Noch eine Bemerkung zum Thema „neoliberal“! Ich würde mich freuen, Herr Kubicki, wenn bei Ihnen noch irgendetwas Neoliberales übrig geblieben wäre.
Das Problem besteht doch darin, dass Marktwirtschaft und Liberalismus etwas damit zu tun haben, dass man den Markt unterstützt. Das heißt auch, dass man die Kleinakteure des Marktes - Konsumenten, Produzenten und Dienstleiter - gegen die Oligopole unterstützt. Das ist doch im Moment das Problem, vor dem wir stehen, dass wir uns bei den Steuergesetzgebungen, aber auch in diesem Fall überlegen müssen, wie man Instrumentarien schafft, die die kleinen Akteure am Markt, in dieser Gesellschaft stützen angesichts eines globalisierten Marktes, der mit rasender Geschwindigkeit zu Zentralisierungen beiträgt. Es ist eine liberale Aufgabe, dazu beizutragen, und Aufgabe ist es nicht, die Kleinen zu zerschlagen, Herr Kubicki. Ich glaube, von „liberal“ ist da nichts zu merken.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Grundsatzberatung. Es ist ausschließlich Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar federführend an den Innen- und Rechtsausschuss, mitberatend an den Wirtschafts- und den Finanzausschuss. Wer so verfahren will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann ist das einstimmig so beschlossen.
a) des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten und der Landesministerinnen und Landesminister (Landesministergesetz)
Zunächst erteile ich der Berichterstatterin des Innenund Rechtsausschusses, der Frau Abgeordneten Schwalm, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich in den letzten Monaten mit zwei Gesetzentwürfen zur Änderung des Landesministergesetzes beschäftigt. Der erste ihm zur Beratung überwiesene Gesetzentwurf stammte von der Fraktion der F.D.P. Da auch die Landesregierung die Einbringung eines Gesetzentwurfs angekündigt hatte, stellte der Ausschuss die Beratung bis zur Vorlage des Gesetzentwurfs der Landesregierung zurück, um beide Gesetzentwürfe gemeinsam zu beraten.
Die Fraktion der CDU beantragte im Rahmen der Beratung, die Regelung über die Anrechenbarkeit der Amtszeiten als Präsidentin oder als Präsident des Landtages sowie als Vorsitzende oder als Vorsitzender einer Landtagsfraktion auf das Ruhegehalt beizubehalten. Dies lehnte der Ausschuss mit Mehrheit ab.
Die die Regierung tragenden Fraktionen beantragten, die Regelung über die Parlamentarischen Vertreterinnen und Vertreter ersatzlos zu streichen. Die diesen Bereich betreffenden Änderungsanträge nahm der Ausschuss bei einer Gegenstimme an.
Im Namen des Innen- und Rechtsausschusses empfehle ich Ihnen heute, den Gesetzentwurf der Fraktion der F.D.P. abzulehnen und den Gesetzentwurf der Landesregierung in der vom Ausschuss beschlossenen Fassung, die Sie der Drucksache 15/559 (neu) entnehmen können, anzunehmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Einzelberatung und erteile zunächst Herrn Abgeordneten Hildebrand das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Durch die Einbringung unseres Gesetzentwurfs zur Novellierung des Landesministergesetzes haben wir am Anfang der Legislaturperiode Missstände aufgegriffen, die erforderlichen Schlüsse daraus gezogen und die Landesregierung animiert, einen eigenen Gesetzentwurf einzubringen.
Die gröbsten Schnitzer aus dem noch gültigen Landesministergesetz sind zwar auch durch den Entwurf der Landesregierung beseitigt, allerdings ist unserer Meinung nach grundsätzlich der falsche Weg beschritten worden. Während sich die Landesregierung mit ihrem Entwurf weiterhin am Beamtenrecht orientiert, halten wir von der F.D.P. die Anlehnung an das Abgeordnetengesetz für geboten und sinnvoller.
Politische Tätigkeiten, auch aus dem Kabinett heraus, sind nun einmal nicht die Fortsetzung des öffentlichen Dienstes in anderer Form.
Regierungsmitglieder sind auch häufig Abgeordnete. Sowohl Minister als auch Abgeordnete sind nur auf Zeit gewählt - ganz im Gegenteil zu den sich in einem lebenslangen Treueverhältnis befindenden Beamten.
Zudem sind Regierung und die sie tragenden Fraktionen in einem parlamentarischen System eng miteinander verzahnt. Der Wechsel vom Fraktionsvorsitz, vom Präsidentenstuhl ins Kabinett oder auch umgekehrt ist gängige Praxis und nur vernünftig. Aus diesem Grund ist es auch durchaus sinnvoll, bei der Pensionsregelung Parlamentspräsidenten und Fraktionsvorsitzende mit einzubeziehen.
(Beifall bei der F.D.P. und vereinzelt bei der CDU sowie Beifall des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])
Auch dies ist im Regierungsentwurf bedauerlicherweise nicht vorgesehen. Wir hatten gehofft, dass Herr Hay - im Moment ist er nicht hier - nach seinen ersten entsprechenden Äußerungen unseren Entwurf unterstützen würde, aber die letzten Tage haben es erneut bewiesen: Sein Einfluss ist offensichtlich doch sehr begrenzt. Eigentlich schade.
Man muss es ja so sehen. Er hat seinerzeit gesagt, dass es auch durchaus sinnvoll wäre, das Abgeordnetengesetz zur Grundlage der Beratungen zu machen.
Meine Damen und Herren von der Koalition, wenn Sie sich schon am Beamtenrecht orientieren, dann frage ich, warum Sie das nicht auch beim Pensionsalter tun, wie es dort festgelegt wird. Beamte haben in der Regel mit der Vollendung des 65. Lebensjahres einen Pensionsanspruch, Ministerinnen und Minister aber schon mit 55 Jahren. Womit wollen Sie diese Ungleichbehandlung begründen?
Dann auch noch die Zugabeverordnung! Selbst Ministerinnen und Minister mit einer Minimalhalbwertzeit von nur zwei Jahren sollen mit 60 schon ein Ruhegehalt in Höhe von 10 % der Amtsbezüge erhalten. Selbst diese Regelung ist, wenn man sie denn überhaupt für erforderlich und sinnvoll hält, völlig überhöht. Sie gehen bei der Festsetzung dieser Werte offensichtlich von einer 20-jährigen Lebensarbeitszeit aus; denn wenn Sie anteilig für eine zweijährige Amtszeit 10 % der Bezüge als Pension zahlen wollen, wären das ja 100 % nach 20 Jahren.
Oder nimmt die Ministerpräsidentin - sie ist ja nun leider auch nicht hier - nur ihre Fürsorgepflicht wahr und betreibt Prophylaxe, weil sie davon ausgeht, künftig vermehrt Ministerinnen und Minister schon nach einer zweijährigen Amtszeit in die Wüste zu schicken?
Meine Damen und Herren, Anlass, in dieser Angelegenheit tätig zu werden, war die Berufung des Umweltministers Müller,
der nach Verlängerung der Legislaturperiode auf 5 Jahre schon nach einer Legislaturperiode in den Genuss kommt, sofort - selbst im noch jugendlichen Alter - lebenslang eine 45-prozentige Pension zu erhalten. Die interessante Frage ist, ob denn für Herrn Müller die neue Regelung gilt oder ob er den Bestandsschutz für sich in Anspruch nehmen kann.
Meine Damen und Herren, der gesamte Gesetzentwurf ist nicht sachgerecht und den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes nicht vermittelbar. Gerade auch unter dem Eindruck der zurzeit laufenden Beratungen und Diskussionen zur Rentenreform, bei der sowohl den Rentenbeziehern als auch den Beitragszahlern Opfer abverlangt werden, ist dies nicht zu verantworten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Landesministergesetz war reparaturbedürftig. Die SPDLandtagsfraktion stimmt den vom Fachausschuss empfohlenen Gesetzesänderungen zu. Im Wesentlichen geht es dabei um die folgenden Neuregelungen.
Erstens. Die Ministerversorgung soll wie beim Bund und in anderen Ländern erst mit Beginn des Monats, in dem das 55. Lebensjahr vollendet wird, einsetzen. Bisher gab es insoweit überhaupt keine Altersgrenze.
Zweitens. Es wird ein eigenständiger Ruhegehaltsanspruch nach vollen zwei Jahren Amtszeit in Höhe von 10 % der Amtsbezüge ab dem 60. Lebensjahr begründet.