Das beginnt mit der Frage, wo der Sitz des gemeinsamen Vorstandes sein soll - in Kiel oder in Lübeck?
Dass selbst diese Anfangsfrage nicht geklärt ist, offenbart die Crux, in der Sie sich befinden. Wenn man einen Blick in den Bericht wirft, kann man den Eindruck bekommen, dass wir es mit zwei etwa gleich großen Kliniken zu tun haben. Von der Bettenzahl her stimmt das in etwa, nicht aber von der Zahl der Mitarbeiter her. Hier ist Kiel sehr viel größer als Lübeck. Das ist übrigens einer der Punkte, der Befürchtungen in der Region Lübeck schürt.
Darüber hinaus haben die beiden Klinika - das ist ein Unikum in Schleswig-Holstein - nicht nur Bedeutung für die Universitäten und für die Hochschulpolitik, sondern auch für die Krankenversorgung. Auch das ist ein Punkt, der für beide Regionen sehr viel bedeutet.
Aus diesem Grunde hat der Mangel an Eindeutigkeit und Präzision Ihrer Aussagen zu erheblicher Verunsicherung geführt, Frau Ministerin. Auch der Umstand, dass die Klinikvorstände im Vorwege nicht informiert worden sind, hat zu Verunsicherung geführt. Weil niemand weiß, woran er ist, ist im Prinzip jedes Szenario denkbar. Das ist eine ungünstige Ausgangsposition.
Insofern können wir es Ihnen nicht ersparen, Frau Ministerin, Ihren Plan ein wenig detaillierter darzulegen, als Sie es bisher getan haben. Welche Teile wollen Sie wo halten? Was soll in Kiel künftig nicht mehr angeboten werden? Was soll in Lübeck künftig nicht mehr angeboten werden? Dies sind Fragen, die einer politischen Entscheidung bedürfen, welche von Ihnen, Frau Ministerin, zu fällen ist.
Ich möchte an dieser Stelle deutlich machen, dass wir, die CDU-Fraktion, uns einer Umstrukturierung und Weiterentwicklung der Universitätsklinika grundsätzlich keineswegs verweigern. Im Gegenteil: Es ist unser Fraktionsvorsitzender, Herr Kayenburg, gewesen, der ein weiter gehendes Modell der Zusammenarbeit im Hochschulbereich vorgeschlagen hat. Nur eines, meine Damen und Herren von der Regierung und von den
Regierungsfraktionen, muss dabei auch klar sein: Wenn es zu einer Zusammenarbeit in diesen Fragen, die Auswirkungen auf Standorte haben, kommen soll, dann müssen wir rechtzeitig und genau wissen, wie Ihre Pläne detailliert aussehen. Es gibt von uns keinen Blankoscheck und es gibt keine Zusammenarbeit nach dem Motto: Wir alle wollen das Gleiche und deshalb müssen wir dem zustimmen, was Sie wollen.
Ob wir nämlich wirklich das Gleiche wollen, bleibt erst noch abzuwarten. Ich bin mir dabei gar nicht so sicher.
Wir wollen eine Harmonisierung der Hochschulentwicklung an den verschiedenen Standorten. Dies ist eine Frage, die über die Medizin allein hinausgeht. Es ist vor allem die Fragestellung, ob man - in welcher Organisationsform auch immer - zu einer landesweiten Hochschulentwicklung kommt, die einzelnen Standorten den Zwang zum Aufwuchs oder auch den Zwang nimmt, Parallelstrukturen aufbauen zu müssen, um ihre Existenz zu sichern.
Wenn man allerdings eine landesweite Hochschulentwicklung will, muss man das Gesamtbild kennen. Dazu muss man eine landesweite Hochschulentwicklungsplanung vorlegen und nicht Stück für Stück arbeiten. Sonst bleibt nämlich alles Stückwerk.
Dass Sie bisher Stückwerk vorgelegt haben, kann man aus einer sehr umfangreichen Mängelliste herleiten. Nehmen wir verschiedenste Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit: Ich denke an die Frage der Architektenausbildung, die Sie von Eckernförde nach Kiel verlagern wollten. Das ist dann nicht geschehen. Denken Sie an das Hin und Her um die Orthopädie!
Wenn wir in allen diesen Punkten zugestimmt hätten, wären wir jetzt in einer anderen Situation. Insofern sind wir in weiten Teilen nach wie vor skeptisch.
Dass Ihre Hochschulpolitik, Herr Präsident - nein, nicht Ihre, sondern die der Ministerin -, keinem Masterplan folgt, kann man an der anhaltenden Diskussion etwa über die Universität Flensburg erkennen. Kaum dass sie von Bildungswissenschaftlicher Hochschule in Universität Flensburg umbenannt wurde, kursieren Strategiepapiere der Hochschule, die einen Fortbestand vor allem in der Kooperation mit anderen Hochschulen sieht.
Daraufhin fallen Frau Franzen und Herr Hay - beide im Moment nicht hier - gemeinsam über die arme Universität her. Dabei ist der Ansatz nach nüchterner Prüfung doch gar nicht falsch. Wir haben bei einer
Harmonisierung der Hochschulentwicklung im Lande die Möglichkeit sicherzustellen, dass der Universitätsstandort Flensburg erhalten bleibt, ohne dass die Universität dort zum Wachstum verdammt ist. Das ist sie nämlich nach dem derzeitigen Stand der Dinge. Wachsen kann die Universität Flensburg aber nur, indem sie entweder Parallelstrukturen aufbaut oder Studiengänge zulasten anderer Hochschulen dorthin verlagert werden. Das hat sich schon bei den Lehramtsstudiengängen nicht bewährt.
Ziel und Zweck des Vorstoßes unseres Fraktionsvorsitzenden Martin Kayenburg ist es gewesen, die Hochschulentwicklung im Lande nicht mehr vom einzelnen Standort aus zu denken, sondern landesweit.
Im Moment haben wir doch die Situation, dass jede Hochschule ihre eigene Hochschulentwicklungsplanung betreibt - ja sogar gesetzlich vorgeschrieben betreiben muss - und wir am Ende feststellen, dass die Ergebnisse gar nicht zusammen passen. Das ist aber nicht die Schuld der Hochschulen, sondern der Landesregierung, die für die Hochschulplanung zuständig ist.
Deshalb dürfen wir die Zukunft der Medizin in Kiel und Lübeck nicht scheibchenweise diskutieren, sondern nur im Zusammenhang. Bevor wir uns zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen der Klinika äußern, wollen wir wissen, wie Ihre Planungen und Vorhaben hinsichtlich anderer wesentlicher Fragen im Zusammenhang mit der Medizin aussehen, etwa die Frage, ob es weiterhin zwei Vorklinika in Schleswig-Holstein geben soll oder nur eine, oder die Frage, wie Sie zu der Verminderung der Zahl der Medizinstudienplätze in Schleswig-Holstein stehen. Denn objektiv ist klar, dass wir einen überproportional hohen Anteil an Medizinstudienplätzen in Schleswig-Holstein im Vergleich zu anderen Bundesländern haben.
Damit bin ich bei unserem "cetero censeo", nämlich bei der Forderung nach einem Landeshochschulplan. Warum immer nur Stückwerk? Das fragen wir uns. Warum nicht eine Lösung aus einem Guss? Die Überlegung, ob ich erst das Problem einzelner Standorte löse und dann einen landesweiten Hochschulplan vorlege - wie Sie es machen wollen - oder ob ich umgekehrt mit dem Hochschulplan beginne und dann in die einzelnen Standorte einsteige, ist mehr als nur eine methodische Frage. Es ist der Unterschied zwischen einem Mosaik, das aus Einzelteilen besteht, aber am Ende ein Gesamtbild ergibt, und einem Flickenteppich, der ebenfalls aus Einzelteilen besteht, sich aber am Ende nicht ineinander fügt.
Wir wollen mit unserer Forderung nach einer möglichst frühen Vorlage des Landeshochschulplanes erreichen, dass sich die Hochschullandschaft am Ende zu einem Mosaik zusammenfügt. Wir fürchten, dass auf Grund Ihrer kleinteiligen Lösungen - wie zum Beispiel bei den Universitätsklinika - am Ende ein Flickenteppich dabei herauskommt.
Wir sind - das sagte ich bereits - zu einer ernsthaften und konstruktiven Zusammenarbeit bei der strukturellen Weiterentwicklung der Hochschulen im Lande, nicht aber zu punktuellen, sondern nur zu umfassenden Lösungen bereit. Lassen Sie uns deshalb ein Gesamtbild entwerfen, bevor wir an der Passform der einzelnen Mosaiksteine arbeiten.
Ich freue mich, dass wir noch weitere Gäste haben. Auf der Tribüne begrüße ich die Vorsitzenden der ASten der Universitäten zu Kiel und zu Lübeck. Auch Ihnen ein herzliches Willkommen!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag diskutiert heute und in der Tat das erste Mal ausführlich den Bericht der Landesregierung zu den wie es heißt - Jahresabschlüssen der Verwendung der Jahresergebnisse und den Lageberichten der beiden schleswig-holsteinischen Universitätsklinika gemäß § 126 Abs. 7 HSG.
Natürlich wollen wir den Anlass nutzen, auch zur Frage der Entwicklung der Hochschulklinika einen weiteren Diskussionsbeitrag zu liefern.
Deswegen erlauben Sie mir, Kollege de Jager, dass ich heute zum Thema Architektur in Eckernförde und Entwicklung der Hochschulen in Flensburg nichts sage,
nicht etwa, weil wir keine Gesamthochschulplanung im Lande brauchen, sondern weil ich glaube, dass wir uns in einem Punkt einig sind: Wenn wir über Medizin in Schleswig-Holstein reden, müssen wir nicht über Eckernförde und Flensburg reden, denn die beiden Kapazitäten auf ein vernünftiges leistungsorientiertes Niveau in Kiel und Lübeck zu bringen, ist schon schwierig genug.
(Beifall der Abgeordneten Dr. Ulf von Hielm- crone [SPD] und Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich möchte noch einmal auf das hinweisen, was die Ministerin gesagt hat, nämlich auf eine erste positive Bilanz der Verselbstständigung der Klinika. Die Zahlen müssen im Einzelfall nicht genannt werden. Man muss sich vor Augen führen, dass die fortlaufende Deckelung der Kassenbudgets, sinkende Zuschüsse aus der mittelfristigen Finanzplanung und nicht zuletzt die vor uns stehende Gesundheitsreform alles Mögliche denkbar erscheinen lassen, aber ein lineares „weiter so“ ohne Frage sicherlich nicht. Darauf weist der Bericht der Regierung durchaus zu Recht hin.
Deswegen diskutieren wir heute weniger den Bericht en détail, als die Ankündigung der Landesregierung, den Weg einer Fusion beider Universitätsklinika bestreiten zu wollen.
Das Grundproblem und die Ausgangslage sind genauso wenig neu wie sensationell. Wir haben einen überproportional hohen Anteil der Medizin an den Hochschulausgaben im Land. Wir bilden überproportional viele - viele sagen zu viele - Mediziner im Land aus. Der Strukturwandel im Gesundheitssystem wird auch nicht an den Hochschulklinika vorbeigehen. Die Finanzprobleme werden nicht geringer, sie werden größer.
Insofern kann alles verwundern, nur Vorschläge, konkrete Schritte zu einer noch effektiveren, transparenteren und aufgabengerechteren Organisation der Hochschulmedizin vorzulegen, sind unerlässlich.
Ich möchte in diesem Zusammenhang an zwei Dinge erinnern, die schon das eine oder das andere Mal hier beraten wurden. Das eine ist die Empfehlung der Experten zur Entwicklung der Hochschulmedizin in Schleswig-Holstein, die im Sommer 1997 von der damaligen Bildungsministerin Böhrk vorgelegt worden ist, das andere ist das Gutachten des Wissenschaftsrates vom Dezember 1998 beziehungsweise Januar 1999. Die Ministerin ist darauf bereits eingegangen. Ich muss das nicht im Detail wiederholen.
Ich möchte allerdings noch einmal darauf hinweisen, dass sich eines durch alle Empfehlungen zieht, nämlich dass die Kapazitäten in Kiel und Lübeck im klinischen Bereich unter den Gesichtspunkten der Effektivität und der Finanzierbarkeit besser aufeinander abgestimmt werden sollten. Dort ist Einiges auf dem Weg. Einiges wurde schon umgesetzt. Man kann aber wahrlich nicht sagen, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Darüber lohnt es, zukünftig en détail zu reden.
In Paranthese möchte ich hinzufügen, die Diskussion über die Orthopädie in Kiel hat mir sehr deutlich gezeigt, wenn man lediglich lokales Lobbying als „Leitfaden“ der Diskussion nimmt, werden alle Argumente von wissenschaftlicher Expertise und Wirtschaftlichkeit sehr schnell an der Rand gedrückt. Ich bin froh, dass es gelungen ist, eine gute Lösung auf den Weg zu bringen. Ich glaube aber, dass wir auch über die Fragen der Effektivierung und Verbesserung von Entscheidungskompetenzen im hochschulmedizinischen Bereich reden können müssen.
Wir stehen heute am Anfang einer Debatte über weitere organisatorische Veränderungen. Wir reden heute nicht über Eckpunkte oder Gesetzesinitiativen, denn diese gibt es überhaupt noch nicht. Deswegen, Herr de Jager, ist es einigermaßen absurd, am Beginn eines solchen Prozesses die Frage, wo denn nun der Sitz von was sein soll, hier ernsthaft zu diskutieren oder einzufordern.
(Beifall der Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.], Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
Wie soll man denn ernsthaft über die Frage diskutieren, wenn überhaupt noch keine Eckpunkte darüber vorliegen, wie dieses System aussehen soll? Ich glaube, dass das ein wenig am Ziel vorbeischießt.
Die Ankündigung der Ministerpräsidentin in der Pressekonferenz hat ohne Frage sehr viele prophylaktische Reaktionen und Stellungnahmen hervorgerufen, die ich sehr gut verstehen und in weiten Teilen auch nachvollziehen kann. Deswegen erscheint es mir notwendig, noch einmal ein paar unverrückbare Eckpfeiler zu wiederholen: