Protocol of the Session on May 10, 2001

(Christel Aschmoneit-Lücke)

che voll bewusst ist. Ich bin leider ebenfalls davon überzeugt, dass insbesondere die Kolleginnen und Kollegen der Grünen dies noch nicht begriffen haben. Wie sonst wäre der ständige Widerstand der Grünen gegen alle Maßnahmen und Vorschläge zu erklären, die dazu beitragen, die Attraktivität des Standortes Schleswig-Holstein zu steigern?

Beispiel Infrastruktur! Die Grünen sperrten und sperren sich mit Händen und Füßen gegen alle wichtigen Verkehrsprojekte - Transrapid, A 20, Flughäfen. Minister Rohwer sagt immer wieder zu Recht, Verkehrspolitik sei Standortpolitik. Um den Standort SchleswigHolsteins attraktiver zu machen, brauchen wir bessere Verkehrsanbindungen, denn sie sind ein wesentlicher Faktor bei Standortentscheidungen.

Welches Signal bekommen nationale und internationale Investoren, wenn sie sich die verkehrspolitischen Debatten in Schleswig-Holstein anhören? Meine Damen und Herren, die Antwort ist: Der Ausbau der Infrastruktur ist in Schleswig-Holstein zweifelhaft. Abgeordnete der grünen Regierungsfraktion stellen sich offen gegen den Ausbau wichtiger Bestandteile der Infrastruktur und setzen alles daran, diesen Ausbau zu verhindern.

Kollegin Heinold und Kollege Steenblock rufen zum Boykott des Baus der A 20 auf und verstoßen damit ganz offen gegen die Absprachen im Koalitionsvertrag.

(Beifall der Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU] und Lars Harms [SSW])

Der grüne Umweltminister lässt seinen Kollegen im Wirtschaftsministerium auflaufen, indem er schnell noch ein Naturschutzgebiet schafft, um den Ausbau des Flughafens Lübeck-Blankensee zu verhindern.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

Das ist das Bild, das aus Schleswig-Holstein im Bereich der Standortpolitik in die Welt transportiert wird.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaub- lich!)

Warum sollte es sich also für Investoren lohnen, Millionen- oder gar Milliardenbeträge in einer Region zu investieren, von der sie nicht sicher sein können, den Rest der Welt mit ihren Produkten schnell und kostengünstig erreichen zu können? Im Zweifel lohnt sich das nicht.

(Beifall bei der FDP)

Der Schaden, den diese Politik für den Standort Schleswig-Holstein anrichtet, lässt sich auch durch noch so viele Auslandsreisen nicht ausgleichen. Wenn

wir die heimische Außenhandelswirtschaft stärken wollen, dann müssen wir die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens insgesamt verbessern, und zwar in vielen Bereichen, und dabei müssen wir uns beeilen, denn der Wettbewerb der Standorte wird sich in den nächsten Jahren weiter verschärfen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hentschel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein großer Erfolg für die Wirtschaftspolitik des Landes, wenn die Verflechtungen der schleswigholsteinischen Wirtschaft mit dem Ausland zugenommen haben. Ich glaube, darüber täuschen auch Definitionsspezialitäten, wie sie von Herrn Eichelberg vorgetragen worden sind, nicht hinweg. Natürlich ist es eine Stärkung der schleswig-holsteinischen Wirtschaft, wenn sie in der Lage ist, Produkte nach außerhalb von Schleswig-Holstein zu liefern. Das gilt sowohl für das restliche Deutschland, das aus Sicht SchleswigHolsteins auch Exportgebiet ist, das gilt für andere europäische Länder, das gilt für Länder außerhalb der EU. Man kann natürlich jedes einzelne Element dieser Kette einzeln betrachten und bewerten. Aber insgesamt sind die Kennziffern unbestreitbar. Die Kennziffern sind die, dass sich die Quote in SchleswigHolstein von 1980 bis 2000 von 16 % auf 32 % glatt verdoppelt hat, was im Bundesdurchschnitt natürlich nicht der Fall war. Das heißt, relativ hat sich der Abstand zum Bundesdurchschnitt erheblich verringert.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Das konnte erreicht werden - das ist spannend - mit einer Wirtschaftsstruktur, die nun nicht gerade dafür spricht, dass die Exportquote besonders hoch sein sollte, denn es ist eine alte Weisheit, dass Großbetriebe eine höhere Exportquote haben als mittlere Betriebe und Kleinbetriebe, die sich mehr an regionalen Märkten orientieren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist eine fal- sche Weisheit!)

Gleichzeitig haben warenproduzierende Betriebe eine höhere Exportquote als Dienstleistungsbetriebe. Das wissen wir alles. Wenn es trotzdem so ist, dass eine Wirtschaft wie die in Schleswig-Holstein, die überwiegend kleine Betriebe hat, die gleichzeitig überwiegend im Dienstleistungsbereich tätig sind, eine Außen

(Karl-Martin Hentschel)

handelsquote hat, die sehr hoch liegt, dann spricht das gerade umgekehrt, als Sie es gerade dargestellt haben, für die Außenhandelspolitik in diesem Lande und nicht dagegen.

Der Bericht weist auch darauf hin, dass typische klassische Exportwirtschaftssektoren wie zum Beispiel die Automobilindustrie in Schleswig-Holstein praktisch nicht vertreten sind - nur durch einige Zulieferer.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Aber wir haben den Schiffbau, Herr Hentschel!)

Dass der Schiffbau mit einer Exportquote von 54 % am Außenhandelsumsatz Schleswig-Holsteins in der Gesamtbedeutung von 14 % auf 7 % zurückgegangen ist, zeigt die schwierige Situation im Schiffbau, zeigt aber auch, dass dieser Bereich nicht mehr entscheidend zur Exportquote beitragen kann.

Trotzdem ist es gelungen, die Exportquote erheblich anzuheben. Das kann also nicht daran liegen, dass es solche Betriebe sind, die Ergebnisse liegen offensichtlich auch nicht in den klassischen Bereichen, die wir früher hatten, denn die Ernährungswirtschaft ist erstaunlich schwach, was die Exportrate betrifft. Darauf ist schon hingewiesen worden. Da kann man sicherlich etwas verbessern.

Die Tatsache, dass die Exportquote angestiegen ist, kann nur darin begründet liegen - das zeigt der Bericht auf -, dass neue Sektoren erschlossen worden sind, neue Betriebe entstanden sind, und zwar überwiegend Betriebe im kleinen und mittelständischen Bereich, die es trotzdem schaffen, auf den Weltmärkten präsent zu sein. Das ist allerdings für ein Land wie SchleswigHolstein eine enorme Leistung und drückt einen enormen Strukturwandel während des letzten Jahrzehnts aus, beides Dinge, auf die diese Regierung und die Wirtschaft dieses Landes, alle zusammen, stolz sein können.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Standortvorteile hat die Wirtschaft SchleswigHolsteins bei den Exporten nach Polen, ins Baltikum und nach Russland. Das sind Märkte, die zurzeit noch wenig zum Erfolg beitragen, aber zunehmend an Bedeutung gewinnen werden. Deswegen ist es richtig, dass diese Märkte eine besondere Aufmerksamkeit genießen.

Dass die bedeutendste Exportadresse der europäische Markt ist, kann nicht verwundern. Insgesamt, wenn ich den europäischen Markt als Einheit rechne, Herr Eichelberg, hat natürlich der Außenhandel der Europäischen Union nur noch 20 % Anteil an der Wirtschaft. Das ist übrigens in den USA nicht mehr. Auch in den

USA spielt der Außenhandel relativ eine geringe Rolle, der Binnenmarkt ist entscheidend. So ist es auch in Europa, wenn man die EU als Ganzes sieht.

Nur dann, wenn man die einzelnen Staaten und die einzelnen Regionen sieht, wächst der Austausch enorm und nimmt zu. Das ist der eigentliche Gewinn an der Verflechtung. Von daher ist es normal, dass die EU in der Verflechtung an der Spitze steht.

Das Erstaunliche ist allerdings, dass auch Absatzmärkte wie Asien mit China an der Spitze eine sehr hohe Bedeutung für Schleswig-Holstein haben. Das ist in der Tat auch Ausdruck und Ergebnis von Anstrengungen des Landes bei der Förderung von Kontakten, der Unterstützung bei Messen und Ausstellungen.

Es ist kein Geheimnis, dass die großen Unternehmen faktisch allein in der Lage sind, neue Märkte zu durchdringen, dass gerade die kleinen und mittleren Betriebe aber Unterstützung bei diesem Prozess brauchen. Deshalb ist es richtig, dass auch die Wirtschaftsförderung Schleswig-Holstein, die WSH, diese Unterstützung organisiert, insbesondere auch durch Präsenz auf Messen, insbesondere durch Kontakte, die über Reisen hergestellt werden, weil gerade diese Betriebe auch nicht einfach auf gut Glück fahren und solche Auslandsreisen organisieren. Gerade solche Betriebe müssen unterstützt werden, müssen mitgenommen werden und sind auch sehr dankbar dafür. Das zeigen ja auch die Erfahrungen.

Zur außenwirtschaftlichen Verflechtung gehört auch der Kapitalexport. Wenn sich in Schleswig-Holstein die ausländischen Direktinvestitionen seit 1990 um 250 % auf 7 Milliarden DM erhöht haben, dann ist auch dies eine enorme Leistung, wobei natürlich ein großer Teil dieser Investitionen auch darin begründetliegt, dass Firmen verkauft worden sind. Darüber muss man sich klar sein. Das wirft auch erhebliche Probleme auf. Das sollten wir nicht leugnen.

