Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die letzten Wochen haben nicht nur zur Beruhigung der Situation der Landwirtschaft beigetragen. Das Gegenteil ist der Fall: Es ist eher noch komplizierter geworden. Tag für Tag treffen neue Meldungen über BSE-Fälle aus Deutschland und aus anderen EULändern ein. Bis zum Jahresende werden in Deutschland bis zu 500 BSE-Fälle erwartet. Die Verbraucher sind verunsichert und den Landwirten geht die BSEKrise an die Substanz. Aber auch Fleisch verarbeitende Unternehmen haben deutlich spürbare Rückgänge verzeichnet und hieraus auch schon ihre Konsequenzen gezogen.
Um diese Talfahrt zu bremsen, müssen konsequente Maßnahmen ergriffen werden. Es müssen zum Beispiel verschärft Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen durchgeführt werden.
Augenscheinlich zeigen Funde von Rindfleisch in Lebensmitteln, die als rindfleischfreie Lebensmittel deklariert sind, dass akuter Handlungsbedarf besteht. Hier muss man auch sagen, dadurch, dass diese Sachen gefunden wurden, zeigt es sich auch, dass beispielsweise in Schleswig-Holstein gehandelt wird. Daher ist es auch zu begrüßen, dass die F.D.P. in einem Bericht Genaueres erfahren und wissen will, wie die Landesregierung in Zukunft die Kontrolle der Lebens- und Futtermittel regeln will.
Wenn wir es nicht schaffen, genaue und umfangreiche Kontrollen im Lebensmittel- und Futtermittelbereich zu schaffen, wird es schwierig, das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen. Der Verbraucher ist auf einwandfreie Kontrollen des Staates angewiesen und muss sich auf diese auch verlassen können.
Dies gilt im Übrigen auch für die BSE-Schnelltests. So hat ein Fall in Bayern für Aufsehen gesorgt, bei
dem die Schnelltests versagt haben. Derartige Fehlerquellen müssen wir natürlich in Zukunft ausschließen.
Im Bereich der Futtermittel ist eine ausschlaggebende Grundvoraussetzung, dass man weiß, was in den Futtermitteln enthalten sein darf. Daher muss in einer Positivliste abschließend erfasst sein, was im Bereich der Futtermittel gebraucht werden darf und was nicht. Eine Positivliste wäre klar und übersichtlich und vor allem leicht zu kontrollieren. Daher ist es gut und richtig, dass sowohl in dem Antrag von SPD und Grünen als auch im Antrag der CDU diese Forderung nach einer Positivliste enthalten ist.
Die neue Verbraucherministerin Künast hat ja auch schon angekündigt, dass sie diese Forderung schnellstmöglich umsetzen will. Somit gehe ich davon aus, dass sie hier schnell einen Schritt vorankommt.
Gleichwohl werden wir mit dem von der F.D.P. geforderten Bericht, was die Futtermittel angeht, nicht viel Neues erwarten dürfen. Die Situation ist derzeit so, dass bestimmte Zusätze im Futtermittel enthalten sein dürfen, von denen man eigentlich meinen sollte, dass sie dort nichts zu suchen haben. Die rechtliche Situation ist hier nicht eindeutig und daher auch nicht zufrieden stellend und dürfte auch im Sinne einer nachhaltigen Landwirtschaft nicht tragbar sein.
Der neue Kurs der Bundesregierung in Sachen Verbraucherschutz und Landwirtschaft führt bei vielen zu Missverständnissen. Das haben wir gerade eben bei der Rede von Herrn Ehlers auch hören dürfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Bundes- oder die Landesregierung jetzt komplett auf eine ökologische Landwirtschaft umschwenken werden. Jedoch wenn es darum geht, den Anteil dieser Art der Landwirtschaft zu erhöhen, halte ich den neuen Kurs für legitim und sinnvoll.
Gleichzeitig ist es aber jedem Landwirt freigestellt, Herr Ehlers, auch weiterhin konventionell zu arbeiten.
„Konventionell“ wird aber in Zukunft heißen, dass nachhaltig und verstärkt im Einklang mit der Umwelt gewirtschaftet wird.
Dies gilt für Landwirte genauso wie für die Lebensmittelwirtschaft. Jedoch wird sich auf absehbare Zeit
ein Teil der Landwirte hin zu einer ökologischen Landwirtschaft umorientieren und diesen Teil der Landwirte gilt es zu stärken. Grundlagen sind zu schaffen, damit sie dieses Marktsegment besser ausnutzen können.
Dass es in Europa funktioniert, beweisen Österreich, die Schweiz und auch Dänemark. So sind zum Beispiel nördlich der Grenze - zugegeben bei etwas geringeren ökologischen Standards als hier in Deutschland - rund 20 % der Landwirte inzwischen Ökolandwirte.
Die haben zusammen einen Marktanteil von zirka 10 %. Die anderen 90 % erfassen weiterhin Produkte von konventionell arbeitenden Höfen.
