf, die Probleme anzupacken und glaube, dass wir das auch schaffen.