Filialen amerikanischer Konzerne haben ihre Konzernspitze eben nicht in Schleswig-Holstein sitzen, sondern sie sitzt jenseits des Atlantiks. Amerikanische Methoden unterscheiden sich auch von europäischer Firmenkultur. Die innerbetriebliche Mitbestimmung wird stärker unter Kostengesichtspunkten gesehen als bei inländischen Konzernen. Auch die Bereitschaft zur beruflichen Ausbildung wird in den USA anders gesehen, weil die USA ein solches Berufsausbildungssystem, wie wir es in Deutschland haben, nicht kennen. Daher fehlt häufig am Anfang das Verständnis und das wirft manchmal durchaus Probleme auf. Es ist aber häufig so, dass sich dann Entwicklungen vollziehen, in denen ein gegenseitiger Lernprozess stattfindet.

(Karl-Martin Hentschel)

Aus diesen Gründen muss die Basis unserer einheimischen Wirtschaft in mittelständischen einheimischen Betrieben liegen, und zwar sowohl im Dienstleistungsbereich, in der Produktion oder im Handwerk, aber auch noch aus einem anderen Grund: Ausländische Firmen, die sich hier ansiedeln, orientieren sich eben nicht vorrangig daran, ob es Straßen gibt oder am Lohnniveau oder ähnlichen Dingen. Viel entscheidender ist etwas Anderes. Das zeigen alle Erfahrungen. Es ist ja nicht so, dass die Investitionen in Wirtschaftsbereiche gehen, in Regionen der Welt gehen, wo die Löhne besonders niedrig sind. Solche Regionen haben in der Regel sehr wenig Attraktivität für Auslandsinvestitionen. Das ist also nicht der Grund. Es ist auch nicht so, dass Investitionen unbedingt in Regionen gehen, wo besonders viele Autobahnen sind. Man kann sehen, es sind durchaus periphere Regionen in Europa, die in den letzten Jahren die größten Auslandsinvestitionen angezogen haben. Entscheidend sind ganz andere Faktoren. Entscheidend ist einmal eine gute Ausbildung der Arbeitnehmer. Firmen, die investieren, müssen sicher sein, dass sie vor Ort die qualifizierten Arbeitskräfte finden, die sie brauchen. Das ist ganz entscheidend, denn die können sie nicht kurzfristig ausbilden.

(Zuruf der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Weiter entscheidend ist ein attraktives Umfeld von Kleinunternehmen. Das ist übrigens immer die traditionelle Stärke Baden-Württembergs gewesen, ein attraktives Umfeld von Kleinunternehmen in sehr vielen Wirtschaftsbereichen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren!

Herr Abgeordneter, Sie sind dran.

Entscheidend sind also neben dem Bildungsniveau der Arbeitnehmer, gut ausgebildeten Arbeitnehmern, ein Umfeld von Kleinunternehmen, von qualifizierten Arbeitsplätzen und Zulieferern und Absatzmöglichkeiten in der Region. Damit hat natürlich auch die Nähe der Metropolregion Hamburg für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein eine ganz wichtige Bedeutung. Das zeigen ja auch alle Wirtschaftsdaten.

Wir sind sehr froh, dass auch die heimische Windenergie jetzt davor steht, große Exporterfolge zu erzielen. Die Lieferungen nach Indonesien sind wahr

scheinlich nur ein Anfang. Die Firma Jacobs Energie aus Husum hat sich jetzt mit zwei anderen Firmen unter dem Namen REpower Systems zusammengeschlossen. Es gibt mittlerweile Gespräche mit ausländischen Investoren aus den USA, China, Japan und sonstigen Regionen der Welt. Die kommen nach Deutschland, um zu sehen, was hier passiert. Das kann eine ganz spannende Entwicklung werden.

Benjamin Disraeli sagte vor 130 Jahren: „Das Geheimnis des Erfolges liegt in der Zielstrebigkeit.“ Man kann es auch so ausdrücken: Erfolgreiche Manager zeichnen sich in der Regel mehr aus durch effizientes Management als durch laute PR-Arbeit und 18-%Sprüche. Eine solche Zielstrebigkeit möchte ich heute dem Wirtschaftsminister dieses Landes bescheinigen. Es macht Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten. Das wissen viele in der Wirtschaft dieses Landes zu würdigen. Ich wünsche ihm auch weiterhin viel Erfolg.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nichts ist dynamischer als der Markt, außer vielleicht das politische Liebeswerben der Fraktionen des Landtages untereinander. Beides ist ständigen Veränderungen unterworfen und feste verlässliche Tendenzen in der Entwicklung gibt es ebenfalls in beiden Fällen. Auf den Export bezogen werden diese ständigen Veränderungen besonders deutlich. Der Bereich Elektrotechnik hat enorm hinzugewonnen, während der Bereich Ernährungswirtschaft innerhalb von zehn Jahren um fast 40 % zurückgegangen ist. SchleswigHolstein durchläuft einen enormen Strukturwandel. Dass sich die Elektrotechnik, die Informationstechnologie und auch die Biotechnologie weiterentwickeln, ist auch in Zukunft zu erwarten. Es ist Aufgabe der Landesregierung, die Erschließung dieser Wirtschaftszweige zu unterstützen.