Was Dänemark in den letzten Jahrzehnten geschafft hat, sollte auch hier bei uns möglich sein. Die Landwirtschaft in Dänemark ist immer noch ein tragendes Element in der dortigen Wirtschaftsstruktur. Man hat allerdings Informationskampagnen gestartet und frühzeitig Fördermittel in die Vermarktung von ökologischen Produkten gesteckt. Das war die Basis für den Erfolg dieser Produkte. Weil die Nachfrage nach ökologischen Produkten durch diese MarketingMaßnahme stieg, wurde es auch für Supermarktketten interessant, diese Produkte im Sortiment zu führen. Dahin wollen wir auch. Ich glaube, wir können es schaffen, wenn wir nicht immer auf Besitzständen beharren und meinen, es könnte immer so weitergehen wie in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten.
Ich hatte um etwas mehr Aufmerksamkeit gebeten. Die Landwirtschaftsecke da hinten ist ein bisschen zu laut.
Dass es nicht wie bisher weitergehen kann, sollten wir uns auch unter Berücksichtigung der EUOsterweiterung vor Augen halten. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass in den Beitrittsländern wesentlich günstiger produziert werden kann als bei uns. Diese Schraube nach unten werden wir hier nicht mitmachen können. Auch aus diesem Grunde müssen
wir jetzt in unserer Produktion einen Wandel herbeiführen, der es ermöglicht, qualitativ noch besser zu produzieren, um auch künftig auf dem Markt bestehen zu können.
Diese Forderung stimmt durchaus auch mit den Zielen der Landwirtschaftskammer überein. Auch hier hat man schon vor längerer Zeit mit der Forschung in der Futtermittelherstellung begonnen und es gilt daher, die Bereiche von Forschung und Entwicklung weiterhin zu unterstützen. Dies habe ich auch schon in der letzten Landtagstagung gesagt: Wir müssen jetzt versuchen, gemeinsam zu neuen Lösungen zu kommen. Das heißt, über konkrete Zielvereinbarungen mit der Landwirtschaftskammer sollte das Land Forschungsaufträge an die einzelnen Institutionen unter dem Dach der Landwirtschaftskammer erteilen und so die Forschung im Land voranbringen und zum Erhalt dieser Forschungsund Lehreinrichtungen der Landwirtschaftskammer beitragen.
Den Gegensatz zwischen ökologischer und konventioneller Landwirtschaft, wie er von manch einem herbeigeredet wird, sehe ich so nicht. Ein Wandel in der Agrarpolitik muss schnellstmöglich eingeleitet werden. Dies hat an aller erster Stelle mit Geld zu tun. Geld ist derzeit nun einmal das Lenkungsinstrument schlechthin in unserer Gesellschaft. Dass die Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ umgewidmet werden sollen, ist eine gute Möglichkeit, gerade die eben angesprochene Vermarktung - wie in Dänemark von ökologisch produzierten Erzeugnissen zu fördern.
(Beifall der Anke Spoorendonk [SSW] und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Auch die Umschichtung der EU-Fördermittel ist längst überfällig. Allerdings glaube ich nicht, dass eine Umschichtung der Mittel aus dem Marktbereich, also der eigentlichen Landwirtschaft, in die Bereiche landwirtschaftliche Entwicklung und Umwelt - wie im Antrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gefordert - ein Allheilmittel ist.
Natürlich soll sich das Arbeitsspektrum der Landwirte erweitern, indem sie sich auch zu staatlichen Landschaftsschützern mit entsprechendem Einkommen entwickeln können.
Gleichwohl wollen wir alle, dass die Landwirte nachhaltig und noch naturverträglicher produzieren. Die Betonung liegt auf „produzieren“, denn das ist immer noch die eigentliche Aufgabe der Landwirte. Hierfür müssen wir ihnen die entsprechende Hilfe geben, um auf dem europäischen Markt bestehen zu können. Die Frage ist nur, woran koppeln wir diese Förderung? Wir müssen sie in der Produktion an ökologische Auflagen binden. Wir müssen sie an die gute fachliche Praxis binden und wir müssen sie an eine artgerechte und flächenbezogene Tierhaltung binden.
Allerdings müssen wir den Landwirten bei der flächenbezogenen Tierhaltung dann auch Übergangsmöglichkeiten gewähren, die ihnen die Chance zur Umstellung ermöglichen. Denn bis jetzt wurde in der EU - grob gesagt - eine mengenmäßig möglichst hohe Produktion bei teilweise festgelegten Preisen gefördert und gleichzeitig eine Politik der Flächenstilllegung betrieben. Viele Betriebe haben ihre Produktion auf Grund der Landwirtschaftspolitik der EU umgestellt, indem sie auf landwirtschaftliche Flächen zu Gunsten der Stilllegungsprämien verzichtet haben. Dies rückgängig zu machen, bedarf einer gewissen Zeit, die man den ohnehin schon gebeutelten Landwirten für den Übergang gewähren sollte.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass wir an einer neuen Art der Landwirtschaft nicht vorbeikommen. Dies gilt für alle Bereiche der Landwirtschaft.