Protocol of the Session on March 23, 2001

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [F.D.P.])

Es ist nicht nur aus Sicht des Tierschutzes verwerflich, Tiere über Hunderte von Kilometern durch das Land oder gar durch Europa zu transportieren; sondern diese Transporte tragen auch maßgeblich dazu bei, dass Krankheiten und Seuchen schneller verbreitet werden. Die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche macht dieses spürbar deutlich.

Die Landesregierung hat vieles unternommen, um der Seuche in Schleswig-Holstein zu begegnen. Sie hat einen ausführlichen Maßnahmenkatalog erstellt. Ob dies jedoch ausreichen wird, wird sich erst noch herausstellen. Daher ist es wichtig, dass wir uns jetzt mit dem Thema auseinander setzen. Deshalb bin ich für die Antragstellung durch die CDU-Fraktion durchaus dankbar.

Wir müssen eine Entscheidung treffen, ob wir in Schleswig-Holstein eine Impfung gegen die MKS zulassen wollen oder nicht. Für den SSW kommt eine profilaktische flächendeckende Impfung nicht in Betracht. Das habe ich schon gestern ausgeführt. Eine solche Maßnahme ist äußerst fragwürdig, da wir die Seuche so nicht ausrotten. Die Krankheit bleibt weiter bestehen. Auch wenn wir flächendeckend impfen, haben die Tiere weiterhin den Erreger im Körper und er kann weitergegeben werden. Eine flächendeckende Impfung trägt somit nicht zur Problemlösung bei; die Seuche bleibt bestehen.

Jedoch sind wir uns der von der MKS ausgehenden Gefahr durchaus bewusst. Daher sind wir der Auffassung, dass wir Impfzonen um die betroffenen Betriebe einrichten müssen; Ringimpfungen erscheinen uns bei einem Ausbruch der Seuche als geeignetes Mittel, um der Ausbreitung entgegenzuwirken. Das wurde auf der heutigen Pressekonferenz der Bundesverbraucherministerin Künast in Cottbus ebenfalls als Ergebnis der Agrarministerkonferenz vorgetragen.

Zeit- und ortsgleich müssen wir aber auch eine Quarantänezone um den betroffenen Betrieb einrichten. Die schrecklichen Bilder aus England machen deut

lich, vor welchen Problemen man dort steht. Dort schafft man es nicht mehr, die gekeulten Bestände rechtzeitig zu verbrennen. Auch das ist ein Grund, warum sich die Seuche so schnell ausbreitet. Eine Ringimpfung in einer Quarantänezone würde uns jedoch Zeit verschaffen, um die verseuchten Bestände zu keulen und zu verbrennen. Jedoch sind auch wir der Auffassung, dass alle geimpften Tiere in der Quarantänezone gekeult und verbrannt werden müssen.

Ich bin mir im Klaren darüber, dass wir bei einer Impfung zwar mit einem Handelsembargo belegt werden, jedoch besteht bei Ringimpfungen die Chance, dass die verhängten Sanktionen anderer Länder zeitlich begrenzt werden können. Das ist bei einer flächendeckenden Impfung in jedem Fall ausgeschlossen. Dann müssen wir mit dauerhaften Sanktionen und all ihren negativen Folgen für unsere Landwirte leben. Wir sollten daher die Interessen der Landwirte vertreten. Deshalb können wir dem CDU-Antrag in der Sache nicht zustimmen. Einer Ausschussüberweisung werden wir uns aber selbstverständlich anschließen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile der Frau Ministerin Franzen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Betroffen von MKS sind England, Frankreich, die Niederlande und Irland. Heute kommt die Kommission zusammen und bereitet die Freigabe von 5 Millionen Impfstoffen vor. Ein Antrag auf flächendeckende Impfung haben die Niederlande und Irland gestellt, England und Frankreich nicht. Auch daran kann man sehen, dass es hierüber verschiedene Meinungen gibt.

Die AMK hat einen sehr differenzierten Beschluss gefasst, den ich hier nicht in Gänze vortragen kann; das kann ich aber am Donnerstag im Agrarausschuss nachholen. Dieser Beschluss nimmt sich der Gesamtproblematik sehr gut an. Die dort vorgeschlagene Stufung lautet: Wenn es klar ist, woher die Seuche eingeschleppt wurde, werden die Bestände schnellstmöglich gekeult. Darüber gibt es keine Meinungsverschiedenheiten. Wenn dies unklar ist: erst impfen und dann töten. Wenn eine Expansion droht, wird eine Ringimpfung empfohlen. Hier liegt eine Begriffsverwirrung vor, denn bisher wurde immer nur die zweite Variante der Ringimpfung genannt. Hier meint man etwas anderes.

(Ministerin Ingrid Franzen)

Im Krisenstab des Landes Schleswig-Holstein sind wir uns völlig darüber im Klaren - das wurde dort so besprochen -: Wenn hier eine Situation auftritt, bei der nicht die erste Methode zur Anwendung kommen kann, weil es unklar ist, woher die Seuche kommt - es steht ja zu befürchten, dass man das nicht sofort weiß -, werden wir einen Ring um den befallenen Bestand bilden, um geordnet zu töten und nicht verbrennen zu müssen. Hierzu wurde schon alles gesagt. Dies vertragen der Landwirt und die Landbevölkerung nicht. Auch die ethischen Empfindungen der Gesamtbevölkerung, insbesondere der Verbraucher, können das nicht ertragen. Ich bedanke mich dafür, dass diese Auffassung von allen so vertreten wurde.

Ich habe selbstverständlich noch einmal Rücksprache mit Dr. Best gehalten - herzlichen Dank für das Schieben der Beratung dieses Punktes nach hinten -: Bedingt durch das Auftreten der Seuche in den Niederlanden schwebt auch Norddeutschland in großer Gefahr. Das muss man sehen. Nordrhein-Westfalen hat über 200.000 Tiere aus den Niederlanden bekommen, Niedersachsen über 30.000. Wir wussten bisher von 552 Tieren in einem Bestand. Ich ergänze das aber jetzt und werte das auch gleich noch: Am AnimoSystem vorbei wurden am 28. Februar 540 Schweine, 5 Rinder am 29. Januar und 20 Rinder am 28. Februar ins Land geholt. Ich frage einmal alle Verantwortlichen: Wo bleibt die Selbstverantwortung der Händler, Transporteure und der Landwirte? Wenn man so am System vorbei handelt, dann bin ich machtlos; dann kann ich nichts mehr machen.

(Beifall im ganzen Haus)

Das macht mich als verantwortliche Ministerin wütend, da ich zugleich hilflos bin. So kann der Staat das Problem nicht bewältigen.

Ich plädiere für intelligente Überlegungen: Flächenimpfungen stellen eine radikale Möglichkeit dar, wie viele hier ausgeführt haben. Es gibt aber auch die Möglichkeit von Impfgürteln und Impfzonen. Diese Möglichkeiten werden auch angewandt. So praktizierte man es, als im letzten Jahr in Griechenland MKS ausbrach. Damals wurden die europäischen Teile der Türkei geimpft. Damit hat man die Seuche eindämmen können. Ähnlich könnten wir uns auch gegenüber den Niederlanden verhalten. Wir müsen dann entscheiden, ob Schleswig-Holstein zu einer solchen Zone dazugehört oder nicht. Auch das ist eine gute Sache, über die man sprechen müsste.

Ich möchte auch noch etwas zum Zeitfaktor sagen, damit wir uns keinen Illusionen hingeben. Fachleute sagen, zwei Monate seien für die Abimpfung einer Tierart nötig. Man müsste sich wahrscheinlich für die Impfung von Rindern entscheiden und hoffen, so auch

gleichzeitig die Schweine zu schützen, da diese zweimal geimpft werden müssen. All dies sind spezielle Fragen, die geklärt werden müssen. Möglich wäre es auch, regional abgestufte Impfungen vorzunehmen. Als Nicht-Fachfrau, aber als politisch Verantwortliche frage ich einmal, ob es dafür nicht vielleicht schon zu spät ist. Wenn die Impfung zwei Monate dauert, was können wir dann noch verhindern?

