aber wir sind diejenigen, die mit dieser Forderung echte Politik machen und dazu beitragen werden, dass sie hier im Lande eingeführt werden.
Auch die FDP wollte offenbar von dieser guten Stimmung für die Ganztagsschulen profitieren und hat deshalb einen äußerst dürren Antrag für diese Sitzung eingebracht. Es ist offenbar der schleswig-holsteinische Beitrag zur „Strategie 18 %“.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU sowie der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Eine echte politische Leistung steht nicht dahinter, wenn man lediglich die Themen auf die Tagesordnung des Landtages setzt, die andere angestoßen haben.
Und es ist auch für eine zielführende Debatte am Ende zu kurz gesprungen, wenn man meint, die Ganztagsschulen herbeizaubern zu können, indem man einfach nur den Begriff „Ganztagsschule“ in den Mund nimmt. Nein, man muss schon genauer sagen, was man damit verbindet, und damit meine ich jetzt weniger die FDP als vielmehr die SPD und die Grünen.
Die CDU hat die Forderung nach einem bedarfsgerechten Angebot von Ganztagsschulen in SchleswigHolstein deshalb zu diesem Zeitpunkt erhoben, weil sich die gesellschaftlichen Verhältnisse spürbar und messbar geändert haben.
Es gibt einen Bedarf an ganztägiger Betreuung und Ganztagsschulen, der sich demoskopisch erfassen und der sich auch von den sozialen Realitäten ableiten lässt. Wir wollen ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Netz an Ganztagsschulen. Es wird bundesweit in der Diskussion davon ausgegangen, dass wir einen Bedarf an Ganztagsschulen von etwa 20 % bis 40 % haben. Wir wollen mittelfristig diesen Bedarf in Schleswig-Holstein erfüllen. Das bedeutet, dass wir mittelfristig 250 Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein brauchen werden.
Es gibt aber bei näherem Hinsehen zwei verschiedene Arten an ganztätiger Betreuung und Ganztagsschulen. Zum einen ist es ein Bedarf nach Betreuung, der aus der steigenden Zahl allein erziehender Eltern resultiert und der Tatsache, dass bei immer mehr Eltern beide berufstätig sind. Zum anderen gibt es einen Bedarf an ganztätiger Betreuung und vor allem ganztägiger Beschulung an sozialen Brennpunkten. Dort, wo die Eltern - aus welchen Gründen auch immer - ihre erzieherische Aufgabe nicht erfüllen oder nicht erfüllen können, ist eine ganztägige Betreuung und Beschulung auch aus Gründen einer geordneten Soziali
sierung der Kinder erforderlich. Diese beiden Formen des Bedarfs sind sehr unterschiedlich und sie betreffen auch Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schularten. Aus diesem Grunde glauben wir, dass es nicht richtig wäre, die Einführung von Ganztagsschulen auf eine Schulart, nämlich die Hauptschule, zu verkürzen. Die Ganztagsschule darf nicht das Privileg einzelner Schularten sein, sondern sie muss ein Angebot für alle werden.
Ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal kurz die Verwirrung über den Parteitagsbeschluss der CDU ansprechen. Es gab in der Tat eine Entwurfsfassung, die sagte, wir wollen es zunächst für die Hauptschulen machen. Aber es gibt dann auch eine Beschlussfassung - das ist das, was wir heute vertreten -, die besagt, dass wir das nicht nur auf die Hauptschule beziehen wollen; denn wir würden Probleme etwa dort bekommen, wo wir kombinierte Systeme haben. Außerdem gibt es den gesellschaftlichen Bedarf für alle Bereiche. Das bedeutet, dass wir nicht nur einen Akzent auf die Hauptschule setzen, sondern es bedeutet gleichermaßen, dass Anträge aus den verschiedensten Schularten kommen können.
Es wäre insgesamt aber traurig, wenn wir die Forderung nach Ganztagsschulen allein aus der Notwendigkeit herleiten würden, die Kinder irgendwie unterzubringen und zu betreuen. Man muss vor allem auch die pädagogischen Chancen erkennen, die mit der Ganztagsschule einhergehen.
Das Motto lautet nicht nur: „Mehr Zeit für die Betreuung“, sondern vor allem: „Mehr Zeit für die Schule“.
Es ist kein Geheimnis, dass für uns in der CDU die Diskussion um ein vermehrtes Angebot an Ganztagsschulen mit ausgelöst wurde durch Anregungen und auf Initiative der Wirtschaftsverbände, namentlich auch des BDA. Diese haben ihre Initiative für mehr Ganztagsschulen vor allem mit einer Qualitätsverbesserung der Schulen insgesamt begründet. Deshalb muss man sehr genau zwischen ganztägiger Betreuung und Ganztagsschule unterscheiden.
Eine ganztägige Betreuung bedeutet ein wie auch immer geartetes Freizeit- und Betreuungsangebot am Nachmittag, das inhaltlich und konzeptionell getrennt ist vom Unterricht am Vormittag.
Die Ganztagsschule hingegen ist mehr als Arbeitsgemeinschaften am Nachmittag. Aus diesem Grund müssen der Begriff Ganztagsschule und die vermehrte Einführung weiterer Ganztagsschulen in SchleswigHolstein mit ganz bestimmten inhaltlichen Anforderungen verbunden sein. Die Ganztagsschulen eröffnen in erster Linie Möglichkeiten für eine intensivere Vermittlung von Bildungsinhalten und die Wahrnehmung des schulischen Erziehungsauftrages. Das sind die pädagogischen Chancen, von denen ich eben gesprochen habe.
Wir dürfen nicht eine Ganztagsschule „light“ einführen, die unter dem Label „Schule“ am Ende nur Betreuung bedeutet. Und gerade diese Befürchtung habe ich, wenn ich den Antrag von Rot-Grün lese. Dort werden Angebot und Ganztagsschule durcheinander gewürfelt und am Ende sind die Begriffe nicht klar getrennt. Das geht so nicht. Wir wollen nicht unter dem Begriff „Schule“ etwas anbieten, was irgendwie ganztags währt, sondern wir wollen eine Ganztagsschule mit einem klaren inhaltlichen und bildungspolitischen Profil.
Eines dieser profilbildenden Elemente von Ganztagsschulen muss die zeitliche Entzerrung des Unterrichts am Vormittag sowie die inhaltliche Verzahnung von Unterricht und außerunterrichtlichen Aktivitäten sein. Wichtig ist zudem, dass die außerunterrichtlichen Aktivitäten auf einem professionellen Angebot beruhen. Damit wollen wir keine bürokratischen Hürden aufbauen, die wir nicht brauchen, sondern wir wollen sinnvolle und verlässliche Aktivitäten haben. Dies ist im Übrigen eine Forderung, die vor allem von den Ganztagsschulen erhoben wird, die es schon jetzt in Schleswig-Holstein gibt.
Zu einer Ganztagsschule - das möchte ich jetzt nur kursorisch nennen - gehört ein Mittagessen; das ist klar. Es gehört aber auch eine Kostenbeteiligung der Eltern dazu sowie ein verlässliches zeitliches Angebot bis - sagen wir einmal - 16 Uhr.
Ich möchte nun noch auf einen anderen Punkt zu sprechen kommen, der auch wichtig ist. Die Anmeldung an einer Ganztagsschule ist selbstverständlich immer freiwillig und muss es de facto immer bleiben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Eltern immer eine realistische Wahlmöglichkeit haben müssen zwischen einer Ganztagsschule und einer Halbtagsschule. Wir müssen aufpassen, dass wir die Schraube
nicht überdrehen und das Elternrecht derjenigen, die ihre Kinder weiterhin auf eine Halbtagsschule schikken möchten, zulasten der Eltern einschränken, die das nicht tun wollen. Insofern muss immer in einer zumutbaren Entfernung weiterhin eine Halbtagsschule bestehen.
Damit komme ich am Schluss zur Umsetzung der bislang noch abstrakten Forderung, die wir aufgestellt haben. Ich glaube, es ist für die Glaubwürdigkeit dessen, was wir fordern, wichtig, zeitnah und realistisch mit der Einführung weiterer Ganztagsschulen in Schleswig-Holstein zu beginnen.
Nach unseren Vorstellungen heißt dies, dass wir den Einstieg in ein vermehrtes Angebot im Schuljahr 2002/2003 schaffen müssen; es reicht nicht, wie es die SPD und die Grünen vorschlagen, das Konzept bis 2002/2003 vorzulegen.
Das ist ein ganz erheblicher Unterschied. Wir wollen, dass der Einstieg mit zunächst 15 weiteren Ganztagsschulen geschaffen wird, und wir wollen in dieser ersten Phase, dass es einen Wettbewerb der Standorte und Konzepte gibt. Was wir nicht wollen, ist ein festes Kontingent pro Kreis. Wir glauben nämlich, dass wir den Einstieg und die Umwandlung bestehender Halbtagsschulen in Ganztagsschulen problemlos dann umsetzen können, wenn wir es dort machen, wo der Bedarf am größten ist - also nicht gleich flächendeckend -, beziehungsweise dort, wo einzelne Schulträger und Schulen schon besonders weit mit den Vorbereitungen vorangekommen sind. Da möchte ich nur Satrup aus dem Kreis Schleswig-Flensburg beispielhaft nennen, die schon sehr weit sind. Es gibt keinen Grund, warum man nicht dort einsteigen soll, wo die Vorbereitungen schon am weitesten gediehen sind. Das ist einer der wichtigen Punkte.
Ein anderer wichtiger Punkt bei der Umsetzung der Phase eins ist zu berücksichtigen, nämlich dass es bereits ein vorhandenes räumliches Angebot für die zusätzlichen Aktivitäten und auch für das Mittagessen geben muss. Wenn wir warten, bis das alles geschaffen ist, schaffen wir den Einstieg in die Ganztagsschule viel zu spät.
Die Ganztagsschulen kosten Geld. Daran führt kein Weg vorbei. Der eben beschriebene Einstieg mit 15 zusätzlichen Ganztagsschulen würde nach unseren Berechnungen zusätzliche Personalkosten in Höhe von 5 Millionen DM bis 10 Millionen DM allein für das Land bedeuten. Dieses Geld und die zusätzlichen Kosten, die durch eine Ausweitung des Angebots entste
hen, ist aber dann zu rechtfertigen, wenn wir nicht nur mehr Betreuung dadurch schaffen, sondern vor allem auch mehr Bildung. Das wollen wir mit unserem Antrag erreichen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte an dieser Stelle für meine Fraktion festhalten, dass wir Ihre Ausführungen, Herr Dr. Klug, sehr wohlwollend aufgenommen haben.
Ich darf Ihnen für die linke Seite dieses Hauses danken für die Beschreibung dieses Weges, den Sie, wie ich glaube, sehr richtig aufgezeigt haben.