Die beabsichtigte Herauskaufaktion der EU von 30 Monate alten Rindern soll der Land- und Ernährungswirtschaft helfen. Diese Hilfe ist bitter nötig. Schlachtreife, gesunde Bullen sind unverkäuflich, sie müssen weiter ernährt werden, ohne dass die Betriebe sie in absehbarer Zeit verkaufen können. Sie verursachen Kosten; eine Einnahme steht nicht zu erwarten. Selbst die besten Betriebe können dies nicht lange durchhalten.
Dennoch kann mit einer Herauskaufaktion zur Entlastung erst begonnen werden, wenn die Regierungen entschieden und entsprechend geplant haben, was mit den getöteten Tieren geschehen soll. 400.000 Rinder wie geplant - lassen sich nicht im Knick verscharren. Es muss vorher entschieden werden, was damit geschehen soll. Dies ist eine Lehre aus den Erfahrungen in Großbritannien.
Rot-Grün hat immer wieder erklärt, dass in der Krise auch eine Chance liege. Ich vermag diesem Schönreden einer für viele Betriebe in diesem Lande existenzbedrohenden Situation erst dann etwas abzugewinnen, wenn es uns gemeinsam gelingt, die vorhandene Neigung zur Hysterie zurückzudrängen und damit den Freiraum für die sachlich gebotenen Entscheidungen zu schaffen.
In dieser Hinsicht erwarte ich von der Landesregierung mehr Engagement, als sie bisher bewiesen hat, wenngleich ich sagen will, dass die Informationsschrift des Umweltministers in wesentlichen Teilen korrekt ist. Nach meiner Auffassung muss Politik mehr sein als nur das Management von Emotionen.
Die Politik soll den Menschen im Lande dienen, dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch der Existenz von Betrieben, denen wir in der sozialen Marktwirtschaft eine Menge Verantwortung aufbürden. Ich bin der Auffassung, dass wir die vorliegenden Anträge im Ausschuss beraten sollten, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Bevor ich das Wort weitergebe, will ich Besucher begrüßen. Zwischenzeitlich haben sich auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler der Bruno-LorenzenRealschule Schleswig mit ihren Lehrkräften eingefunden. Herzlich willkommen im Landtag!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Gesprächsthema Nummer eins ist derzeit BSE. Es gibt keinen gesellschaftlichen Bereich, in dem die Menschen in Deutschland und mittlerweile in ganz Europa nicht die Frage nach der Gesundheit der Nahrungsmittel diskutieren. BSE ist dabei mittlerweile nur noch
ein Stichwort. Die jüngsten Futtermittelskandale in der Schweinemast leiten zu einer allgemeineren Diskussion über.
Das Interessante an dieser Diskussion ist, dass sie meistens sehr sachlich und differenziert geführt wird. Liebe Kollegin Happach-Kasan, den ersten Teil Ihrer Rede sollten wir abhaken; das hatte mit Sachlichkeit und Aufklärung nichts zu tun.
Im zweiten Teil - das gestehe ich Ihnen zu - finden sich Positionen, über die man unterschiedlicher Meinung sein kann, die man aber vielleicht auch so sehen kann, wie Sie sie gesehen haben. Doch sollten wir aufpassen, uns nicht in Schuldzuweisungen zu verlieren, wie Sie sie zu Anfang in fast jedem zweiten Satz gebracht haben,
Bei Schuldzuweisungen werden alle schlecht abschneiden. Ich kann mich an keinerlei Engagement der F.D.P. in dieser Frage seit dem Bekanntwerden der BSE-Krise erinnern.
Und abgesehen von den Fragen, die Sie in der Tat gestellt haben, kann ich mich auch nicht erinnern, dass Sie konkrete Forderungen erhoben hätten.
In der letzten Landtagstagung hat die SPD-Fraktion bereits eine Neuorientierung in der Landwirtschaft und in der Ernährungsmittelindustrie gefordert. Seit dieser Tagung hat sich einiges verändert. Damit meine ich nicht nur den Wechsel der Minister. Es gibt mehrere Vorschläge und Papiere. Die wirkungsvollsten waren zunächst das Papier des Staatssekretärs Wille und die Vorschläge der nordrhein-westfälischen Ministerin Bärbel Höhn.
Alle diese Vorschläge sind im Grunde nicht neu. Die Art und Ernsthaftigkeit allerdings, wie jetzt diskutiert wird, sind neu. Es bedurfte offensichtlich dieser gesellschaftlichen Krise, um endlich zu Handlungskonzepten und deren Umsetzung zu kommen.
Und dies sage ich an die Adresse aller: Während früher Gedankengänge über eine Ökologisierung der Landwirtschaft bestenfalls als fach- oder sachfremde Spinnereien abgetan wurden, öffnen sich heute immer mehr Menschen solchen Gedankengängen. Ich konnte das unmittelbar bei meinem Besuch der Grünen Woche in Berlin erleben. Nicht nur Landwirte, sondern auch Verarbeiter und Gastronomen fordern eine Neuorientierung. Ein „Weiter so!“ wurde von allen abgelehnt, und man argumentierte sehr differenziert.
Ich halte die Aufklärungskampagne einiger Bauern in Schleswig-Holstein - ich denke an die von Rendsburg oder Flensburg - für den richtigen Weg, um aufzuklären, aber auch um die Befindlichkeit der Verbraucher zu erfahren.
Ich möchte allerdings gern einmal wissen, was Trekkerblockaden oder Rinder auf Autobahnen und Bundesstraßen zur Vertrauensbildung beim Verbraucher beitragen.
Die Stellungnahme des Kammerpräsidenten Früchtenicht, die ich heute Morgen noch schnell überfliegen konnte, begrüße ich. Das Gespräch nehmen wir gern an.
Die neuerlichen Futtermittelskandale in Bayern und Österreich und mittlerweile auch schon in Norddeutschland machen die Vertrauensbildung aber nicht leichter. Die Arroganz, mit der ein Herr Stoiber auf diese kriminellen Machenschaften reagiert, ist schon erstaunlich. Das Positive an diesen Skandalen aber ist, dass sie öffentlich werden und die Mehrheit der Verbraucher sie nicht mehr toleriert. BSE wurde in Deutschland erst wahrgenommen, nachdem kontrolliert worden war. Dass in bestimmten Mastsystemen Antibiotika eingesetzt werden, ist keine Neuigkeit.
Nicht umsonst verbieten und kontrollieren Markenfleischprogramme die Verwendung dieser Zusatzstoffe. Natürlich müssen wir fordern, dass schärfere und häufigere Kontrollen durchgeführt werden, und wir müssen uns auch eingestehen und es auch machen, dass dafür mehr Mittel bereitgestellt werden müssen.
SPD und Grüne im Schleswig-Holsteinischen Landtag bitten die Landesregierung, sich an den im Antrag formulierten Eckpunkten zu orientieren. Wir fordern absolute Priorität für einen effizienten Verbraucherschutz. Unabhängig von Markenprogrammen oder Qualitätssiegeln darf von den Nahrungsmitteln grundsätzlich kein Gesundheitsrisiko ausgehen. Gesunde Lebensmittel müssen selbstverständlich und für jeden Geldbeutel erschwinglich sein. Die Qualitätssiegel sollten darüber hinaus Anforderungen an die Produktionsweise, die Tierhaltung und die Umweltverträglichkeit stellen.
Ich verstehe die naive Technikgläubigkeit der CDU überhaupt nicht, und da möchte ich auch Sie, Frau Happach-Kasan, einreihen. Schauen Sie sich einmal auf dem US-Markt um. Mittlerweile werden dort auf rund 17 % der Ackerflächen transgene Pflanzen angebaut. Und schon sind die ersten Anzeichen von Umweltunverträglichkeit und Gesundheitsschädlichkeit zu beobachten. Da sterben die Schmetterlinge und es gibt nachgewiesenermaßen allergische Reaktionen. Die Verbraucher auch in den USA - das nimmt man in Europa vielleicht nicht immer so wahr - reagieren inzwischen und kaufen kein Genfood. Mittlerweile setzt die Agro-Industrie Milliarden in den Sand.
Wenn uns die heimische CAU die Gentechnologie als Allheilmittel gegen den Welthunger einreden will, halte ich dem ein Zitat der Agrarexpertin Jane Rissler entgegen, die die Unterernährung nicht als ein Problem falscher Technik, sondern der Armut entlarvt.
„Jahrzehntelang haben uns die Firmen einzureden versucht, dass ihre Pestizide gar nicht so schlimm seien. Jetzt teilen uns die selben Firmen mit, die Pestizide seien eben doch derart gefährlich, dass wir Genpflanzen brauchen, die einen geringeren Pestizideinsatz er
Das Stichwort von der „gläsernen Produktion“ ist mittlerweile in aller Munde. Setzten wir diese Forderung also um, und zwar umgehend! Die lückenlose Herkunftskennzeichnung ist bei uns schon heute durchführbar. Warten wir nicht auf eine EU-Richtlinie oder ein Bundesgesetz - was natürlich kommen muss; ich will hier nicht missverstanden werden -, sondern handeln wir bis dahin freiwillige Vereinbarungen aus, die es ja schon gibt.