Ich will auch noch eine politische Frage deutlich ansprechen. Bei allen Reden wurde darüber gesprochen, aber ich will es noch einmal etwas genauer formulieren: Fangen wir mit den Impfungen nicht wieder an, am Symptom zu kurieren und nicht an den Ursachen?

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW sowie des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Wo liegen denn die Ursachen? Eine Ursache ist sicherlich, dass wir lebende Tiere verschieben, quer durch die Welt und quer durch Europa wider aller Notwendigkeit verkarren.

(Beifall bei SPD, F.D.P., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abgeordneten Uwe Ei- chelberg [CDU])

Die Forderung von Frau Künast vor vier Stunden, keine Prämien für Tiertransporte und schon gar keine höheren Prämien für Transporte von lebenden Tieren zu zahlen, erheben wir schon seit Jahrzehnten. Ich möchte Ihnen jetzt auch einmal sagen, warum wir das nicht durchbekommen. Hierzu konnte man gestern sehr schön in einer Presseerklärung lesen: Die Transporteure würden dann Bankrott gehen. Dieses Argument kann man nachvollziehen. Sie setzen 10.000 DM am Tag um. Hierbei handelt es sich um eine Lobby, die auf allen Stühlen sitzt und verhindert, dass wir die Ursachen bekämpfen können. Die Ursache stellen diese Transporte dar. Das müssen sie sich einfach noch einmal sagen lassen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Das ist aber ein Armutszeugnis für die Politik! Peinlich!)

Auch in Schleswig-Holstein haben wir beim Schweinefleisch keine Selbstdeckung. Dennoch werden 60 bis 70 % der Schweine aus dem Lande in andere Teile Deutschlands, aber auch ins Ausland geliefert. So verhält es sich heute.

(Glocke des Präsidenten)

Ich freue mich, wenn eine Ausschussüberweisung

(Ministerin Ingrid Franzen)

beschlossen wird. Wir werden selbstverständlich gern Ihren Fragestellungen nachgehen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Dr. Wadephul das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will die Debatte nicht unnötig verlängern.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Nur, Frau Ministerin, für Polemik und für unnötige Aufgeregtheiten, gerade nach dem Beitrag von Herrn Jensen-Nissen, ist hier kein Anlass. Das wird der Sache nicht gerecht.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Angesichts der Zweifel der Ministerin, dass es vielleicht schon zu spät sei, frage ich die Landtagsmehrheit insbesondere aufgrund des Wortbeitrages von Herrn Wodarz: Warum stimmen Sie dann nicht unserem Antrag zu? Wir müssen jetzt handeln, nicht weiter beraten. Es muss jetzt geimpft werden. Deswegen bitte ich, unserem Antrag zuzustimmen, damit wir an dieser Stelle endlich vorankommen.

(Zuruf von der SPD)

Ich weiß, dass wir damit wahrscheinlich nur an Symptomen kurieren, aber das ist die einzige Handlungsmöglichkeit, die wir jetzt haben. Deswegen bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Damit kommen wir weiter, damit unterstützen wir auch die Ministerin. An dieser Stelle können wir auf Parteipolitik verzichten. Wir müssen weiterkommen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Es ist sowohl Abstimmung in der Sache als auch Ausschussüberweisung beantragt worden. Ich habe zunächst über die beantragte Ausschussüberweisung an die Fachausschüsse, dabei federführend an den Agrarausschuss, abstimmen zu lassen. Wer einer solchen Überweisung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag

ist mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und SSW gegen die Stimmen der CDU angenommen. Wir verfahren so.

Ich muss noch einige Tagesordnungspunkte aufrufen, zu denen eine Aussprache nicht vorgesehen ist.

Ich rufe zunächst Tagesordnungspunkt 5 auf:

Bericht über das Kinder- und Jugendtelefon sowie über das Elterntelefon

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 15/768

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Ich lasse über den Antrag in der Sache abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf: